17.9.2014
Im September 2014 durften wir den millionsten Besucher auf unserer Webseite www.nolympia begrüßen. Wir bedanken uns für das anhaltende Interesse! Nun wollen wir uns in einer Glosse auch einmal positiv mit der heutigen olympischen Idee auseinandersetzen.
1) Unverständlicher Bewerbungsunmut
Unverständlicherweise sind Bewerbungen um Olympische Spiele derzeit unbeliebt. Bei der Bewerbung um Olympische Winterspiele 2022 haben die Bevölkerungen von Graubünden, München (mit Garmisch-Partenkirchen und den Landkreisen Berchtesgaden und Traunstein am 10.11.2013), Stockholm und Krakau dankend abgelehnt.
Nun geht der olympische Ärger weiter. Die Berliner Bündnisgrünen in Friedrichshain-Kreuzberg lehnen eine Olympia-Bewerbung Berlin 2024 ab und werden einen entsprechenden Antrag am 11.10.2014 auf dem Grünen Landesparteitag einbringen. Aus dem Antrag: “Die LDK möge beschließen: Bündnis 90/Die Grünen Berlin lehnen eine Bewerbung Berlins um die Austragung Olympischer Sommerspiele in Berlin 2024 oder 2028 ab. Wir werden uns daher an politischen Bündnissen zur Verhinderung einer Bewerbung beteiligen. (…) Begründung: Die positive Idee der Völkerverständigung und des sportlichen Wettstreits ist durch das Internationale Olympische Komitee (IOC) ruiniert worden, so dass die Ausrichtung Olympischer Spiele heute vor allem mit Steuergeldverschwendung, Korruption und fehlgeleiteter Stadtentwicklung verbunden werden. Für die Ausrichterstädte bedeuten die Spiele wenig Mitsprache, hohe finanzielle Verluste und kaum sinnvoll nutzbare Infrastruktur.“ Zum Antrag: hier
2) Olympische Spiele im Reformrausch
Diesen defätistischen Tendenzen muss entschlossen entgegengewirkt werden. Deshalb findet am 26.9.2014 in Berlin im Rahmen der Veranstaltung „Andere Spiele sind möglich!“ von Bündnis 90/Die Grünen eine Diskussion mit Michael Vesper, Generaldirektor Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB), Barbara Susec, Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB) und Tilman Heuser, BUND für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND), Landesverband Berlin e.V., statt. Die äußerst vielversprechende Agenda 2020, die IOC-Präsident Thomas Bach in jüngster Zeit ausgerufen hat, ist in diesem Rahmen ein ermutigender Anfang. Deshalb haben auch wir uns vom Netzwerk Nolympia Gedanken gemacht, wie die in letzter Zeit in Verruf geratenen Olympischen Spiele ökologisch und sozial etwas aufzupeppen seien.
3) IOC-Sponsoren
In der Vergangenheit gab es die eine oder andere Diskussion um die TOP-Sponsoren des IOC (Dow Chemical, Coca-Cola, McDonald’s…).Da auch die olympische Sicherheit immer teurer wird, könnte das IOC mit neuen Sponsoren aus der Rüstungs- und Überwachungsindustrie (BAE Systems, Northrop Grumman, Lockheed Martin, EADS und NSA) zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Ein russischer Partner wird aus Gründen der Ausgewogenheit noch gesucht.
Der DOSB könnte ebenfalls kreativ werden: Da viele staatliche Unternehmen (Flughafen, Lotto, Deutsche Post, Deutsche Bahn, Sparkassen, etc.) schon olympische Sponsoren sind, würde es sich anbieten, dass der DOSB den Kreis seiner Sponsoren um Bundeswehr, Bundespolizei und Technisches Hilfswerk erweitert: Dies würde ebenfalls helfen, die hohen Sicherheitskosten zu senken.
Gleichzeitig sollte auch die Amtsdauer des derzeitigen DOSB-Generaldirektors auf unbegrenzte Zeit verlängert werden.
4) IOC-Mitglieder
In der Vergangenheit gab es auch einige Diskussionen über die Mitgliederbeschaffung im IOC. Der frühere IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch hatte in seiner Amtszeit von 1980 bis 2001 gerne kurz am Rand der Vollversammlung viele Personen mit etwas merkwürdigem Hintergrund vorgestellt und ließ diese dann per Akklamation aufnehmen.
Eine neue Regelung könnte vorsehen, dass IOC-Sitze meistbietend versteigert werden: Dies käme der ganzen Sportbewegung zugute. Außerdem könnten gemäß der entsprechend reformierten IOC-Satzung auch Konzerne und Regierungen einen Sitz erhalten. Interesse haben bislang unverständlicherweise kaum westliche Institutionen, sondern vor allem Vertreter östlicher Körperschaften signalisiert.
5) Bewerbung der Austragungsorte
In jüngster Zeit wurde des öfteren der Vorwurf geäußert, dass sich nur noch Bewerber aus totalitären und diktatorischen Ländern bewerben würden. 2006 fanden die Olympischen Sommerspiele in Peking statt, die Olympischen Winterspiele 2014 im russischen Sotschi. Und die Wahl des Austragungsortes um Olympische Winterspiele 2022 wird höchstwahrscheinlich zwischen China und Kasachstan ausgetragen. Deshalb könnte auch hier der Wahlmodus reformiert werden, indem das IOC die Bewerbungsgebühren für jede Stufe verzehnfacht. Damit könnte man jetzt sicher sein, dass sich nur noch Länder bewerben, denen die Olympischen Spiele wertvoll sind, weil sie diese für ihr beschädigtes Renommee benötigen und sie deshalb unbedingt haben möchten. Falls sich durch diese Reform und die damit verbundenen höheren Kosten keine demokratischen Länder mehr bewerben, könnte das nicht dem IOC zum Vorwurf gemacht werden.
6) Vorschläge für die ökologische Optimierung Olympischer Spiele:
Die IOC-Reform fängt auch im Kleinen an. Bei den Olympischen Sommerspielen London 2012 kamen 10.000 Dixie-Toiletten zum Einsatz. Das neue vorgeschlagene Modell hat Recycling-Toilettenpapier und einen Pressspan-Sitz. Auch dem Sexualtrieb wurde 2012 Rechnung getragen „Die Organisatoren der Spiele hatten den Sportlern 150.000 Kondome zur Verfügung gestellt… Eine Sprecherin der Olympia-Macher betonte, dass den Athleten durchaus erlaubt sei, eigene Produkte ins Dorf mitzubringen. Allerdings nur für den Eigengebrauch“ (Streit um Kondome im olympischen Dorf, in tagesspiegel.de 7.8.2014). Auch hier könnte es eine Neuerung geben: Die IOC-Einheitskondome (mit den symbolischen Fünf Ringen) wären künftig aus Jute.
Weitere Vorschläge: – Kaugummiverbot; – bleifreies Coca-Cola; – Recycling- Nationalfahnen; – temporäre Sportbauten, aufgehängt an Siemens-Lufthaken; – Kugelstoß-Kugeln aus Recycling-Eisen; – 500 Fahrzeuge der Mercedes-S-Klasse mit Hybrid-Antrieb für die Olympische Familie; – FCKW-freie Hochsprunglatten; – Hürden aus Palettenholz; – Gazprom-Biogas für das Olympische Feuer; – CO2-freie Big Macs von McDonald’s; – 5-Sterne-Hotelsuiten mit 100 Prozent Mülltrennung für das IOC; – Olympische Urkunden aus Altpapier-Karton; – Olympische Medaillen in Katzen-Gold und Silber-Imitat… Usw. usw.
Weitere Vorschläge gern unter: info@goef.de
7) Volksbefragung
Den Ärger mit der Abwahl der Bewerbung München 2022 um Olympische Winterspiele soll es so nicht wieder geben. Oder wie es DOSB-Präsident Alfons Hörmann ausdrückte: „Ein Szenario wie in München wollen wir nie mehr erleben“ (Hungermann, Jens, Olympia-Entscheid hängt von der Bevölkerung ab, in welt.de 11.9.2014).
Aus diesem Grund soll sowohl für Hamburg 2024 als auch für Berlin 2024 das Volk befragt werden, allerdings nicht mehr 2014, sondern vielleicht 2015, wobei es viele juristische Probleme gibt. Deshalb unser Vorschlag: Jeden Tag werden jeweils zehn sportive BewohnerInnen in den beiden Städten befragt – bevorzugt solche mit Turnschuhen, Sporttasche oder Rennrad, sodass eine positive Einstellung dieser Personen als wahrscheinlich gilt. So könnte man in drei Monaten die tausend Personen befragen, die für eine statistische Repräsentanz nötig sind. Eine Veröffentlichung des für Hamburg 2024 bzw. Berlin 2024 positiven Ergebnisses ließe eine Befragung der Gesamtpopulation dann überflüssig erscheinen. Durchführen könnte die Befragung zum Beispiel ein bekanntes Sportbusiness-Magazin.
8) Ethik-Reform
Leider wurde auf diesem Gebiet dem IOC manche Böswilligkeit unterstellt – genau wie der Fifa. Aus diesem Grund könnten sich IOC und Fifa auf eine gemeinsame Lösung verständigen: Die Ethikkommission der Fifa wird das IOC überprüfen – und umgekehrt die Ethikkommission des IOC die Fifa. So wäre eine größtmögliche Objektivität und Unabhängigkeit gewährleistet.
9) Doping-Reform
Auch auf diesem Gebiet wurde dem IOC einiges unterstellt. Die wenigen Dopingfälle zeugen nicht von zu wenigen und ungenauen Kontrollen, sondern beweisen die Sauberkeit des Olympischen Sports. Um eine noch bessere Überprüfung zu gewährleisten, könnte das IOC eine internationale Ausschreibung der Dopingkontrollen durch die großen Chemiekonzernen organisieren. Das erste Ergebnis ist sehr befriedigend: Es haben sich schon mehrere internationale Konzerne gemeldet. Das IOC könnte sicher mit größtmöglicher Präzision seine Auswahl treffen.
Fazit: Keine Infragestellung der IOC-Reformfähigkeit mehr
Mit all diesen modernen und progressiven Reformen könnte sichergestellt werden, dass das IOC wohl gerüstet in die olympische Zukunft blicken kann. Der IOC-Reformprozess wurde schon in den vergangenen Jahrzehnte ständig und erfolgreich durchgeführt, und er geht auch unter seinem jetzigen Präsidenten ungebrochen weiter.
Dieser Prozess soll auch bewirken, dass die drei Nolympia-Thesen zur Reformfähigkeit des IOC nicht mehr öffentlich diskutiert werden: 1) Eher hört die NSA auf, in Deutschland zu spionieren, als dass sich das IOC reformiert. 2) Eher führt Deutschland ein Tempolimit auf Autobahnen ein, als dass sich das IOC reformiert. 3) Eher wird Wladimir Putin ein bisschen demokratisch, als dass sich das IOC reformiert.