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Nichts gelernt: DOSB-Präsident Bach gibt wieder ein Interview

Sylvia Hamberger, Wolfgang Zängl

20.11.2011

In einem Interview mit dem Hamburger Abendblatt äußerte sich Bach zu einer erneuten Bewerbung um Olympische Winterspiele wie gehabt (Alle Zitate: Grünberg, Rainer, Wenig, Peter, „Unsere Konkurrenten werden immer stärker“, in Hamburger Abendblatt 12.11.2011). Es scheint beim DOSB vereinheitliche Satzbausteine für die Schmalspur-Rhetorik zu geben: Denn die DOSB-Sportfunktionäre äußerten sich bisher nahezu identisch.

– Bach und die Zustimmung

„Wir hatten für München 2018 zuletzt eine hervorragende Zustimmung von mehr als 70 Prozent.“

Ob er an diese fachlich äußerst fragwürdigen Umfragen selbst glaubt?

– Bach und der Defätismus

„Neue Entwicklungen werden mit starken Vorbehalten behandelt. Das reicht hin zum Zukunftsdefätismus.“

Defätismus bedeutet laut Duden-Herkunftswörterbuch Miesmacherei. Wer sich berechtigte Sorgen um die ökologische und ökonomische Zukunft macht und deswegen die Olympische Party stört, ist nach der Definition von Bach ein Miesmacher.
Mit dem Begriff Defätismus sollte man gerade in Deutschland vorsichtig umgehen. Er hat hier eine gefährliche Tradition: Insbesondere im Nationalsozialismus wurden damit Andersdenkende diffamiert. So urteilte der Präsident des Volksgerichtshofes, Roland Freisler: „Walter Arndt ist ein gefährlicher Defätist. Er hat um die Wende  des vierten und fünften Kriegsjahres zu Volksgenossen gesagt: es sei Schluss mit dem deutschen Reich, es handele sich nur noch darum, wieweit die Schuldigen bestraft würden., Durch diesen Defätismus ist er für immer ehrlos geworden. Er wird dafür mit dem Tode bestraft“ (Zielcke, Andreas, „Mörder in Robe“, in Der Spiegel 33/1993, S. 52)

– Bach und der Flächenverbrauch

„Für München 2018 hätte nur eine Fläche der Größe eines Fußballfeldes zusätzlich versiegelt werden müssen.“

Das haben wir mehrfach widerlegt, siehe unter (Christian)

– Bach und der olympische  Gewinn

„Die Ausrichtung Olympischer Spiele ist ein Gewinn für das ganze Land.“

Die Ausrichtung Olympischer Spiele ist ein Gewinn für das ganze IOC. Die Kosten bezahlt das ganzes Land – jahrzehntelang.

– Bach und die Niederlagegegen Pyeongchang

„Es war paradoxerweise die Stärke der Münchner Bewerbung, die zu diesem Ergebnis geführt hat.“

Das ist DOSB-Schmalspur-Rhetorik. Es wird auch schöngeredet, dass die äußerst blamable Niederlage (63 IOC-Stimmen für Pyeongchang, 25 für München) „ein klares Votum für Pyeongchang und Asien war, aber nicht gegen München und Deutschland“ (DOSB-Bericht des Präsidiums, Mitgliederversammlung Berlin 3. Dezember 2011).

– Bach und das Geld

„Wir haben in Deutschland 2009 einen großen finanziellen Schritt nach vorn bei  der Förderung des Spitzensports gemacht, seitdem stagniert jedoch die Höhe der Zuwendungen.“

Übersetzt: Schweinerei – Seit zwei Jahren bekommen wir für den Spitzensport nicht noch mehr Geld. (Vom Breitensport ist längst keine Rede mehr.)

– Bach und die Sympathie

„… die Botschafterrolle nach außen, die auch für uns gilt: weil erfolgreiche, sympathische Sportler das Bild konterkarieren können des skeptischen, abwartenden Deutschen, der erst einmal Sicherheit für alles haben will, bevor er etwas Neues angeht.“

Kritiker des extrem teueren und nur einer Elite zugute kommenden System des Spitzensports (bzw. Spritzensports) sind nach Bachs Darstellung also quasi automatisch erfolglos und unsympathisch? Und die Sportler nur dann sympathisch, wenn sie erfolgreich sind? In diesem System darf man offenkundig nicht verlieren….

– Bach und die Vorbildfunktion

„Dass Sportler eine Vorbildfunktion haben, meinen laut einer repräsentativen Umfrage 91 Prozent der Deutschen.“

Falls diese Umfrage tatsächlich existieren sollte, wäre die nächste interessierende Frage, wie viele Deutsche der Meinung sind, dass Sportler diese Vorbildfunktion nicht nur haben, sondern auch erfüllen.

– Bach und die Bauern von Garmisch

„..heute wird der Meinung von Minderheiten mehr Gewicht gegeben. Die Individualinteressen spielen im Verhältnis zu den Gemeinschaftsinteressen eine viel größere Rolle, die eigenen Interessen werden oft als das Maß aller Dinge betrachtet, das zum Teil gar nicht mehr hinterfragt wird. Nehmen Sie nur den einen Grundstückseigentümer in Garmisch-Partenkirchen, der glaubte entscheiden zu können, ob München den Zuschlag für die Winterspiele erhält oder nicht. Und eine breite Öffentlichkeit ist ihm dabei aufgesessen.“

Soll das der Bach´sche Auftakt für eine neue Bewerbung Olympischer Winterspiele in München und Garmisch-Partenkirchen sein? Offenbar hat Bach nichts gelernt. Mit Arroganz, Ignoranz und falschen Aussagen will er offenbar wieder Stimmung gegen die Bauern in Garmisch machen.

Wir erinnern uns: Ein Grundeigentümer an der Kandahar in Garmisch hatte von Anfang an Forderungen, die ihm erst in letzter Minute vor der Olympiaentscheidung in Durban erfüllt wurden. Die Bewerbern feierten das als „Durchbruch“, – und verschwiegen zum wiederholten Mal, dass insgesamt 63 Grundeigentümer in Garmisch-Partenkirchen keine Grundstücke hergeben wollten.

Der Anwalt dieser Grundeigentümer schrieb mehrfach – und zuletzt noch kurz vor der Entscheidung in Durban an die Bewerber: „Grundstücksverhandlungen in diesen 63 Fällen wurden nicht geführt, werden nicht geführt und werden auch zukünftig nicht geführt. Diese Flächen stehen definitiv für Olympia 2018 nicht zur Verfügung.“

Siehe Stellungnahme von Rechtsanwalt Sitz.

Bewusst wurde das ignoriert – und offenbar soll das so weitergehen.

Die sprachlichen Ausfälle fielen schon während der gesamten Bewerbungsphase unangenehm auf:

Der Ex-Bewerbungschef Willy Bogner hatte sich mehrfach abfällig über die Grundeigentümer und Bauern geäußert. Im Januar 2010 forderte er: „einzelne Bauern, die ihre hochsubventionierten Wiesen nicht an die olympischen Organisatoren verpachten wollten, ihrer Verantwortung für das Land gerecht (zu) werden.“ (Bielicki, Jan, München über den Wolken, in: SZ 28.1.2010).

In Vancouver, Februar 2011 wurde Bogner wieder zitiert. Diesmal griff er die Bauern aus Oberammergau, die sich um die Zukunft ihrer Landwirtschaft Sorgen machten: “Winterspiele sind ein Ereignis von nationaler Bedeutung, die Staatsbürger sollten sich an die Zusagen, die die Volksvertreter einmal gemacht haben, halten.” Und der Spiegel kommentiert: “Ein harter, drohender Satz.” (Pfeil, Gerhard, Weiße Krawatten, in: Der Spiegel 8/22.2.2010)

Auch der Münchner OB Ude beschimpfte Anfang Januar 2011 zum wiederholten Mal die Grundeigentümer: „Den von den Medien beschriebenen ‘Bauernaufstand’ gegen die Spiele gebe es nicht … Die Bauern, die ihr Geld mit der Landwirtschaft verdienten, seien für die Bewerbung. Probleme machten ‘vier, fünf, sechs Grundeigentümer, die etwas für sich herausschlagen wollen’. Diese Gruppe veranstalte ein ‘öffentliches Spektakel’, was einfach dadurch motiviert sei, dass sie ‘keinerlei Chancen auf Erfolg’ hätten” (SZ 3.1.2011).

Keinerlei Chancen auf Erfolg hatten dann aber Andere – wie Ude selbst.

 

Gegen Imponiergehabe und Drohgebärden hilft der Film “Die Bauern von Garmisch”

Am 2.10.2011 zeigte das Bayerische Fernsehen den Film “Die Bauern von Garmisch” von Ludwig Ott.
Auf Youtube ist er in drei Teilen abrufbar:
Teil 1: http://www.youtube.com/watch?v=fwhxW2dXSUo&feature=related
Teil 2: http://www.youtube.com/watch?v=1XyidW5cOs8&feature=related
Teil 3: http://www.youtube.com/watch?v=tU1w7iYNE5k&feature=related