Rotenberg, Arkadij (*1951), Boris (*1957)
Vorgeschichte
“Und die Internationale Judo-Föderation listet in seiner Führungsgruppe einen ‘Development Manager’ mit dem Namen Arkadij Rotenberg auf – jener Arkadij Rotenberg, der früher ein Judo-Partner Putins war und sich nach Medienberichten rund um die Spiele in Sotschi über lukrative Aufträge in Milliardenhöhe freuen durfte” (Aumüller 15.1.2014).
“Arkadij Rotenberg zum Beispiel war bis vor gut 30 Jahren Direktor einer unbedeutenden Kinder- und Jugendsportschule in Leningrad, dem heutigen St. Petersburg. (…) Öffentlich in Erscheinung trat er nie, heute jedoch ist der 62-jährige Milliardär und beherrscht zusammen mit seinem Bruder Boris Banken, Pipeline-Firmen und Baukonzerne” (Ebenda). Rotenberg hat seine Karriere Putin zu verdanken: “Sie hatten einst zusammen im Judoclub trainiert; heute gehört der Club dem Milliardär, und Ehrenpräsident ist Putin“ (Neef u. a. 27.1.2014). – „Die Rotenberg-Brüder gründeten mehrere Firmen und Stiftungen. So richtig kam ihr Geschäft aber erst in Schwung, als Putin in Moskau und vom stellvertretenden Leiter der Liegenschaftsverwaltung des Kreml bis hin zum Präsidenten aufstieg. Die Rotenbergs gründeten die Bank Sewernyj Morskoj Putj und machten ein Vermögen, indem sie Geschäfte mit dem staatlichen Energiekonzern Gazprom abschlossen und den Handel mit Pipelinerohren übernahmen“ (Hans u. a. 20.4.2016).
Das Rotenberg-Imperium
Arkadij Rotenberg
Vermögen: „Arkadij Rotenberg war 2010 zum ersten Mal in der Liste der reichsten Russen des Magazins Forbes aufgetaucht. Zuletzt machte er von Rang 63 einen Satz nach vorn auf Position 31. Sein Vermögen wird auf 3,3 Milliarden Dollar taxiert” (Bidder 31.5.2013). – Mit 3,9 Milliarden US-Dollar wird sein Vermögen auf der Forbes-Liste vom Juli 2014 angegeben.
Arkadij Rotenberg hat Sportpädagogik studiert, war Judo- und Sambo-Trainer und Putins Judopartner in St. Petersburg (s. o.). „Sein erstes Geld verdiente Rotenberg mit einer Tankstellen-Kette und einer Wach- und Schließgesellschaft im wilden St. Petersburg der neunziger Jahre“ (Hesse, Schepp 7.1.2013). Inzwischen sind die Brüder Arkadij und Boris Rotenberg Eigentümer von Bauunternehmen und Pipeline-Firmen. Sie sind auch Eigentümer der Firma SGM (Stroy Gaz Montazh, Strom, Gas, Montage; Anteil A. Rotenberg 51 Prozent; forbes.com 21.7.2014), die für Gazprom Pipelines verlegt (u. a. Nord Stream). A. Rotenberg gehören auch 50 Prozent von TPS Avia, einer Baufirma, die gerade den neuen Flughafen bei Moskau baut (Ebenda). Die Rotenberg-Brüder halten über ihre in Zypern eingetragene Firma Marc O’Polo Investments Ltd. 68,5 Prozent an Mostotrest, einer Moskauer Straßenbaufirma, die 1930 unter Josef Stalin gegründet wurde, um in der Sowjetunion Brücken zu bauen. „Rotenberg und Partner, einschließlich seines Sohns Igor, gewannen die Kontrolle über Mostotrest im Jahr 2010, kurz bevor die Firma bei einem ersten öffentlichen Börsengang 388 Millionen US-Dollar einnahm“ (Arkhipov, Meyer 19.3.2013). Mostotrest erhielt im Januar 2013 für 258 Millionen US-Dollar die Konzession für eine Autobahn-Mautstrecke zwischen Moskau und St. Petersburg erhielt (Gallindoss 3.7.2013). Elena Sakhnova von Moskauer VTB Capital äußerte: „Mostotrest bekommt sehr gute Verträge, aber nur mit Rotenbergs Hilfe“ ( Ebenda).
Zum Thema Vergabe von Staatsaufträgen durch Putin schreibt Eduard Steiner: „Tatsächlich ist die Bauindustrie jener Sektor, der Russland künftig beschäftigen wird. Das Land hat nicht nur sportliche Großereignisse wie die Fußballweltmeisterschaft 2018 zu stemmen. Es hat auch sein Jahrhundertproblem, das schlechter Straßen, zu beheben. Nicht zufällig hat Putin daher das ‚Jahrzehnt des großen Bauens’ ausgerufen. Nur für den Straßenbau sind 500 Mrd. Euro bis zum Jahr 2020 veranschlagt. Gazprom wiederum will allein bis Ende 2013 gut 60 Mrd. Euro investieren, die Eisenbahnen allein im heurigen Jahr elf Mrd. Euro. Dass Putins Freunde sich in diesem Segment breitmachen würden, war prädestiniert. Dabei mischen sie einen kleinen Pool an Bauunternehmen auf, der sich bis 2008 etabliert hat“ (Steiner 11.3.2012).
„2008 übernahmen die Rotenbergs zehn Prozent Anteil am riesigen Schwarzmeerhafen Noworossisk“ (Steiner 1.2.2010; aktuell.ru 27.5.2011).
Boris Rotenberg
Vermögen: wird mit 1,6 Milliarden US-Dollar auf der Forbes-Liste vom Juli 2014 angegeben. Er ist ebenfalls ein enger Jugendfreund von Putin: „Boris Rotenberg gehört der St. Petersburg-Connection, dem Machtzirkel Putins an“ (Wikipedia). Er ist außerdem Aufsichtsratsvorsitzender der VTB-Bank (Hoppe 3.10.2013). Seit 2013 ist er Präsident des Fußballclubs FC Dynamo Moskau, Vizepräsident der russischen Judoföderation (Wikipedia) und sponsert den Motorsport über SMP Racing Project (forbes.com 21.7.2014).
Die Rotenbergs gründeten 2001 die Bank SMP (Severnyj Morskoj Put, Nordmeerstraße; Steiner 1.2.2010), die heute zu den 40 größten russischen Banken gehört. Die Brüder Rotenberg fielen im Frühjahr 2014 unter die US-Sanktionen im Gefolge des Ukraine-Krieges: Die SMP-Bank „teilte mit, dass ihre Kunden nicht mehr mit ihrer Visa- oder Mastercard zahlen könnten“ (Bidder, Kaiser 21.3.2014). – “Am Sonntag (23.3.2014; WZ) erklärten Visa und Mastercard, wieder mit der SMP-Bank zusammenarbeiten zu wollen. Das Geldhaus habe die beiden davon überzeugen können, weil die Sanktionen gegen die Aktionäre und nicht gegen die Bank verhängt wurden” (Hans 24.3.2014). „Für viele Russen ist ihr Name zum Synonym für die Selbstbereicherung der Elite geworden. Nachdem italienische Gerichte wegen der Sanktionen gegen Arkadij Rotenberg Immobilien des russischen Unternehmers hatten konfiszieren lassen, brachte die Regierungspartei Einiges Russland ein Gesetz in die Duma ein, wonach russische Unternehmer vollständig entschädigt werden, wenn ihr Besitz im Ausland aufgrund von Sanktionen beschlagnahmt wurde. Schnell bekam der Entwurf den Namen Rotenberg-Gesetz. Er wurde in erster Lesung angenommen; als es große Empörung in der sonst zahmen Duma gab, wurde das Projekt still beiseitegelegt“ (Hans u. a. 20.4.2016).
Putin, die Rotenbergs und Timtschenko
Der Aufstieg der Rotenbergs begann früh in St. Petersburg – und parallel zu Putins Aufstieg. „Zusammen mit Putin, der damals stellvertretender Bürgermeister war, gründete er (Arkadij; WZ) dort den Judoclub Jawara-Newa. Putin war Clubpräsident, Rotenberg Geschäftsführer. Nachdem Putin 2000 zum ersten Mal in den Kreml eingezogen war, gründete Arkadij Rotenberg mit seinem jüngeren Bruder Boris die Bank Sewernoi Morskoi Put, übernahm eine Wodkafabrik, kaufte 2008 fünf Tochterfirmen des Energieriesen Gazprom und lieferte Rohre für die Ostsee-Pipeline“ (Hesse, Schepp 7.1.2013). „Boris Rotenberg unterrichtete Judo in Finnland, Arkadij in Petersburg. Unter anderem verdiente er mit Wachfirmen viel Geld. Mit Putin hatte er den alten Freund wieder zum Sparringspartner. 1998 beginnt der Petersburger Ölhändler Gennadi Timtschenko (inzwischen unter den zehn reichsten Russen), den neuen Judoklub ‚Javara-Neva’ zu sponsern. Putin wird 2014 erklären: „Er hat sein Kapital schon gemacht, als wir uns noch gar nicht kannten“ (Nienhuysen 5.8.2014). Dagegen schrieb Gerald Hosp in der NZZ: „Putin und Timtschenko kennen sich ebenfalls aus den frühen 1990er Jahren, als Putin in der Stadtverwaltung von St. Petersburg für Außenwirtschaftsbeziehungen zuständig war“ (Hosp 22.3.2014).
Arkadij Rotenberg wurde Generaldirektor des Judo-Klubs, Geheimdienstchef Putin Klubpräsident. (…) Putin trägt den schwarzen Gürtel in Judo“ (Steiner 1.2.2010). – „Der ‚Economist’, der in einem Artikel über Korruption den Aufstieg von Timtschenkos Schweizer Firma ‚Gunvor’ zum weltweit drittgrößten Ölhändler den frühen Verbindungen zu Putin zuschrieb, wurde im Vorjahr verklagt. Später einigte man sich gütlich, weil Timtschenko nicht bereit war, beim Prozess Informationen über sein Business und seine Partner offenzulegen, erzählte einer seiner Vertrauten gegenüber ‚Wedomosti’. (…) Schätzungen zufolge exportiert Gunvor 15 Prozent des russischen Öls und 40 Prozent der Ölprodukte“ (Ebenda). Gunvor machte 2012 über 93 Milliarden US-Dollar Umsatz (Wikipedia). Timtschenko ging 2009 ins Gasgeschäft und hält rund 20 Prozent am zweitgrößten russischen Gaskonzern Novatek (Steiner 1.2.2010): Dieser fiel im Juli 2014 unter die US-Sanktionen als Folge des Ukrainekriegs. Timtschenko, Putin-Vertrauter, sechstreicher Russe auf der Forbes-Liste, verkaufte angesichts der drohenden Sanktionen als Folge des Ukraine-Kriegs noch blitzschnell am 19.3.2014 seine Aktien am Ölhandelsunternehmen Gunvor an seinen leitenden Mitarbeiter Torbjörn Törnquist (SZ 22.3.2014; Wikipedia). Am 20.3.2014 wurde Timtschenko auf die US-Sanktionsliste gesetzt. Seine Anteile am Investitions-Cluster Volga Group will er dem russischen Staat übergeben (Nienhuysen 5.8.2014). Durch die Sanktionen entstand Timtschenko ein weiteres Problem: Sein Jet Gulfstream G650 (65 Millionen Dollar Katalogpreis) bleibt in Moskau am Boden: „Der US-Hersteller weigert sich, den Edel-Jet zu warten und liefert auch keine Ersatzteile mehr – kein Service, keine Flüge“ (Ebenda).
„Die Bekanntschaft mit Putin hat ihren eigenen Wert: ‚In vielen Fällen erlaubt diese Unterstützung, sich ruhig und sicher seinem Geschäft zu widmen’, meinte Arkadij Rotenberg einmal. Putin selbst sagte, dass er mit Sparringspartnern von früher noch befreundet sei. Gelegentlich würde man sich zu Hause auf ein Kräftemessen treffen“ (Steiner 1.2.2010).
Ähnlich wie bei Sotschi 2014 explodieren die Kosten für die Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland. Das Bauunternehmen Stroitransgas, das wiederum Timtschenko gehört, rechnet jetzt schon mit 35 Prozent höheren Ausgaben für zwei Stadien. Das geht aus einem vertraulichen Brief an das Sportministerium hervor. Die Behörde selbst beziffert die Kosten für zwölf Arenen in elf Stadien, für Straßen und Flughäfen auf umgerechnet 30 Milliarden Euro” (Der Spiegel 26/23.6.2014; Hervorhebung WZ). Der russische Sportminister Mutko wollte die Kosten pro Stadion auf 440 Millionen Dollar (325 Millionen Euro) begrenzen. „Aber einflussreiche Bauunternehmer rebellieren bereits dagegen, allen voran Stroitransgas-Besitzer Gennadij Timtschenko. Stroitransgas fordert 35 Prozent mehr Geld für die Stadien, als Mutko angeboten hat. Ob sich der Minister durchsetzen kann, ist unklar. Timtschenko ist erst in der Putin-Ära in Russlands Oligarchen-Riege aufgestiegen, Moskauer Oppositionelle halten das für keinen Zufall: Timtschenko ist mit Putin seit langen Jahren gut bekannt” (Ahrens 14.7.2014).
„Als sich der russische Gasgigant Gazprom im Mai 2008 von seinen fünf Tochterfirmen zum Bau von Gaspipelines und -anlagen trennte, wussten nur wenige über die Hintergründe Bescheid. Gewiss hatte manchen stutzig gemacht, dass sich wie so oft wieder nur ein einziger Anwärter um die offensichtlichen Leckerbissen anstellt. Dass diese daher fast um den Startpreis von 8,3 Milliarden Rubel (230 Millionen Euro) über den Ladentisch gingen, verwunderte dann genauso wenig, wie die Tatsache, dass sie in einem zypriotischen Offshore-Geschäft landeten. Später trat zutage, dass die 11 000 Mitarbeiter, die im Jahr 2008 1,9 Milliarden Dollar umsetzten, von dort aus im russischen Unternehmen ‚Strojgazmontasch’ zusammengefasst wurden. Und vor zwei Monaten war dann auch die Katze aus dem Sack: Der Laden gehört Arkadij Rotenberg (Steiner 1.2.2010). – „Der wirkliche Höhenflug der Rotenbergs begann, nachdem ihr Freund aus Kindertagen seine Moskauer Karriere gestartet hatte“ (Forbes; zitiert nach: Steiner 1.2.2010).
Und dann kam Sotschi 2014: “Die Multimillionärs-Brüder Rotenberg gelten als enge Bekannte von Staatschef Wladimir Putin. Für die Winterspiele in Sotschi sollen sie Verträge erhalten haben, die ihnen rund sieben Milliarden US-Dollar in die Tasche spielten” (SZ 22.3.2014). – „Rotenberg sagte der Financial Times in einem veröffentlichten Interview vom November 2012, er schätze Putins Freundschaft, hätte diese aber nie zum persönlichen Gewinn missbraucht“ (Arkhipov, Meyer 19.3.2013). Arkadij Rotenberg: „Ich habe großen Respekt vor seiner Person, und ich halte ihn für eine Person, die Gott in unser Land geschickt hat“ (Ebenda). – „Rotenberg sagte, er sehe seine Verbindung mit Putin als ‚Verantwortung’, weil er seinen alten Freund nicht enttäuschen wolle“ (Kim 28.4.2010).
Übrigens soll auch Putin selbst zu den Oligarchen zählen. Der russische Politologe Stanislaw Belkowski äußerte im Interview im November 2007: „Auch Putin ist ein großer Geschäftsmann. Er kontrolliert 37 Prozent der Aktien von Surgutneftjegas, das einen Marktwert von 20 Milliarden Dollar hat. Außerdem kontrolliert er 4,5 Prozent der Gazprom-Aktien“ (Die Welt 12.11.2007).
Sotschi 2014: kleine Chronologie (Hervorhebungen WZ)
– „Der Konzern Stroygazmontazh, der Rotenberg mit seinem Bruder Boris gehört, baute eine Gasleitung zur Versorgung von Sotschi für 32,6 Milliarden Rubel, nach Auskunft von Olympstroy und Regierungsdaten fünfmal mehr als zuerst budgetiert“ (Arkhipov, Meyer 19.3.2013). Dieser Auftrag wurde an Stroygazmontazh ohne Ausschreibung vergeben (Kim 28.4.2010).
– „Der größte olympische Einzelauftrag für den Bau der Autobahnverbindung (zwischen Sotschi und Krasnodar; WZ) über 8,3 Milliarden US-Dollar ging erst an die staatliche Russische Eisenbahn, die dann Mostotrest und eine Firma anheuerte, die jetzt im teilweisen Besitz vom Putin-Verbündeten Timschenko ist, SK MOST. Dem russischen Eisenbahn-Pensionsfond gehören 25 Prozent von Mostotrest“ (Ebenda).
– Kreml-Kritiker Boris Nemzov, in Sotschi geboren, äußerte: zu den Olympia-Bauten: „Die Kostenüberschreitungen sind durch Korruption, das Klan-System und fehlender Kompetenz verursacht. Die wichtigsten Vertragspartner bei Olympia sind enge Freunde von Putin“ (Ebenda).
– “Viele Bauprojekte wurden ohne Ausschreibung vergeben. Oft kamen dabei Kreml-nahe Oligarchen und Putin-Freunde zum Zug, etwa die Gebrüder Rotenberg. Arkadij und Boris Rotenberg sind Wladimir Putin seit der Jugend freundschaftlich verbunden, der Präsident war ihr Judopartner. Rotenberg-Firmen bauen Gasleitungen in Sotschi, den Flughafen und bekamen besonders häufig den Zuschlag beim Straßenbau. Der Sektor gilt in Russland als chronisch korruptionsverseucht. Das olympische Auftragsportfolio der Rotenbergs beläuft sich laut Nemzow auf rekordverdächtige sieben Milliarden Dollar (Bidder 31.5.2013).
– “Rotenberg verdient gerade kräftig am olympischen Umbau von Sotschi. Dort, wo jeder zweite Rubel für Korruption draufgeht, hat er Aufträge über 7,9 Milliarden Dollar zugeschanzt bekommen – mehr als das Gesamtbudget der Spiele von Vancouver“ (Hartmann 11.9.2013).
– “Rund acht Milliarden Dollar war auch das Auftragsvolumen für die Brüder Rotenberg. Arkadij ist Judo-Sparringpartner von Putin. Der hatte Oleg Deripaska (hält Anteile an der Strabag) bei einem Straßenprojekt ausgestochen, indem er nicht billiger, sondern teurer war” (Pavlovics 30.9.2013).
– “Rotenbergs Erfolg mit diesen Verträgen legt nahe, dass verschiedene Kategorien von Unternehmern unterschiedliche Beziehungen zu den Olympischen Spielen haben. Putins enge Freunde scheinen von der Großzügigkeit des Staates zu profitieren, während von Oligarchen aus den 1990er Jahren wie Peripaska und Potanin erwartet wird, etwas zur Olympiakasse beizusteuern.” (Orttung 6.12.2013).
– „Firmen wie ‚Mostotrest’ und ‚Strojgasmontash’ von Arkadij Rotenberg, einem Freund von Putin aus Kindheitstagen, haben Verträge über 7 Milliarden zu Olympiaprojekten erhalten, wie ein Bloomberg-Bericht mitteilt, der sich auf Firmen- und Regierungsberichte beruft. Zu diesen Projekten gehörten der Bau von Straßen und des Medienzentrums“ (Orttung 6.12.2013).
– Der Bericht von Alexej Nawalnyis “Moskauer Stiftung für Korruptionsbekämpfung” benannte im Januar 2014 verschiedene Oligarchen und ihren olympischen “Umsatz”:, u. a.: Arkadij Rotenberg, „buddy of Putin“, $6.9 bn (http://sochi.fbk.info/en/).
– „Für Sotschi-Großprojekte haben Rotenbergs Firmen Verträge über 4,8 Milliarden Euro abgeschlossen, wie der US-Finanzdienst Bloomberg ermittelte, etwa für den Bau von Straßen, einer Pipeline und des Medienzentrums” (Ebenda). – Der Konzern Olimpstroi ist “einer von sieben großen Staatsbetrieben und ein geradezu natürlicher Nährboden für Korruption. Denn Staatskonzerne wie dieser gelten paradoxerweise nicht als kommerzielle Organisationen, sie müssen keine detaillierten Jahresabschlüsse vorlegen” (Neef u. a. 27.1.2014).
– Regimekritiker Boris Nemzow sagte auf die Frage, wer von den Spielen 2014 profitiert hätte, u. a.: “Putins Freunde. Arkadij Rotenberg, sein Judo-Partner, hat mehr als sieben Milliarden US-Dollar bekommen“ (Winterfeldt, Jörg, “Für viele Einwohner sind die Spiele ein Desaster”, in fr-online 5.2.2014).
– „So hat das US-Magazin Forbes recherchiert, dass Putins Judo- und Jugendfreund Arkadij Rotenberg mit Bauaufträgen im Wert von 7,36 Milliarden Dollar die dickste Sotschi-Schnitte gemacht habe“ (Kistner 5.2.2014).
– „Nur wer das Staatsgeld nicht ausgibt, sondern einnimmt, darf sich wirklich die Hände reiben. Besonders gut verdienen die Gebrüder Arkadij und Boris Rotenberg. Die Milliardäre waren einst Judo-Partner von Präsident Putin, nun verwirklichten sie mit ihren Bauunternehmen in Sotschi Projekte im Auftragsvolumen von 7 Mrd. $, wie der Oppositionspolitiker Boris Nemzow und auch Bloomberg nachgerechnet haben. Arkadij Rotenberg sagte, er habe die Aufträge ohne Ausschreibung erhalten, weil keine anderen Firmen diese Leistungen hätten erbringen können. Es ist diese Art von Logik im Umgang mit öffentlichen Geldern, die Sotschi schon vor der Eröffnung zu finanziellen Trauerspielen macht“ (Triebe 8.2.2014).
– “Die Multimillionärs-Brüder Rotenberg gelten als enge Bekannte von Staatschef Wladimir Putin. Für die Winterspiele in Sotschi sollen sie Verträge erhalten haben, die ihnen rund sieben Milliarden US-Dollar in die Tasche spielten” (Dynamo-Chef sanktioniert, in SZ 22.3.2014).
– Der russische Oppositionelle Boris Nemzow und der Regierungskritiker Leonid Martynjuk veröffentlichten am 31.5.2013 einen Bericht zur finanziellen Situation in Sotschi. Von den Kosten von umgerechnet 39 Milliarden Euro seien 19 bis 23 Milliarden Euro von Präsident Wladimir Putin und ihm nahestehenden Oligarchen und Geschäftsleuten veruntreut worden. Nemzow: “Nur Oligarchen und Unternehmen mit Verbindung zu Putin wurden reich” (handelsblatt.com 31.5.2013).
– 2007 wurden die Kosten für Sotschi 2014 mit umgerechnet zwölf Milliarden Dollar angegeben: Nun liegen sie bei 50 Milliarden Dollar. Kein Einzelfall: “In den letzten 16 Jahren beliefen sich die endgültigen Kosten von olympischen Spielen im Durchschnitt auf das Doppelte der ursprünglich angesetzten Summe” (handelsblatt.com 31.5.2013).
Oligarchen-Sport, Oligarchen-Funktionäre
– Al-Sabah, Rotenberg, Vizer & Co.
„Dieses IOC ist anfälliger denn je für die Mächte, die auf die Kommandobrücke streben: Ölscheichs wie der Kuwaiti Al-Sabah, Oligarchen von Putins Gnaden wie Arkadij Rotenberg und sein Judo-Kumpel Marius Vizer, die über den Einfluss aller Sport-Weltverbände (SportAccord) immer mehr Einfluss ausüben“ (Weinreich 7.9.2013)
À propos Rotenberg: „Vizer holte den Oligarchen Arkadij Rotenberg in die Exekutive“ (Hartmann 11.9.2013).
– Multifunktionär
Arkadij Rotenberg ist Präsident des Eishockeyclubs Dynamo Moskau, der früher vom ehemaligen KGB gesponsert wurde (forbes.com 21.7.2014).
„Bankchef Rotenberg ist auch Vizepräsident im Judo-Verband und im Dynamo-Hockeyteam“ (Kistner 5.2.2014).
– Ein Freund, ein guter Freund…
Marius Vizer, von Wladimir Putin und Scheich Al Sabahs Gnaden Präsident von SportAccord, dem Zusammenschluss aller Internationalen Sportverbände, hat die Entscheidung der USA scharf verurteilt, nach der Annexion der Krim den russischen Milliardär und Putin-Freund Arkadij Rotenberg (…) auf die Sanktionsliste zu setzen. Am 6.4.2014 fand im türkischen Antalya die SportAccord International Convention statt, zu der Rotenberg trotz der US-Sanktionen erwartet wurde. Laut Vizer ist Rotenberg ein begeisterter Sportsmann und integraler Bestandteil in der Judo-Entwicklung: “Die SportAccord Convention unterstützt voll Mr. Rotenberg” (Mackay 24.4.2014). Judo-Sportsfreunde unter sich: Rotenberg ist ein früherer Judo-Partner von Putin und sitzt im Exekutivkomitee von SportAccord und der Internationalen Judo-Vereinigung (IJF). Vizer ist Präsident der IJF.
Arkadij Rotenberg in München
In München steht das prachtvolle Opern-Palais in zentraler Lage: Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) verkaufte es im Oktober 2012 an die Firma Lenhart Global Investment für angeblich 300 Millionen Euro. „Brancheninsider und die angesehenen Moskauer Wirtschaftsblätter ‚Kommersant’ und ‚Wedemosti’ indes haben Rotenberg als wichtigsten Eigentümer von Lenhart Global Investment ausgemacht“ (Hesse, Schepp 7.1.2013).
Paläste der Gegenwart
Die Mitarbeiter der Stiftung zur Bekämpfung der Korruption haben Luftbilder von den Anwesen der Brüder Boris und Arkadij Rotenberg gemacht: „Die beiden Putin-Vertrauten aus Petersburger Zeiten haben mit Großaufträgen vom Staat ein sagenhaftes Vermögen angehäuft, unter anderem beim Bau von Pipelines. Auch bei der Ausschreibung für die neue Leitung nach China sind sie dabei. Neben den Palästen, die sich die beiden im Moskauer Umland bauen ließen, wirken die Residenzen der Zaren wie Gesindehäuser“ (Hans 15.7.2014). In seiner 75-Zimmer-Villa vor Moskau „lebt er unweit von Putins Residenz und den Anwesen anderer Oligarchen“ (Hesse, Schepp 7.1.2013).
Geschäfte der Zukunft
„Die Brüder Arkadij und Boris Rotenberg, sowie Genadij Timtschenko, alle alte Freunde Putins, die am Bau der Olympiastätten gut verdient haben, bekommen den Zuschlag, die Brücke über die Meerenge von Kertsch auf die Krim zu bauen – die Baukosten sind mit etwa einer Milliarde Dollar veranschlagt” (Hans 18.4.2014; Hervorhebung WZ). Das war im April 2014 aktuell. Timtschenko ist mittlerweile ausgestiegen – angeblich sind ihm die geologischen Verhältnisse zu unsicher. Arkadij Rotenberg blieb übrig: „Er verstehe, dass dieser Auftrag eine komplette Isolation vom Westen bedeute und eine Zäsur in seiner Laufbahn, so Rotenberg. Aber er lebe in Russland, wolle das Land nicht verlassen, und es sei wohl das letzte große Projekt für ihn. Die Brücke sei sein Beitrag zur Entwicklung des Landes, es gehe nicht ums Geldverdienen. Danach wolle er sich anderen Sphären widmen, etwa dem Sport“ (Triebe 7.2.2015) Die Brücke muss an der engsten Stelle vier Kilometer überwinden; mit Zuführungen wird sie 19 Kilometer lang. „Die Wahl von Stroygazmontazh überrascht allerdings insofern, als der Konzern zwar groß ist, aber keine Erfahrung im Brückenbau besitzt“ (Ebenda). Angeblich diktierte Putin seinem Judo-Freund den Endpreis und die 30.000 $ Vertragsstrafe pro Tag nach der vereinbarten Übernahme im Jahr 2018: Ob das tatsächlich so geschieht, darf bezweifelt werden. – Im Dezember 2014 war Rotenbergs Firma Mostrotrest in der engeren Wahl. Beteiligt an ihr ist auch Igor Rotenberg, der Sohn von Arkadij. Der Zeitplan wird eng für die Brücke auf die Krim: „Putin will am liebsten 2018 drüber fahren. Zeitig zur nächsten Präsidentenwahl“ (Hans 4.12.2014).
Da geht die Eroberung des Landweges über die Ukraine schneller!
Nachtrag 1: Arkadi Rotenberg ist am 30.7.2014 unter die Sanktionen der EU gefallen – mit Einreiseverbot und gesperrten Konten (EU-Sanktionen treffen Vertrauten Putins, in spiegelonline 30.7.2014). Ebenfalls sanktioniert wurden sieben weitere Personen darunter Juri Kowaltschuk, Eigentümer von 38 Prozent der Bank Rossija und der zweitgrößte Teilhaber der Bank Rossija, Nikolai Schamalow, (Ebenda).
Zu Nikolai Schamalow und dem „Palazzo Putin“ vgl. Gazprom-Chronik.
„Rotenberg steht auch bereits auf der Sanktionsliste der USA. Er hatte unter anderem Großaufträge bei den Vorbereitungen für die Olympischen Winterspiele in Sotschi erhalten. Auf die Sanktionsliste kam Rotenberg, weil seine Firma Giprotransmost den Auftrag erhielt, eine Machbarkeitsstudie für den Bau einer Brücke zwischen Russland und der Krim zu erstellen“ (Nienhuysen, Frank, Moskau droht mit höheren Energiepreisen, in SZ 31.7.2014).
Nachtrag 2: Entschädigung für Arkadij Rotenberg
Arkadij Rotenberg, „der während Putins Amtszeit mit Staatsaufträgen zum Milliardär aufstieg, könnte in den Genuss weiterer Vorteile kommen. Ein neues Gesetz sieht Kompensationen aus dem Staatsbudget vor, wenn Eigentum russischer Bürger im Ausland konfisziert wird. Rotenberg steht auf der Sanktionsliste der EU – italienische Behörden haben bereits seine Luxusvillen und eine Hotelanlage im Wert von rund 30 Millionen Euro beschlagnahmt“ (Lohnende Freundschaft, in Der Spiegel 46/18.11.2014).
Nachtrag 3: Die Rotenberg-Paläste
„Am vergangenen Donnerstag (18.12.2014; WZ) behauptete Putin während einer Pressekonferenz, in Russland könne es schon deshalb keine Palastrevolte geben, ‚weil wir keine Paläste haben‘. Nawalny twitterte umgehend Luftaufnahmen der luxuriösen Anwesen von Vertrauten des Kreml-Chefs. Zu sehen sind die ‚Häuser‘ der Brüder Rotenberg, Putins Judo-Kumpels, die mit Staatsaufträgen Milliarden gemacht haben“ (Bidder, Benjamin, Putins Angst vor einem Moskauer Maidan, in spiegelonline 22.12.2014).
„Die Rote Armee besetzte auch die südlichen Kurilen – Inseln, die Japan bis heute für sich beansprucht. Trotz dem Disput träumt Moskau davon, wortwörtlich Brücken nach Japan zu bauen. Den ersten Schritt soll eine 8 km lange Brücke vom russischen Festland nach Sachalin darstellen. Die Kosten werden auf mindestens 300 Mrd. Rbl. (5,1 Mrd. €) geschätzt. Profiteur des Staatsauftrages dürfte wieder einmal der eng mit Präsident Wladimir Putin verbundene Baumogul Arkadi Rotenberg werden. In einem zweiten Schritt wünscht sich Russland eine Brücke vom 50 km entfernten Hokkaido auf die Südspitze der Insel. Tokio macht dazu freilich keine Anstalten, denn der Nutzen einer Verbindung zum dünn besiedelten Sachalin ist mehr als fraglich“ (Triebe, Benjamin, Sachalin trinkt Öl und atmet Gas, in NZZ 16.12.2017).
Quellen:
Ahrens, Peter, Die Schattenseite der Fußballparty, in spiegelonline 14.7.2014
Arkadij Rotenberg, in aktuell/ru 27.5.2011
Arkhipov, Ilya, Meyer, Henry, Putin Buddy gets $7 Billion of Deals for Sochi Olympics, in bloomberg.com 19.3.2013
Aumüller, Johannes, Überall Bekannte, in SZ 15.1.2014
Bidder, Benjamin, Putins teurer Winterspaß, in spiegelonline 31.5.2013
Bidder, Benjamin, Kaiser, Stefan, Angriff auf Putins Finanzzentrum, in spiegelonline 21.3.2014
Dynamo-Chef sanktioniert, in SZ 22.3.2014
Forbes, The World’s Billionaires: Alexander Ponomarenko, www.forbes.com 24.5.2014
Gallindoss, Alan, Timschenko and Rotenberg Brothers Arkadij and Boris Buy Helsinki Hockey Arena, in jewishbusinessnews.com 3.7.2013
Giesen, Christoph, Ott, Klaus, Haus am Meer, in SZ 22.5.2014
Hans, Julian
– Wenn Panzer Wachstum stoppen, in SZ 24.3.2014
– Am Rande der Paranoia, in SZ 18.4.2014
– Straps-Ideen, in SZ 15.7.2014
– Unüberbrückbar, in SZ 4.12.2014
Hans, J., Obermaier, F., Obermayer, B., „Willst du Vergünstigungen, dann registriere dich!“, in SZ 20.4.2016
Hartmann, Grit, IOC-Wahl: Der Scheich der Ringe, in zeitonline 11.9.2013
Hesse, Martin, Schepp, Matthias, Zweifelhafter Freund, in Der Spiegel 2/7.1.2013
Hoppe, Hans-Joachim, Wofür brauchen Politiker im Osten Sportklubs? in eurasischesmagazin.de 3.10.2013
Hosp, Gerald, Datscha-Freunde auf einer gemeinsamen Liste, in nzz.ch 22.3.2014
Internet diskutiert über Putins Luxusresidenz in Sotschi, in aktuell.ru 20.1.2011
Ist das der Palazzo Putin? in zeitonline 28.1.2011
Kim, Lucian, Putin’s Judo-Playing Friend Says Premier Didn’t Help Him Win Gazprom Deals, in bloomberg.com 28.4.2010
Kistner, Thomas, In guter Gesellschaft, in SZ 5.2.2014
Mackay, Duncan, Exclusive: US decision to sanction SportAccord Convention Executive Committee member “bizarre” claims Vizer, in insidethegames.biz 24.4.2014
”Man sollte die aktive Rolle Putins nicht überschätzen”, in Die Welt 12.11.2007
Neef, Christian, Schepp, Matthias, Putins Spiele, in Der Spiegel 27.1.2014
Nienhuysen, Frank, Gennadij Timtschenko, in SZ 5.8.2014
Orttung, Robert, Olimpstroj – Wie Olympia in Sotschi auf der grünen Wiese gebaut wird, in bpb.de 6.12.2013
Pavlovics, Günther, Die Macht im Sport ist Putins Ziel, in kurier.at 30.9.2013
Putin, seine Freunde und gestohlene Olympia-Milliarden, in handelsblatt.com 31.5.2013
„Putins Palast“ am Schwarzen Meer wird weiterverkauft, in aktuell.ru 3.3.2011<
Roth, Jürgen, Gazprom – Das unheimliche Imperium, Frankfurt 2012
Simeoni, Evi, Der wahre Herrscher des Sports, in faz.net 24.2.2014
Steiner, Eduard
– Russische Elite im Fight Club, in welt.de 1.2.2010
– Russland: Wie Herrscher Putin Aufträge vergibt, in diepresse.com 11.3.2012
Teures Spektakel, in Der Spiegel 26/23.6.2014
Triebe, Benjamin
– Goldmedaille für die größte Staatskasse, in nzz.ch 8.2.2014
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Wikipedia
Winterfeldt, Jörg, “Für viele Einwohner sind die Spiele ein Desaster”, in fr-online 5.2.2014