(* 1884, † 1942)
Walter von Reichenau war seit den zwanziger Jahren mit Carl Krümmel befreundet (Ueberhorst S. 53). Er knüpfte schon vor der Machtergreifung 1933 Kontakte zur NSDAP. Er propagierte und organisierte die Eingliederung der Wehrmacht in den NS-Staat, bekannte sich zur „nationalsozialistischen Wehrmacht“ und verlangte von Soldaten eine nationalsozialistische Weltanschauung (Wikipedia). Reichenau änderte mit dem späteren Reichskriegsminister Werner von Blomberg nach Hindenburgs Tod am 2.8.1934 die Vereidigung der Soldaten auf den „Führer und Reichskanzler“ (Wistrich S. 214).
Reichenau wurde Chef des Wehrmachtsamtes und organisierte die (von den Siegermächten des ersten Weltkrieges verbotene) vormilitärische Ausbildung, deren Etat zur Tarnung nicht vom Reichswehrministerium, sondern vom Reichsinnenministerium getragen wurde (Ueberhorst S. 59; S. 63). Am 16.3.1935 wurde die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt und die Tarnmaßnahmen hinfällig.
Reichenau war Befehlshaber der 10. Armee und am Einmarsch in das Sudetenland und der späteren Besetzung der „Rest-Tschechei“ beteiligt. „Die Ironie des Schicksals wollte es später, dass er als IOC-Mitglied die deutsche Invasion nach Belgien, der Heimat des IOC-Vorsitzenden de Baillet-Latour, leitete“ (Krüger S. 60).
Reichenau erhielt im September 1939 von Hitler persönlich das Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes für die Leistungen der Armee im Polenfeldzug und wurde im Juli 1940 nach dem Sieg über Frankreich zum Generalfeldmarschall befördert (Wikipedia).
„Nach dem Blutbad, das die SS im September 1941 in Kiew an Juden anrichtete, erließ Reichenau am 10. Oktober 1941 den berüchtigten ‚Tagesbefehl‘, in dem er die ‚Notwendigkeit der harten, aber gerechten Sühne am jüdischen Untermenschen‘ hervorhob“ (Wistrich S. 214). Er propagierte den „Weltanschauungskrieg“ gegen „Bolschewiken“ und Juden“ und war 1941 an dem Massaker gegen 90 Kinder in Belaja Zerkow und am größten Massaker in der besetzten Sowjetunion in Babyn involviert, wo 33.000 Juden getötet wurden (Wikipedia).
„Im August 1941 bestätigte er den Befehl zur Ermordung von 90 jüdischen Kindern in Bjelaja Zerkow; bei einer der größten genozidalen Aktionen nach dem Überfall auf die Sowjetunion in der Schlucht Babi Jar in der Nähe Kiews, bei dem Ende September 1941 über 30.000 Juden aus der Stadt ermordet wurden, arbeitete von Reichenau eng mit den SS-Sonderkommandos zusammen. Im Oktober 1941 erließ er den nach ihm benannten ‚Reichenau-Befehl‘, in dem er seine Soldaten unverhohlen zur Ermordung der Juden aufrief“ (Ostler u. a., S. 169).
Reichenau löste 1938 Lewand als deutsches IOC-Mitglied ab und blieb dies bis zu seinem Tod am 17.1.1942.
Siehe auch NS-Sportfunktionäre
Quellen:
Berliner Bluff, in Der Spiegel 8/1973
Krüger, Arnd, Theodor Lewald, Sportführer ins Dritte Reich, Berlin 1975
Ostler, Josef, Schwarz, Peter, Schwarzmüller, Alois, Wörndle, Franz, Die Kehrseite der Medaille – IV. Olympische Winterspiele Garmisch-Partenkirchen 1936, Garmisch-Partenkirchen 2016
Ueberhorst, Horst, Carl Krümmel und die nationalsozialistische Leibeserziehung, Berlin 1976
Wistrich, Robert, Wer war wer im Dritten Reich, München 1983
Wikipedia
www.lexikon-der-wehrmacht.de