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Olympisches Museum

„Diktatoren streben stets danach, sich in architektonisch großartigen Gebäuden verewigen zu lassen. Samaranch macht hier keine Ausnahme“ (Simson/Jennings 1992, S. 333).

Samaranchs Museum
Das Olympische Museum war das Vorzeigeprojekt von IOC-Präsident Antonio Samaranch und wurde im Juni 1993 eröffnet: Katarina Witt entzündete das olympische Feuer, das seitdem dort brennt.

Das Museum kostete 40 Millionen Dollar, die zum Großteil von internationalen Konzernen gespendet wurden. „Die Konzerne standen bereitwillig an, um den Präsidenten die Mindestspende von einer Million Dollar zu übergeben“ (Simson/Jennings). Sponsoren waren u. a. die Konzerne Asahi-Brauereien, Sapporo-Brauereien, Kirin-Brauerei, Suntory-Whisky, Hitachi, Dowa-Versicherung, Coca-Cola, Mercedes-Benz, Mitsubishi, Kodak, Korea Times, Seiko, Adidas, Fujitsu, IBM, Toshiba, Bertelsmann, John Hancock, Japan Airlines etc.
Anlässlich der Bewerbung Berlins um Olympische Sommerspiele 2000 wurde Mercedes-Chef Edzard Reuter finanziell aktiv und „spendete eine Million Mark für das olympische Museum in Lausanne. Und die finanzschwache Hauptstadt selbst will bei einer erfolgreichen Bewerbung jährlich eine weitere Million zum ‚Solidarity Fond‘ der Olympier beisteuern, obwohl das IOC über rund 120 Millionen Dollar Guthaben verfügt“ („So kriegen wir die Spiele nie“, in Der Spiegel 39/23.9.1991).

Und was findet man im Inneren des pompösen Palastes? „Eine oberflächliche, keimfreie Auswahl olympischer Memorabilien, zweitklassige Sportkunst und jede Menge teure Videomonitore, die so typisch ist für die Welt von Samaranch: nur protzige Zurschaustellung, keine Substanz“ (Jennings 1996, S. 96).

IOC und Nazis
Kritisiert wird auch die unkritische Darstellung, wie das IOC und die NS-Diktatur kooperierten. „Zu den Olympischen Spielen von 1936 ist die Darstellung im Museum sehr selektiv. Zunächst werden die Besucher zwar darüber informiert, dass die Nazis versucht hätten, die Spiele propagandistisch zu nutzen. Doch dann sei Hitlers Propaganda-Maschine ins Leere gelaufen. Die Spiele hätten nämlich nicht die Überlegenheit der weissen Rasse bewiesen. Dank den Siegen des schwarzen Läufers Jesse Owens habe der olympische Geist triumphiert. (…) So kritisiert Daniel Wildmann das IOC. Wildmann ist Vize-Direktor des Leo Baeck Institute und Geschichtsprofessor am renommierten Queen Mary College in London. Er findet die Darstellung der Spiele von 1936 geradezu manipulativ: “Der Beitrag ist äußerst subtil, weil er über Rassismus spricht, anhand des Themas Rassismus zu beweisen versucht, dass Spiele unschuldig sind.“ (…) Vor allem aber: wie kann jemand über die Spiele von 1936 reden, ohne ein Wort über den Antisemitismus der Nazis zu verlieren? Liegt es daran, dass dieses Thema das IOC direkter angeht als ihm lieb ist? Wildmann sagt: die Entrechtung und Verfolgung der Juden war dem IOC damals egal. Der spätere Präsident Avery Brundage verteidigte damals sogar die Nazis: ‚Brundage meinte Mitte der dreissiger Jahre: ‚In my club in Chicago Jews are not permitted either.‘ Antisemitismus war für ihn kein Problem sondern Normalität.‘ (…) Nach den Gründen dieser seltsamen Geschichtslektion gefragt, verweigert das IOC das Gespräch. Stattdessen teilt es schriftlich mit: die Darstellung sei korrekt, die Spiele seien technisch wirklich gut organisiert gewesen“ (Buchbinder 18.1.2014).
Wenig verwunderlich, wenn man an ein Original-Zitat von Avery Brundage denkt: „The Berlin Games were the finest in modern history… I will accept no dispute over that fact.“

Vergleiche  auch: Brundage, Avery

Von 2011 bis 2013 wurde das Olympische Museum geschlossen und für 55 Millionen Schweizer Franken renoviert und erweitert (Basler Zeitung 2.12.2011).
Die Olympische Bewegung wächst schließlich: Und irgendwo müssen ihre Devotionalien untergebracht werden…

Quellen:
Buchbinder, Sascha, Beschönigt das Olympia-Museum die NS-Vergangenheit? in deutschlandfunk.de 18.1.2014
Die Betrüger im IOC, in Basler Zeitung 2.12.2011
Jennings, Andrew, Das Olympia-Kartell, Reinbek 1996
Simson, Vyv/Jennings, Andrew, Geld, Macht und Doping, München 1992
Wikipedia