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Olympischer Orden

Seit 1975 bestehende Auszeichnung des IOC für Menschen, die sich um Olympische Spiele verdient gemacht haben: zunächst in Gold, Silber und Bronze, seit 1981 nur noch in Gold und Silber. IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch vergab den Orden an jeden, „mit dem er Geschäfte machen will oder dem er Zucker in den Hintern blasen will“ (Jennings 1996).

Dazu gehören Personen wie die Deutschen Horst Dassler und Willi Daume (1992) und Coca-Cola-Chef Roberto C. Goizueta (1988).

„Samaranch hat in seiner seit 1980 währenden Amtszeit die Ordensvergabe inflationiert. Wo immer er eine Gegenleistung erhoffte, teilte er Geschmeide aus. Wenig Gold, viel Silber, insgesamt gingen fast 1000 Plaketten an Politiker, Funktionäre, Industrielle oder willfährige Journalisten“ (Weinreich 8.11.1999).

Er vergab persönlich den olympischen Orden unter anderem an:

Manfred Ewald, DDR (1985; höchster DDR-Sportfunktionär und NOK-Mitglied, behauptete noch 2000: „Doping hat es im DDR-Sport nicht gegeben.“ Er wurde 2001 rechtskräftig vom BGH verurteilt wegen „Beihilfe zur Körperverletzung zum Nachteil von 20 Hochleistungssportlerinnen, denen ohne ihre Kenntnis … Anabolika verabreicht worden waren“);

– Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender Erich Honecker, DDR (1985) in Gold;

– Diktator Nicolae Ceaucescu, Rumänien (1985);

– Diktator Todor Schiwkow, Bulgarien (1987) in Gold;

– Diktator Islam Karimow, Usbekistan (1992) in Gold;

– Diktator Chun Doo Hwan, Südkorea in Gold, wurde wegen Schmiergeldern und Verbrechen verurteilt;

– Diktator Roh Tae Woo, Südkorea in Gold, wurde wegen der Annahme von 650 Millionen Dollar Schmiergeld verurteilt;

Boris Jelzin, Russland (Staatspräsident);

Giulio Andreotti, Italien (1991), u. a. Ministerpräsident; wegen seiner Nähe zur Mafia mehrfach angeklagt und verurteilt;

Chen Xitong, China (1991), Bürgermeister von Peking und Parteifunktionär, der den Schießbefehl am Platz des Himmlischen Friedens mit 3000 toten Studenten gab; in der Laudatio des IOC wurde er als „glühender Verfechter des Sports für die Jugend“ bezeichnet (Jennings 1996, S. 204);

Yoshiaki Tsutsumi, Japan (1991) in Gold, Bauunternehmer;

Lee Kun Hee, Südkorea (1991) Samsung-Chef;

Anwar Chowdhry, Pakistan (1992), wurde mit > Horst Dasslers Hilfe Präsident des Internationalen Boxverbandes AIBA; verschob mit bestochenen Kampfrichtern den olympischen Boxkampf 1988 in Seoul zugunsten eines Südkoreaners;

Horst Dassler (1984): natürlich!

David Miller, Sportchef der Londoner Times und offizieller Samaranch-Biograf. Sein Buch Olympic Revolution zeigt kein einziges Bild von Samaranch in faschistischer Uniform;

Willy Ph. Knecht, Editor des NOK-Reports und heftiger Verteidiger des IOC gegen die Aufdeckungen von Andrew Jennings;

Leni Riefenstahl (2001): nachträglich für ihre Olympia-Filme von 1936!

– Der weißrussische Diktator und NOK-Präsident Alexander Lukaschenko bekam von der Vollversammlung der europäischen NOKs 2008 einen Orden.

– „IOC-Präsident Bach hat Staatspräsident Xi Jinping bereits kurz nach Amtsübernahme im Herbst 2013 den Olympischen Orden verliehen“ (Weinreich 28.7.2015).

Nachtrag: Bach macht weiter
Der im September 2013 neu gewählte IOC-Präsasident Thomas Bach vergab die nächsten Olympischen Orden: Der chinesische Staats- und Parteichef Xi war als chinesischer Vizepräsident erfolgreich für die Olympiavorbereitung von Peking 2008 zuständig gewesen: Nun wurde er von Bach „für seine Verdienste um Olympia und den Weltsport“ ausgezeichnet (19.11.2013 www.spox.com).
Am 22.11.2013 bekamen die in Rom tagenden europäischen IOC-Mitgliedern eine Audienz bei Papst Franziskus (Deutschland wollte WM in Qatar, in faz.net 22.11.2013). Am 23.11.2013 verlieh Bach dem Papst den Olympischen Orden in Gold: (Bach: Verändertes Olympia-Bewerbungsverfahren prüfen, in sueddeutsche.de 22.11.2013).
Die Frage, wie sich der Papst den Olympischen Orden „verdient“ hat, stellt sich: Ist der Pressetermin für Bach der einzige Grund? Das macht die Baustellen in Katar, Sotschi und Brasilien auch nicht humaner!

Quellen:
Flocken, Jan von, Der Erinnerungsakrobat, in Focus 22.4.2000
Jennings, Andrew, Das Olympia-Kartell, Reinbek 1996
Kistner, Thomas/Weinreich, Jens, Der olympische Sumpf, München 2000
Simson, Vyv/Jennings, Andrew, Geld, Moral und Doping – Das Ende der olympischen Idee, München 1992
Weinreich, Jens
– Jeder zu seiner Zeit, in SZ 8.11.1999
– Beim König im Wort, in SZ 11.12.2008
– Bostons Rückzug, Bachs Rückschlag, in spiegelonline 28.7.2015
Wikipedia
Wulzinger, Michael, Easy Rider in Nadelstreifen, in Der Spiegel 15/9.4.2001