Je umweltzerstörender ein industrielles oder in diesem Fall ein sportliches Großprojekt ist, umso größer sind die ökologischen Sprechblasen, die leeren Worthülsen, die beliebig kombinierbaren EDV-Satzbausteine. Einige Beispiele aus dem reichen Schatz der Münchner Bewerbungsgesellschaft, in diesem Fall aus dem „Umweltkonzept München 2018“, Stand 9.11.2009 (die neueren Versionen sind nicht besser!).
* „München 2018 verpflichtet sich zu einem integralen und ganzheitlichen Umwelt- und Nachhaltigkeitsmanagement …“ (S. 2).
Soll beruhigend klingen, kann angesichts der Dimension der Projekte aber keine Probleme lösen.
* „München 2018 vermeidet neue Eingriffe in Schutzgebiete, Bergwald und bedeutende Biotopflächen. Der Wasserverbrauch wird minimiert, der Flächenverbrauch kompensiert („Netto Null“) (S. 38).
Schutzgebiete, Bergwald und Biotope werden sehr wohl betroffen sein. Wieso wird der Wasserverbrauch minimiert – bei hunderttausenden Besuchern und zig Schneekanonen? Und „Netto-Null“: Das kann nicht sein, wie man an der Projektierung in Garmisch-Partenkirchen, Oberammergau (geplatzt, jetzt Schwaiganger) und Berchtesgaden sehen kann.
* „Ziel dieses generationenübergreifenden Modells ist demnach, den Schutz der biologischen Vielfalt, das Streben nach wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung und die Erhaltung kultureller Werte dauerhaft miteinander zu verbinden.“
Die Rede ist vom Biosphärenreservat, das nach kürzester Zeit geplatzt war.
* „Green Gap +“: „Das ‚+’ steht sinnbildlich für den dauerhaften Mehrwert für die Region“ (S. 41).
Der Gipfel an Banalität: Der Werbetexter hat sich ein Minus verdient.
* „Die Wahl eines historischen Standorts Olympischer Sommerspiele für eine Bewerbung zu Olympischen Winterspielen ist … ein Alleinstellungsmerkmal der Bewerbung Münchens.“
Siehe > Alleinstellungsmerkmal. Abgesehen von der offenkundigen Ignoranz des Klimawandels antwortete IOC-Präsident Rogge auf die Frage im Februar 2010, ob das ein starkes oder ein gefährliches Argument für München sei: „Gar kein Argument“ (Kistner, SZ 9.2.2010).
Bei der Zuschauermobilität „werden daher öffentliche Verkehrsmittel … konsequent Vorfahrt erhalten“.
Die Mehrzahl der Gäste würde per Flugzeug anreisen. Der Anteil der Investitionen Schienenverkehr zu Autoverkehr liegt ungefähr bei 1 zu 6. Mit einer Autobahnverlängerung und drei neuen Tunnels bei Garmisch-Partenkirchen erhält der Autoverkehr endgültig Vorfahrt. Allein der automobile Bedarf der „Olympischen Familie“ wird mit 3000 Pkws angegeben.
* „Die Nutzungsüberlagerungen von Forst, Jagd und Naturschutz mit Tourismus und Sport sind am Beispiel der Sportgroßveranstaltung konkret erleb- und nachvollziehbar. Das Betreten fragiler Habitate und Biotope … hinterlassen ein eindrückliches Verständnis für Systemzusammenhänge und ganzheitliche Betrachtungen“ (Olympic Manager 4.10, S. 83).
Was für eine wüst zusammen gemischte Melange aus nichts sagenden Statements, einer ökologischen Schmalspur-Pädagogik und Peinlichkeiten! Wie sollen vermeintliche Lernprozesse beim „Betreten fragiler Habitate und Biotope“ entstehen, die man am besten nicht betritt? Ist das tatsächlich noch ernst gemeint? Und nach dem massenhaften Betreten wird es keine fragilen Habitate oder Biotope mehr geben.
* „Die Kinder und Jugendlichen erkennen die Abhängigkeit des Menschen von der Natur, wobei der Mensch selbst durch sein Handeln Schaden nehmen kann, die Natur hingegen sich immer wieder, wenn auch in geänderter Form, regeneriert“ (S. 83f).
Sic! Was wollen uns die Autoren damit sagen? Dass der Mensch geschädigt werden kann, die Natur sich aber stets selbst repariert? Was für qualifizierte Aussagen einer Primitiv-Ökologie!
* Die Jugendlichen lernen: „Gehe ich verschwenderisch mit den Ressourcen um, trage ich zum Klimawandel bei und habe bald keinen Schnee mehr …“ (S. 84).
Da fehlen einem die Worte.
Quellen:
Bewerbungsgesellschaft München 2018, „Umweltkonzept München 2018“, Stand: 9.11.2009
Kistner, Thomas, „Der Reiz der Spiele ist stärker denn je“, in SZ 9.2.2010