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Krümmel, Carl

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(* 1895, † 1942)

Intro
Krümmel prägte „den Typus des nationalsozialistischen Leibeserziehers, des ‚politischen Soldaten’ als einer Synthese von Preußentum und Nationalsozialismus“ (Ueberhorst S. 7).
„Seine steile, berufliche Karriere weist in allen Einzelabschnitten … den Zusammenhang von wissenschaftlich unterbauter Leibeserziehung und Wehrerziehung auf“ (A.a.O., S. 8).

„Kameradschafts- und Mannschaftserziehung, Charakterprüfung in Kampfsituationen, Führerauslese als Ziel der Rassenhygiene, Bewahrung der Tradition der Frontkämpfergeneration als Grundlage der Wehrerziehung, das sind die Leitvorstellungen und die sich immer wiederfindenden Schlüsselworte nationalsozialistischer Leibeserziehung. Sie werden von Krümmel konsequent verwirklicht im Geländesport der SA und im SA-Sportabzeichen, in der Neuordnung des Hochschulsports und in den vom Reichserziehungsministerium erlassenen ‚Richtlinien’ für die Leibeserziehung in den Schulen, die in der Verpflichtung auf Volk, Wehr, Rasse und Führertum ihre Sinnmitte finden sollten und deren gefährliche Verengung zu einer Hybris führte, an deren Ende die nationale Katastrophe stand“ (A.a.O., S. 80).

Vita
Krümmel wuchs in Hamburg auf und musste 1912 die Schule wechseln, da er trotz Verbots Leistungssport betrieb. Sein Ziel war, als Langstreckenläufer der Mannschaft der Olympischen Sommerspiele 1916 in Berlin anzugehören, die dann wegen Kriegsbeginn ausfielen. 1914 meldete er sich freiwillig zum Militär; er wurde im Juli 1917 verwundet. (Wikipedia).
Bei NS-Sportfunktionären ist dies ein natürlich häufig zu beobachtendes Phänomen: Leistungssport plus Militärdienst an der Front.

1919 nahm er als Mitglied des Freikorps von Ritter von Epp an der Niederschlagung der Münchner Räterepublik teil. Nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg „sah er nach 1918 in der Wehrhaftmachung des deutschen Volkes durch Leibeserziehung eine der Grundbedingungen für den nationalen Wiederaufbau“ (Ueberhorst S. 143). Von 1925 bis 1930 war Krümmel Vorsitzender des Verbandes deutscher Sportlehrer. Die Reichwehr war „seine politische und geistige Heimat“: „In der Machtergreifung Hitlers sah er den Beginn einer national-völkischen und sittlichen Wiedergeburt, aus deren Geist auch die Leibeserziehung auf Wehrhaftigkeit und Kämpfertum ausgerichtet und den Weltkriegstraditionen verpflichtet, neugeprägt werden müsste“ (A.a.O., S. 16).
1933 wurde er SA-Hauptsturmführer. Anfang April 1933 agierte eine SA-Truppe auf einer Sitzung des Deutschen Reichsausschusses für Leibesübungen (DRL) gegen den Präsidenten Theodor Lewald; Krümmel soll diesen als „Halbjuden“ bezeichnet haben. Lewald trat daraufhin zurück.

Krümmel wurde 1933 in den Stab des Chefs des Ausbildungswesens berufen, erhielt den Rang eines SA-Hauptsturmführers und wurde 1934 SA-Sturmbannführer. 1934 wurde er Ministerialrat im Preußischem Ministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und gründete das „Hochschulinstitut für Leibesübungen“ an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin, das er auch leitete: Damit kontrollierte er die Ausbildung der Sportlehrer und das Konzept der staatlichen Leibeserziehung. 1935 wurde er Honorarprofessor.

Vor den Olympischen Sommerspielen 1936 in Berlin organisierte Krümmel den vorolympischen Kongress für körperliche Erziehung (24. bis 31.7.1936). Nach Krümmel sollten die Olympischen Spiele eine „Feier der Gemeinschaft der Kampfgläubigen“ werden (A.a.O., S. 105). In seinem Referat zog er eine Parallele von der Totenehrung beim griechischen Ursprung der Olympischen Spiele der Antike zur Ehrung der Gefallenen des Ersten Weltkriegs: Die Olympischen Spiele hätten zu „ihren letzten und tiefsten Wurzeln zurückgefunden… Die Olympischen Spiele unserer Tage bedeuten für uns die denkbar größte Totenehrung für die Gefallenen aller Nationen im großen Kriege. Jede Mannschaft ehrt in ihren Kämpfern die Gefallenen ihres Volkes und zugleich die Gefallenen aller anderen Völker“ (A..O., S. 103).
Olympische Spiele als Totenkult: Das eine interessante Assoziation angesichts des kommenden Zweiten Weltkriegs und der Massenmorde des NS-Regimes! Man gewinnt den Eindruck, dass die gesamte Maschinerie des NS-Sports physisch und psychisch der Kriegsvorbereitung dient.

Durch Krümmels Initiative wurde im Jahr 1935 die Deutsche Hochschule für Leibesübungen geschlossen und am 7.4.1937 durch Führererlass die Reichsakademie für Leibesübungen gegründet, deren Direktor er selbst wurde; als Präsident fungierte der Reichssportführer von Tschammer und Osten (A.a.O., S. 15; S. 97). Das Ziel der Reichsakademie war laut Erlass „Förderung der deutschen Leibeserziehung durch Lehre und Forschung im Geist des Nationalsozialismus“ (A.a.O., Dokument 2.8, S. 182).
Sie sollte ein Zentrum der Führerausbildung für die deutsche Leibeserziehung für drei Gruppen sein: die Studienassessoren, die Turn- und Sportlehrer und die Lehrwarte des Deutschen Reichsausschusses für Leibesübungen DRL (Ueberhorst S. 97). Dort fanden – trotz des wissenschaftlich anmutenden Namens – viele NS-Veranstaltungen statt; so sprach der „Reichsführer SS“, Heinrich Himmler 1937 zu „BDM-Untergauführerinnen“ im Rahmen eines  Reichsschulungslagers (Schäche, Szymanski S. 119).
Krümmels Reichsakademie organisierte 1938 das „Deutsche Turn—und Sportfest“ in Breslau, auf dem die „Kraft der nordisch-deutschen Rassenseele“ gefeiert wurde (A.a.O., S. 100). Mit Kriegsausbruch 1939 stellte die Reichsakademie ihren Betrieb ein (A.a.O., S. 106).

Als Chef des Amtes „K“ (Körperliche Erziehung) im Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung konnte Krümmel einige die Hochschulen betreffende Entscheidungen fällen. „Das Amt ‚K’ hatte indirekt über die Schulen und Hochschulen zum Aufbau der Luftwaffe, zur Intensivierung der Luftfahrtforschung und zum Ausbau der Flugzeugindustrie beigetragen. Im Krieg sollte nun die Jugend verstärkt zu ‚Sonderaufgaben’ herangezogen werden“ (A.a.O., S. 93).

1937 trat er in die NSDAP ein (Ueberhorst S. 7f; Wikipedia). Der „Stabschef“ von 30.000 Leibeserziehern starb bei einem Flugzeugabsturz im August 1942.

Wehr-Sport
1932 wurde durch Erlass des Reichspräsidenten das „Reichskuratorium für Jugendertüchtigung“ (RKJ) errichtet. Da der Militärdienst im Deutschen Reich immer noch verboten war, diente das RKJ zur Durchführung von paramilitärischen Übungen, wie Geländesport. Das Reichsministerium des Innern gab diesbezügliche Richtlinien heraus: „Der Geländesport dient der Erziehung der deutschen Jugend zu wehrhaften Männern. Wehrhaftigkeit bedeutet körperliche und geistige Mannhaftigkeit und Opferbereitschaft für die Gesamtheit“ (A.a.O., S. 49). Ueberhorst schrieb in diesem Zusammenhang: „Die soldatisch-männlichen Tugenden, von denen der Kampf der nationalsozialistischen Bewegung angeblich getragen worden war, sollten nun auch zum Maßstab werden für die höhere Bildung an den Gymnasien“ (A.a.O., S. 83). 1941 wurden dann auch die Richtlinien für die Leibeserziehung der Mädchen den Erfordernissen des Krieges angepasst: Einsatzbereitschaft und Härte wurden verlangt (A.a.O., S. 84).

Wie schon bei Neuendorff zu beobachten war, unterstützte auch Krümmel die Umwandlung des Sports im NS-Regime zum Wehrsport, u. a. durch getarnte „Geländesport-Arbeitsgemeinschaften“ (A.a.O., S. 51). „1924 wurde auf seine Initiative hin innerhalb der Reichswehr eine Leistungsprüfung durchgeführt, die aus einem Fünfkampf bestand: Weitsprung mit Anlauf, Handgranaten-Weitwurf, 100-m-Staffellauf, 3000-m-Mannschaftsgeländelauf und 10-km-Gefechtslauf mit Schießen“ (A.a.O., S. 35). „Noch vor Hitlers Machtübernahme hatte die SA mit Billigung der Reichswehrführung Zehntausende ihrer Angehörigen in den geländesportlichen Lehrgängen des Reichskuratoriums schulen lassen…“ (A.a.O., S. 51).

Der „Jungstahlhelm“ propagierte „Soldatentum ist Deutschtum“ und die „Erziehung zum Frontsoldatentum“ (A.a.O., S. 45). Ueberhorst stellte fest: „Der Wehrwille wird durch sportliches Training anerzogen, das Wehrkönnen durch eine militärtechnische Ausbildung“ (A.a.O., S. 38).
Anfang der Dreißiger Jahre baute Krümmel die „Stammschule für Geländesport“ in Neustrelitz auf: Er wollte hier ein Zentrum der nationalsozialistischen Leibeserziehung schaffen. Dazu kamen vier weitere große Geländesportlager: Bereits ab November 1932 wurden Lehrgänge durchgeführt, die vor allem von SA und Stahlhelm besucht wurden (A.a.O., S. 67).

Krümmel war auch an den Ausführungsbestimmungen des SA-Sportabzeichens beteiligt. Es wurde von Hitler persönlich am 28.11.1933 gestiftet und am 19.1.1939 in „SA-Wehrabzeichen“ umbenannt. „Bewerber mussten zwischen 18 und 35 Jahre alt und nach dem nationalsozialistischen Ideal ‚wehrwürdig’ sein“ (Wikipedia). Sie mussten u. a. folgende Leistungsprüfungen machen: 25-km-Gepäckmarsch, Kleinkaliberschießen 50 m, liegend aufgelegt und freihändig, Keulen-Zielwurf/Handgranatenwurf, Gelände-Sehen, Melden, Tarnung, Entfernungsschätzen, Geländeausnutzung. Der Zweck war klar die vormilitärische Ausbildung.

Krümmel war nach Ueberhorst verantwortlich „für die unheilvolle Ausrichtung dieser Leibeserziehung auf die Maxime des politischen Soldaten—und Kämpfertums“ (A.a.O., S. 143). 1937 schrieb Krümmel in der Einführung von „Staat und Sport“: „In SA, SS, im Arbeits- und Heeresdienst in der Schule und Hochschule als den dafür bestimmten Organisationen der Bewegung und des Staates wird die Leibesübung als ewiges Mittel der Erziehung in allen ihren Fronten eingegliedert in den Lebenskreis“ (A.a.O., S. 79).

Krümmel strebte mit all seinen Initiativen den Übergang vom Sport zum Wehrsport an und trug ein hohes Maß an Mitschuld am grausamen Schicksal der Sportinteressierten und der Jugend im NS-Regime und im Krieg.

Siehe auch NS-Sportfunktionäre

Quellen:
Schäche, Wolfgang, Szymanski, Norbert, Das Reichssportfeld. Architektur im Spannungsfeld von Sport und Macht, Berlin 2001
Ueberhorst, Horst, Carl Krümmel und die nationalsozialistische Leibeserziehung, Berlin 1976
Wikipedia