In den IOC Requirements for Candidate Cities steht: „The aim is not just to ensure that holding the Games has no negative impact on the environment, but also to try to improve this environment and leave behind a positive green legacy. Angesichts der realen ökologischen Hinterlassenschaften Olympischer Spiele klingt das „grüne Erbe“ wie Hohn und Spott, wie pures > Greenwashing. (Vergleiche auch unsere 18 Punkte: „Innovative“ Umwelt-Leitprojekte) So heißt es im Eckdatenpapier vom 24.6.2010:
„Das positive Erbe für die Umwelt wird durch die aktive Einbindung der Bevölkerung, der nationalen Sportorganisationen und vieler weiterer gesellschaftlicher Gruppen in die Konzeptionen erreicht werden … Zentrale Idee dabei: Umwelt- und Naturschutzbelange werden im Kontext einer nachhaltigen Entwicklung betrachtet und bewertet“ (S. 6).
Es ist schon großartig, welch tief schürfende ökologische Philosophie die Bewerbungsgesellschaft hier der Öffentlichkeit präsentiert (siehe auch > Ökologisches Blabla). Dabei hält sich die Münchner Bewerbungsgesellschaft strikt an die Vorgaben des Großen Bruders > IOC, wie die weiteren arroganten Zitate aus ihrem „Umweltkonzept“ zeigen:
– „München 2018 übernimmt die Vision von ‚Grünen Spielen’ … und wird damit zum Maßstab künftiger Spiele“ (S. 1). Eine recht elitäre Sichtweise im Hinblick auf die Konkurrenten – wahrscheinlich auch ein „Alleinstellungsmerkmal“!
– Die Plusenergiedörfer in München und Garmisch-Partenkirchen werden „hervorragende Leuchttürme im Rahmen von München 2018“ (dabei liegen die beiden Orte gar nicht am Meer!) und „ein wahrhaft grünes Erbe hinterlassen“ (S. 49). Ganz erstaunlich, diese Steigerungsmöglichkeit: von „grünes Erbe“ auf „wahrhaft grünes Erbe“!
– Die energetische Sanierung des Olympiastadions „wird ein weiteres grünes Erbe“ hinterlassen. Die Sanierung des Umweltleitprojekts „Nachhaltiger Olympiapark 2018“ wird „ein dauerhaftes grünes Erbe hinterlassen“ (S. 56).
– 100 Sportvereine reduzieren ihren CO2-Anteil und leisten, jawohl, einen nachhaltigen Beitrag „für ein grünes Erbe von München 2018“ (S. 60).
– Auch das Leitprojekt „Klimakompensation des internationalen Luftverkehrs“ unterstützt das „grüne Erbe von München 2018“ (S. 64). Da das Leitprojekt große Teile der Öffentlichkeit sensibilisiert (Wie? Wieso? Warum?), steigert dies das „grüne Erbe“ noch einmal (S. 66). Die Finanzierung soll über einen Fonds erfolgen, da das Organisationskomitee der Spiele – also der Verursacher – dies nicht allein finanzieren kann.
– Grüne Flotte München 2018: Alle 3000 Pkw und Minibusse des OCOG sollen Elektrofahrzeuge sein. Auch mit diesem Projekt wird „ein Standard für künftige Sportgroßveranstaltungen gesetzt, hinter den andere Veranstalter kaum mehr zurückfallen können“: Schon entsteht wieder „ein langfristiges grünes Erbe durch dieses Leitprojekt“ (S. 70).
„Es wird nach heutigem Entwicklungsstand geschätzt, dass für die Anschaffung jedes Pkw mit Elektroantrieb Mehrkosten von rund 1000 Euro anfallen …“ (S. 73).
Nun ist die Umweltbilanz von Elektroautos in Wirklichkeit äußerst fragwürdig. Beim deutschen Strom-Mix im Jahr 2018 werden pro Kilowattstunde etwa 600 mg CO2 emittiert (derzeit 609 Gramm). Dazu wird die Reichweite vor allem im Winterbetrieb wegen Heizung, Licht und Scheibenwischer (stromintensiv!) drastisch verkürzt. Heute kostet allein der Akku ungefähr so viel wie ein normaler Pkw: Die Summe von 1000 Euro für die gesamte elektrische Infrastruktur ist reines Wunschdenken.
– „Mit dem Ausbau der Bahnstrecke zwischen München und Garmisch-Partenkirchen wird das Leitprojekt aber auch langfristig ein wichtiges grünes Erbe für die Region schaffen“ (S. 77). Der zweigleisige Ausbau wird gerade zusammengestrichen.
– Diese Ansammlung von Sprechblasen, Worthülsen und EDV-Satzbausteinen nennt sich Umweltkonzept. Es müsste eher „Umweltzerstörungskonzept“ heißen und scheint zumindest in Teilen von den fachfremden Planern von Albert Speer & Partner geschrieben zu sein.
Ralf Roth von der > Deutschen Sporthochschule Köln rühmt die Bewerbung so: „Unser Vorschlag setzt auf Ganzheitlichkeit, integriert Natur und Umwelt, die Menschen, den Sport, aber eben auch die Wirtschaft – sodass die Spiele ein umfassendes grünes Erbe hinterlassen können“ (Lüke 7-8/2010).
Dieses grüne Erbe ist ein gequirltes > ökologisches Blabla aus vorgestanzten EDV-Worthülsen und heißer Luft. Am besten ist es, das „grüne Erbe“ auszuschlagen und gar nicht erst anzutreten. Dann erbt man nämlich auch nicht die Zerstörungen. Das „grüne Erbe“ der Olympischen Spiele ist eine ökologische und ökonomische und soziale olympische Belastung auf Jahrzehnte.
Vergleiche auch: Olympisches Erbe, White Elephants
Quellen:
Bewerbungsgesellschaft München 2018, Eckdatenpapier Bid Book München 2018, Auszug Umwelt, Stand: 24.6.2010
IOC Requirements for Candidate Cities, München 2018, Eckdatenpapier Bid Book München 2018, Auszug Umwelt, Stand: 24.6.2010
Lüke, Gabriele, Nachhaltige Chance, in IHK-Magazin für München und Oberbayern 7-8/2010