Synonym zum Whitewashing (beschönigen, schönreden, schönfärben, euphemistisch darstellen). Unter Greenwashing (oder Greenwash) versteht man das Vorgehen der Industrie, sich als ökologisch vorbildlich darzustellen, obwohl es sich dabei um reine PR-Maßnahmen handelt, die keinerlei konkrete Verbesserung für das Klima und die Umwelt bedeuten.
Konzernwerbung
So werben Industriekonzerne für den Kauf von Produkten, indem sie einen kleinen Obolus für einen guten Zweck abführen. Dieses „Cause related Marketing“ (CrM) kann bedeuten, dass die Brauerei Krombacher für jeden Kasten Bier vier Cent für die Rettung des Regenwaldes abführt („Saufen für den Regenwald“) oder einer der größten Umweltsünder, Procter & Gamble, pro Windelpackung 5,3 Cent an UNICEF abliefert.
Der Fastfood-Konzern McDonald’s ersetzte 2009 in Deutschland die rote Farbe seines Logos durch ein Grün mit Erdtönen: Das ändert nichts an den Umweltsünden des Konzerns: hohes Müllaufkommen durch Einweggeschirr und Einwegverpackungen (45 000 Tonnen pro Jahr allein in Deutschland), hoher Energieverbrauch durch Einfrieren, Lagerhaltung, Auftauen, Warmhalten, dazu hohe Methanemissionen durch die Rindfleisch-Burger, die automobilen McDrives etc.
Im Februar 2012 lieferte McDonald’s ein weiteres Beispiel für Greenwashing: „Der Burgerbrater will künftig seine Lieferanten verpflichten, auf Käfighaltung bei Schweinen zu verzichten. Dass kaum ein McDonald’s-Produkt Schweinefleisch enthält, ist nebensächlich“ (Giesen 15.2.2012).
Bilanzfälschung
Mit verfälschenden Vorgaben seitens der Hersteller trickste eines der WBA-Institute die Ökobilanz von Getränkedosen besser als die von Glasflaschen. Auftraggeber war der größte europäische Getränkedosenhersteller, der zu dem Schluss kam: “Die Getränkedose ist grün” (Deutsche Umwelthilfe 8.8.2010).
Auch die angeblich kompostierbaren, umweltfreundlichen und
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CO2-neutralen „Bioplastikbecher“, die in einigen Fußballstadien Verwendung finden, sind eine „Luftnummer“, wie Jürgen Resch von der Deutschen Umwelthilfe (DUH) äußerte. Der Verband der Europäischen Bioplastikhersteller „European Plastics“ wurde inzwischen von der DUH abgemahnt. In Wirklichkeit wären Spezialanlagen nötig, die nicht vorhanden sind: Deshalb werden die Becher nicht einmal getrennt gesammelt, sondern in Müllverbrennungsanlagen verbrannt (Deutsche Umwelthilfe PM 15.3.2011).
Der RWE-Konzern ließ 2009 einen grünen Riesen durch alternative Energielandschaften streifen. RWE ist der größte CO2-Emittent Europas (mit nur zwei Prozent Stromanteil aus erneuerbaren Energien) und warnt gleichzeitig die Politiker vor dem Verlust von Zehntausenden Jobs wegen CO2-Auflagen. Der Stromerzeuger Vattenfall sponsort gegen den Protest von Umweltgruppen das Cyclassic-Radrennen und baut neue klimaschädliche Kohlekraftwerke.
Irreführung
BMW lobte sich im Herbst 2009 in einer Anzeigenserie für 100 Prozent Recycling und das Zukunftsauto mit Null-Emissionen, nachdem es kurz zuvor den X6-Boliden auf die Straße gebracht hatte – mit Motoren von mehreren Hundert PS. Und der Chef des Mercedes-Tuners AMG rechnete den 571-PS-Motor des neuesten Rennmodells sparsam: „Pro PS braucht der SLS nur 0,023 Liter pro 100 Kilometer.“ Das bedeutet einen sowieso schon bewusst zu tief angegebenen Normverbrauch von über 13 Liter, der auf der (meist männlichen) Adrenalinskala problemlos zu verdoppeln ist.
Der Siemens-Vorstandsvorsitzende Peter Löscher sprach 2012 von „grüner Technik für die weißen Pisten“; gemeint waren Beschneiungsanlagen, Energieversorgungsanlagen, Pumpenantriebe und Steuerungen für Beschneiteiche. 2011 „betrug der Umsatz mit grünen Produkten rund 28 Milliarden Euro – mehr als ein Drittel des gesamten Siemens-Umsatzes“ (siemens.com 14.1.2012).
Das einzig Grüne waren vermutlich die grün lackierten Gehäuse.
Ralf Roth von der Sporthochschule Köln war bereits für das Umweltkonzept München 2018 verantwortlich und in dieser Funktion auch für die Biathlon-WM 2012 in Ruhpolding tätig. Trotz der schweren Landschaftszerstörungen lobte Roth das Konzept, weil „im Umfeld der Arena 2,8 Hektar ökologisch aufgewertet“ wurden. Da in Ruhpolding ein Ganzjahresbetrieb betrieben wird, sei dies „per se schon nachhaltig“ (! W.Z.). Zum Einsatz von Kunstschnee bemerkte er: „Es ist heute nicht mehr möglich, solche Veranstaltungen ohne Beschneiung durchzuführen. Da gibt es ganz klare Anforderungen, das geht mit Naturschnee an keinem Standort der Welt.“ Den Einsatz von Salz rechtfertigte Roth so: „Es handelt sich um natürliche Salze, wie sie in der Landwirtschaft im Tonnenbereich ausgebracht werden“ (Effern 8.3.2012).
Greenwashing pur.
Bei der Frauen-Fußball-WM 2011 in Deutschland entwarfen DFB und Öko-Institut das „Green Goal 2011“: Der Senf der Imbissbuden kam nicht mehr aus Plastiktütchen, sondern aus nachfüllbaren Spendern; Urinale funktionierten wasserlos, und die Fahrer der (dicken) Limousinen bekamen ein Spritspar-Training (Spiegel 25/2011).
Zum Greenwashing gehören auch die berühmt-berüchtigten „Selbstverpflichtungen“ der Industrie (z. B. die von der Autoindustrie angebotene CO2-Reduzierung bis 2008 auf 120 g, die nie eingehalten wurde). Oft werden von den Konzernen Tarnorganisationen gegründet wie in den USA die scheinbar um das Klima besorgte Organisation „Global Climate Coalition“, ein Lobbyverband von Erdöl- und Autokonzernen gegen sämtliche Klimaschutzmaßnahmen der jeweiligen amerikanischen Regierung.
Mit dieser grünen Imagepflege der Konzerne werden für Millionensummen große PR-Agenturen betraut, welche die dramatischen ökologischen Entwicklungen negieren, leugnen und beschönigen sollen. Ähnlich wie sich eine White-Collar-Kriminalität entwickelte, wird sich auch eine Green-Collar-Kriminalität einstellen.
Auch im Privaten gibt es Greenwashing-Pseudolösungen: die Energiesparlampe das Elektroauto, oder das Sammeln von Altpapier, um die Unmengen Computerausdrucke kompensieren zu wollen. Oder mit einer Fotovoltaikanlage auf dem Hausdach, um den schweren Geländewagen gegenzurechnen. Das alles wird nicht im Entferntesten reichen, um Zukunft zu ermöglichen.
Ein symptomatisches Beispiel für Greenwashing sind Olympische Spiele mit dem Gerede von Grünen Spielen oder Grünem Erbe.
Nachtrag 1: Deutscher Nachhaltigkeitspreis für Tropenwaldzerstörer Unilever?
Am 7.12.2012 soll der Unilvever-Konzern den Deutschen Nachhaltigkeitspreis in der Kategorie Wirtschaft erhalten. Dagegen protestierten die Organisationen Rettet den Regenwald und Robin Wood. Unilever ist einer der größten Abnehmer von Palmöl: Seine Zulieferer Wilmar und IOI sorgen für die immer weitere Zerstörung des indonesischen Regenwaldes für Palmöl-Plantagen. In einem Offenen Brief wiesen beide Organisationen auf die verhängnisvolle Rolle von Unilever hin.
Der Vorsitzende der Jury der Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis, Günther Bachmann, reagierte auf den Offenen Brief: Er sehe „keine Veranlassung, das Votum der Jury zurückzunehmen“ (Raubbau in den Tropen bald preisgekrönt? 30.11.2012).
Soweit zum Thema Nachhaltigkeit und Green Washing!
Nachtrag 2: Ski-WM 2013 in Schladming
Wie weit Anspruch und Wirklichkeit auseinander klaffen, ist bei dem 400-Millionen-Euro-Projekt Ski-WM 2013 zu ersehen. Greenwashing aus dem Leitbild der offiziellen Webseite der Ski-WM 2013, Abteilung Vision-Mission: “Wir stehen … für einen gewissenhaften Umgang mit den natürlichen Ressourcen unserer Umwelt. Ein positives und verantwortungsvolles Gestalten kann nur im Sinn von Ökologie und Nachhaltigkeit geschehen” (www.schladming2013.at; Organisation, Vision-Mission; Hervorhebung WZ)
Dagegen äußerte ÖSV-Präsident Schröcksnadel im Oktober 2012 zur Nachhaltigkeit der Ski-WM in Schladming: “Von dem Wort halte ich gar nichts. Nachhaltig? Was ist nachhaltig? Wenn ich eine Fliege erschlage, dann ist sie nachhaltig tot” (Krutzler, Zelsacher 19.10.2012: Hervorhebung WZ).
Vergleiche: Schladminger Ski-WM 2013: Ein Ort wird zerstört
Nachtrag 3: Greenwashing bei der Industrie
„In den Bau- und Elektromärkten boomt das Geschäft mit angeblicher Öko-Ware, doch Verbraucherschützer warnen: Oft ist nur die Reklame grün“ (Neubacher 18.2.2013). Holger Schneidewindt von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen: „Seit Fukushhima herrscht blühende Phantasie, was die Werbung mit Öko-Sprüchen angeht… Man kann sich nur wundern, welche Gerätschaften inzwischen als umwelt- und klimafreundlich angepriesen werden“ (Ebenda).
Nachtrag 4: Umweltverbände kompensieren mit Geld
Der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) zog die Klage gegen eine Teststrecke von Mercedes zurück: „Daimler hat dem Nabu 920.000 Euro überwiesen“ (Biederbeck u.a. 25.3.2013): Damit sollen Moore im Schwarzwald und im Allgäu wiederbelebt werden. Der Nabu akzeptierte auch einen Windpark im hessischen Vogelsberg – gegen Zahlung von einer halben Million Euro an einen vom Nabu verwalteten Naturschutzfonds (Ebenda). Der BUND arrangierte sich mit einem Windparkbetreiber im Nordsee-Wattenmeer – gegen 800.000 Euro (Ebenda). Nabu und BUND stimmten dem Ausbau des Flughafens Lübeck zu – gegen 2,5 Millionen Euro für eine Umweltstiftung (Ebenda). Usw.
Nachtrag 5: Greenwasher Adidas und Nike
Greenpeace untersucht seit längerem die Kleidungsproduktion auf schädliche Chemikalien. Auf der Online-Plattform „Detox Catwalk“ teilt Greenpeace die 17 teilnehmenden Modefirmen ein in „Trendsetter“, Greenwasher“ und Schlusslichter“. Adidas und Nike anerkannten 2011 mit als erste die Forderungen. „Getan haben sie seitdem aber so gut wie nichts – sagt Greenpeace. Die Umweltschützer bezeichnen Adidas, Nike und eine chinesische Firma deshalb als ‚Greenwasher’… Konkret wirft Greenpeace Adidas vor, noch keines seiner vollmundigen Entgiftungsversprechen eingelöst zu haben. Auch habe sich das Unternehmen zu der Grundannahme der Kampagne, es gebe keine ökologisch vertretbaren Mengen gefährlicher Chemikalien, noch nicht eindeutig geäußert. (…) Adidas verstecke sich hinter ‚den leeren Papierversprechen‘ der Industrieinitiative Zero Discharge of Hazardous Chemicals Group (ZDHC), schreibt Greenpeace. Dasselbe gelte für Nike, das ‚keinen glaubwürdigen Plan zum Verzicht auf wichtige gefährliche Chemikalien‘ anbiete“ (Kwasniewski, Nicolai, Greenpeace wirft Adidas und Nike Schönfärberei vor, in spiegelonline 31.10.2013; Greenpeace: Trendsetters, Greenwashers and Laggards unveiled on Greenpeace’s Detox Catwalk to toxic-free fashion, Press release October 31, 2013).
Vergleiche auch: Quo vadis, Öko-Institut? WBA-Institute
Quellen:
Biederbeck, Max, Neubacher, Alexander, Traufetter, Gerald, Geld oder Klage, in Der Spiegel 13/25.3.2013
Bündnis gegen Vattenfall: Radrennen – ja gern! Mit Vattenfall? Nein danke! Stop Greenwashing, PM 15.8.2010
Deutsche Umwelthilfe
– Ein Lehrstück an Verbrauchertäuschung: Wie Dosenhersteller Bierbüchsen ökologisch schön rechnen lassen, PM 4.8.2010
– Einwegbecher aus Bioplastik: Umweltbetrug in Fußballstadien, 15.3.2011
Effern, Heiner, „Naturschnee funktioniert an keinem Standort der Welt“, in SZ 8.3.2012
Giesen, Christoph, Eine schweinische Idee, in SZ 15.2.2012
Grüner Fußball, in Der Spiegel 25/20.6.2011
Grünweg, Tom, Cooler Abschluss für den Silberpfeil, in spiegelonline 6.11.2009
IOC Marketing: Media Guide Vancouver 2010
Jackisch, Samuel, Das Märchen vom grünen Riesen, in spiegelonline 17.12.2009
Kornelius, Stefan, Die Kraft von Grün, in SZ 25.11.2009
Krutzler, David, Zelsacher, Benno, “Nachhaltig? Was ist nachhaltig?”, Interview in Der Standard 19.10.2012
Liebrich, Silvia, Wir sind kein grünes Unternehmen, in SZ 10.2.2010
Neubacher, Alexander, Blühende Phantasie, in Der Spiegel 8/18.2.2013
Nicht ein bisschen grün, in SZ 10.2.2010
Nie mehr aus der Welt zu kriegen, in SZ 17.12.2009
Prummer, Karin, Verdienen am schlechten Gewissen, in SZ 5.12.2009
Raubbau in den Tropen bald preisgekrönt? PM Rettet den Regenwald, Robin Wood 30.11.2012
Siemens-Geschäft mit Schwung an der Skipiste, in www.siemens.com 14.1.2012
Slavik, Angelika
– Die Märchenerzähler, in SZ 7.12.2009
– Sauberes Image für böse Jungs, in SZ 28.9.2010
Wikipedia