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Blatter, Sepp

Vorgeschichte
Der Schweizer Sepp Blatter (*1936) wurde von Horst Dassler persönlich in die Korruptionsregeln des Sports eingeführt. Blatter kam 1975 als Direktor für Entwicklungsprogramme zur Fifa (Fédération Internationale de Football Association) und wurde von Horst Dassler für das Amt des Generalsekretär empfohlen, das er von 1981 bis 1998 ausübte. Seit 1998 ist er Fifa-Präsident und seit 1999 IOC-Mitglied.

Blatter wird Präsident
Am 8. Juni 1998 wurde Blatter in einer höchst dubiosen Wahl  als Nachfolger von Joao Havelange zum Fifa-Präsidenten gewählt. Zugunsten Blatters waren in der Nacht zuvor Geldkuverts  im Pariser Hotel „Meridien“ für afrikanische Delegierte verteilt worden, deren Dachorganisation CAF die Wahl des Schweden und UEFA-Präsidenten Lennart Johannson präferierte. Blatter wetterte gegen den schwedischen Konkurrenten, der über Korruption in der Fifa geklagt hatte und diese aufklären wollte.
Blatter behauptete, das Hotel in dieser Nacht nicht persönlich betreten zu haben. Ein somalischer Delegierter gab an, ihm und anderen Delegierten seien 100 000 Dollar angeboten worden, falls sie für Blatter stimmten. Der englische Sportjournalist David A. Yallop schrieb in seinem Buch Wie das Spiel verloren ging, dass Blatter mit 22 gekauften Stimmen für jeweils 50 000 US-Dollar zum Fifa-Präsidenten gewählt wurde (Yallop S. 380). Schließlich wurde Blatter mit den Stimmen der afrikanischen Delegierten zum Fifa-Präsidenten gewählt, denen er die Fußball-WM 2006 für Südafrika versprochen hatte. Da aus unerfindlichen Gründen ein Mitglied des Exekutivkomitees bei der Nominierung des Austragungslandes vorzeitig abreiste, erhielt Deutschland mit 12:11 Stimmen die WM 2006; Südafrika wurde sie dann für 2010 zugesprochen. Und Blatter erhielt auf Vorschlag vom DFB 2006 das Bundesverdienstkreuz und 2010 die Ehrenmitgliedschaft im Deutschen Fußballbund (Wikipedia).
Noch vor der Wahl unterzeichnete Blatters Vorgänger Havelange ein „Dokument“, in dem Blatter eine jährliche „Treueprämie“ in sechsstelliger Höhe zugesprochen wurde (Kistner 2012, S. 132).
Als Wahlhelfer Blatters gerierte sich der frühere Fußballstar Michel Platini, und Blatter bedankt sich auf seine Weise: „Platini wird über die gut besoldete Rolle als in Paris sitzender Assistent Blatters in die Sportpolitik eingeführt, er rückt in die Vorstände von Fifa und Uefa auf, wird Uefa-Präsident mit der Hilfe teils obskurer Verbandschefs gegen Johansson – und wartet heute als Blatters Kronprinz auf die finale Berufung“ (Kistner 2012, S. 93).

Afrika stellt in der Fifa mit 50 Stimmen fast ein Viertel der Delegierten und erhielt von Blatter sechs Startplätze bei der WM 2010. Seinen Deal mit den afrikanischen Stimmen kommentierte Blatter so: „Afrika wurde geplündert. So war es in der Kolonialzeit, und jetzt ist es wieder so im Fußball. Wir haben ihnen die besten Spieler weggenommen. Und deswegen müssen wir den Afrikanern mal etwas zurückgeben: Die Weltmeisterschaft“ (Bauszus 7.6.2010).
Richtig ist: Afrika wurde und wird geplündert, nicht zuletzt auch von der Fifa für eine sündteuere WM mit fünf neuen und fünf generalüberholten Stadien, die nach der WM niemand mehr brauchen wird (dazu siehe weiter unten).

Blatter und Charles Taylor, Liberia
Monrovia, 23.11.1999. “Präsident Charles Taylor schüttelte herzlich Blatters Hände und verlieh im Liberias höchsten Ehrenorden, den ‘Human Order of African Redemption’. ‚Joseph S. Blatter hat sein Wort gehalten, uns zu unterstützen’, sagte Taylor. (…) Taylor, der verantwortlich gehalten wird für den Tod von hunderttausenden Zivilisten in den Kriegen, die er in Liberia und Sierra Leone begann, floh später nach Nigeria und wird nun vor einem Spezialgericht der UN angeklagt. Er wird beschuldigt des Massenmordes, der Massenvergewaltigung, der Amputation und Verstümmelung, der Versklavung, der erzwungenen Kindersoldaten, der Angriffe auf humanitäre Arbeiter. Die UN schätzt, dass er seinem Land mindestens 100 Millionen US-Dollar gestohlen hat“ (Jennings 2006, S. 200ff; Übersetzung: WZ)

Blatter und ISL/ISMM
Unter Blatter war die Fifa in den Betrugsfall > ISL/ISMM verwickelt, die 138 Millionen Schweizer Franken (etwa 90 Millionen Euro) weltweit an hohe Sportfunktionäre gezahlt hatte. „In Deutschland etwa wurde viele Jahre die dubiosen Umstände diskutiert, unter denen der damalige FIFA-Generalsekretär Blatter 1996 half, der ISL und der Kirch-Gruppe die milliardenschweren TV-Rechte an den Weltmeisterschaften 2002 und 2006 zuzuschustern“ (Weinreich 25.6.2010).

Die Fifa trat zunächst 2001 als Privatkläger auf, da ihr 60 Millionen US-Dollar aus Fernsehverträgen vorenthalten wurden, zog dann aber im Juni 2004 völlig überraschend die Klage zurück. Jean-Marie Weber bezahlte 2,5 Millionen Franken, damit der Konkursverwalter die Ermittlungen im Fall ISL/ISMM gegen Personen zurückzog, die mit dem Fußballgeschäft zu tun haben.

„Das Urteil belegt, wie über Firmen, Stiftungen und Schwarzkonten des ISL-Konglomerats 138 Millionen Schweizer Franken (90 Millionen Euro) Schmiergeld an hohe Funktionäre des Weltsports gezahlt wurden“ (Weinreich 25.11.2008).

Die Ausarbeitung der Vereinbarung zwischen Weber und dem Konkursverwalter besorgte der Anwalt Peter Nobel, der gleichzeitig Blatters persönlicher Anwalt ist. Blatter soll auf Weiterbeschäftigung des Geldboten > Jean-Marie Weber bestanden haben.

Im November 2005 ließ ein Untersuchungsrichter Blatters Büro im Zug des ISL/ISMM-Skandals durchsuchen. Im Juni 2010 stellte die Staatsanwaltschaft in Zug gegen Zahlung einer Buße von 5,5 Millionen Franken die Ermittlungen endgültig ein. Die korrupten Fußballfunktionäre kauften sich frei und blieben dafür anonym. Die Fifa teilte erfreut mit, der Fall sei damit endgültig abgeschlossen und Blatter freigesprochen.

Der Europa-Rat legte im April 2012 den Report “Gute Geschäftsführung und Ethik im Sport” vor. In dem Bericht wird festgehalten, dass sich Spitzenfunktionäre der Fifa in der ISL-Affäre eines “kriminellen Missmanagements” schuldig gemacht hätten. “Für den Rechteerwerb wurden jahrzehntelang Sportfunktionäre bestochen, allein von 1989 bis 2001 waren rund 140 Millionen Schweizer Franken geflossen” (Kistner 25.4.2012). Die Fifa und zwei lateinamerikanische Funktionäre (Havelange und Teixeira) bezahlten 5,5 Millionen Franken, um die Einstellung des Verfahrens zu erreichen. Francois Rochebloine vom Europarat-Ausschuss Kultur, Wissenschaft, Erziehung und Medien hielt fest: “Herr Blatter war Technischer Direktor der Fifa von 1975 bis 1981, Fifa-Generalsekretär von 1981 bis 1998 und ist seither ihr Präsident. Da die Fifa von signifikanten Zahlungen an bestimmte ihrer Offiziellen wusste, ist kaum vorstellbar, dass Blatter nichts davon wusste” (Ebenda).

Blatter als ewiger Präsident
Bei seiner ersten Wahl 1998 hatte Blatter noch eine Beschränkung auf zwei Wahlperioden angekündigt. 2012 kündigte er eine weitere, die fünfte Wahlperiode an.
Fifa-Generalsekretär Michel Zen-Ruffinen warf Blatter Anfang 2002 Amtsmissbrauch und Korruption vor.
Blatter setzte eine zur Vertraulichkeit verpflichtete Untersuchungskommission ein, die er im April 2002 wieder auflöste. Die fünf  Fifa-Vizepräsidenten und der Fifa-Generalsekretär Michel Zen-Ruffinen bezichtigten Blatter der Misswirtschaft, elf Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees erhoben Klage gegen Blatter. „Am 10. Mai 2002 stellen elf Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitees bei der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich Strafanzeige gegen Blatter wegen ‚Verdachts der Veruntreuung und der ungetreuen Geschäftsbesorgung'“ (Kistner 2012, S. 133).
Im Mai 2002 gewann dieser die Präsidentenwahl gegen den Afrikaner Issa Hayatou. Umgehend entließ Blatter den Fifa-Generalsekretär Michel Zen-Ruffinen; 70 Mitarbeiter der  Fifa verließen in den folgenden 18 Monaten die Fifa-Zentrale (Kistner  2012, S. 160). Dazu konnte Blatter zwei Gefolgsleute in das 24-köpfige Fifa-Exekutivkomitee berufen und sich dort die Mehrheit sichern. Dieses forderte umgehend die elf Mitglieder des 24-köpfigen Fifa-Exekutivkomitees auf, ihre Klage gegen Blatter zurückzuziehen.

„Bei der WM 2006 hatte ihn das Publikum von Spiel zu Spiel heftiger ausgepfiffen, weshalb er sich beim Finale  in Berlin zur Siegerehrung gar nicht mehr auf den Raen traute… Er hat sich verkrochen, aus Angst vor den Menschen hier auf den Rängen“ (Kistner 2012, S. 8).
Beim Kongress in Zürich 2007 wurde Blatter nicht gewählt, sondern ließ sich per „Akklamation“ bestätigen. (> Samaranch und das > IOC lassen grüßen!) Dort rief Blatter: „Wir müssen die Werte des Fußballs verteidigen gegen die Teufel, die es gibt! Wenn wir gegen die Dämonen kämpfen, müssen wir unsere eigenen Gesetze durchsetzen!“ (Weinreich 5.6.2010). Wer ist hier der Dämon? Der zweitägige Fifa-Kongress kostete übrigens 14 Millionen Dollar.

Beim Fifa-Kongress 2008 nannte Blatter liquide Mittel der FIFA von 913 Millionen Schweizer Franken. Eine von ihm aufgelöste interne Kommission zur Untersuchung der Finanzen kam allerdings auf ein Gesamtdefizit von 536 Millionen Franken. Daraufhin beendete Blatter nach der Kritik vieler Delegierter den Kongress nach 105 Minuten.

Bis 2011 lief seine dritte Amtsperiode (siehe unten). Widerstand regte sich zunächst bei zwei Fifa-Exekutivmitgliedern, die eine Beschränkung der Amtszeit forderten: dem Hyundai-Erben Chung Mong-Joon aus Südkorea und Mohamed Bin Hammam aus Katar, der pikanterweise 1998 die Wahlschiebungen zugunsten von Blatter organisiert haben soll. Blatter hatte große Mühe, im Frühjahr 2010 den internen Aufstand niederzuschlagen. Im Juni verkündete er bereits eine vierte Amtszeit ab 2011 und schloss eine fünfte Kandidatur im Jahr 2015 nicht aus. Um beim Präsidentenschach Sieger zu bleiben, organisierte Blatter im Gegenzug die WM 2018 nach Russland und 2022 zu Bin Hammam nach Katar. Dort herrschen übrigens zu den Zeiten der WM im Juni und Juli Temperaturen von 45° Celsius.

Das System Blatter
Das System funktioniert so: Ein Land, eine Stimme. Gabun hat eine Stimme wie die USA. Birma hat eine wie Deutschland. Damit soll NICHT gegen kleine Länder agiert werden, sondern gegen das Fifa-Prinzip.
„In der Zeit, seit Blatter in der Fifa wirkt, ist die Zahl der gleichberechtigten Nationalverbände von 139 auf 208  angestiegen“ (Affentranger, Bruno, Und immer siegt der Teufel, in Die Zeit 9.6.2011). Und die Vertreter dieser kleinen, aber auch die vieler großen Länder, werden nicht demokratisch legitimiert, sondern vorgeschlagen, akklamiert, abgesegnet.

Blatter und Doping
Blatter wandte sich strikt gegen ein strengeres Vorgehen bei > Doping. Er lehnte Kontrollen der WADA mit den Worten ab: „Wir kämpfen gegen Doping, aber dürfen nicht plötzlich eine Hexenjagd veranstalten“ (spiegelonline 25.3.2009). Er stoppte auch die automatische zweijährige Sperre bei Dopingvergehen, strich die Präsenz der WADA bei der WM und lehnte die achtjährige Aufbewahrung von Dopingproben bei der WM ab.

Blatter und Geld
2007 gab Blatter sein offizielles Jahresgehalt mit einer Million US-Dollar an; über die ihm gewährten Boni gab er keine Auskunft: Dies ist auch heute noch der Fall. Angeblich kennen die Vizepräsidenten die Höhe des Gehalts, was allerdings der damalige Vize Jack Warner verneinte.er äußerte 2011: „Es war weder über die Bücher noch durch direkte Befragung möglich, die Geldmenge zu definieren, die ihm für sein Amt als Fifa-Präsident gegeben wird“ (Kistner 2012, S. 383).

Der Blatter-Clan
Blatter selbst ist, wie man inzwischen weiß, Fifa-Präsident auf Lebenszeit.
Sein Bruder Marco war 23 Jahre bei Swiss Olympic, der Dachorganisation der Schweizer Sportverbände, davon 16 Jahre als CEO (1990 – 2006).
Sein Lieblingsneffe Philippe Blatter prüfte für McKinsey jahrelang die Fifa-Buchhaltung und war Leiter der McKinsey European Sport Practice (Kistner 2012, S. 149). Philippe Blatter ist seit 2006 Präsident und CEO der Sportrechte-Agentur Infront, welche die Rechte der ISL und 60 ehemalige Mitarbeiter übernahm (Kistner 2012, S. 107). Infront vermarktete zusammen mit der Fifa die WM 2010 in Südafrika (Kistner 22.10.2010). Die FIFA konnte mit Einnahmen von etwa vier Milliarden Dollar rechnen.

Blatter und Südafrika
Statt der erwarteten halben Million Besucher kamen nur ein Drittel: Flugtickets und Hotelzimmer wurden verramscht. Farbige Plastiksitze vertuschten auf den Fernsehbildern leer gebliebene Plätze. Das schmerzt die Fifa nicht, denn die – nun wesentlich niedrigeren – Einnahmen aus dem Eintrittskartenverkauf verbleiben im Gastgeberland.
Südafrika blieb auch auf Ausgaben von etwa vier Milliarden Dollar sitzen: unter anderem für fünf neue und fünf generalüberholte Fußballstadien, die nach der Weltmeisterschaft weitgehend zu > White Elephants werden. Das Stadion Green Point in Kapstadt entstand für 400 Millionen Dollar speziell auf Blatters Wunsch, der die kostspielige Idee angeblich bei einem Segeltörn „mit einfacher Mehrheit“ fällte (SZ 11.6.2010).Bei der WM 2010 fanden dort ganze acht Spiele statt. Wie die 66 000-Besucher-Arena nach den Spielen genutzt werden soll, weiß niemand. Nach der WM wird sie laufende jährliche Kosten zwischen ein und sieben Millionen Euro verursachen: Die Finanzierung ist unklar.

Für die Weltmeisterschaft wurden Bewohner armer Viertel zwangsumgesiedelt, Obdachlose und andere sozial Auffällige aus den Innenstädten verbannt; Händler durften ihrem Beruf nicht mehr nachgehen, Menschenrechte wurden eingeschränkt. 46 000 Polizisten wurden während der WM eingesetzt. Der Polizeiminister proklamierte eine Politik der „zero tolerance“. Bürgerrechtsgruppen beklagten „polizeistaatliche Methoden“. Als bei der Eröffnungsfeier Blatters Gesicht beim Public Viewing auf den Fernsehschirmen in Soweto auftauchte, pfiffen die Zuschauer. Das Endspiel lief  für ihn auch nicht besser: „Dass er beim WM-Endspiel ausgebuht worden war, hatte Blatter angeblich nicht mitbekommen und wollte es nicht wahrhaben: ‚In diesem Land werde ich wie ein Freund empfangen, wie ein Afrikaner…'“ (SZ 13.7.2010)

In den afrikanischen Zeitungen „beschreiben und zeichnen die Kommentatoren und Karikaturisten den Fifa-Präsidenten längst als Raffzahn, der die WM in ihr Land brachte, um Geld zu verdienen und um sich die Stimmen der afrikanischen Verbände für seine geplante Wiederwahl als Chef des Verbandes zu sichern“ (Rosner, in SZ 7.7.2010).

Blatter und seine Fifa-Kollegen bezogen während der WM 2010 in Südafrika wie üblich die besten Suiten in den teuersten Hotels und verfolgten die Fußballspiele von Ehrenlogen aus. Blatter standen die zwei Privatjets „Fifa One“ und „Fifa Two“ zur Verfügung (eine ganz bescheidene Anlehnung an die „Air Force One“ des amerikanischen Präsidenten).

Blatter hatte enge Beziehungen zu den Diktatoren Gaddafi aus Libyen und Ben Ali aus Tunesien. Diesen im Frühjahr 2001 davongejagten Milliardär würdigte Blatter noch im Sommer 2010 bei der WM in Südafrika für dessen „verschiedenen Initiativen, die der Präsident für den Frieden in aller Welt und die konstante Unterstützung der Jugend“ geleistet habe (Kistner 2012, S. 232f; zu Ben Ali siehe Dobson, Diktatur 2.0,  S. 271ff). Der neue Sportminister Tarak Dhiab äußerte dagegen bei seinem Amtsantritt: „Ben Ali und seine korrupte Familie haben den Sport und den Fußball benutzt, um das Volk von den wahren Problemen abzulenken“ (Ebenda).

Blatter und die Kontrolle
Als die französische Sportministerin nach dem blamablen Auftritt der Nationalmannschaft bei der WM 2010 in Südafrika den Rücktritt des Verbandschefs forderte, warnte Blatter den französischen Staatspräsidenten Sarkozy vor jeglicher Intervention: „Politische Einmischung wird von der Fifa geahndet. Der französische Fußball kann sich auf die Fifa verlassen, sollte es eine Einmischung geben, auch auf präsidialer Ebene.“ Er drohte mit dem Ausschluss des französischen Fußballs von internationalen Wettbewerben: „Sollten die weiteren Konsultationen scheitern, bleibt uns als einziges Mittel die Suspendierung“ (SZ 29.6.2010). Vor der sakrosankten Stellung der Fifa soll auch ein Staat wie Frankreich kuschen.

Blatter und seine Familie
“Wenn wir Probleme haben in der Familie, dann lösen wir die Probleme in der Familie und gehen nicht zu einer fremden Familie. Alles, was im Fußball passiert, und alle Schwierigkeiten, die im Fußball sind, sollen innerhalb der fußballerischen Gerichtsbarkeit oder Rechtsprechung gelöst werden und nicht vor ordentliche Gerichte gebracht werden. Das ist nicht mehr unsere Familie” (Zitiert nach: Weinreich, Jens, Und es sprach Sepp Blatter, Blog 30.9.2008).

Blatter und Katar
Am 2.12.2010 wählten die 22 Mitglieder des Fifa-Exekutivkomitee (reduziert um zwei Mitglieder, die mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert waren) in einer wiederum skandalösen Wahl als Austragungsorte der WM für 2018 Russland und für 2022 Katar. Dort ist es in den Sommermonaten bis  über 45 Grad Celsius heiß: Deshalb sollten die völlig neu zu errichtenden Stadien auf 27 Grad Celsius gekühlt werden.

Weltweit brach über die Umstände und die Wahl der Orte eine Welle der Empörung los. Am 10.12. verteidigte Blatter noch die Wahl Katars: „Es ist meine Philosophie, die Expansion des Fußballs voranzutreiben“ (SZ 9.12.2010) und schwärmte: „Wir gehen mit der WM jetzt in Gegenden der Welt, wo sie noch nie war. Wo sie noch etwas mehr bewegt als nur Kommerz“ (10.12.2010).

Während Blatter noch am 10.12. eine Verlegung der WM in den Winter ausschloss (SZ 10.12.2010), begann er Anfang Januar 2011 zurückzurudern und plädierte, „um die Spieler zu schützen“ (SZ 8.1.2011), für eine WM im Winter: „Ich erwarte, dass die WM im Winter ausgetragen wird“ (weltonline 10.1.2011). Damit kollidierte das IOC-Mitglied Blatter mit dem Geschäftsmodell der Olympischen Winterspiele des IOC. Also startete er eine Vorwärtsverteidigung und bezeichnete das IOC als „elitäre Runde von Adeligen“  und bescheinigte ihm „keine Transparenz“ (SZ 8.1.2011) – im Gegensatz zur Fifa: „Unsere Geschäftsbücher sind für jedermann offen“. „Wer darin freilich die Entlohnung für den hauptamtlichen Fifa-Präsidenten sucht, der sucht vergeblich. Die Spekulationen um Blatters Jahreszahlungen reichen bis zu zwei Millionen Schweizer Franken“ (weltonline 10.1.2011).

Blatter und der Friedensnobelpreis
„Der Fußball ist mehr als eine einzelne Religion“, pflegt Blatter gern zu intonieren (Weinreich 5.7.2010). Seine Fifa-Botschaft für Südafrika lautete: „Wir wollen die Welt mit unserer Botschaft berühren, und diese Botschaft lautet Glaube, Liebe, Hoffnung“ (Kramer 14.6.2010). Nur 0,7 Prozent der Fifa-Einnahmen werden für soziales Engagement verwendet. Und nun träumt der Fifa-Präsident vom Friedensnobelpreis, woran schon gut bezahlte Lobbyisten arbeiten.

Sepp the Ripper
Nicht nur das IOC erregt die Gemüter in Bezug auf Korruption, Schiebungen und Intransparenz: Dies ist angesichts der hohen Geldsummen selbstverständlich in der globalen Sportindustrie gang und gäbe. So zeigten die Vorgänge in der Fifa im Mai 2011, wie marode die Strukturen in den großen Sportverbänden geworden sind.
Fifa-Präsident (und IOC-Mitglied) Sepp Blatter bestimmt seit 36 Jahren den (korrupten) Kurs. „Er kennt jeden Trick, jeden Akteur“ (Kistner 31.5.2011).  Er ist seit 1975 bei der Fifa in leitender Position tätig: als Direktor, Generaldirektor und seit 1998 als Präsident. Er sich nach seiner Wahl sofort das Recht auf Einzelunterschrift für die Fifa einräumen lassen (Kistner 2012, S. 17).
Im März 2011 ergab eine Umfrage bei Sport Bild, dass 95 Prozent der Meinung waren, Blatter mache den Fußball kaputt – und nur fünf Prozent meinten, dass er ein guter Mann sei, der besser als sein Ruf wäre (sportbild.de, Was halten Sie von Fifa-Boss Blatter? in sportbild.de 30.3.2011). – „Bei einer Umfrage des Schweizer Blattes ’20 Minuten‘ sind 86 Prozent der Leser überzeugt, dass der Fifa-Boss korrupt ist – die gute Nachricht: 7 Prozent glauben, er sei nur ein bißchen korrupt“ (Kistner 2012, S. 358).
Am 30.5.2011 spulte er in einer beeindruckenden Pressekonferenz (dank an Jens Weinreich) sein in Jahrzehnten angesammeltes Fachwissen und Demokratieverständnis ab. Zuvor hatte er seine Rivalen und Vize-Präsidenten Mohamed bin Hammam (Katar) und Jack Warner (Trinidad und Tobago) kaltgestellt.
Sehr vermutlich kam die Wahl von Katar für die WM 2022 durch Bestechung zustande. Als sich der Katarer Mohamed bin Hammam und Jack Warner (Trinidad/Tobago) im Frühjahr 2011 gegen Blatter verbündeten, wurden beide von der der  Ethik-Kommission der Fifa am 29.5.2011 – drei Tage vor der Wahl -, suspendiert. Die Ethik-Kommission hat Blatter eigenhändig besetzt. „Die Ethiker sind flott zur Hand, wenn jemand gegen Blatters Interessen verstößt“ (Kistner 31.5.2011) Die Fifa-Präsidentenwahl am 1. Juni 2011 war schon vorher längst zur Farce geworden (siehe u. a. Kistner 27.5.2011).
Blatter schreckte nicht einmal davor zurück, im März 2011 in die Militärdiktatur Birma zu reisen und sich mit den Junta-Herrschern abbilden zu lassen. Der dortige Fußball-Verbandschef Zaw Zaw und sein Firmenkonglomerat Max Myanmar erhielt von der Fifa 400.000 Dollar zur Neugestaltung eines Jugendcamps. Zaw Zaw geriet wegen seiner engen Beziehungen zur Junta um General Than Shwe auf die Sanktionsliste der Schweiz: Das Berner Staatssekretariat für Wirtschaft überprüft nun, warum sich die Fifa als Verein nach Schweizer Recht nicht an die Sanktionsbestimmungen gehalten hat (Kistner SZ 28.3.2011). Unnötig zu spekulieren, ob der Günstling der birmanischen Generale am 1.6.2011 in Zürich Blatter gewählt hat.

Blatters Presseecho
Am 1.6.2011 wurde Blatter von 186 der 203 abstimmenden Mitglieder erneut gewählt (spiegelonline 1.6.2011). Das Signal an die Fußballwelt: “Ehrlichkeit, Transparenz, Fair Play – vergesst es einfach!” (spiegelonline 1.6.2011).
Pressestimmen zur „Wahl“ Blatters (aus: Das „ekelhafteste Ergebnis von allen“, in spiegelonline  2.6.2011; „Makabrer Witz“ in SZ 3.6.2011):
„Fast schon nach alter Politbüro-Schule ist Sepp Blatter in seinem Amt bestätigt worden.“ (Blick, Schweiz)
„Der Weltfußball muss vier weitere Jahre eine unglaubwürdige Fifa-Führung erdulden.“ (Basler Zeitung)
„Es war ein Ergebnis, wie man es bei einer Wahl mit einem Kandidaten in einem kommunistischen Staat oder einer Bananen-Republik erwartet.“ (The Sun)
„Eine Farce, ein Witz, eine Peinlichkeit.“ (Daily Mirror)
„Das ekelhafteste Ergebnis von allen.“ (The Daily Mail)
„Der Fußball erlebt wieder einen schwarzen Tag.“ (Corriere dello Sport)
„Seine Diktatur dauert nun schon 13 Jahre.“ (Repubblica)
„Kein Mensch der Welt glaubt, was Blatter sagt. Ich hoffe, beim DFB sieht man das bald genauso“ (Jens Sejer Andersen von „Play the Game“ in taz.de 4.10.2011).
„… der Begriff Fifa ist unter Blatter zum Synonym für Korruption geworden“ (Kistner 2012, S. 13).

Blatter mobbt Hoeneß
Der Präsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, hatte des öfteren und nur allzu berechtigt Sepp Blatter kritisiert. Er kommentierte die jüngsten Vorgänge so: „Die  letzten Vorkommnisse sind für mich endgültig der Beleg dafür, dass Blatter nicht noch mal Zeit kriegen darf bis zum Ende seiner Amtszeit“ und bezeichnete Blatters „unabhängige Kommission“ als „Alibi“ (SZ 5.1.2012).
Nun schlug das Ein-Mann-Fifa-Imperium im Januar 2012 zurück. Blatter behauptete im Januar 2012 im Kicker, Uli Hoeneß hätte eine entscheidende Mitschuld am Scheitern der Bewerbung Münchens für die Olympischen Winterspiele 2018. Dieser habe im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika “gelästert”, sodass die Afrikaner beschlossen hätten, nicht für München 2018 zu stimmen. Original-Ton Blatter: “Ohne die zwölf afrikanischen Stimmen kriegt man keine Olympischen Spiele” (kicker.de 23.1.2012; Münchner Merkur 23.1.2012).
Interessanterweise bezog sich Blatter auf eine angebliche Aussage des Fifa-Mitglieds und Fifa-Vizepräsidenten Issa Hayatou, der auch Präsident des afrikanischen Fußballverbandes (CAF) ist. Hayatou ist seit 2001 auch IOC-Mitglied und hatte im Jahr 1995 von der Skandalfirma ISL 24.700 Schweizer Franken bekommen, wofür er im Dezember 2011 vom IOC eine Rüge erhielt. IOC-Präsident Rogge sagte dazu: “Das IOC hat bewiesen, dass wir es ernst meinen” und bedauerte gleichzeitig, “Kollegen und Freunde” disziplinieren zu müssen (Weinreich, Jens, Jacques Rogge sagt: “reports are confidential” und “a warning is not a sanction”, Blog 8.12.2011; Milde Strafen für IOC-Top-Funktionäre, in spiegelonline 8.12.2011).
Die grandiose Niederlage von München gegen Pyeongchang am 6.7.2011 in Durban erfolgte mit 63 zu 25 Stimmen. Da fehlten nicht nur die zwölf afrikanischen Stimmen, und Hoeneß als bekennenden Fan von München 2018 trifft daran sicher keine Schuld. Das Ganze ist ein so billiger wie durchsichtiger Rachefeldzug Blatters, der im übrigen 1998 bei einer äußerst dubiosen Wahl mit den afrikanischen Stimmen Fifa-Präsident wurde: Er hatte den Afrikanern die WM in Südafrika schon damals für 2006 versprochen.

Uli Hoeneß redete wieder Klartext
Er sprach sich für eine Kooperation der europäischen Fußballverbände aus, um eine Neuausrichtung der Fifa zu erreichen und schloss selbst einen WM-Boykott oder eine Gegen-WM von Fifa-kritischen Verbänden nicht aus. Über das deutsche Fifa-Mitglied Theo Zwanziger äußerte Hoeneß: “Unser Doktor Theo Zwanziger hat keine Chance, die haben ihn umgarnt, und er lässt sich beschmusen.” Zu Blatter meinte Hoeneß: “Aber ich hoffe, dass er nicht mit 78 oder 80 noch einmal antritt.” Und zu Blatters Avancen auf den Friedensnobelpreis: “Wenn der den Friedens-Nobelpreis bekommt, dann werde ich Generaldirektor der Metropolitan Opera in New York” (Krass SZ 2.6.2012). Hoeneß sprach auf dem Treffen des Netzwerk “Recherche”, das zuvor der Fifa die “Verschlossene Auster” verliehen hat für den “Informationsblockierer des Jahres”.

Schlussfolgerung
Angesichts der zahllosen Skandale im Jahr 2011 um Sepp Blatter, Mohamed bin Hammam (Katar), Jack Warner (Trinidad und Tobago), Joao Havelange und Ricardo Teixeira (Brasilien), Issa Hayatou (Kamerun), Julio Grondona (Argentinien) etc.etc. muss ich aus Arbeitsgründen von der weiteren Verfolgung dieses Blatter- und Fifa-Sumpfes leider Abstand nehmen.
Wer sich für den aktuellen Stand der schmutzigen Geschäfte um Blatter und Fifa interessiert, dem sei das Buch von Thomas Kistner empfohlen: Fifa-Mafia, Die schmutzigen Geschäfte mit dem Weltfußball, München 2012.

Blatter macht weiter so
Auch von den „Neuerungen“ in der Fifa ist wenig zu erwarten. Als der neue Co-Vorsitzende der Ethik-Kommission, Joachim Eckert, zu Blatter bemerkte: „Für Blatter heißt es: Entweder er klärt jetzt auf, oder er ist weg“, konterte der Blatter: „Ein Richter sollte sich überhaupt nicht äußern.“ Und als der ehemalige DFB-Präsident eine Altersgrenze für Fifa-Funktionäre fordette, lehnte dies der ewige Blatter (* 1936) umgehend ab (Blatters Konter, in SZ 30.8.2012).

Blatters Schlußwort 2011
„Ich werde oft als Missionar bezeichnet. Zerstört mich nicht. Denn es ist eine Mission, wenn man mit dem Fußball etwas bewegen kann, was den Menschen gut tut“ (Kistner 20012, S. 404).
Und dies nach über 36 Jahren Blatterschem Zerstörungswerk am Fußball.

Blatter und London 2012
„2012 bei Olympia traute er sich in London zur Medaillenübergabe und wurde ausgebuht. Seine Reaktion in einem TV-Interview: ‚Stars werden immer ausgebuht, also bin ich ein Star. So muss man das nehmen. Ich dachte, dass Olympia-Publikum wäre ein bisschen gebildeter'“ (SZ 20.6.2013

Nachträge:

Zur Entwicklung des ISL/ISMM-Korruptionsskandals vergleiche: Sportfreunde Blatter

– Fifa-Blatter: Business as usual
Wie Blatter die Aussage von Mohamed Bin Hammam vor dem Europarat im Dezember 2012 verhinderte: siehe hier.

Die Fifa-Reform-Farce, März 2013
2011 wurde der Schweizer Rechtsprofessor Mark Pieth als Chefreformer der Fifa vom lebenslänglichen Fifa-Präsident Sepp Blatter persönlich bestallt. Blatter (*1936) ist 77 Jahre alt, war von 1981 bis 1998 Fifa-Generalsekretär, ist seit 1998 Fifa-Präsident und will 2015 nochmals antreten. Am 21.3.2013 sollten die Reformen bzw. Pieths sieben “unverzichtbare” Forderungen auf der Sitzung des Fifa-Exekutivkomitees abgesegnet werden: “ein kastriertes Programm” (Weinreich, Jens, Joseph Blatters kastriertes Programm, in berliner-zeitung.de 20.3.2013). Blatter über Pieth im März 2013: “Ich habe ihm nun gesagt, dass er sich nicht öffentlich äußern soll, wenn ich es ihm nicht ausdrücklich sage. Das hat er akzeptiert” (Weinreich, Jens, Stühlerücken auf der Titanic, in spiegelonline 20.3.2013).
Pieth hat für sein Institut von der Fifa viel Geld erhalten (wie viel, ist unbekannt): Das macht abhängig.
Zum Reförmchen-Prozess sagte Blatter: “Der Reformprozess neigt sich dem Ende zu” (Ashelm, Michael, Endlich weg damit, in faz.net 21.3.2013). Dem deutschen Fifa-Exekutivmitglied Theo Zwanziger (ehemals DFB-Präsident) blieb es dann überlassen, die Reformvorschläge der Pieth-Kommission zu begraben. Keine Altersbeschränkung, keine Überprüfung der Kandidaten für das Exekutivkomitee, keine  Amtszeitbegrenzung, keine Transparenz beim Entlohnungssystem etc.: “Herr Pieth ist nicht die Fifa… Herr Pieth verfügt nicht über der Weisheit letzten Schluss” (Ebenda).
Alexandra Wrage ist die einzige Frau in der Fifa-Reformgruppe “Independent Governance Committee” (JGC). Sie sagte zum “Reformprozess”: “Die Sorge ist immer, dass so ein Projekt so endet, dass nur die Liegestühle auf der ‘Titanic’ umgruppiert werden” (Kistner, Thomas, “Die Sorge ist, dass …” in SZ 19.3.2013).
Andreas Rüttenauer fasste in der taz zusammen: “Eine Fifa-Reform wird nicht stattfinden.” – Es “haben die Totengräber einer Fifa-Reform in aller Ruhe eine tiefe Grube ausheben können. Chef dieser Beerdigungsorganisation in der Fifa ist Theo Zwanziger, ehemals DFB-Präsident und noch Mitglied im Exekutivkomitee der Fifa” (Alternde Oberwitzbolde des Fußballs, in taz.de 22.3.2013).
Thomas Kistner schrieb in der SZ: “Am Donnerstag nun stellte die Fifa etwas vor, das die Arbeit von Pieths IGC auf Bonsai-Format eindampfte… über Alters- und Amtszeitbegrenzungen darf der Kongress befinden. Das ist das Organ, in dem Zwergstaaten und Palmeninseln den Willen ihrer Fifa-Granden vollstrecken. So wird aus Blatters Sicht alles gut im Weltfußball; die Seifenoper mit der Reform hat Druck von ihm abgeleitet” (Kistner, Thomas, Hauptsache, die Kasse stimmt, in SZ 23.3.2013).
Jens Weinreich schrieb dazu: “Der Reformprozess der Fifa dient nur einem Zweck: dem Machterhat ihres ewigen Präsidenten Joseph Blatter… Die Formulierung für die Bestellung von Mitgliedern der Fifa-Exekutive sind so gewählt, dass alle Klein- und Großganoven, die bereits in diesem Gremium sitzen, problemlos ihre Posten behalten können” (Weinreich, Jens, Weiße Wäsche vom Grabbeltisch, in berliner-zeitung.de 23.3.2013). Dazu erfolgte die Vorgabe von Blatter, dass bei der Präsidentenwahl 2015 der Kandidat vor der Wahl mindestens über zwei von fünf Jahren eine Verbandsfunktion ausgeübt haben muss: “Das ist eine Lex Blatter: Denn damit hält er sich seinen ehemaligen Berater Jérôme Champagne vom Leibe” (Ebenda).

– Blatter, der Confed-Cup, die Fußball-WM 2014 und die Proteste: hier – Brasilien 2013, Fifa-Sause und IOC-Party sowie Brasilianisches Tagebuch: Confed-Cup, WM 2014 und Rio 2016

– Sport-Paten stehen Schlange beim Papst. Am 22.11.2013 bekam neben anderen europäischen IOC-Mitgliedern der ewige Fifa-Präsident Blatter eine Audienz bei Papst Franziskus (Deutschland wollte WM in Qatar, in faz.net 22.11.2013). „Blatter logierte beim Einsatz für eine bessere Welt im teuersten römischen Luxushotel. Auf die listige Frage eines Journalisten, ob er sich vorstellen könne, wie Franziskus‘ Vorgänger Benedikt XVI. zurückzutreten, antwortete Blatter: ‚Für einen Rücktritt fehlt mir die nötige Energie'“ (Gipfel der Unfehlbaren, in SZ 23.11.2013).

– Blatter meldet sich zurück. Fifa-Präsident Sepp Blatter ist dies seit 1998. Das IOC-Mitglied Blatter war natürlich auch in Sotschi. Der 77jährige zeigte sich munter, 2015 zum unendlichsten Mal seit 1998 als Fifa-Präsident anzutreten: “Ich werde nicht meine Kandidatur verkünden, aber wenn mich die Fifa-Mitglieder fragen, würde ich nicht Nein sagen” (Blatter-Signal aus Sotschi, in SZ 8.2.2014).

– Blatter ist ein „Dieb, ein Korrupter, ein Hurensohn“. So nannte der frühere Weltfußballer, Weltmeister von 1994 und jetzige Abgeordnete Romario den Fifa-Präsidenten. Da Fifa-Generalsekretär Jerôme Valcke die Befürchtung geäußert hatte, dass die WM 2014 in Brasilien die schlechteste in der Fifa-Geschichte werden könnte, nannte ihn Romario „einen der größten Erpresser des Weltsports“ (Romario über Blatter: „Dieb, Korrupter, Hurensohn“, in merkur-online 13.3.2014). Romario: „Ich hoffe, dass andere Länder nicht die Auflagen und Unnachgiebigkeiten der Fifa akzeptieren, die Bundesgesetze und sogar die Kultur unseres Volkes überfahren will“ (Ebenda).

– Gehalt weiterhin geheim. Die Vergütung der Fifa-Topkader stieg von rund 19 Millionen $ im Jahr 2007 auf rund 37 Millionen $ im Jahr 2013 (Burkhardt, Peter, Der halbherzige Reformer, in Schweiz am Sonntag 23.3.2014). Es bleibt unklar, wer außer Blatter noch alles zum „Topkader gehört. „Hingegen weigert sich die Fifa weiterhin, ihre Spitzengehälter offen zu legen und die Machtfülle ihres Präsidenten zu beschneiden, der gleichzeitig dem Exekutivkomitee, dem Kongress und der Direktion vorsteht. Aufgeschoben ist auch eine Amtszeitbeschränkung für den Präsidenten. (…) Mit aller Macht stemmt sich die Fifa zudem gegen eine Verschärfung des Korruptionsstrafrechts in der Schweiz… Sie ließ kein gutes Haar am Entwurf des Bundesrates, der Privatbestechung neu im Strafgesetzbuch regeln und sie zum Offizialdelikt machen will. Stattdessen will die Fifa, das Privatbestechung weiterhin nur auf Anzeige verfolgt wird“ (Ebenda).

– Blatters Welt. Fifa-Präsident Sepp Blatter lieferte im März 2014 wieder eine Sichtweise seiner Fifa-Welt. Beim Uefa-Kongress in Kasachstan äußerte er zu den sozialen Unruhen in Brasilien vom Juni 2013, die hervorgerufen waren durch Korruption, Geldverschwendung und Luxusbauten für die Fifa: „Während des Confed Cups 2013 war der Fußball Opfer von sozialen Unruhen. Wir hoffen, dass dies bei der WM nicht der Fall sein wird“ (Blatter bezeichnet Fußball als Opfer sozialer Unruhen, in spiegelonline 27.3.2014).
Da verwechselt Blatter Ursache (Fifa) und Wirkung (Proteste)!

Fußball-WM 2014 in Brasilien
– Blatter wohnt wie üblich erstklassig
. Der frühere brasilianische Fußballstürmer Ronaldo hat in einem der besten Viertel von Rio de Janeiro am Strand von Leblon eine Luxuswohnung. “Nun mietet sich während der WM dort sechs Wochen lang Fifa-Chef Blatter ein. Der Preis: 1,5 Millionen Reais, das wären knapp 490.000 Euro, also gut 11.500 Euro am Tag” (Burghardt, Peter, Familien-Bande, in SZ 17.4.2014). Die Fifa teilte dazu mit: “Richtig ist, dass die Wohnung von Ronaldo für zwei Jahre gemietet ist bis zum Ende der WM 2014 für den Generalsekretär der Fifa und seine Familie, die ihn regelmäßig begleitet” (Ebenda). – “Vermieter Ronaldo ist übrigens Mitglied des brasilianischen OK – das Geld bleibt in der Familie. Seine Hoheit Joseph Blatter residierte laut Estado de Sao Paulo beim Confed-Cup wie ein Monarch in einer Luxusherberge in der Avenida Atlantica von Copacabana, bewacht von zehn Sicherheitsleuten. Sein Fahrzeug begleiteten vier Polizisten auf Motorrädern und eine bewaffnete Eskorte” (Ebenda).
Ob dieses Aufgebot für die WM 2014 reicht?
– Fifa-Reförmchen. Der Vorsitzende der (inzwischen aufgelösten) Fifa-Governance-Kommission, Mark Pieth über den Fifa-„Reformprozess“: Die Reform ist nicht fertig, „weil sie noch in den Köpfen der Verantwortlichen vollzogen werden muss“ (Ashelm, Michael, „Die Reform ist nicht in den Köpfen“, in faz.net 23.4.2014). Die Korruptionsvorwürfe zu Katar 2022 sind nicht beantwortet. Es fehlt auch die Offenlegung der Gehälter von „Schlüsselpersonen“ (Ebenda).
Das Gehalt von Fußball-Paten Sepp Blatter ist seit Jahrzehnten ein streng gehütetes Fifa-Geheimnis. Vermutlich ist es so hoch, dass Blatter keine Eigen-Korruption mehr nötig hat.
Pieth weiter: „Er kann sich beim Kongress vor die 209 Mitglieder stellen und die machen, was er will. Diese Versammlungen laufen ab wie der chinesische Volkskongress. (…) Die Dritte Welt frisst ihm aus der Hand. Er ist die Reinkarnation dessen, was viele von zu Hause kennen: die starke Leitfigur“ (Röhn, Tim, „Die Dritte Welt frisst Blatter aus der Hand, in Die Welt 28.4.2014). Natürlich lehnten die 209 Fifa-Vertreter dann am 12.6.2014 sowohl die Altersbegrenzung für Spitzenfunktionäre ab als aucch eine Amtszeitbegrenzung des ewigen Blatters (Kistner, Thomas, Mars und Venus reagieren verhalten, in SZ 13.6.2014).
– Blatter darf nicht reden. Fifa-Pate Blatter wurde bei den Eröffnungen der Fußball-WM 2006 in Deutschland und 2010 in Südafrika gnadenlos ausgepfiffen, ebenso bei der Eröffnung des Confed-Cupos 2013 in Brasilien, wo auch die brasilianische Staatspräsidentin Dilma Rousseff mit ausgepfiffen wurde. „Anders als bei der Eröffnung des Confederations Cups im vorigen Jahr in Brasília soll es diesmal keine Reden geben. Damals sahen sich Roussef und Fifa-Chef Josef Blatter mit Pfiffen aus dem Publikum konfrontiert“ (Möglichst wenig Pfiffe, in SZ 12.6.2014). – „In Brasiliens WM-Stadien bleibt er so gut wie unsichtbar, um das Fanvolk nicht zu reizen. Derweil zogen am Wochenende 150 Protestierer zum Verbandssitz in Zürich und beschmierten die Fifa-Lettern mit Farbe“ (Kistner, Thomas, Endgültig zerrüttet, in SZ 16.6.2014).
– Missionar Blatter. Nachdem ihm die Uefa-Vertreter am Vortag erklärt hatten, ihn nicht mehr unterstützen zu wollen, trat Blatter nach seiner letzten Kongressrede ab mit den Worten: „Ich weiß, meine Amtszeit endet im Mai 2015, aber meine Mission ist noch nicht zu Ende. Und ich sage Ihnen, zusammen werden wir die neue Fifa schaffen“ (Kistner, Thomas, Mars und Venus reagieren verhalten, in SZ 13.6.2014). Nach ihm durfte niemand mehr das Wort ergreifen.
Die neue Fifa schafft Blatter seit den siebziger Jahren in immer höheren Positionen: Blatters neue Fifa ist so korrupt wie noch nie. Aber sein Fußvolk aus Miniinseln und Kleinstaaten wird ihn vermutlich wieder wählen – wg. Geld, siehe unten.
Thomas Kistner berichtete übrigens von den Fifa-Wahlleuten des Kongresses, „dass sieben von ihnen nicht mal die zwei Teams kannten, die Stunden später das WM-Eröffnungsspiel bestritten“ (Ebenda).
– Blatter besticht nicht: Blatter „fördert“. „Vor seinem späten Weckruf zum Ausklang der langatmigen Veranstaltung verwies Blatter auf die hervorragende Finanzsituation der Fifa. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung erhielt jeder Verband für das Jahr 2013 einen Extra-Bonus von 250.000 Dollar; und für 2014, noch vor dem nächsten Wahlkongress, kommen weitere 500.000 Dollar obendrauf. ‚Das ist doch nicht schlecht, oder?’, betonte der 78-Jährige. Auch die sechs Konföderationen erhalten Ausschüttungen von je sieben Millionen Dollar. Insgesamt gibt die Fifa 200 Millionen Dollar an Sonderboni aus. Die Geldgeschenke werden zu Blatters Schaden nicht sein“ (Ashelm, Michael, Blatter: So etwas Respektloses habe ich noch nie erlebt, in faz.net 12.6.2014; Hervorhebung WZ).
– Blatter phantasiert. Fifa-Pate Sepp Blatter vor dem Fifa-Kongress am 12.6.2014: „Wir fragen uns, ob unser Spiel auch auf anderen Planeten gespielt wird. Wir werden nicht nur eine WM haben, sondern interplanetarische Wettbewerbe“ (Kistner, Thomas, Mars und Venus reagieren verhalten, in SZ 13.6.2014). Thomas Kistner berichtete von den Fifa-Wahlleuten des Kongresses, „dass sieben von ihnen nicht mal die zwei Teams kannten, die Stunden später das WM-Eröffnungsspiel bestritten“ (Ebenda).
Blatter lebt. „Der Schweizer schien untergetaucht zu sein, er war verschwunden, wurde vermisst. Da tauchte er wieder auf – im Stadion von Recife, beim Achtelfinale zwischen Costa Rica und Griechenland. Auf der Videowand kam er zum Vorschein… Der 78 Jahre alte Blatter will in Brasilien eigentlich nicht gesehen werden, weil ihn die Leute immer gleich auspfeifen. Offenbar gab’s eine Order, sein Bild nicht auf die Anzeigetafeln zu projizieren. In Recife pfiffen die Zuschauer ja erwartungsgemäß sofort los, als sie Blatter erblickten, und der schreckte ob der Störung seines Sinnierens, sichtbar ärgerlich. Dabei hatte der unbekannte Mitarbeiter im Kontrollraum ja nur so eine Art Videobeweis erbracht: Blatter lebt“ (Der Knöpfchendrücker, in SZ 1.7.2014). – Blatter saß auch neben dem deutschen Innenminister Thomas de Maizière beim deutschen Achtelfinale in Porto Alegre. „Im Stadion hat das niemand mitbekommen, was wohl besser war, weil es sonst Aufruhr gegeben hätte. (…) Joseph S. Blatter war auch in Rio de Janeiro, in Recife und in Sao Paulo bei Achtelfinal-Spielen anwesend. er twitterte das später stolz“ (Hummel, Thomas, Göttliche Allmacht Fifa, in sueddeutsche.de 2.7.2014).
– Rousseff mag nicht mit Blatter. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff mag nicht den WM-Pokal am 13.7.2014 zusammen mit Fifa-Paten Blatter übergeben, obwohl Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke dies angekündigt hatte. 203 war sie bei der Eröffnung des Confed-Cups zusammen mit dem neben ihr sitzenden Blatter ausgebuht und ausgepfiffen worden (Rousseff erwägt Verzicht, in SZ 1.7.2014).
Ob die Fifa irgendwann einmal einen Präsidenten bekommt, der nicht ausgepfiffen wird?

– Uhrenhandlung Fifa
Hat doch jedes Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees beim Kongress zur WM-Eröffnung Ende Juni 2014 eine Luxusuhr der Firma Parmigiana im Wert von 25.000 Dollar erhalten. Und haben doch der Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger und sein nordirischer Kollege Jim Boyce erst jetzt, im September 2014, ihre Uhren in der großen Geschenktüte gefunden. Zwanziger zwangsempört: “Falls die Uhr einen großen Wert hat, ist das eine Frechheit. Dann muss der CBF bestraft werden” (Kistner, Thomas, Ganz unten in der Tüte, in SZ 15.9.2014). Die Uhren stammten übrigens vom als korrupt bekannten brasilianischen Fußballverband CFB. Der CBF hat den 25 Mitgliedern des Fifa-Exekutivkomitees, aber auch den Präsidenten der 32 WM-Teilnehmerverbände und den zehn Vorsitzenden der südamerikanischen Nationalverbände die Parmigiana-Uhren zukommen lassen (Fifa-Frist wegen Geschenken, in SZ 19.9.2014. 67 x 25.000 Euro macht 1,675 Millionen Euro). Uefa-Präsident Michel Platini will die Uhr behalten und den Gegenwert einer karitativen Institution spenden (Ashelm, Michael, Arroganz der Macht, in faz.net 21.9.2014).
Angezeigt beim Ethik-Chefermittler Michael Garcia wurde die – laut Fifa-Statuten verbotene – Schenkung schon im Juni 2014. In Paragraf 20 des Fifa-Ethikkodex steht, dass nur Geschenke angenommen werden dürfen, die “einen symbolischen oder geringen Wert haben” (Röhn, Tim, Geschenkte Luxusuhren, in welt.de 14.9.2014).
Am 14.9.2014 wollte die Times eine Story darüber drucken. Nach Bekanntwerden dieses Fakts reagierte die Fifa am 12.9.2014 mit einer Pressemitteilung: Alles bekannt, alle informiert. Die Fifa selbst wollte ihr Exekutivkomitee mit Uhren der Marke Hublot (Sponsor der WM 2014) im Preis von 42.000 Dollar erfreuen. Sepp Blatter und sein Generalsekretär Jérôme Valcke informierten den Chefethiker Garcia, der dies verhindert (Ebenda). Blatter soll effektiv sein? “Der Fifa-Boss wies zudem alle Vorwürfe zurück, Funktionäre des Weltverbandes hätten sich bei der WM durch die Annahme teurer Armbanduhren bestechen lassen. ‘Dieses Problem mit den Uhren ist in Wirklichkeit ein Nicht-Problem‘, sagte er. Der Frage, ob er selbst eine Uhr erhalten und sie wie gefordert mittlerweile zurückgegeben habe, wich er allerdings aus” (Blatter kündigt erneute Kandidatur an, in spiegelonline 26.9.2014; Hervorhebung WZ).

– Sepp machts noch einmal
Sepp Blatter, ewiger Fifa-Pate: “Ich möchte der Fifa auch in einer fünften Amtszeit als Präsident zur Verfügung stehen und dienen” (Blatter kündigt erneute Kandidatur an, in spiegelonline 26.9.2014). Dazu aus einem Kommentar von Peter Ahrens: “In Unternehmen vergleichbarer Größe, in der Politik ohnehin, hätte Blatter längst zurücktreten müssen, zu viel ist in den Jahren seiner Regentschaft passiert, das den Ruf des Weltfußballverbandes beschädigt hat. (…) Der Ruf der Fifa ist ruiniert, und Blatter hat daran den Hauptanteil” (Ahrens, Peter, Der Machiavelli-Sepp, in spiegelonline 26.9.2014).

– Blatter und die WM 2018 und 2022
Fifa-Präsident Sepp Blatter positionierte sich im September 2014 eindeutig: “Wir stellen die WM in Russland nicht in Frage. Wir sind in einer Situation, in der wir den Organisatoren der WM 2018 und 2022 unser Vertrauen aussprechen” (dpa, “Wir stellen die WM in Russland nicht in Frage”, in zeitonline 2.9.2014). Ende Oktober 2014 kritisierte die stellvertretende Vorsitzende des EU-Menschenrechts-Ausschusses, Barbara Lochbihler (Grüne) die Fifa-Funktionäre bezüglich der WM 2022 und warf ihnen Tatenlosigkeit und mangelndes Verantwortungsbewusstsein vor: „Die qatarische Regierung kündigte zwar Reformen an – auch im direkten Austausch, als ich den Golfstaat besuchte. Umgesetzt wurde davon aber nichts“ (Ashelm, Michael, Unter Beschuss aus Brüssel, in faz.net 30.10.2014). Bei einer Anhörung im Europarat zum Thema Sport und Menschenrechte Anfang 2014 erschieben weder Vertreter der Fifa und der Uefa noch Vertreter von Katar. Auch die WM 2018 in Russland steht in der Kritik, da bei Sotschi 2014 zwangsarbeitsähnliche Bedingungen herrschten und viele Nichtregierungsorganisationen in Russland massiv unter Druck gesetzt worden waren: „Nun soll sich dieses Szenario 2018 mit der Fußball-WM wiederholen. Vorausgesetzt, die WM findet überhaupt in Russland statt, wie will die Fifa sicherstellen, dass sich die Menschenrechtsverletzungen auf russischen Baustellen nicht wiederholen? (…) Die Fifa sieht bisher auch keine Sanktionen gegen den russischen Fußballverband vor, der sich zuletzt drei Klubs von der Krim einverleubte. Der Weltverband wird vom russischen Energiekonzern Gazprom mit zig Millionen gesponsert. Im Fifa-Vorstand sitzt auch der russische Sportminister Witali Mutko“ (Ebenda). – „Dass bezüglich einer ’neuen‘ Fifa nichts von ihm zu erwarten ist, zeigte wieder das Treffen in dieser Woche mit Kremlchef Wladimir Putin, als es um die Vorbereitungen des WM-Turniers in Russland 2018 ging und sich Blatter in Moskau als willfähriger Helfer des russischen Präsidenten gab“ (Ashelm, Michsael, Macht ohne Verantwortung: Blatters Spiel, in faz.net 30.10.2014).

– Lehrer Blatter
Blatter wurde (warum?) zu einem Vortrag mit dem Thema “Fußball als Lebensschule” an die ETH Zürich eingeladen. Auf Protestplakaten stand: “SEPP BLATTER VON DER ETH VERTREIBEN! KEIN FUSSBREIT DER FIFA UND IHREN DRECKSGESCHÄFTEN DEMO DIENSTAG 04.11.11 17H30 HAUPTEINGANG ETH”. Etwa 100 Demonstranten riefen vor dem Hauptgebäude “Scheiß Blatter – scheiß Mafiosi” und stürmten durch Seiteneingänge in die ETH (www.20min.ch 4.11.2014).

– Anno Hecker und Michael Ashelm in der FAZ
„Blatter zeigt sich nicht so oft auf dem Spielfeld. Bei der WM in Brasilien hat man nicht mal sein Konterfei auf den Videowänden in den Stadien zeigen wollen. Aus Sorge vor Pfeifkonzerten. Blatter ist nicht gern gesehen. Er dient dem Fußball-Volk als Gesicht des von Korruptionsfällen gebeutelten Weltverbandes. (…) Mehrheiten zu seinen Gunsten sichert er sich mit ‚Entwicklungshilfe‘ in Dollar. Er kann es sich leisten. Die Fifa hat bei der WM in Brasilien mit den Rekord-Einnahmen in Höhe von 3,3 Milliarden Euro einen Gewinn von 1,6 Milliarden Euro gemacht. Nie war der Verband reicher. Nur eine Alters- oder Amtszeitbegrenzung hätte Blatters Ära beenden können. Aber die Reformer im Verband scheiterten im Juni beim Kongress in São Paulo. (…) Zu seinem 70. Geburtstag beschrieb die ‚Neue Zürcher Zeitung‘ den Personenkult im Fifa-Magazin: 33 Abbildungen Blatters, unter anderem auf Augenhöhe mit Ronald Reagan, Nelson Mandela und Kofi Annan“ (Hecker, Anno, Ashelm, Michael, Bis der Tod uns scheidet, in faz.net 22.11.2014).

– Ausbuh-Blatter
Claudio Catuogno war für die SZ bei der Weltfußballer-Wahl in Zürich: “Gebuht wurde nur einmal, draußen am roten Teppich: um kurz nach 17 Uhr, als der Fifa-Patriarch Sepp Blatter, 78, ins Gebäude schritt. Im Presseraum wurde da eilig für ein paar Minuten der Ton abgedreht” (Catuogno, Claudio, Ein deutscher Abend in Zürich, in SZ 13.1.2015).

– Der Herbst des Fußball-Paten. Die Uefa hat für die Wahl des Fifa-Präsidenten im Mai 2015 den niederländischen Fußball-Verbandschef Michael van Praag nominiert. „Die Uefa hat nicht vor, sich in diesem Wahlkampf nur Blatters Rochaden auszuliefern. Sie will unberechenbar bleiben für den abgebrühten Schweizer. Auch trifft Blatter ja auf wachsenden Widerstand abseits seiner traditionellen Wählerschar, die sich in Zwergstaaten und Inselparadiesen massiert. Vor Tagen bildete sich in Brüssel ein politisches Bündnis zur Erneuerung der Fifa namens NewFifaNow, geführt von britischen Parlamentariern. Mobil machen auch Sponsoren gegen den Weltverband. Am Wochenende erschien in Blatters Heimatzeitung, dem Walliser Boten, eine ganzseitige Anzeige, in der eine Sporttextilfirma das ‚erste offizielle Nicht-Sponsoring der Fifa‘ kundtat und um Nachahmung bat. Zwei Topsponsoren (Sony, Emirates) verlassen die Fifa, ebenso ein Trio aus der nächsten Partnerstufe (Castrol, Continental, Johnson & Johnson). Der Herbst des Fifa-Patriarchen hat begonnen, auch wenn er als Favorit in die Wahl geht“ (Kistner, Thomas, Europa fordert Blatter heraus, in SZ 28.1.2015).

– Auf ein fünftes Mal für den ewigen Blatter? Peter Ahrens verglich in spiegelonline die fünf Kandidaten für die Wahl des Fifa-Präsidenten am 29.5.2015 und schrieb über Blatter:
„JOSEPH BLATTER, Datenblatt: 78 Jahre alt, Schweizer, Amtsinhaber seit 1998, gefühlt seit 1945. Was ihn ausmacht: Er ist der Amtsinhaber. Was für ihn spricht: Im Wegbeißen potenzieller und realer Rivalen ist er unübertroffen in der Welt. Im Überstehen von Vorwürfen ist er vermutlich noch besser. Andere an seiner Stelle hätten im Lauf der Zeit mindestens fünfmal zurücktreten müssen. Blatter ist immer noch da. Was gegen ihn spricht: Er ist immer noch der Amtsinhaber. Seine Gegner: Viele in Europa. Und alle, die noch an ein sauberes Image der Fifa glauben. Seine Freunde: Der Rest der Welt. Zitat: „Krise? Was soll das sein, eine Krise?“ Erfolgschancen: Zwischen 98 und 100 Prozent“ (Ahrens, Peter, Das dreckige halbe Dutzend, in spiegelonline 29.1.2015).

– Blatter korrigierte Pieth-Bericht. Am 22.4.2014 gab der Fifa-Chefermittler Mark Pieth, der Korruptionsvorwürfe untersuchte, seinen Abschlussbericht ab. “Knapp zwei Monate zuvor, am 27. Februar, hatte Pieth dem Fifa-Chefjuristen Marco Villiger bereits eine 15 Seiten umfassende vorläufige Version seines Reports nach Zürich geschickt. In dieser Version, die den Vermerk ‘Confidential’ trug, war Blatter mehrmals im Zusammenhang mit dem Schmiergeldskandal der Fifa rund um die ehemalige Rechteagentur ISL erwähnt worden. Am 13. März schickte Villiger mit Kenntnis Blatters eine bearbeitete Version mit 37 Anmerkungen an Pieth zurück. Der Fifa-Chefjurist strich dabei zwei längere Passagen ersatzlos. In einer ging es um Blatters Führungsverantwortung während der ISL-Affäre, in einer anderen um seine mögliche Mitwisserschaft in dem Skandal. In Pieths Abschlussbericht fehlen exakt diese Blatter-kritischen Passagen” (Blatter nahm Einfluss auf Reformbericht, in spiegelonline 7.2.2015). Unter anderem wurden folgende Passagen gestrichen: “Zu diesem Problem kam die Tatsache hinzu, dass Fifa-Präsident Blatter in jener Phase, in der die ISL/ISMM Geschäfte mit der Fifa machte und in der die Schmiergelder gezahlt worden sein sollen, die führende Rolle des Generalsekretärs innehatte.” – “Es muss hinterfragt werden, ob Präsident Blatter über die Jahre vor der Pleite der ISL wusste oder hätte wissen sollen, dass die ISL Zahlungen (Schmiergelder) an Fifa-Offizielle getätigt hat” (Wulzinger, Michael, “Sauber behandelt”, in Der Spiegel 7/7.2.2015).
Vergleiche im Kritischen Olympischen Lexikon: ISL/ISMM

– Blatter-Interview in der Schweizer SonntagsZeitung. Blatter gab der Sonntagszeitung ein „etwas krudes Interview“ („Die Fifa ist einflussreicher als jede Religion“, in spiegelonline 22.3.2015). Alle folgenden Zitate aus: Spieler, Martin, „Ich glaube an Gott und an mich selbst“, in SonntagsZeitung 22.3.2015.
Blatter zum Boykott der Fußball-WM 2018 in Russland: „Das wäre falsch. Es ist auch ein Fehler, wenn man Russland isoliert. Das ist kontraproduktiv. Eine WM ist friedensfördernd.“
Wie zum Beispiel Friedensfreund Wladimir Putin und seine Annektierung der Krim, sein Krieg in der Ostukraine etc. etc.
Blatter zur Fußball-WM 2022 in Katar: „Wir haben Katar gewählt. Jetzt gehen wir nach Katar. (…) Für mich ist undenkbar, dass wir Katar verschieben oder absagen.“
Blatter zum Reformprozess der Fifa: „Der Reformprozess ist noch nicht fertig. (…) Ich verspreche, dass ich – sofern ich im Mai wiedergewählt werde – diesen auch in meiner fünften Amtszeit vorantreiben werde.“
Blatter zu Vergütungen an die Verbände: „Aber es bringt nichts, den Verbänden von reichen Ländern wie Deutschland, Frankreich oder der Schweiz mehr Geld zu geben. Stattdessen lassen wir die Verbände der ärmeren Länder aus Afrika, Asien und Lateinamerika proportional stärker an unserem wirtschaftlichen Erfolg partizipieren.“
Weil jede Südsee-Winzinsel eine Stimme hat – wie der DFB mit sieben Millionen Miigliedern.
Blatter zur Gerechtigkeit durch Fußball: „Die Fifa ist durch die positiven Emotionen, die der Fußball auslöst, einflussreicher als jedes Land der Erde und jede Religion. Wir bewegen Massen. Das wollen wir nutzen, um mehr Frieden, Gerechtigkeit und Gesundheit auf der Welt zu schaffen.“
Blatter auf die Frage, wo er seine Energie hernimmt: „Aus meinem tiefen Glauben. Ich bin ein gläubiger Mensch. Ich glaube an Gott. Und ich glaube an mich selbst.“
Blatter zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem Fußball als Friedensbewegung „Doch auch Präsident Wladimir Putin wird oft zu Unrecht kritisiert. Der Fußball baut Brücken. Das ist meine Mission: Ich will dank es Fußballs Frieden schaffen auf der Welt. Denn der Fußball hilft, Feindbilder abzubauen.“
Christian Gödecke schrieb dazu in einem Kommentar in spiegelonline: “Zwar kann Blatter nicht über Wasser gehen (zumindest ist das nicht gesichert), aber über diverse Korruptionssümpfe schaffte er es immer spielend leicht. (…) Sepp Blatter ist der Prophet des Fußballgottes. Und jetzt, da wir sicher sind, hätten wir da noch ein paar Ideen zur sofortigen Umsetzung:
– Er könnte aus dem Wüstensand in Katar Schnee machen. – Er könnte die Blinden wieder sehend machen.
– Er könnte den Sehenden dann die Kraft geben, auszusprechen, was sie sehen. – Er könnte das Kafala-System abschaffen. – Er könnte den Garcia-Report veröffentlichen. – Er könnte die <a title="Fifa" href="http://www.nolympia.de/kri