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Amateursportler

Laut Fremdwörterlexikon ist ein Amateur eine Person, „die eine Beschäftigung aus Liebhaberei, nicht als Beruf betreibt“. Amateursportler gibt es immer weniger. Die Professionalisierung und Kommerzialisierung gerade bei Olympischen Spielen unter der Herrschaft von IOC-Präsident > Samaranch seit den Achtzigerjahren hat die Dominanz des Profisports hervorgebracht.

So waren fast zwei Drittel der 153 deutschen Sportler bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver 2010 bei Militär, Polizei oder Zoll angestellt bzw. freigestellt, um auf Kosten der Steuerzahler und der weniger begüterten (oder sparsameren) Länder die deutsche Medaillenbilanz zu verbessern – z. B. die Biathletin Magdalena Neuner (Zoll), die Biathletin Kati Wilhelm (Heer), die Skirennfahrerin Maria Riesch (Zoll) etc.

250 Millionen Euro lässt sich der Staat den Spitzensport jährlich kosten. Allein das Militär zahlt jährlich 28 Millionen Euro für 700 Sportsoldaten: 40 000 Euro pro Kämpfer. Von 30 olympischen deutschen Medaillen in Vancouver 2010 wurden 21 von Sportsoldaten gewonnen, deren hauptsächliche Tätigkeit in der körperlichen Ertüchtigung für Medaillenzwecke besteht: staatlich alimentiert und subventioniert.

Fast alle Sportarten lassen nur noch Profis starten, auch um Fernsehübertragungen zu bekommen und damit Sponsorengelder. Jüngster Fall ist das Boxen. Der Präsident des Amateurbox-Weltverbandes (AIBA) kündigte am 1.8.2011 an, möglichst schon bei den Olympischen Sommerspielen 2016 in Rio de Janeiro Profiboxen einzuführen. „In den vergangenen Jahren rückte das Amateurboxen immer mehr in den Hintergrund, während die Profis immer mehr Fernsehsender und Sponsoren für sich gewannen“ (SZ 2.8.2011). Ab 2020 könnten erstmals Amateure und Profis bei Olympischen Spielen antreten.

DOSB-Präsident Bach initiierte Ende September 2011 eine opulente Feier mit 300 Gästen in Baden-Baden. Titel der Party: “30 Jahre nach dem XI. Olympische Kongress 1981 in Baden-Baden”.
Es ist schwierig nachzuvollziehen, was es da zu feiern gab. Die Ära des IOC-Präsidenten Samaranch hatte gerade begonnen und sollte noch 20 Jahre weitergehen. Samaranch sorgte für die gnadenlose Kommerzialisierung der Olympischen Spiele, die Vorherrschaft der Sponsoren und der Fernsehsender, die Einführung des absoluten Profisports, die Abschaffung des Amateurstatus, die Zügelung der Doping-Bekämpfung etc.

Amateursportler wurden dadurch bei Olympischen Spielen zu einer aussterbenden Spezies. Ein Beispiel des Übergangs vom Amateur zum Profi zeigt der internationale Leichtathletikverband IAAF: „In den schwierigen Nachkriegsjahren lag bei der IAAF die Betonung weiterhin auf dem ersten ‚A‘ im Verbandskürzel, ‚A‘ wie Amateur (von 2001 an: International Association of Athletics Federations). Begehrlichkeiten wurden erst nach 1960 geweckt. Als das Wettrüsten im Kalten Krieg auch den Sport erfasste, erlag der West-Sport den Verlockungen des Dollars: Reflex auf die Vorteile der sogenannten Staatsamateure des Ostens. Es waren zuerst die Amerikaner, die versuchten, sich der Fessel des Amateurparagrafen zu entledigen. Die nach Olympia 1972 gegründete, von der IAAF aber nicht anerkannte International Track Association (ITA) entlohnte ihre Athleten (u. a. Ryun, Seagren, Evans, Keino) nun offiziell, bis ihr 1976 das Geld ausging. Spätestens Ende der Siebziger kassierten auch Stars der IAAF ganz ungeniert fünfstellige Summen – unter dem Tisch. Und die einst so prüde IAAF sah einfach weg. Es war die hohe Zeit der Heuchelei“ (Gernandt 31.12.2015).

Vergleiche: Profisport-Funktionäre

Quellen:
Blaschke, Ronny, Olympische Spiele, für immer in der Schweiz, in zeitonline 8.3.2010
Catuogno, Claudio, Besser die Klappe halten, in SZ 9.6.2010
Gernandt, Michael, Kehrtwende im Rekordtempo, in SZ 31.12.2015
Hahn, Thomas, Staatsziel Gold, in SZ 13.2.2010
Profis bei Olympia, in SZ 2.8.2011
Schwärmer von gestern, in SZ 29.9.2011
Warmbrunn, Benedikt, Weiche Wechsel, in SZ 3.8.2011