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September 2012

Webseite-Besucher

Im August 2012 besuchten 10.738 Internet-Nutzer unsere Nolympia-Webseite. Von Februar 2010 bis einschließlich August 2012 hatten wir damit über 404.000 Besucher. Wir bedanken uns für das anhaltende Interesse.
Im Oktober 2012 werde ich eine Zwischenbilanz der bisherigen Arbeit von www.nolympia ziehen.

Die Zukunft des Fußballs: Zenit Gazprom

FC Chelsea (Eigentümer: Roman Abramowitsch) kaufte für 70 Millionen Euro zwei Jungstars.
Paris St. Germain (Eigentümer: Qatar Sports Investments QSI) investierte für neue Fußballer 130 Millionen Euro.
Zenit St. Petersburg (Eigentümer: Gazprom) kaufte vom FC Porto einen brasilianischen Nationalstürmer für 50 Millionen Euro. Der Stadion-Neubau von Zenit St. Petersburg kostet eine Milliarde Dollar (Aumüller, Johannes, Nachschlag in St. Petersburg, in SZ 5.9.2012; Wikipedia).
Die ukrainischen Fußball-Spitzenteams gehören den ukrainischen Oligarchen.
Die englischen Spitzenteams gehören internationalen Milliardären und Industriellen; ähnlich ist es mit den italienischen.
Usw. usw.

Neues von Lance Armstrong

Der ehemalige Teamkollege von Armstrong, Tyler Hamilton, hat im Sommer 2012 das Enthüllungsbuch „The Secret Race“ veröffentlicht, in dem Hamilton auch die Rolle von Armstrong thematisiert: „Lance steuerte das System – Hölle, Lance war das System“ (Kistner, Thomas, „Hölle – Lance war das System“, in SZ 6.9.2012). Armstrong war beim Dopen „allen anderen zwei Jahre voraus“. Hamilton äußerte zu den unzähligen negativen Dopingtests bei sich, Armstrong und anderen: „Unsere Ärzte waren besser als die Fahnder“ (Ebenda). Die Zusammenarbeit mit dem „Dottore Epo“ Michele Ferrari belegte dessen Info an Armstrong: „Das Restaurant ist 167 Kilometer entfernt“ – im Klartext: „Triff mich im Zimmer 167 für deine nächste Bluttransfusion“ (Ebenda).
Der frühere Radsportprofi Tyler Hamilton berichtete übrigens in seinem Buch „The Secret Race“ über Doping, die Wada „hat Jahre gebraucht, um einen Epotest zu entwickeln. Michele Ferrari brauchte fünf Minute, um ihn zu umgehen“ (Mustroph, Tom, Tempo tut not, in tagesspiege.de 24.9.2012).
Der Radprofi Jan Ullrich hatte stets Verbindungen zum spanischen Dopingarzt Eufemiano Fuentes bestritten. Er wurde vom Heidelberger Dopingexperten Werner Franke angezeigt, der über Belege von 20 Flügen Ullrichs nach Madrid verfügte: Dort wurde von Fuentes Ullrichs Blut abgezapft und reinfundiert. Die deutsche Nationale Anti-Doping-Agentur war laut Franke nie am Thema interessiert: „… die hat nichts gegen Ullrich unternommen“ (Ludwig, Udo, Rad an Rad in Der Spiegel 35/27.8.2012).
Thomas Kistner stellt in Zusammenhang mit der spanischen „generacíon de oro“ (Generation Gold) die Frage nach den Gründen für die erstaunlichen sportlichen Erfolge der Spanier in verschiedenen Disziplinen zu dieser Zeit: „Überhaupt, seit Jahren verweigert Spanien die Herausgabe brisanter Ermittlungspapiere zur Tätigkeit von Fuentes & Co bei Rad-, Fußball- und anderen Profisportarten an die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada“ (Kistner, Thomas, Spanischer Fiebertraum, in SZ 7.9.2012).
Armstrong hatte eine enge Verbindung zum damaligen Präsidenten des Weltradsportverbandes UCI, Hein Verbruggen, der Armstrong bis zuletzt deckte und einen Epo-Nachweis gegen Zahlung einer „Spende“ von 125.000 Dollar an UCI entschärfte. Inzwischen wird Armstrong auch ein Problem mit seinen damaligen Sponsoren bekommen: „Nicht nur die US-Versicherungsagentur wird eine Millionenklage erheben“ (Kistner, Thomas, Angeschlagen in der Ecke, in SZ 15.9.2012).
Verbruggen war von 1991 bis 2005 Präsident der UCI und lancierte seinen Nachfolger, Pat McQuaid, „den er ins Amt boxte“ (Ebenda). Verbruggen ist heute Präsident von SportAccord (vorher GAIFS, General Association of international Sports Federation): der Vereinigung von 105 Internationalen Sportverbänden mit Sitz in Lausanne (Wikipedia). Diesen Vorsitz übernahm er 2004 vom Südkoreaner Un-Yong Kim, der durch seine Verurteilung wegen Korruption nicht mehr kandidieren konnte und auch das IOC verlassen musste. Verbruggen war von 1996 bis 2008 IOC-Mitglied und ist seither IOC-Ehrenmtglied; er war Vorsitzender der IOC-Koordinierungskommission für die Sommerspiele 2008 in Peking (Hein Verbruggen weiter GAIFS-Präsident, in focus.de 27.4.2007).
Verbruggen-Nachfolger beim UCI, Pat McQuaid ist ein ehemaliger irischer Radrennfahrer und seit 2010 IOC-Mitglied. McQuaid möchte eine General-Amnestie für geständige Doper, die Armstrong-Zeit ausblenden und zur „schwarzen Ära“ erklären: aber bloß nichts aufarbeiten (Kistner 15.9.2012).
Nachtrag: Bei einem Treffen in Valkenburg am 22.9.2012 wurde die gesamte UCI-Führung heftig kritisiert. Luxemburgs Verbandschef Jean Regenwetter sagte: „Wir brauchen in der UCI nicht nur einen neuen Präsidenten, sondern eine neue Mannschaft.“ McQuaid hat versucht, „dass die derzeitige UCI-Führung weißgewaschen wird, auch die alte Führung Verbruggen, für die Sache Armstrong“ (Burkert, Andreas, „Die UCI braucht nicht nur einen neuen Präsidenten“, in SZ 24.9.2012).

Von ISL über Infront zu Infront Ringier
Über den Umweg KirchMedia entstand die Sportrechteagentur Infront Sports & Media – mit dem Neffen von Sepp Blatter, Philippe Blatter, als Präsident und CEO. Infront verwaltet Rechte der zusammengebrochenen Skandalfirma ISL und sitzt in den selben Räumen in Zug.
Infront gründete zusammen mit dem Ringier Verlag Infront Ringier: Diese Agentur wird im Auftrag von Swiss Olympic die Bewerbung Graubünden 2022 betreuen.
Vergleiche im Kritischen Olympischen Lexikon: Infront

Olympiaattentat München 1972

Zum Attentat auf die israelischen Sportler währemd der Olympischen Sommerspiele München 1972 am 5.9.1972 könnte man sehr viel schreiben. Z.B. zum damaligen IOC-Präsident Avery Brundage und seinem zynischen Satz „The Games must go on“ – die Spiele wurden nicht abgebrochen. Bezeichnenderweise war die Floskel hergeleitet von „The show must go on“, und etwas anderes sind Olympische Spiele ja nicht als eine gigantische, komplett kommerzialisierte Show. (Vergleiche Avery Brundage im Kritischen Olympischen Lexikon)
Anlässlich des 40. Jahrestages des Attentats vom 5.9.1972 wurde noch so einiges bekannt: Dass deutsche „Staatsschützer“ jahrelang Kontakt zu Hintermännern des Attentats hielten etc. (Bohr, Felix, Latsch, Gunther, Wiegrefe, Klaus, „Böses Blut“, in Der Spiegel 35/27.8.2012). Dass das IOC, allen voraus Jacques Rogge und Thomas Bach, bei London 2012 den isrealischen Opfern schofel eine Gedenkminute verwehrten. Etc. Aber irgendwo ist der Chronist überfordert und muss Prioritäten setzen.

Von Bach zu Vesper?

Wenn, falls, ob, vielleicht DOSB-Präsident Bach IOC-Präsident wird, wer wird dann DOSB-Präsident? Da bietet sich doch DOSB-Generaldirektor Vesper an. Ein Problem: „Er erhält nach Informationen aus Verbandskreisen einen mittleren sechsstelligen Betrag“ (Ide, Robert, Teuffel, Friedrich, Wer läuft sich warm? in tagesspiegel.de 17.9.2012).
Ein mittlerer sechsstelliger Betrag: Das wären etwa 500.000 Euro pro Jahr.
Und die DOSB-Präsidentschaft ist derzeit ehrenamtlich – was immer man damit meinen mag. „Eine längere Debatte und eine Satzungsänderung vorausgesetzt, könnte er der erste hauptamtliche Präsident im Dachverband des deutschen Sports werden“ (Ebensa). Der DOSB hätte dann allerdings 500.000 Euro weniger zur Verfügung. Vespers weiterere aufgeführte Nachteile: barscher Umgang mit Sportverbandsvertretern, bevorzugter Umgang mit dem Spitzensport (Ebenda).

Bach und Vesper: weiter so – mit noch mehr Geld

Am 18.9.2012 hielt der DOSB eine Präsidiumssitzung in Frankfurt ab. Ergebnis u. a.: Es wird weiter „Zielvereinbarungen“ über Medaillen-Visionen geben – auch für Rio 2016. Das Förderkonzept wird beibehalten. Es soll (noch) mehr Geld vom Bund fließen. Bach kündigte „harte“ Diskussionen mit den Verbänden an (Sportpolitik – DOSB: DOSB hält an Zielvereinbarungen fest – Geld gefordert, in sueddeutsche.de 18.9.2012).
Der Gipfel an Schizophrenie in der DOSB-Spitze war die Feststellung: „Die Deutsche Olympiamannschaft hat in London ihr Ziel erreicht: Mit 44 Medaillenelf Gold, 19 Silber und 4 Bronze – errang sie drei Medaillen mehr als vier Jahre zuvor in Peking“ (DOSB, Erklärung des Präsidiums, Franfurt 18.9.2012; Hervorhebung WZ).
Zur Erinnerung an die Zielvorgabe: 28 x Gold, Gesamtmedaillenzahl 86, also rund das Doppelte.

Kritik am DOSB

Jens Hungermann schrieb in der „Welt“ über eine „verblüffend flotte London-Analyse“: „Eine echte Diskussion über Effektivität des Sportsystems? Fehlanzeige“ (Hungermann, Jens, Von wegen großer Wurf, in welt.de 19.9.2012).
Helmut Digel, langjähriger Präsident des Deutschen Leichtathletikverbandes, kritisierte das „Weiter so“ der DOSB-Spitze. Die DOSB-gesteuerte Bürokratie verfüge „nur über äußerst geringe fachliche Kompetenz“, die Frage der Verantwortung sei „völlig ungeklärt“ (Kistner, Thomas, Zu viel auf dem Spiel, in SZ 19.9.2012).
Thomas Kistner bemerkte dazu in der SZ: „Allmählich fällt zweierlei auf. Nicht einen Fürsprecher vom Fach gibt es für die immer heftiger attackierte Organisationskultur im deutschen Sport. Trotzdem bleibt der DOSB untätig. Gemeinsam mit dem Geldgeber, dem Bundesinnenministerium (BMI), verschanzt er sich in einem undurchdringlichen Dickicht aus selbstgebastelten Leistungskritierien und Förderstrukturen“ (Ebenda).
Und zu den Zielvereinbarungen und den Zielen von Bach schrieb Kistner: „Zur stillen Freude der Ministerialen hatten die DOSB-Oberen mit den Fachverbänden sogenannte ‚Zielvereinbarungen‘ für die Verteilung der Fördergelder ausgeheckt, die von so fragwürdiger Substanz sind, dass sie um jeden Preis vorm Blick der (zahlenden) Öffentlichkeit verborgen bleiben mussten… Transparenz ist unerwünscht, den Eindruck vertiefen BMI und DOSB mit Hinweisen auf Datenschutz und Betriebsgeheimnis. So wird alles beim Alten bleiben im nationalen Sport unter DOSB-Chef Thomas Bach, der eifrig am internationalen Werdegang bastelt und sich just vor dem Zielstrich, der IOC-Präsidentenwahl 2013, keine Strukturdebatte aufhalsen dürfte“ (Ebenda).
Zu den Kritikern des DOSB gesellte sich neben vielen Einzelpersonen auch der Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB): „Im Hintergrund hatte der DOSB noch versucht, die Veröffentlichung zu verhindern“ (Catuogno, Claudio, Deckel runter, in SZ 26.9.2012). Präsident Thomas Weikert und Ehrenpräsident Hans Wilhelm Gäb schrieben: „Wir bezweifeln, dass die aktuellen und aus Steuergeldern bestehenden Investitionen in den Leistungssport optimal den gesellschaftspolitischen Zielen des Landes dienen“ („Sonst geht alles gegen den Baum“, in spiegelonline 25.9.2012). Der DTTB hat derzeit 606.075 Mitglieder und wird mit 809.500 Euro gefördert; das entspricht 1,34 Euro pro Mitglied. Der Eisschnelllauf wird bei 1223 Mitgliedern mit 1,7205 Millionen Euro gefördert – 1406,79 Euro pro Mitglied. Für den DTTB ist dies ein Beispiel für „eine grotesk überhöhte Förderung von Sportarten, hinter denen keine Breitensportbewegung steht“ (Hungermann, Jens, Was ist Deutschland der Spitzensport wert, in welt.de 26.9.2012; Hervorhebung WZ). Durch das einseitige Streben nach Medaillen werde „die Wichtigkeit der Vereins- und Breitensportkultur in Deutschland mit über 90.000 Vereinen und rund 28 Millionen Mitgliedern völlig außer Acht gelassen“ (Simeoni, Evi, Schmetterball vom Tischtennisbund, in faz.net 26.9.2012).
(Vgl. auch: Sportpolitik-DOSB: DOSB in der Kritik: DTTB heizt Förderdebatte an, in sueddeutsche.de 25.9.2012; Catuogno, Claudio, Herrmann, Boris, Phantom-Angst vor einer offenen Debatte, in SZ 27.9.2102).
Laut DTTB-Präsident Weikert hat sich sein Verband seit 1999 an den DSB, später DOSB mit der Bitte um Änderung des Fördersystems gewandt: vergeblich. Nach London 2012 hat sich der DTTB eine offene und öffentliche Diskussion gewünscht: Diese ist „aber nur marginal geführt worden“ (Kempe, Robert, Drepper, Daniel, Sportförderung in Deutschland, in dradio.de 29.9.2012).
Claudio Catuogno konstatierte in der SZ: „Warum soll der Staat den Leistungssport finanzieren? Was hat der Steuerzahler davon, wenn deutsche Athleten bei Olympischen Spielen Medaillen gewinnen? Sind zwei Wochen schwarz-rot-goldene Seligkeit die 130 Millionen Euro wert, die der Bund jedes Jahr für den Spitzensport bereitstellt? Und wenn ja: Nach welchen Kriterien wird das Geld verteilt? Spannende Fragen – und es sagt eine Menge über den Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) aus, wie er diese diskutiert: am liebsten gar nicht… Bisher wird das Geld hinter verschlossenen Türen verteilt: Der DOSB handelt mit jedem Fachverband eine ‚Zielvereinbarung‘ aus … Hinter vorgehaltener Hand klagen Verbandsvertreter seit langem, das Verfahren sei ein intransparentes Gemauschel. Vor allem festigt es die Position des DOSB: Wer Geld verteilt, übt Macht aus“ (Deckel runter, in SZ 26.9.2012).
Thomas Kistner sieht als zentrales Problem DOSB-Präsident Bach selbst: „Der deutsche Sport braucht eine offene Debatte. also genau das, was Thomas Bach nicht gebrauchen kann. Denn seine Uhr tickt. In zwölf Monaten will der DOSB-Boss den Thron des Internationalen Olympischen Komitees besteigen, was im IOC nur einer nicht bestätigt: er selbst (Kistner, Thomas, Weiter so, auf leisen Sohlen, in SZ 26.9.2012). Für Kistner ist Bach „ein Vollzeitfunktionär mit enger Anbindung an die Golfregion. Genaueres über seinen Broterwerb leuchtet nur selten auf… Vielleicht ist es ja nur Zufall, dass das nationale Funktionärstum unter Bachs anfangs diskreter Regie an galoppierendem Qualitätsschwund leidet“ (Ebenda).

Arne Güllich hat zwölf Jahre als Ressortleiter in der Leistungssportförderung des DOSB gearbeitet und ist nun Professor für Sportwissenschaften an der TU Kaiserslautern. Zur Vermeidung einer öffentlichen Diskussion durch den DOSB respektive Bach und Vesper sagte Güllich, das sei typisch für den deutschen Sport. „Wir müssen uns vorstellen da gibt es eine Vorder- und eine Hinterbühne. Die Vorderbühne sind die eigentlichen Gremien, da wird nur noch im Grunde als Ritual das vollzogen, was vorher auf der Hinterbühne schon verhandelt worden ist. Und wenn es Konflikte gibt, dann werden die vorher auf der Hinterbühne geklärt. Und dafür ist es nicht dienlich, wenn einzelne Verbände die Individualität der einzelnen Sportarten besonders hervorkehren“ (Kempe, Robert, Drepper, Daniel,  Sportförderung in Deutschland – Debatte nimmt Fahrt auf, in dradio.de 29.9.2012).

Schließlich warf der DOSB dem DTTB vor, zwischen „guten“ und „schlechten“ Sportarten zu unterscheiden. Das DTTB-Präsidium schrieb in einer Erwiderung: „Die Art und Weise, in der der DOSB – ohne auf den Kern unserer Ausführungen überhaupt einzugehen – die sachlich vorgetragenen und gegen niemanden persönlich gerichteten Analysen eines souveränen Mitgliedsverbandes disqualifizieren will, entspricht nicht dem Stil, den man von einer dem Fairplay verpflichteten Organisation erwartet“ (DTTB beklagt unfaires Spiel, in faz.net 1.10.2012).

Nachtrag zum Erfurter Blutdoping-Skandal: Wer wusste was wann?

Zur Erinnerung: Der Erfurter Arzt Andreas Franke hat über Jahre hinweg bis April 2011 Sportlern des Olympiastützpunktes Erfurt Blut entnommen, dieses UV-behandelt und wieder rückgeführt. Das gilt als Blutdoping und war verboten, siehe hier.) Die Nada blieb weitgehend untätig, ebenso der DOSB. Im Juli 2012 stellte die Staatsanwaltschaft Erfurt das Verfahren ein.
– Die Wada will alle Urteile im Fall Erfurt noch einmal überprüfen und eventuell beim Internationalen Sportgerichtshof Einspruch erheben (Wada prüft Urteile des Sportschiedsgericht, in spiegelonline 21.9.2012).
– Am 22.9.2012 fand in Stockholm eine Internationale Konferenz zur Drogenbekämpfung statt, die von Wada-Vizepräsident Arne Ljungqvist initiiert war. Ergebnis: “Die Meinung war jetzt im Wissenschaftskomitee sehr klar, dass die Blutbestrahlung verboten war, schon seit 2002 und davor. Wir haben das im Komitee besprochen, weil das ja schon eine Angelegenheit war, die sich einige Monate, ja fast Jahre hinzog. Die Situation wurde nun klargestellt. Aus Sicht der WADA ist das jetzt ein abgeschlossener Fall. Die Methode war verboten. Das ist eine endgültige Bewertung” (Seppelt, Hajo, Ljungqvist: „Die Blutbestrahlung war schon seit 2002 verboten“, in dradio.de 22.9.2012
– “Der DOSB erklärt, dass Andreas Franke spätestens seit November 2010 gewusst habe, dass er mit der UV-Methode eine verbotene Methode anwende…” ( Purschke, Thomas, Konsequentes Vorgehen? in dradio.de 22.9.2012 ).
Zur Erinnerung: DOSB-Präsident und IOC-Vizepräsident Bach äußerte noch Ende Januar 2012 im MDR zur umstrittenen UV-Blutbehandlungsmethode: “Für das IOC gilt der Wada-Code, der sagt in aller Klarheit, dass derartige Methoden seit dem 1. Januar 2011 verboten sind” (Probleme mit dem Kleingedruckten, in SZ 1.2.2012).

Brot und Spiele, Version II

Im Kritischen Olympischen Lexikon wurde das Stichwort Brot und Spiele mit den Beschreibungen von Menschen- und Tierkämpfen und der Politik der römischen Kaiser erweitert. Der Inhalt stützt sich auf das Buch von Karl-Wilhelm Weeber, Panem et circenses. Massenunterhaltung als Politik im antiken Rom, Mainz 1999.

SPD besorgt das Geschäft des DOSB

Ende September 2012 stellte die SPD den Antrag für einen neuen Passus im Grundgesetz. Im Schlepptau der Kultur soll auch Sport in das Grundgesetz aufgenommen werden: „Der Artikel 20a des Grundgesetzes soll um die Staatsziele Kultur und Sport erweitert werden“ (SPD, Erweiterung der Staatsziele um Kultur und Sport, spdfraktion.de 18.9.2012). Wortlaut: Der Staat „schützt und fördert ebenso Kultur und Sport“ (Sportpolitik-Grundgesetz: SPD-Gesetzentwurf zu Sport und Kultur umstritten, in sueddeutsche.de 28.9.2012). Auch der DOSB fordert seit Jahren die Aufnahme des Sports in das Grundgesetz.
In der SPD-Erklärung wimmelt es von Allgemeinplätzen, die allesamt aus DOSB-Presseerklärungen bekannt sind: „Sport stellt ein Zentrum des gesellschaftlichen Miteinanders dar und verfügt über eine große gesellschaftspolitische Bedeutung. Er ist Ausdruck eines gesunden Lebensstils… Sportvereine sind zudem bedeutende Sozialisationsinstanzen… Spitzensportler repräsentieren Deutschland…“ (SPD, PM 18.9.2012). In der Begründung von Siegmund Ehrmann und Martin Gerster steht: „Sport hat eine herausragende gesellschaftspolitische Bedeutung und stellt die größte Bürgerbewegung Deutschlands dar“ (Kultur und Sport im Grundgesetz verankern,  spdfraktion.de 25.9.2012).
Andreas Groth nannte den SPD-Vorstoß in der FAZ einen „Griff in die Mottenkiste“ (Groth, Andreas, Das Staatsziel aus der Mottenkiste, in faz.net 28.9.2012). Michael Reinsch schrieb in der FAZ: „Noch dazu spricht die Begründung des Antrags dagegen, dass eine profunde inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Kulturgut Sport stattgefunden hat. Wer eine Sammlung von Klischees zum organisierten Sport sucht, wird in dem Antrag fündig. Von der größten Bürgerbewegung Deutschlands bis zur Wertevermittlung im Sportverein rasseln da alle Plattitüden, die ein Sportverband für sich ins Feld führen kann, von der Festplatte in die Legislative“ (Reinsch, Michael, Klischees und Plattitüden, in faz.net 21.9.2012).
Der frühere Verfassungsrichter Dieter Grimm hält die Forderung nach verfassungsrechtlich garantierter Förderung angesichts der Kommerzialisierung des Sports für „vermessen“ (Prantl, Heribert, Verfassungsakrobatik, in SZ 27.9.2012). Grünen-Politiker Jerzy Montag sagte: „Der Sport leidet nicht daran, dass er nicht in der Verfassung steht“ (Herrmann, Boris, Sport als Randnotiz, in SZ 29.9.2012).
„Neben den Politikern der Regierungsparteien CDU/CSU und FDP sprachen sich auch die Grünen gegen die Verankerung des Sports in der Verfassung aus. Damit scheint die Mehrheit für den Antrag sehr fraglich“ (Ebenda).
Zum Vorstoß der SPD mit Sport als Staatsziel in der Verfassung und zu den Vorgängen um Lance Armstrong schrieb Andreas Burkert in der SZ, es „stellt sich die Frage, ob sich der Staat nicht erst mal um andere Dinge kümmern sollte. um ein hartes Anti-Doping-Gesetz etwa oder um eine seriöse Ausstattung der Nationalen Anti-Doping-Agentur Nada“ (Burkert, Andreas, Beispielhafte Dopingjagd, in SZ 12.10.2012).

Sport-Propaganda

Bei heutigen Groß-Sportevents wird unreflektiert und ungeniert auf die Propagandamittel von Leni Riefenstahl und den Olympischen Sommerspielen Berlin 1936 wiederaufgegriffen. Das Plakat von Mercedes zur Fußball-EM 2012 bildete fünf deutsche Nationalspieler martialisch und recht germanisch ab. Die imitierten Stadionscheinwerfer im aktuellen Trailer für die Uefa Champions League 2012 erinnern ziemlich an die Riefenstahlschen Flakscheinwerfer-Ästhetik. Die beiden wiederum recht germanisch wirkenden Fußballer in der Werbung für die Uefa Europa League im Sender Kabeleins werden mit dem Text unterlegt: „Auf die Knie für König Fußball“.

Neue Sportsoldaten-Kollegen bei der bayerischen Polizei

Innenminister Joachim Herrmann begrüßte persönlich 14 „hochtalentierte Sportlerinnen und Sportler als neue Polizeibeamte der Bayerischen Polizei… Im Endausbau soll die Sportfördergruppe etwa 50 Sportlerinnen und Sportler umfassen“ (Bayerisches Staatsministerium des Innern 26.9.2012).
Was sagen da wohl Tausende von Polizeibeamten dazu, die einer ehrlichen Polizeiarbeit nachgehen?
Vergeiche im Kritischen Olympischen Lexikon: Sportsoldaten

Veränderung im Sportausschuss

Schwerer Verlust für den DOSB: His Master’s Voice, der Göppinger Abgeordnete der CDU, Klaus Riegert, wird bei der nächsten Bundestagswahl nicht mehr aufgestellt. Er unterlag mit 305 zu 198 Stimmen gegen einen bislang unbekannten Landwirt, der erst seit zwei Jahren in der CDU ist (Schmauz, Robert: Hermann Färber schlägt Klaus Riegert klar, in südwestpresse.de 29.9.3012).
Kommentar von Leser Klaus Müller: „Allerhöchste Zeit ! Diese Ablösung war längst überfällig. Wer hat Riegert jemals am Rednerpult gesehen oder etwas von ihm gehört? Da muß man sich fragen, was hat er getan, außer Fußballspiele zu organisieren? Ein schönes Grinsen auf allen Fotos reicht eben nicht aus, einen Wahlkreis engagiert und mit Nachdruck zu vertreten. Für die bezogenen Diäten hätte er einiges mehr tun müssen. Glücklicherweise haben das nun auch andere erkannt“ (Ebenda).
Getan hat Riegert schon einiges – leider:
MdB Riegert, früherer Kriminalhauptkommissar und ehemals Vizepräsident des Schwäbischen Turnerbundes, saß seit 1992 im Bundestag. Er ist Obmann der CDU im Sportausschuss des Deutschen Bundestages und war (mit FDP-Kollegen Joachim Günther) verantwortlich, dass seit 22.10.2011 die Sitzungen des Sportausschusses nicht mehr öffentlich sind (siehe hier).
Riegert sprach sich im November 2011 für eine neuerliche Olympische Bewerbung aus. Die Erfurter UV-Blutdopingaffäre bezeichnete er als „Verkettung unglücklicher Umstände” und äußerte: „Wir wehren uns gegen Vorverurteilungen“ (Turbulente Tagung des Sportausschusses, in spiegelonline 21.3.2012)
Die Abwahl von Riegert ist ein Verlust für den DOSB – aber nicht für den Sport.

 

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Aktuelle Sportsplitter von IOC,
Fifa etc. im September 2012

Konzertierte Aktion der Schweizer Olympia-Freunde: Am 5.9.2012 sprach sich der Schweizer Bundesrat dafür aus, für die Bewerbung „Graubünden 2022“ eine Defizitgarantie für eine Milliarde Franken zuübernehmen. Dazu will er 30 Millionen Franken Steuergelder für die Kandidatur Graubünden 2022 mit St. Moritz und Davos als Austragungsorte bereitstellen. Die Gesamtkosten der Bewerbung werden mit 60 Millionen Franken angegeben, wovon der „Rest“, also immerhin weitere 30 Millionen Franken, vom Kanton Graubünden, von St. Moritz und Davos und diversen Sponsoren kommen sollen.
Bei der Bewerbung München 2018 hat sich gezeigt, dass die „Sponsoren“ mehrheitlich zwangsverpflichtete staatliche und städtische Unternehmen waren.
Am 7.9.2012 fand in Chur das Wirtschaftsforum Gehla statt, bei dem erklärte Olympiabefürworter zum Thema „Olympia in Graubünden: Wunsch, Wille oder Wahn?“ diskutierten (Jürgensen, Nadine, Berner Startschuss für Olympia, in nzz.ch 5.9.2012; Olympia in Graubünden im Fokus des Wirtschaftsforums Südostschweiz, in suedostschweizch 5.9.2012).
Damit niemand den „Wahn“ erwähnt, wurden vorsichtshalber keine Gegner der Bewerbung Graubünden 2022 eingeladen. Erst als ein Teilnehmer absagen musste, wurde Stefan Grass vom Komitee Olympiakritisches Graubünden nachträglich eingeladen.
Zur Bewerbung Graubünden 2022 warnte die Bündner SP-Nationalrätin Silva Semadeni im Interview vor der steigenden Zahl der Disziplinen, der Athleten und Betreuer und den steigenden Kosten: „Die Vorgaben an die Infrastruktur sind gegeben, die kann man nicht ändern“ (Furter, Reto, Samadeni: „Nicht blenden lassen“, in suedostschweiz 7.9.2012). Der Bundesrat müsse mehr als zunächst geplant zahlen, weil die Zusagen von Sponsoren fehle. „Mit der Bundesmilliarde lassen sich nicht alle Kosten decken, welche von den Olympischen Winterspielen verursacht würden… Der Kanton Graubünden braucht aber nicht mehr Betten, das ist allen Tourismusexperten klar, sondern mehr Gäste. Olympische Spiele bringen aber nicht mehr Gäste, wie die Erfahrungen anderer Host Cities zeigen“ (Ebenda).
Am 10.9.2012 gab der Kanton Graubünden bekannt, dass die Bündner Regierung die Olympischen Winterspiele 2022 befürwortet. Dem Bündner Volk soll empfohlen werden, die Einreichung der Kandidatur anzunehmen (Bündner Regierung befürwortet Olympische Winterspiele in Graubünden, in www.gr.ch 10.9.2012).
Der frühere Chefredakteur des St. Galler Tagblatts, Gottlieb F. Höpli, schrieb dazu u.a.: „Kleine, feine Spiele, retour à la nature: Das ist natürlich Augenwischerei. Wie gross, wie umfangreich diese Mega-Events werden sollen, bestimmen nicht die Veranstalter, sondern das Internationale Olympische Komitee (IOC). Und das hat für die kommende Winterolympiade in Sotschi die Zahl der Disziplinen gerade eben von 86 auf 98 erhöht… Mit dem Bewerbungsdossier müssen sich die Veranstalter gegenüber dem IOC verpflichten, bevor die Baupläne von den Behörden bewilligt werden. Mit anderen Worten: Das IOC diktiert, der Veranstalter macht’s – und zahlt…
Jedem Vernunftwesen müsste klar werden, dass die Olympischen Spiele immer mehr Ähnlichkeiten mit den Dinosauriern aufweisen. Ihre gigantische Grösse, ihre Unbeweglichkeit sind mit einer Reduktion auf etwas kleinere Dinosaurier-Ausmasse nicht mehr zu retten…
Dabei ist der Begriff «Spiele» ja längst ein unglaubwürdiger Euphemismus. Nicht die Jugend der Welt, sondern von Kindsbeinen an spezialisierte und immer häufiger sogar genetisch gezielt gezüchtete Athleten bieten hier Leistungen dar, über die der Normalverbraucher nur noch ungläubig den Kopf schüttelt… Schon längst ist die nationale Medienberichterstattung zu einer ziemlich chauvinistischen Aufzählung der Erfolge und Misserfolge der eigenen Athleten pervertiert. Völkerverständigung sieht für mich anders aus“ (Höpli, Gottlieb F., Die Schweiz braucht keine Olympischen Spiele, in nzz.ch 23.9.2012).
Vergleiche unter „Aktuelles“: Graubünden 2022 – Das IOC vereinnahmt die Schweiz

15 Bündner Touristiker und Verantwortliche von Transportunternehmen setzten sich Mitte September 2012 für Graubünden 2022 ein: „Olympische Spiele seien das größte Werbeprogramm für Graubünden in der Neuzeit“ (Tourismusdirektoren werben für Winterspiele, in suedostschweiz.ch 18.9.2012).
In Wirklichkeit sind Olymische Spiele das teuerste Werbeprogramm, das man sich vorstellen kann.
In diesem Zusammenhang: Davos sitzt schon jetzt auf einem Schuldenberg, der bis zum Jahr 2017 auf im schlechtesten Fall 189 Millionen Franken anwachsen kann. Geplant sind die Einführung einer Liegenschaftssteuer, Liegenschaftsverkäufe und Einsparungen (Davos steht vor Schuldenberg, in suedostschwez.ch 17.9.2012).
Vermutlich möchte sich der Ort miit der Bewerbung 2022 sanieren: Das hat aber noch nie geklappt, da jeder Austragungsort nach Olympischen Winterspielen weit höher verschuldet war.

Graubündner gegen Graubünden 2022

Ganz neu im Internet ist die Webseite vom Komitee Olympiakritisches Graubünden, der Graubündner Olympiagegner: siehe hier.

– ARD und ZDF feiern Paralympics ab: Von den Olympischen Sommerspielen London 2012 übertrugen die öffentlich-rechtlichen Sportsender ARD und ZDF laut Spiegel 260 Stunden. (Nach meinen eigenen Berechnungen waren es 248 Stunden und 45 Minuten; vgl. London 2012.)
Von den Paralympics übertrugen ARD und ZDF aus Athen 2004 zehn Stunden, aus Peking 2008 etwa 30 Stunden, aus London 2012 65,5 Stunden (Paralympics erobern den Bildschirm, in Der Spiegel 37/10.9.2012).

– München 2022???: „Für einige bayerische Landespolitiker und Sportfunktionäre scheint eine Münchner Olympia-Bewerbung für 2022 nur noch ein formaler Akt zu sein. Unterschrift und Stempel drunter – und fertig ist das Anschreiben für das Internationale Olympische Komitee“ (Olympia-Bewerbung 2022? Landespolitik ist gespalten, in abendzeitung-muenchen.de 7.9.2012),
Die Münchner Olympia-Fans kämpfen weiter:
– Anfang August 2012 präsentierte sich die „Sportstadt München“ mit „40 Jahre Olympische Spiele München“ im Deutschen Haus anlässlich London 2012. Aber das Treffen diente auch der künftigen Olympia-Propaganda: „Ganz zufällig ging es dabei nicht nur darum, wie toll es 1972 mal war. Sondern auch darum, wie toll es mal wieder werden könnte…“ (Hahn, Thomas, Eine Prise Absicht, in SZ 4.8.2012).
Anwesend waren drei Verfechter einer weiteren Bewerbung: der bayerische Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP), Bürgermeisterin Christine Strobel (SPD), Hannelore Kraft/NRW (SPD) – und natürlich Olympiapark-Chef Ralph Huber (Krügel, Christian, Riedel, Katja, Lobby-Arbeit für Olympia, in SZ 2.8.2012). Zeil: „Wenn man einmal hingefallen ist, muss man wieder aufstehen und weiterkämpfen“ (Hahn 4.8.2012). „Die Mehrheit der bayerischen Bevölkerung stehe aber hinter einer erneuten Bewerbung für die Spiele, so Zeil“ (Kraus, Benjamin, Klingen, Tobias, Münchner Abend im Deutschen Haus – neuer Versuch 2022? in wz-newsline.de 28.2012). – Strobl: „München ist nach wie vor bereit für eine solche Bewerbung“ (Hahn 4.8.2012). – Ralph Huber: „Wichtig ist, dass wir das Signal setzen, dass München bereit wäre“ (Ebenda). „Es sagt natürlich jeder, dass unsere Bewerbung 2018 hervorragend war und dass sich Deutschland erneut bewerben muss… Deshalb gibt es ja ein ‚Team München‘, das das Thema mitbegleitet und das eine oder andere schon mal eruiert oder in die Wege leitet, damit man nicht zu viel Zeit verliert, wenn man sich 2022 wieder bewirbt“ (Kristlbauer, Matthias, „Wir müssen in den Startlöchern stehen“, in Münchner Merkur 4.8.2012).
Anwesend waren auch: DOSB-Generaldirektor Vesper und natürlich Katharina Witt, die sich ein bißchen für die Marke BMW begeisterte (Auto-Medienportal.net 3.8.2012). Schließlich war sie doch bei München 2018 auf der Payroll des Autokonzerns.
Vesper musste sich wegen der IOC-Karrierepläne von DOSB-Präsident Bach zurückhaltend äußern: „Ich wünsche mir, dass Deutschland sich irgendwann wieder einmal für Olympische Spiele bewirbt“ (Olympia-London: Vesper wünscht sich deutsche Olympia-Bewerbung, in sueddeutsche.de 9.8.2012).
– Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) besuchte London 2012 und erklärte: „Wenn wir als ein Land, das ökonomisch und sportlich erfolgreich sowie sportbegeistert ist, wenn sich so ein Land nicht mehr bewirbt für Olympische Spiele, dann stimmt etwas nicht… Wir sollten uns zur gegebenen Zeit wieder bewerben“ (europeonline-magazine.eu 2.8.2012).
Mario Schmidbauer, sportpolitischer Sprecher der Münchner CSU: „Jetzt müssen wir uns dazu bekennen, dass wir sie wollen“ (Kristlbauer, Matthias, Kein Münchner Bekenntnis zu erneuter Olympia-Bewerbung, in Münchner Merkur 5.8..2012).
Andreas Abold, Marketing Experte, schon bei der Bewerbung München 2018 involviert: „Die Zeichen stehen besser als je zuvor“ (Schmidt, Thomas, CSU: Ude bremst Olympia-Bewerbung, in Münchner Merkur 18.8.2012).
Wolfgang Heubisch (FDP), bayerischer Kunstminister: „Ich wünsche mir, dass wir in München die Kraft aufbringen, uns noch einmal für die Olmpischen Spiele zu bewerben“ (Anlauf, Thomas, Heiter und gelassen, in SZ 27.8.2012).
– Oder doch eher München 2024? Olympische-Spiele-Fan Ulrich Schäfer, SZ, Redakteur: „Aber viel attraktiver wären für München, das ja selber keine echte Wintersport-Stadt ist, die Sommerspiele“ (Schäfer, Ulrich, Sommerspiele, die Zweite, in SZ 27.8.2012).
– In Garmisch-Partenkirchen ist es beim Thema München 2022 eher ruhig. Bürgermeister Thomas Schmid (CSB): „Erst muss der Sport Farbe bekennen, dann München und erst dann kann sich Garmisch-Partenkirchen Gedanken machen“. – Landrat Harald Kühn (CSU): „Man muss die Region mitnehmen und die Bevölkerung fragen.“ – Der Befürworterverein Olympija laut Homepage: „Wir lassen unsere Aktivitäten ruhen.“
– Für Ignaz Streitel, Sprecher der Grundstückseigentümer, ist eine neuerliche Bewerbung unerklärlich „in Zeiten, wo eh kein Geld da ist“. –   (Bromberger, Katharina, Von Strohfeuern und Hirngespinsten, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 3.8.2012).
Axel Doering vom Netzwerk NOlympia aus Garmisch-Partenkirchen sagte: „Uns gibt es noch mit unserem ganzen Wissen… Und wenn die Bewerbung genauso miserabel ist wie die letzte, werden wir wieder das Gleiche unternehmen.“
Der Grüne Ludwig Hartmann, Gründer des Netzwerkes NOlympia, ist der Meinung: „München 2022 wurde ins Gespräch gebracht, um den Olympia-Hype während London zu pushen“ (abendzeitung-muenchen.de 7.9.2012). Er setzt auf die Bevölkerung: „Viele haben erkannt, dass die Versprechen nicht eingehalten werden.“ Er will im Fall München 2022 noch heftigeren Widerstand üben als bei München 2018: „Je mehr ich mich mit der Thematik befasst habe, bin ich vom Olympia-Kritiker zum Gegner zum Feind der Bewerbung geworden“ (Olympia-Gegner Hartmann wird 2022 zum „Feind“, in welt.de 7.9.2012)
Unsere Webseite www.nolympia.de bleibt in jedem Fall am Netz und ist stets aktuell.
– René Fasel weiß von nichts: Der Eishockey-Weltverband IIHF hält im September 2012 trotz der internationalen Kritik nach wie vor an Weißrussland als Austragungsort der Weltmeisterschaft 2014 fest.
IIHF-Präsident und IOC-Mitglied René Faselsagte am 23.9.2012 im Deutschlandfunk, die Entscheidung der Eishockey-WM 2014 in Weißrussland stehe fest und werde nicht revidiert. Als er zu Menschenrechtsverletzungen in Weißrussland gefragt wurde, entgegnete Fasel: “Ich habe das nicht mitgekriegt, also diese News habe ich nicht verfolgt” (Nichts mitgekriegt, in tagesspiegel.de 24.9.2012; Hervorhebung WZ).
Das ist nun wirklich der Gipfel. Fasel gibt sich nicht einmal die Mühe, eine Stellungnahme abzugeben, sondern ignoriert die weltweiten Proteste gegen die Diktatur Lukaschenkos und den gerade abgelaufenen “Wahlen” bzw. besser Schiebungen in Weißrussland – mit angeblichem Nichtwissen.
Sport ist politisch – und zwar total-itär!

„Die EU und die USA haben wegen schwerer Menschenrechtsverstöße Belarus mit Sanktionen belegt. Dazu gehören Reiseverbote und Kontosperrungen für Lukaschenko und viele seiner Gefolgsleute“ (Lukaschenko zeigt sich siegessicher, in spiegelonline 23.9.2012).
Fasel: “Ich habe das nicht mitgekriegt, also diese News habe ich nicht verfolgt.“
Der weißrussische Diktator Alexander Lukaschenko ist auch Chef des Nationalen Olympischen Komitees (Aumüller, Johannes, Das Beispiel Weißrussland, in SZ 16.8.2012). Lukaschenko ließ im Dezember 2010 nach seiner Präsidenten-”Wahl” 700 Demonstranten und fast alle oppositionellen Präsdentschaftskandidaten verhaften; sie sitzen zum Teil immer noch im Gefängnis. “Lukaschenko, 58, ist seit 1994 an der Macht. Seit 1995 haben westliche Beobachter kein Votum in Weißrussland mehr als frei und fair eingestuft” (Bidder, Benjamin, Der gestärkte Despot, in spiegelonline 24.9.2012).
Fasel: “Ich habe das nicht mitgekriegt, also diese News habe ich nicht verfolgt.“
Nur 0,09 Prozent aller Mitglieder in den Wahlkommissionen wurden von der Opposition gestellt. Die beiden größten Oppositionsparteien sagten die Teilnahme an diesen „Wahlen“ ab (Nienhuysen, Frank, Alles unter Kontrolle, in SZ 22.9.2012).
Fasel: “Ich habe das nicht mitgekriegt, also diese News habe ich nicht verfolgt.“
Von 110 “gewählten” Abgeordneten konnte sich dann bei der “Wahl” am 23.9.2012 erwartungsgemäß kein einziger Kandidat der Opposition durchsetzen: 109 Lukaschenko-Anhänger, eine Nachwahl. Laut Lukaschenko habe die “feige Opposition” nichts anzubieten“ (Bidder 24.9.2012).
Fasel: “Ich habe das nicht mitgekriegt, also diese News habe ich nicht verfolgt.“
„So sprach der Mann, der seit Jahren das Feld seiner politischen Konkurreten durch Polizei und Männer des Geheimdienstes lichten lässt. Manche Anführer der Opposition sitzen wie der Politiker Nikolai Statkewitsch seit den Präsidentschaftswahlen vor zwei Jahren im Gefängnis” (Bidder 24.9.2012). Ales Beliatski war Leiter der Menschenrechtsorganisation Viasna (“Frühling”) und ist Vizepräsident der Internationalen Föderation für Menschenrechte FIDH: Er wurde am 4.2.2011 festgenommen und ist seither im Gefängnis (Neshitov, Tim, Kampf dem Borstenschnauzer, in SZ 28.8.2012).
Fasel: “Ich habe das nicht mitgekriegt, also diese News habe ich nicht verfolgt.“
Der Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kommentierte: „Bei dieser Abstimmung gab es von Anfang an keinen Wettbewerb“ (Hans, Julian, Wahl ohne Wettbewerb, in SZ 25.9.2012). Vermutlich haben weniger alls die Hälfte der Berechtigten gewählt, obwohl laut Gesetz mindestens die Hälfte ihre Stimme angeben müssen (Ebenda).
Fasel: “Ich habe das nicht mitgekriegt, also diese News habe ich nicht verfolgt.“

Vergleiche: Eishockey-WM beim Diktator“; Der Sport ist politisch und im Kritischen Olympischen Lexikon: Fasel, René

Nur zur Ergänzung: Jahrelang haben deutsche Polizisten Polizeieinheiten und Milizen von Lukaschenko ausgebildet. Zunächst wurde von den deutschen Behörden eingeräumt, dass zwischen 1.1.2007 und 25.11.2010 insgesamt 77 Angehörige des Grenzdienstes und 16 Angehörige der weißrussischen Sicherheitsbehörden geschult wurden; 400 weitere wurden von deutschen Polizisten in Weißrussland ausgebildet. Der inzwischen entlassene Chef der Bundespolizei, Matthias Seeger, war 2009 selbst zweimal in Weißrussland.
Im Dezember 2010 fanden die Proteste gegen die „Wahl“ Lukaschenkos statt – mit hunderten Verhaftungen. Noch vom 21. bis 25.2.2011 führte die Bundespolizei eine „Schulung belorussischer Experten im Bereich der Risikoanalyse“ in Weißrussland durch (Deutsche Polizei trainierte Lukaschenkos Milizen, in spiegelonline 23.8.2012; Nachhilfe für Polizisten, in SZ 25.8.2012).
Ende September 2012 wurde bekannt, dass eine Hundertschaft der weißrussischen Polizei auch mit Helmen, Schilden, Schlagstöcken und Körperprotektoren ausgerüstet wurde. Dazu lieferten deutsche Behörden Computer- und Videotechnik. Und erst jetzt wurde bekannt, dass die letzte „Ausbildung“ durch deutsche Beamte im Oktober 2011 stattfand (Deutschland soll Weißrussen mit Schlagstöcken beliefert haben, in spiegelonline 27.8.2012).
Die deutschen Behörden stehen den Eishockey-Sportfunktionären in nichts nach.

– Brandrodung für die Fußball-WM 2014 mitten in Sao Paolo: „Die Feuer in den Favelas in Sao Paulo häufen sich. Erst kürzlich brannte eine Favela, auf deren Grund die Stadt einen S-Bahnhof plant. Die Bewohner mutmaßen, dass die Feuer Platz für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 schaffen sollen… Die vielen Brände der vergangenen Wochen machen den Menschen in den Favelas Angst – und sie nähren den bösen Verdacht, dass Immobilienpekulanten und Bauunternehmer hinter der Brandserie stecken“ (Käufer, Thomas, Brandrodung mitten in der Stadt, in faz.net 25.9.2012).

– Putin feiert Fußball-WM 2018, die Bevölkerung hungert.
„Wo Ball und Rubel rollen. Für die Fußball-Weltmeisterschaft 2018, die erstmals in Osteuropa ausgetragen wird, gibt Russland 15 Milliarden Euro aus – doppelt so viel, wie ursprünglich eingeplant… Russland hat sein Budget für das Turnier in knapp sechs Jahren deutlich erhöht und gleichzeitig viel Lob vom Fußball-Weltverband Fifa eingeheimst“ (Russland erhöht WM-Budget, in tagesspiegel.de 30.9.2012).
Von Brot und Spiele zu Fernsehen und Event: Die Fifa-Heuschrecken plündern mit Hilfe des Putin-Systems Russland aus.