Die Olympischen Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen werden heute immer noch im positiven Licht gesehen, obwohl diese sportliche Großveranstaltung zur Glorifizierung des faschistischen Regimes benutzt wurde. Über den rassistischen Hintergrund informiert der Artikel von Andreas Meyhoff und Gerhard Pfeil: Olympia – Die versteckten Spiele (Der Spiegel 3/18.1.2010; sehr gut informiert auch die Website des ehemaligen Garmisch-Partenkirchner Lehrers Alois Schwarzmüller).
Antisemitismus
Im Werdenfelser Land war der Antisemitismus so groß und die Plakatierung gegen jüdische Mitbürger so heftig, dass der Chef des Organisationskomitees, Karl Ritter von Halt im Innenministerium Alarm schlagen musste, da er die Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin durch die Reaktionen des Auslands gefährdet sah. So fotografierte ein englischer Reporter an der Wand des Vereinshauses vom „Ski-Club Partenkirchen“ das Plakat „Juden Zutritt verboten!“. Das Foto verbreitete sich weltweit. Der NSDAP-Gauleiter sorgte daraufhin für die Entfernung aller antisemitischen Schilder vor Beginn der Olympischen Winterspiele. Bereits im Vorfeld der Olympischen Winterspiele war zum 1. Januar 1935 die Zwangsvereinigung der beiden Orte Garmisch und Partenkirchen erfolgt, um die Organisation der Winterspiele zu optimieren. Nach den Olympischen Winterspielen wurden die antisemitischen Plakate umgehend wieder aufgehängt. 1938 mussten die letzten Juden Garmisch-Partenkirchen verlassen.
Ungeachtet dieser Vertreibungen und der Novemberpogrome 1938 sowie der Eingliederung der Tschechei wurden nach dem Rückzug von Japan und St. Moritz im Juni 1939 die Olympischen Winterspiele 1940 vom IOC erneut nach Garmisch-Partenkirchen vergeben. Im deutschen Organisationskomitee saßen u. a. General Walther von Reichenau (er war an der Erschießung von 30.000 Juden im September 1941 im ukrainischen Babi Jar beteiligt) und der Vorsitzende der NS-Ärztekammer und SS-Brigadeführer Leonardo Conti (er war an der Planung des Euthanasieprogramms beteiligt und in Versuche zur Tötung von Gefangenen in Gaskammern involviert).
Im September 1939 überfiel das Deutsche Reich Polen: Der Zweite Weltkrieg begann, und die Winterspiele 1940 wurden von Deutschland am 22.11.1939 abgesagt, weil, wie von Halt und Reichssportführer von Tschammer und Osten erklärten, „die deutschen Vorschläge eines Weltfriedens von der englischen und freanzösischen Regierung abgelehnt“ wurden und der Krieg weitergeführt werden musste (Tolsdorff, Tim, 10.000 Abfahrtsläufer für Hitler, in einestages/spiegelonline 6.2.2011).
Olympische Winterspiele 1940
Urprünglich soillten die Olympischen Winterspiele 1940 in St.Moritz stattfinden. Wegen eines Stretes zwischen dem Internationalen Skiverband FIS, dem IOC und der Schweiz um den Amateurstatus von Hotelskilehrern bot die deutsche Delegation Garmisch-Partenkirchen erneut als Austragungsort für 1940 an. Im Juni 1939, also nach den Judenpogromen im November 1938 und nach der Annektierung des Sudetenlandes durch das faschistische Großdeutschland, entschied das IOC einstimmig für Garmisch-Partenkirchen (Tolsdorff, Tim, 10.000 Abfahrtsläufer für Hitler, in einestages.spiegel.d 17.3.2014). Der damalige IOC-Präsident Baillet-Latour verkaufte die Wahl mit den Worten, die getroffenen Entscheidungen haben „die Freiheit des IOC von politischen Einflüssen bewiesen“ (Ebenda). Mitte August 1939 lagen die Zusagen von 14 Nationen vor. Am 1.9.1939 rückte die Wehrmacht in Polen ein. „Ende Oktober 1939 befahl Hitler, die Arbeiten in Garmisch-Partenkirchen einzustellen“ (Ebenda).
Mangelnde Vergangenheitsbewältigung
Nach 1945 tat der Ort nichts zur Vergangenheitsbewältigung. Die Festschrift zum 60jährigen Jubiläum der Winterspiele wurde von Gert Sudholt herausgegeben, einem bekennenden Rechtsradikalen und Stiefsohn des einstigen stellvertretenden NSDAP-Reichspressechefs. Das 1958 erbaute Garmischer Fußball- und Leichtathletikstadion wurde nach Karl Ritter von Halt benannt, Vorstandsmitglied der Deutschen Bank, 1937 bis 1945 im Exekutivkomitee des IOC, Geldbote für den „Freundeskreis Heinrich Himmler“ und von SS-Chef Himmler 1944 zum „Reichssportführer“ ernannt.
(Vergleiche auch: „Karl Ritter von Halt“)
„Stadion am Gröben“ heißt es seit 2006; die Gemeinderatsmitglieder wurden anlässlich der Umbenennung per Email aufgefordert, „auf eine Behandlung dieses Themas in der Öffentlichkeit zu verzichten“.