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Oktober 2014

Webseite-Besucher
Im September 2014 besuchten 26.741 Internet-Nutzer unsere Nolympia-Webseite. Von Februar 2010 bis einschließlich September 2014 hatten wir damit 1.010.961 Besucher: Die Million ist überschritten. Wir bedanken uns für das immer noch anhaltende Interesse.
Neu unter “Aktuelles”: Sotschi: Formel 1 in Putin-Russland; Oslo 2022 abgesagt; IOC-Knebelvertrag bleibt IOC-Knebelvertrag; Olympische Bewerbung 2024 verpfuscht; Wir helfen IOC und DOSB; Der Fifa-Geld-Kunstrasen; Quo vadis, Öko-Institut?; Gericht entscheidet gegen Sudelfeld
6.9.2014 im Kritischen Olympischen Lexikon: Kosten Olympischer Spiele
Laufend aktualisiert im Kritischen Olympischen Lexikon:
Hamburg-Berlin 2024 – Zur deutschen Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024: bis Juni 2014: hier; 7-8/2014: hier; 9-10/2014: hier; ab 11/2014: hier
Was ein Gaskonzern und Sport, Oligarchen und Putin miteinander zu tun haben. Gazprom-Chronik (1) bis 31.12.2012: hier; Gazprom-Chronik (2) 1/2013 – 8/2014: hier; Gazprom-Chronik (3) 9-10/2014: hier; Gazprom-Chronik (4) ab 11/2014: hier

In eigener Sache
Die Webseite und ihre Informationen stehen allen zur Verfügung, um die tatsächlichen Hintergründe im Spitzensport und seinem Umfeld aufzuzeigen und zu beschreiben. Ich bemühe mich meinerseits, korrekt zu zitieren und Quellen anzugeben. Umgekehrt wäre es fair, dass auch die Nolympia-Webseite als Quelle in den Artikeln von Journalisten angegeben wird.
Dr. Wolfgang Zängl

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Zitate des Monats

Dan Wetzel zum Rückzug Oslo 2022 in sportsyahoo.com: „Wesentlich ist, dass die gesamte Welt dem IOC mitgeteilt hat, dass dieses ein korrupter Witz ist“ (Wetzel, Dan, Why no one wants to host the 2022 Olympics, in sportsyahoo.com 2.10.2014).

IOC-Präsident Thomas Bach zum Rückzug der Bewerbung um Olympische Winterspiele Oslo 2022 und den zwei letzten Kandidaten aus den Diktaturen China und Kasachstan: „Niemand muss sich Sorgen um die Olympischen Spiele machen“ (Kistner, Thomas/SID, Beim König lädt man sich nicht ein, in SZ 6.10.2014).

Stefan Grass vom Olympiakritischen Komitee Graubünden: „Keine vernünftige Demokratie lässt sich noch freiwillig auf die Knebelverträge des IOCs ein. (…) In einer Diktatur hingegen hat ein Großprojekt wie Olympia beste Chancen, und die Machthaber können ihrem Volk erst noch gigantische Spiele präsentieren“ (Cattani, Andrea, Findet Olympia nur noch in Regimes statt? in blick.ch 6.10.2014).

Fußball-Nationaltorhüterin Nadine Angerer, aktiv gegen den Fifa-Kunstrasen bei der Frauen-WM: „Ich fürchte mich vielleicht vor Krankheiten und Schlangen, aber doch nicht vor der Fifa oder Sepp Blatter?“ (Steinbichler, Karin, Blatter in Erklärungsnot, in SZ 8.10.2014; siehe unter VI).

Daniel Wesener, Vorsitzender des Berliner Landesverbandes von Bündnis 90/Die Grünen, zum Rückzug Oslo 2022 und dem zunehmenden Einzug der Olympischen Spiele in totalitäre Länder: „Ist es besser, wenn Demokratien Abstriche an demokratischen Standards, an Transparenz und Bürgerrechten machen, um Olympische Spiele austragen zu dürfen?“ (Alberti, Stefan, „Kein einfaches Ja zu Olympia“, in taz.de 10.10.2014).

Formel-1-Chef Bernie Ecclestone zum Rennen in Sotschi in Putin-Russland: ‚Wir werden unseren Vertrag zu 100 Prozent einhalten. Ich sehe kein Problem, wir haben mit Politik nichts zu tun“ (Brümmer, Elmar, Im Osten viel Neues, in sueddeutsche.de 9.10.2014; siehe unter V).

DOSB-Präsident Alfons Hörmann zur Akzeptanz von Hamburg/Berlin 2024 in der Bevölkerung: „Ein zweites München darf uns nicht passieren“ (Entscheidung zwischen Berlin und Hamburg erst 2015, in faz.net 13.10.2014).

Thomas Kistner in der SZ zur Dauerbewerbung des DOSB für Olympische Spiele 2024, 2026 und 2028: „Anzunehmen ist aber etwas anderes: dass die Bürger, geht es 2024 schief, die Nase erst einmal voll haben vom olympischen Heißluftgebläse. Und das für lange Zeit“ (Kistner, Thomas, Träume in der Parallelwelt, in SZ 30.10.2014).

Gian-Franco Kasper, FIS-Präsident, über die Fifa: „Wenn die Fifa nicht wäre, würde man nicht so viel über Korruption sprechen“ (dpa, Kasper attackiert Fifa, in SZ 27.10.2014).

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Die Gliederung im Oktober 2014 sieht so aus:

I: Nachrichten von Olympischen Spielen und dem IOC
II: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den Sportverbänden
III: Aktuell aus München und Bayern
IV: Zur DOSB-Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024 in Hamburg oder Berlin
V: Allgemeine Nachrichten
VI: Aktuelle Fußball-Sportsplitter von Fifa, Uefa etc.
VII: Sport-Millionen und -Millionäre
VIII: Doping-News
IX: Die Sportsender ARD/ZDF
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I: Nachrichten von Olympischen Spielen und dem IOC

Oslo 2022 abgesagt. Die norwegische Regierung verweigerte am 1.10.2014 die unbegrenzte Defizitgarantie und zog die Bewerbung um Olympische Winterspiele zurück. Das internationale Echo fiel für das IOC verheerend aus. So schrieb der Herausgeber der kasachischen Sport Review, Dmitry Mostovoy, dass das IOC sonderbare Forderungen an Oslo gestellt hätte – einschließlich eines Cocktail-Empfangs mit dem norwegischen König auf dessen Kosten. „Erst sollte der IOC-Präsident sprechen, dann der König“ (Luft, Linda, Olympia: Der Forderungskatalog des IOC, in ndr.de 14.10.2014). Dazu die Synchronisation der Ampelschaltung mit dem IOC-Verkehr in der Hauptstadt: Für die Norweger war der nationale Stolz und gesunder Menschenverstand wichtiger als die Olympischen Spiele (Kucera, Joshua, In Kazakhstan, Hope and Scepticism About Hosting 2022 Olympics, in thediplomat.com 9.10.2014).
Der Sport ist unpolitisch, selbstverständlich.
Mehr unter: Oslo 2022 abgesagt. Die Stadt Oslo hat eine Aufstellung der Original-IOC-Dokumente mit 7.000 Seiten ins Netz gestellt: hier. Das IOC erklärte verblüffenderweise zehn Tage nach der Absage Oslos, es handele sich keineswegs um einen „Forderungskatalog“, sondern um ein „technisches Manual“: „Die sogenannten ‚Forderungen‘ aus den technischen Menüs sind nichts dergleichen. Sie sind (…) lediglich Vorschläge und Empfehlungen auf Grundlage von Erfahrungen der Organisatoren vorheriger Spiele“ (IOC widerspricht: Keine „Forderungen“ an Olympiabewerber, Übersetzung DOSB, dosb.de 10.10.2014).
Die eindeutigen Forderungen sollen nun „Anregungen“ sein: reine Irreführung und Desinformation des IOC.

– Graubündner Gewerbeverband wittert olympische Morgenluft. Zur Erinnerung: Im März 2013 wählten die Graubündner die Bewerbung St. Moritz mit 52,7 Prozent Nein-Stimmen ab. Aber nach dem Rückzug Oslos am 1.10.2014 streckte nun der Graubündner Gewerbeverbandsdirektor (und frühere FDP-Nationalrat) Jürg Michel das olympische Fingerchen in die Höhe und forderte „alle an einer prosperierenden Wirtschaft interessierten Kreise in Graubünden auf, die Kandidatur für Olympia 2022 noch einmal auf das (sport-)politische Parkett zu bringen“ (Bärtsch, Hans, Wyss, Philipp, Zweiter  Anlauf für Olympia, in Die Südostschweiz 4.10.2014). Michel: Es gebe „nichts, das die gleichen wirtschaftlichen Impulse generieren könne“ wie eine erneute Olympiakandidatur (An reelle Chancen für Olympia 2022 glaubt fast keiner, in suedostschweiz.ch 55.10.2014).
Unrealistisch, unprofessionell und nicht in Übereinstimmung mit dem IOC, das sich mit Almaty und Peking bescheiden will. Die Bewerbungsfrist ist längst abgelaufen. Außerdem finanziell völlig daneben: Warum haben wohl Graubünden, München und Krakau 2022 abgewählt, Stockholm, Lviv/Lemberg und Oslo zurückgezogen?
Als Reaktion sagte Jon Pult (Präsident SP Graubünden): „Der Entscheid ist klar – 2022 ist gelaufen“ (Wyss, Philipp, Bärtsch, Hans, Gilli für Olympia 2026 optimistisch, in Die Südostschweiz 4.10.2014). WWF-Geschäftsführerin Anita Mazzetta hält Michels Vorgehen für „reine Zwängerei“ (Ebenda). Das Komitee Olympiakritisches Graubünden bezeichnete Michels Plan als „Eintagsfliege“. In einer Pressemitteilung steht: „Für spätere Kandidaturen der Schweiz für OWS 2026, 2030 etc. sind wir im Olympiawiderstand schweiz- und alpenweit gegen den Gigantismus gerüstet“ (Komitee Olympiakritisches Graubünden, PM Entwarnung: Es gibt keine zweite Olympiakandidatur, Chur 6.10.2014).
Für nicht sinnvoll hält FIS-Präsident und IOC-Mitglied Gian-Franco Kasper die Initiative des Bündner Gewerbeverbandes: „Der Bündner Sportfunktionär bezeichnet es außerdem als ‚vollkommen unrealistisch‘, noch einmal einen Anlauf für die Übernahme der Winterspiele des Jahres 2022 nehmen zu wollen. Graubünden habe eine Chance vertan, und das IOC fokussiere sich jetzt auf Almaty und Peking. ‚Deshalb gibt es keinen Grund, über eine erneute Bewerbung nachzudenken‘, so Kasper“ (Morandi, Dario, Kasper rüffelt die Gewerbler, in suedostschweiz 7.10.2014).
Nachtrag: Zwei Wochen später war das Thema Graubünden 2022 beerdigt – und die Diskussion Graubünden 2026 eröffnet. „Wirtschaftspolitiker des Grossen Rats und Vertreter des Bündner Gewerbeverbandes (…) erklärten Graubünden 2022 nach einem gemeinsamen Treffen am Montagabend als abgehakt (…) Eineinhalb Jahre nachdem das Bündner Volk Nein zu Graubünden 2022 gesagt hatte, liebäugeln Wirtschaftspolitiker im Grossen Rat mit einer Bewerbung für die Spiele im Jahr 2026“ (Olympia 2026 kommt jetzt auf den Tisch, in suedostschweiz.ch 22.10.2014). Gewerbeverbandsdirektor Jürg Michel erklärte, dass Winterspiele 2026 und  2030 eine Option seien (Bündner Olympia adé, in blick.de 21.10.2014).
Der olympische Rausch – auch eine Droge. Oder ein totes Pferd:
Andreas Wieland, Chef der Medizinaltechnik-Firma Hamilton in Bonaduz, trat aus Verärgerung aus dem Vorstand des Arbeitgeberverbandes aus. Mehrere Verbandsmitglieder wollten ‚keine toten Pferde‘ reiten, schrieb Wieland“ (Ebenda).

– Ende eines Mythos. Die Olympia-Lobbyisten behaupten stets, dass Olympische Spiele die Teilnahme am Sport erhöhen. Die Studie von Cora L. Craig und Adrian E. Bauman widerlegt dies: „The impact of the Vancouver Winter Olympics on population level physical activity and sport participation among Canadian Children and adolescents: population based study, in International Journal of Behavioral Nutrition and Physical Activity, 11/2014). Am Beispiel Vancouver 2010 wird nachgewiesen, dass es keine generelle Übereinstimmung zwischen der Veranstaltung Olympischer Spiele und einer erhöhten Sportteilnahme im Breitensport gibt. Die Forscher konnten keine erhöhten Sportaktivitäten bei Kindern und Jugendlichen zwischen 5 und 19 Jahren feststellen. „Nicht einmal in kanadischen Gebieten mit relativ niedriger körperlicher Aktivität bei Kindern konnten solche Effekte nachgewiesen werden“ (Storm, Rasmus K., Vancouver Olympics did not increase sports participation in Canada, in playthegame.org 10.10.2014).

– EOC in der Alijew-Diktatur. Der Sportkalender wird noch voller, auch wenn das keiner für möglich gehalten hätte: Die zum ersten (und hoffentlich gleich zum letzten) Mal ausgetragenen Europäischen Olympischen Spiele (EOC) finden 2015 in Aserbaidschan statt, einer munter sportbegeisterten Diktatur. Darüber spricht der DOSB und sein Generaldirektor eher ungern. „Grundsätzlich sei es nicht ‚zielführend‘, Sportereignisse lediglich in Musterdemokratien nach westeuropäischem Vorbild auszurichten, sagt Vesper“ (Völker, Markus, Im Reich des Überflusses, in taz.de 4.10.2014).
Noch dazu, wo viele westeuropäischen Länder gar keine Lust mehr auf die bombastischen Großereignisse vom IOC und anderen haben, siehe Olympische Winterspiele 2022!
„Hier am Kaspischen Meer, Tausende Kilometer entfernt von Mitteleuropa, sprudelt das Öl, und riesige Gasvorkommen zapft man auch seit einigen Jahren an. Gelenkt wird das muslimische Land von den Alijews, quasi feudalistisch. Der erste Präsident von Aserbaidschan hieß gleichfalls Alijew, Heidar Alijew. Er war der Vater des jetzigen Präsidenten. Die Dynastie der Alijews hat so ziemlich alles im Griff: das Business, die Politik und den Sport. Im Nationalen Olympischen Komitee, NOK, sitzen gleich vier Alijews, das First Couple hat die Führung inne im Zirkel der Sportfunktionäre. (…) Alles Mögliche hat in den vergangenen Jahren schon in Aserbaidschan stattgefunden, die U17-Weltmeisterschaft der Fußballfrauen, die WM der Sportgymnastinnen und die Radrundfahrt Tour de Azerbaijan. Künftig wird es sogar einen Formel-1-Grand-Prix geben, 2016 die Spiele der islamischen Solidarität und 2020 ein EM-Viertelfinale. Nur mit der Bewerbung um Olympische Spiele hat es bislang noch nicht geklappt“ (Völker, Markus, Im Reich des Überflusses, in taz.de 4.10.2014).
Wird schon noch!
(Vergleiche auch zu EOC: Dezember 2012)

– Keine Menschenrechte in Aserbaidschan. Zu Aserbaidschan aus einem Bericht von Frank Nienhuysen in der SZ: „Gegen unabhängige Organisationen wie das Zentrum für nationale und internationale Studien in Baku wird ermittelt, Medien werden drangsaliert, Oppositionelle und Regierungskritiker wurden festgenommen. Unter ihnen ist der Blogger und Anwalt Rasul Dschafarow, der beim gehypten Eurovision Song Contest in Baku vor zwei Jahren den stolzen Gastgeber ärgerte, als er den Gegenwettbewerb ‚Sing for Democracy‘ ausrichtete und Flash-mobs organisierte. (…) Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International schreibt in einem Bericht, ‚mit Folter, Misshandlung und konstruierten Anklagen versuchen die Behörden des autoritären Landes, kritische Stimmen zum Schweigen zu bringen'“ (Nienhuysen, Frank, Vorsitz ja, Vorbild nein, in SZ 17.10.2014). Der Generalsekretär des Europarates forderte „die Freilassung von Gefangenen, unter anderem die des Oppositionspolitikers Ilgar Mammadov, der vor seiner Verhaftung 2013 als Gegenkandidat von Präsident Ilcham Alijew gehandelt worden war. In einem Urteil kritisierte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte außergewöhnlich deutlich, mit der Verhaftung sollte Mammadov ‚für seine Kritik an der Regierung bestraft oder zum Verstummen gebracht werden'“ (Ebenda).
Absurderweise veranstaltete der Europarat am 25. und 26.10.2014 in Baku eine Konferenz, wie Menschenrechte in die Europäische Konvention eingearbeitet werden könnten. „Viele Führer der sowieso schon begrenzten Zahl unabhängiger Nichtregierungsorganisationen sitzen jetzt hier im Gefängnis, die meisten von ihnen wurden angeklagt wegen ‚illegalem Unternehmertum‘, Machtmissbrauch, Staatsbetrug und Steuerhinterziehung“ (Ismayilova, Gunay, Kazimlioct, Samir, Azerbaijan’s Increasingly Intolerant Regime, in nytimes.com 22.10.2014). So wurde z.B. Intigam Aliyev gefangen genommen: Er ist Rechtsanwalt und Menschenrechtler. Oder Rasul Jafarov, ein junger Demokratieaktivist – er wurde am 2. August 2014 verhaftet, weil er gegen die ersten „Europaspiele“ 2015 in Baku protestierte, die u. a. von BP, P&G und Tissot gesponsert werden. Auch Journalisten werden systematisch verfolgt. Und Anar Mammadli, der vom Europarat den Vaclav-Havel-Menschenrechtspreis erhielt, wurde im September 2014 aufgrund seiner demokratischen Aktivitäten zu fünfeinhalb Jahren Gefängnis verurteilt (Ebenda).

– Keiner mehr übrig in Aserbaidschan. „Leyla Yunus ist eine kleine, dynamische Frau, die beharrlich und mit langem Atem mehr Demokratie in Aserbaidschan einfordert. Sie prangert Zwangsumsiedlungen an, dokumentiert politische Verfolgung, fördert den Dialog mit Armenien. Doch gerade geht ihr zum ersten Mal die Puste aus.
Seit dem 30. Juli sitzt Yunus im Untersuchungsgefängnis von Baku. Sie teilt sich laut ihren Unterstützern eine enge Zelle mit sechs verurteilten Straftäterinnen, von denen eine sie mit Schlägen malträtiere, an den Haaren ziehe und permanent beleidige. (…) Die Liste der Yunus zur Last gelegten Vergehen ist lang: Landesverrat, Betrug, Steuerhinterziehung, illegale Geschäftstätigkeit und Urkundenfälschung. Menschenrechtsorganisationen reagierten empört auf ihre Festnahme und prangerten sie als politisch motiviert an. Besonders schwer wiegt der Vorwurf der Spionage: Mit Spenden internationaler Hilfsorganisationen hätten Leyla und ihr ebenfalls inhaftierter Ehemann Arif Yunus eine „Volksdiplomatie“ zwischen armenischen und aserbaidschanischen Nichtregierungsorganisationen installieren wollen, heißt es in der Anklageschrift. (…) Beharrlich bewirbt sich Baku für die Ausrichtung internationaler Sport-Events – und lockt Investoren mit vorteilhaften Deals. 2016 ist die Formel 1 in Baku zu Gast, es gelang außerdem, die ersten Europaspiele 2015 an Land zu ziehen. Menschenrechtler von Amnesty International gehen davon aus, dass Präsident Alijew vor deren Ausrichtung eine „kritik-freie Zone“ im Land schaffen will“ (Langer, Annette, Gefängnis oder  Eil, in spiegelonline 14.10.2014).
Schon beim Eurovision Song Contest 2012 in Baku wurden Millionen investiert und Menschen für den Prachtbau vertrieben. Für die Europäischen Olympischen Spiele wird ein Stadion mit 65.000 Plätzen, ein Schwimmzentrum und eine Umgehungsstraße für Hunderte Millionen Euro gebaut. „Wo so viel Geld im Spiel ist, wird der Blick schnell trüb für Ungerechtigkeiten, auch bei europäischen Investoren. So verstieg sich der britische Sportmanager Simon Clegg zu der Behauptung, Aserbaidschan sei ‚eine unglaublich freie Gesellschaft‘, Präsident Alijew jemand, „der versteht, was Sport für ein Land tun kann“. Wenig überraschend: Clegg ist maßgeblich an der Organisation der Spiele 2015 beteiligt. Hunderte britische Firmen haben ihm zufolge bereits Verträge in Millionenhöhe mit der Regierung in Baku abgeschlossen. Journalistin Chadidscha Ismailowa blickt wenig optimistisch in die Zukunft. ‚Die Vertreter der Zivilgesellschaft sind entweder im Gefängnis oder im Exil oder sie müssen sich verstecken. Es ist fast keiner mehr übrig'“ (Ebenda).

– Kasachstan: Olympische Winterspiele 2022 in der Nasarbajew-Diktatur? Die Öl- und Gas-Diktatur Kasachstan unter dem Diktator Nursultan Nasarbajew bereitet sich auf die Vergabe für 2022 vor. Ein Sprecher des Staatskonzerns Samruk-Kazyna: „Nach Olympischen Winterspielen in Almaty wird es nicht länger notwendig sein, zu erklären, was und wo Kasachstan ist.“ Der Gewinn der Bewerbung „würde Almaty für immer auf der Landkarte der Welt festmachen und ein kraftvoller Impuls für die Entwicklung nicht nur der Hauptstadt, sondern von ganz Kasachstan sein. Das ist ein Ziel, das die ganze Nation in einem einzigen patriotischen Impuls einen kann“ (Kucera, Joshua, In Kazakhstan, Hope and Scepticism About Hosting 2022 Olympics, in thediplomat.com 9.10.2014).

– Sportfreunde Bahrain: Folter-Vorwürfe gegen Bahrain-Prinz. Prinz Nasser bin Hamad al-Khalifa (27) ist Turnierreiter, Chef der königlichen Palastwache, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees und Chef des Obersten Rates für Jugend und Sport in Bahrain (Gehlen, Martin, Foltervorwürfe gegen Prinz von Bahrain, in swp.de 9.10.2014). Da er der Viertgeborene ist, genießt er keine Immunität – und Scotland Yard darf gegen ihn wegen Foltervorwürfen im Frühjahr 2011 ermitteln. Er soll u. a. einen im Gefängnis  sitzenden gefesselten, wehrlosen Kleriker (zu 96 Jahre Haft verurteilt) verprügelt haben, einen alten Geistlichen (15 Jahre Haft) ließ er sieben Tage schwer foltern und einen 63 Jahre alten Menschenrechtler soll er mit einem Schlauch verprügelt haben, bis dieser zusammenbrach (Ebenda). „In den gleichen Tagen hatte Prinz Nasser als Präsident des Nationalen Olympischen Komitees in einem Interview alle Sportler des Landes, die sich an den Demonstrationen beteiligten, beschimpft und bedroht. „Ihr werdet uns nicht entkommen, Bahrain ist eine überschaubare Insel. Jeder, der den Sturz der Regierung fordert, dem wird eine Mauer auf den Kopf fallen.“ Unmittelbar danach begann eine Hetzjagd auf prominente Sportler, mehr als 150 Athleten wurden verhaftet, gefoltert, von ihren Arbeitgebern gefeuert oder vom Verband gesperrt“ (Ebenda).
Vergleiche auch Motorsport in der Bahrain-Diktatur

– Das „Erbe“ der Olympischen Spiele Sotschi 2014
Christoph Geiler
zog in der Schweizer TagesWoche Bilanz: „Kaum war das Olympische Feuer erloschen, da konnten und wollten sich die Sportler, Funktionäre und vor allem auch die russischen Olympia-Verantwortlichen nicht mehr für weitere Wettkämpfe in Sotschi erwärmen. Schon im Jahr eins nach den Winterspielen bleiben die meisten olympischen Sportstätten verwaist. (…) Skifahrer, Biathleten, Skispringer, Snowboarder, Langläufer, Freestyler, Eisschnellläufer, sie alle machen mit ihren Weltcups einen weiten Bogen um die Olympiastadt. Und es deutet auch nichts darauf hin, dass Sotschi in naher Zukunft Aufnahme in die Weltcupkalender finden sollte“ (Geiler, Christoph, Sotschi – aus den Augen, aus dem Sinn, in tageswoche.ch 11.10.2014). Die Biathlon-Loipe: außer Betrieb, da das eigentliche russische Biathlon-Zentrum im sibirischen Khanty Mansiysk liegt. „Noch weniger Zukunft haben nur mehr die olympischen Sprungschanzen von RuSki Gorki. Leicht möglich, dass sich schon bald überhaupt kein Skispringer mehr über die sündteuren Bakken (250 Millionen Franken) wagt. Denn die Gegend rund um Esto Sadok, wo die Anlage aus dem Berg gesprengt wurde, ist ein schlechter Boden für Sprungschanzen. Der gesamte Hang hat sich in den letzten Jahren schon um mehrere Zentimeter verschoben, weshalb Gian-Franco Kasper, wortgewaltiger Präsident des Internationalen Skiverbandes (FIS) bereits unkte: „Ich sage immer scherzhaft: Die Schanzen werden in zehn Jahren nicht mehr oben am Berg stehen, sondern unten am Meer“ (Ebenda).

– Auf die IOC-Mitglieder ist einfach Verlass. Diesmal lieferte ein russisches IOC-Mitglied den Klops des Monats ab: Schamil Tarpischtschew, 66, IOC-Mitglied seit 1994 und Präsident des russischen Tennisverbandes, bezeichnete die Schwestern Serena und Venus Williams als „Williams Brothers“. Die Spielerorganisation WTA verurteilte ihn zu 25.000 Dollar Geldstrafe und sperrte ihn für ein Jahr für WTA-Aktivitäten. WTA-Chefin Stacy Allaster sagte: „Die Äußerungen (…) über zwei der größten Athletinnen in der Geschichte des Damentennis sind beleidigend, erniedrigend und haben absolut keinen Platz in unserem Sport“ (Russischer Tennis-Chef wegen Williams-Witz gesperrt, in spiegelonline 18.10.2014). Allaster bat Tarpischtschew gleichzeitig, seine Position als Vorsitzender des WTA-Turniers in Moskau ruhen zu lassen (SID, dpa, „Williams Brüder“, in SZ 20.10.2014). „Zunächst hatte er es sogar abgelehnt, sich zu entschuldigen. Die russische Nachrichtenagentur Itar-Tass fragte er, ob er sich nun wirklich dafür entschuldigen solle, dass die WTA keinen Spaß versteht“ (Rüttenauer, Andreas, Mehr als ein schlechter Scherz, in taz.de 20.10.2014). Die Siegerehrung beim Kreml-Cup der Damen fand ohne ihn statt. Zumindest beim Welttennisverband der Herren (ATP) kann sich Tarpischew noch sehen lassen: Er überreichte die Siegestrophäe beim Kreml-Cup in Moskau (Ebenda).
Zu Hilfe eilte Putins Sportminister Witali Mutko: „Wenn eine solche Entscheidung gefällt wurde, sollte man versuchen, die Strafe zu senken. Er hat ein Recht auf Berufung“ (Ebenda). Serena Williams lobte die schnelle Reaktion der WTA und sagte zu Tarpischtschews „Kommentar“: „Sie waren extrem sexistisch und gleichzeitig rassistisch. Es war einfach unverantwortlich von ihm“ („Extrem sexistisch und rassistisch“, in spiegelonline 19.10.2014).
Kommentar von Johannes Aumüller in der SZ: „Tarpischtschews Biografie geht in Kurzform so: In den Achtzigern ist er ein normaler Tennisfunktionär, dann lernt er Boris Jelzin kennen und steigt zu dessen Freund und Privatlehrer auf. Im wilden Russland der Neunziger erhält er die Kontrolle über eine Institution namens Nationaler Sportsfonds NSF: Er darf zollfrei im- und exportieren, Bodenschätze, Alkoholika, Tabak – im Volksmund heißt die Konstruktion bald ‚Wodka-Fonds‘, es ist eine Lizenz zum Gelddrucken. Viele Medienberichte thematisieren Tarpischtschews mutmaßliche Mafia-Kontakte und seine Bekanntschaft mit den Tschernoj-Brüdern, die im Aluminiumgeschäft das Sagen haben. Internationale Ermittler beschäftigen sich mit ihm, darunter das FBI – und die USA verweigern ihm mehrmals die Einreise. Konsequenzen für seine Tätigkeit beim IOC? Iwo, natürlich nicht. Stattdessen ist Tarpischtschew anno 2014 ein munterer Teil einer Organisation, deren Präsident Thomas Bach wie eine Monstranz das Wörtchen „Reform“ vor sich herträgt – ohne dass zu erkennen ist, wo eine Reform passiert“ (Aumüller, Johannes, Schamil und seine Brüder, in SZ 21.10.2014).

– Hörmanns Welt (1). „DOSB-Präsident Alfons Hörmann hält eine deutsche Bewerbung um die Olympischen Winterspiele 2026 trotz des klaren Scheiterns von München 2022 für möglich. ‚Noch vor wenigen Monaten haben wir gesagt, dass das Thema für lange Zeit undenkbar ist. Aber Dinge im Sport können sich manchmal schnell ändern. Es könnte zu einer Konstellation kommen, die zu neuen Überlegungen führt‘, sagte Hörmann am Dienstag in Willingen. Voraussetzung sei allerdings, dass eine Bewerbung Berlins oder Hamburgs um Sommerspiele nicht weitergeführt werde. (…) Zu denken gibt ihm Oslos Rückzug aus dem Rennen um die Winterspiele 2022, womit nur noch Almaty (Kasachstan) und Peking verbleiben. ‚Das hat noch einmal einen Phantomschmerz ausgelöst, weil klar geworden ist, wie groß die Chance für München gewesen wäre‘, sagte Hörmann'“ (SID, Alternative Winter, in SZ 22.10.2014). München wäre im Gegensatz zu Sotschi eine „Zwei-Milliarden-Bewerbung“ gewesen (Alternative Winter, in SZ 22.10.2014).
Abgesehen von dem völlig unrealistischen Milliardenbetrag von „zwei Milliarden“ und von Hörmanns verantwortungslosem Umgang der Kosten durch OCOG-, NON-OCOG-BUDGets und Infrastrukturprogramm: Natürlich verschwendet Hörmann keinen Gedanken daran, warum vor nicht einmal einem Jahr München, Garmisch-Partenkirchen und die Landkreise Traunstein und Berchtesgaden am 10.11.2013 bei München 2022 mit NEIN abgestimmt haben. Und warum Oslo die Bewerbung 2022 zurückgezogen hat. Und dass sich der Klimawandel bis 2026 noch weiter verschärft haben wird. Erstaunlich, wie schnell in einem Jahr Amtszeit der Realitätsverlust beim DOSB-Präsidenten einsetzt! Das Ganze ist natürlich als Druckmittel an Hamburg und Berlin gedacht, die wegen der DFB-Bewerbung um die Fußball-EM 2024 sowieso chancenlose Bewerbung um Olympische Sommerspiele zu pushen. Das ganze DOSB-Spiel ist so schlecht wie lächerlich.

Hörmanns Welt (2): „Einer Diskussion, ob die Bewerbung für 2024 nicht mit der Bewerbung um die Fußball-Europameisterschaft im gleichen Jahr kollidieren könnte, schob er einen Riegel vor. ‚Das IOC-Reglement sieht vor, dass eine Woche vor und eine Woche nach den Olympischen Spielen beziehungsweise Paralympics keine kannibalisierende Veranstaltung stattfinden darf. Das ist gegeben. Auch die Organisation und die Sponsorenfrage stellen keine Probleme dar‘, erklärte Hörmann“ (dpa, Hörmann sieht keine Alternative zu Olympia-Bewerbungen, in sueddeutsche.de 21.10.2014). Auf gleicher Linie bewegte sich Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz: „Zweitens kann Deutschland beide Ereignisse gut verkraften. Es gibt genügend Möglichkeiten, dass sich beide Wettbewerbe nicht ins Gehege kommen, sondern einander verstärken als große Feste“ (Monath, Hans, Teuffel, Friedhard, „Hamburg ist schon lange eine Weltmetropole“, in tagesspiegel.de 21.10.2014).
Richtigstellung: Zwei Sport-Großereignisse innerhalb eines Jahres sind nach Olympischer Charta § 35 und Ausführungsbestimmung unzulässig: “Die Ausrichtung, der Ablauf und die Medienberichterstattung der Olympischen Spiele dürfen in keiner Weise von einem anderen Ereignis beeinträchtigt werden, das in der Gastgeberstadt oder in ihrer Umgebung oder an anderen Wettkampfstätten oder Austragungsorten stattfindet” (Durchführungsbestimmung 2 zu Regel 35, Olympische Charta; Hervorhebung WZ). Interessanterweise ist diese Version der Olympischen Charta auf der DOSB-Webseite zu finden (hier) – und müsste der DOSB-Spitze mit Präsident Alfons Hörmann und Generaldirektor Michael Vesper nur zu gut bekannt sein.
Und auch die folgende Aussage des früheren IOC-Präsidenten Jacques Rogge müsste dem DOSB bekannt sein: “Die IOC-Regeln gestatten nicht, dass ein Olympiabewerber im gleichen Jahr auch Gastgeber eines weiteren Sportereignisses ist” (SID, Rogge-Ultimatum an Türkei: Fußball-EM oder Olympia, in focus.de 9.5.2012). Deshalb erklärte Rogge im Mai 2012 der Nachrichtenagentur AFP zur Türkei, “das Land müsse seine Bewerbung um die Fußball-EM 2020 zurückziehen, wenn sich Istanbul um die Olympischen Sommerspiele im gleichen Jahr bewerben wolle” (Ebenda.). So geschah es, und im September 2013 unterlag Istanbul Tokio um die Olympischen Sommerspiele 2020.
Vergleiche: Olympische Bewerbung 2024 – verpfuscht

– Pariser Geschichten. Paris könnte sich 2024 um Olympische Sommerspiele bewerben, frohlocken die französischen Olympioniken – und der olympische Ober-Verkäufer Bach. „Im IOC dürfte die Freude über so viel Engagement groß gewesen sein. Eine französische Bewerbung war schon im November 2013 zwischen IOC-Präsident Thomas Bach und Francois Hollande ein Thema. Das Land wäre mit seiner Sportbegeisterung ein ’sehr, sehr starker Kandidat'“ (Hofmann, René, Romantik zieht nicht mehr, in sueddeutsche.de 16.10.2014).
Immer die gleichen Sprüche: „starker Kandidat“, „hervorragende Bewerbung“ usw.
Deshalb zur Erinnerung Mai 2014, Anne Hidalgo, Bürgermeisterin von Paris: Olympische Spiele gehören nicht zu meinem Wahlprogramm” (SID, Pariser Bürgermeisterin dämpft Hoffnungen auf Olympia 2024, in zeitonline 31.5.2014). Und im Herbst 2014 äußerte sie: „Aber heute operieren wir alle unter finanziellen und haushaltspolitischen Beschränkungen, die es mir nicht möglich machen zu sagen, ich unterstütze so eine Kandidatur“ (Hofmann, René, Ende der Romantik, in SZ 16.10.2014).

– Jürgen Ahäuser in der FR zu den geplanten Reformbestrebungen im IOC: „Wenn die am Genfer See residierenden Olympier nicht bald Spiele nur noch in Katar oder Abu Dhabi haben wollen, dann müssen sie eine Menge Arroganz über Bord werfen. (…) Derzeit ist das Ansinnen, die Jugend der Welt einzuladen, eher ein Schreckgespenst“ (Ahäuser, Jürgen, Der Sack bleibt zu, in fr-online.de 14.10.2014).

– Athen 2004: Hamburg 2024 und Berlin 2024 aufgepasst! „10 Jahre nach den Olympischen Spielen in Athen kann in der griechischen Hauptstadt bewundert werden, was die Griechen unter Nachhaltigkeit verstehen: nichts. Vielen Olympiabauten der Neuzeit geht es wie denen aus der Antike: Sie verfallen zusehends, weil Geld und Ideen für eine Nutzung und für den Unterhalt fehlen. (…) Vor zehn Jahren feierte die Sportwelt begeisternde Olympische Spiele in Athen. Offizielle Daten zu den Gesamtkosten gibt es nicht, doch soll Griechenland Schätzungen zufolge rund zehn Milliarden Euro in das Mega-Sportevent investiert haben – für neue, moderne Stadien, das Olympische Athletendorf und in Infrastrukturprojekte. Zehn Jahre später sind die meisten Sportstätten im Olympia-Park nur noch Ruinen. Wo einst die Zuschauer ihre Helden feierten und Athleten sich zur sportlichen Höchstleistung antrieben, wuchern heute Gras und Unkraut. (…) ‚Blühende Sportlandschaften für die Athener Bürger‘ hatten die Olympia-Organisatoren vor den Spielen versprochen. Ein Versprechen, das nicht gehalten werden konnte. (…) Laut offiziellen Angaben sollen sich die Kosten alleine für die Instandhaltung auf 100 Millionen Euro pro Jahr beziffern. Viele Griechen, darunter auch Athleten, die 2004 im eigenen Land an den Start gingen, sprechen von einer ‚Schande‘ für ihr Land“ (Deichmann, Hendrik, Noch mehr Ruinen, Film im WDR, 27.10.2014, 22.45 – 23.15).

– Olympische Vertriebene. Aus der September-Chronologie: Tokio 2020 vertreibt Anwohner. Zum zweiten Mal wird Kohei Jinno durch Olympische Spiele vertrieben. Für die Olympischen Sommerspiele 1964 in Tokio musste er bereits dem Bau des damaligen Olympiastadions weichen. Er zog in einen Wohnkomplex, der nun Tokio 2020 im Weg steht: Mehr als 200 Menschen müssen umziehen (Olympia vertreibt japanischen Rentner zum zweiten Mal, in sueddeutsche.de 17.9.2013). – „Seine Wohnung und das alte Stadion sollen abgerissen werden, um Platz für die neue, 80.000 Sitze große Arena zu machen. Sie wurde von der britischen Architektin Zaha Hadid entworfen, soll 70 Meter hoch sein und hat ein einfahrbares Dach. Mit einer Grundfläche von 210.000 Quadratmetern wird das Stadion doppelt so groß wie das der Londoner Spiele 2012 und viermal so groß wie das alte Stadion in Tokio. (…) Tokio will 21 der 36 Austragungsorte der Spiele 2020 neu bauen“ (Martin, Alexander, Neues Stadion in Tokio vor Baubeginn umstritten, in wsj.de 25.10.2014).
Hallo, Olympiafans: Auch in Tokio war vermutlich alles schon für 2020 vorhanden – und dann doch nicht so ganz! 
„Die Organisatoren haben das ursprüngliche Design und  das Budget bereits verkleinert – zuvor sollte das neue Stadion 3 Milliarden Dollar kosten. (…) Das 560 Millionen Euro teure und 80.000 Sitz große Stadion in London, das für die Spiele 2012 erbaut wurde, wird derzeit teils wieder abgebaut… Das 455 Millionen Euro teure und 91.000 Sitz große ‚Vogelnest‚, das als Stadion für die Olympischen Spiele 2008 in Peking diente, hatte es seitdem schwer, wieder große Veranstaltungen anzulocken“ (Ebenda).

– Olympische Spiele 2024 in Washington DC: eine fürchterliche Idee. Brad Plumer äußerte in vox.com seine Befürchtungen einer US-Kandidatur: „Die Austragung Olympischer Spiele ist für die meisten Städte eine furchtbare Idee. Und es ist eine höchstwahrscheinlich furchtbare Idee für Washington DC“ ( Plumer, Brad, Washington DC wants to host the 2024 Olympics. It’s a terrible idea, in vox.com 29.10.2014). Plumer bezieht sich auf Victor Matheson, der mit Robert Baumann eine Untersuchung über die unterschiedlichen Folgen von Sport-Großereignissen in Industrie- und Entwicklungsländern durchgeführt hat: Baumann, Robert, Matheson, Victor, Infrastructure Investments and Mega-Sports Events: Comparing the Experience of Developing and Industrialized Countries, Worcester/Massachusetts August 2013: hier. Theoretisch könnte Washington DC Olympische Spiele zu vernünftigen Kosten durchführen. Aber das IOC hat noch nie Städte favorisiert, die die Spiele kostengünstig durchführen wollen, im Gegenteil. Matheson: „Die Bewerbungen, die ökonomisch sinnvoll sind, haben keine Siegchance. Und die letztlich siegreiche Bewerbung macht ökonomisch keinen Sinn“ (Ebenda). Baumann und Matheson stellten fest, dass die Kosten üblicherweise explodieren, der ökonomische Nutzen zu vernachlässigen sei und dass Städte, die von den Spielen profitiert haben, eine Ausnahme sind. Außerdem bevorzugt das IOC ein brandneues Stadion: „Und falls DC keines bauen will, wird eine Wettbewerberstadt dies tun“ (Ebenda). Die einzige Stadt, welche dem IOC Bedingungen stellen konnte, war 1984 Los Angeles – weil es die einzige Bewerberstadt war. Schlimm ist auch, dass viele Städte eine überflüssige Infrastruktur aufbauen. „Ein Flughafen, öffentliche Verkehrsmittel oder eine Hotelzimmer-Ausbau, die für drei Wochen olympischen Tourismus-Wahnsinn die richtige Größe haben, werden für die nacholympische Zeit völlig überproportioniert sein“ (Ebenda).

– Golf in Rio 2016
. Nach 116 Jahren wurde Golf im Jahr 2009 wieder als olympische Disziplin anerkannt. Bei Rio 2016 soll auf dem Championship-Platz von „Reserva de Marapendi“ gespielt werden. Fraglich ist, ob das nahegelegene Naturschutzgebiet dadurch zerstört wird. „Die Frage, inwieweit aufwendige Neubauten für Olympische Spiele in Ländern mit zahlreichen sozialen Problemen Sinn machen, stellt sich hier genauso wie jene, inwieweit man dafür in Naturschutzgebiete eindringen darf. Die 18 Löcher nämlich liegen im Bereich Barra da Tijuca vor der Küste von Rio de Janeiro, wo sich auch der Olympische Park befinden wird und zahlreiche Entscheidungen in anderen Sportarten fallen werden. Das gesamte Gelände wird gekennzeichnet durch zahlreiche Naturschutzreservate, die hier angrenzen. Der Golfplatz erregt vor allem im Hinblick auf die ihn umgebenden Gebäude die Gemüter: Direkt daneben sollen 160 Luxusappartements in vier 20-stöckigen Wohntürmen entstehen, die direkten Blick auf den Golfplatz haben. Die Wohnungen, die zwischen 2,5 und sieben Millionen Dollar kosten und 2017 bezugsfertig sein sollen, werden als „Rio de Janeiros exklusivste Adresse“ angepriesen. Auch deshalb monieren Kritiker wie Marcus Leal, dass der Golfplatz Teil einer großen Immobilienspekulation sei“ (Himmel, Petra, Gras, die unnatürliche Vegetation, in welt.de 30.10.2014). 3000 Nutzer sozialer Netzwerke unterstützen den Widerstand gegen den neuen olympischen Golfplatz. Rios Bürgermeister Eduardo Paes ist seit einigen Wochen Vorsitzender der „C40 Cities Climate Leadership Group“: Gegner des Golfplatzes werfen ihm vor, damit Klimaschutzziele zu torpedieren. „Mit dem Bau des olympischen Golfplatzes würden Flora und Fauna aus der Region vertrieben“ (Käufer, Tobias, Proteste gegen Golf in Rio – Lieber Tiere als Tiger Woods, in faz.net 31.10.2014).

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II: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den Sportverbänden

– Seid umschlungen, DOSB-Millionen. DOSB-Präsident Alfons Hörmann forderte Mitte Oktober 2014 40 bis 55 Millionen Euro mehr für die Spitzensport-Förderung (Entscheidung zwischen Berlin und Hamburg erst 2015, in faz.net 13.10.2014).

– Olympia-Begeisterung schwindet. „Die zahlreichen geopolitischen Krisen drücken hierzulande offenbar erheblich auf die Olympia-Begeisterung. Nur noch 58 Prozent der Bundesbürger sprachen sich für eine deutsche Bewerbung um die Sommerspiele 2024 aus, 36 Prozent beantworteten die entsprechende Frage mit nein. Das ergab eine repräsentative SID-Umfrage durch das Nürnberger Meinungsforschungsinstitut puls. Bei den vergangenen SID-Befragungen im April und September dieses Jahres hatten sich noch jeweils 75 Prozent für eine deutsche Olympia-Bewerbung ausgesprochen“ (SID-Umfrage: Olympia-Begeisterung in Deutschland schwindet, in zeitonline 23.10.2014).

– Hörmann killt Curling. Curling ist olympisch: Die deutschen Curler waren aber in Sotschi 2014 nicht recht erfolgreich. Also wurde Curling vom DOSB aus der Förderung gestrichen: ein Druckmittel auf die Sportpolitik: Man will ja 40 bis 55 Millionen Euro pro Jahr mehr – siehe oben. Dazu ein Kommentar von Thomas Kistner in der SZ: „Nun kämpft der Deutsche Olympische Sportbund wieder um Geld auf allen Ebenen. Weshalb Anfang der Woche mal rasch ein olympischer Sport ausradiert wurde. Curling fällt aus der Förderung, kein Cent fließt mehr, die Angestellten sind schon gekündigt. Und tschüss. Im Wildwest-Stil setzt der Sport die Politik unter Druck: Geld oder Opfer. Aber natürlich nur solche, die keine Lobby haben. Die Selbstgewissheit passt zu einem Vorstoß auf anderer Ebene. Olympia- Bewerbungen sind ja zum Fetisch der DOSB-Oberen geworden; sie sind wie ein neuer Sport. Einer, der Millionen freisetzt und das Geschäft der Funktionäre in die Mitte der Gesellschaft rückt, obwohl die eigentlich recht Olympia-müde ist“ (Kistner, Thomas, Flammen in Freiburg, in SZ 25.10.2014).

– Kohlendioxid-„Kompensation“ für Rio 2016. Durch die Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio sollen 3,6 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt werden. „Dabei sind alle Arten von Vorgängen mit einbezogen, wie der Aufbau von Installationen, für Reisen, für die Infrastruktur in den Städten und für die Zuschauer“ (Kampf gegen Schadstoffausstoß bei Olympia 2016, in brasilnews.de 31.10.2014).
Die Aussage „alle Arten von Vorgängen“ darf erfahrungsgemäß bezweifelt werden.
„Ziel des Komitees ist es nun, diese Anzahl um mindestens 18 Prozent zu verringern“  (Ebenda). Durch Umstellungen in Produktionsprozessen, Einsatz von Technologien und Energieeffizienz sollen zwei Millionen Tonnen CO2 eingespart werden. „Die Landesregierung ist schließlich dafür verantwortlich, 1,6, Millionen Tonnen Kohlendioxid zu kompensieren, indem sie Bäume pflanzt und Programme für den Erhalt des Regenwald-Bioms entwickelt“ (Ebenda).
Die Kohlendioxid-Milchbubenrechnung geht so: 2 Millionen Tonnen plus 1,6 Millionen Tonnen = 3,6 Millionen Tonnen: Somit wäre angeblich alles kompensiert. Und Kohlendioxid damit einzusparen, indem etwas weniger vom brasilianischen Regenwald abgeholzt wird, ist nun der Gipfel an olympischer Augenwischerei. Tatsächlich wären die Kompensationen ohne Olympische Spiele wesentlich effizienter.

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III: Aktuell aus München und Bayern

– Immer Ärger mit dem olympischen Personal. Der Chef der Münchner Olympiapark GmbH, Ralph Huber, hatte Schwierigkeiten mit der privaten Nutzung seiner Einrichtung. Die Staatsanwaltschaft führte Ermittlungen wegen Untreue in fünf Fällen und stellte diese gegen eine Geldstrafe ein: Damit war Huber vorbestraft, was er seiner Belegschaft verschwieg. Sein Aufsichtsrat kündigte ihm auf der Sitzung am 16.10.2014 (Tögel, Ralf, Neuer  Chef im Olympiapark, in SZ 4.11.2014). Zum Wirken Hubers im Olympiapark gibt  es unter „Aktuelles“ diverse Beiträge – DTM im Olympiastadion, X-Games etc.
Der Chef des Berliner Olympiastadions, Joachim E. Thomas, fährt einen VW-Geländewagen Touareg V6 TDI, der regulär 90.000 Euro kosten würde. (VW ist seit 2014 Werbepartner der Oympiastadion-GmbH.) Dem Geschäftsführer eines mittelgroßen Landesunternehmens würde ein Auto im Wert von gerade einmal 25.000 Euro zustehen. Hat Thomas also gegen Vorschriften verstoßen? (Bachner, Frank, Das dicke Auto des Stadionchefs, in tagesspiegel.de 24.10.2014). Der Pressesprecher der Berliner Staatsanwaltschaft sagte: „Wir ermitteln wegen des Anfangverdachts der möglichen Untreue und weiterer Delikte“ (Bachner, Frank, Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Olympiastadion-Chef, in tagesspiegel.de 29.10.2014).

– Oberstdorf unbeirrt und unbelehrbar. Oberstdorf hatte sich mit der Nordischen WM 2005 langfristig finanziell überhoben – und bewarb sich so unverdrossen wie chancenlos für die WM 2013, 2015, 2017 und 2019. „Oberstdorf hat trotz vier gescheiterter Versuche den Weg zu einer Bewerbung um die nordische Ski-WM 2021 freigemacht“ (SID, Oberstdorf will nordische Ski-WM 2021. Hörmann: „Deutliches Signal“, in zeitonline 21.10.2014). DOSB-Präsident und Gesundbeter Alfons Hörmann lobte diesen Starrsinn so: „Der Schmerz, die WM nicht zu bekommen, hat sich in Oberstdorf in eine absolute Positiv-Stimmung gewandelt. Die Stimmung ist heute um Längen besser als noch vor einigen Jahren“ (Ebenda).
Bei garantierter  Schneesicherheit, versteht sich. Solange sich immer noch genügend Orte finden für finanziell, sozial und ökologisch verantwortungslose Welt- und Europameisterschaften, Olympische Spiele und andere Sport-Großevents, können sich die Sportfunktionäre beruhigt zurücklehnen und ihre Ansprüche formulieren.

– GAP unbeirrt. Die Bayerische Zugspitzbahn AG (BZB) will weitere Flächen im Skigebiet Garmisch-Classic beschneien und dafür einen sechsstelligen Betrag ausgeben. 220 Meter bei der Kandahar-Herrenabfahrt und 550 Meter zwischen Kreuzjoch und Hexenkessel sollen mit 13 Zapfstellen bestückt werden (Holzapfel, Matthias, Mehr Schneekanonen für Skigebiet in Garmisch, in merkur-online 26.10.2014).
Zur  Erinnerung: Im Februar 2014 musste der FIS-Weltcup in Garmisch-Partenkirchen wegen totalem Mangel an Naturschnee, aber auch an Kunstschnee abgesagt werden: Es war zu warm zum Beschneien.

– Skigeschäft rückläufig. „Die Skifabrikanten, die zu rund 80 Prozent den alpinen Rennsport finanzieren, kämpfen mit einschneidenden Veränderungen des Marktes. Der Verkauf von Alpinski ist massiv eingebrochen, weltweit werden noch rund eine Million Paar Ski verkauft. Zudem hat sich das Kundenverhalten völlig verändert: Nur 50 Prozent der jährlich abgesetzten Latten gehen direkt an Sportler, der Rest wird von Vermietern bezogen. Die Fabrikanten rechnen pro Paar mit einem Durchschnittspreis von 120 Euro. Da liegt es auf der Hand, dass man sich ernsthaft überlegt, wie sinnvoll es noch ist, jährlich Millionen in den Rennsport zu buttern. (…) Noch in den 1990er Jahren träumten die Fabrikanten und der Weltverband FIS von der Globalisierung des Skisports. Viel ist daraus nicht geworden. (…) Die Expansion nach Asien ist gar kein Thema mehr. Nur in Japan und Korea wird dort in größerem Stil Ski gefahren, doch Rennen auf höchster Stufe gibt es nicht. Der Weltcup ist bloß ein Alpencup, was auch die Industrie spürt“ (Geisser, Remo, Der Skiweltcup vor großen Herausforderungen, in nzz.ch 27.10.2014).

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IV: Zur DOSB-Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024 in Hamburg oder Berlin
Vergleiche auch: Hamburg-Berlin 2024 – Zur deutschen Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024: bis Juni 2014: hier; 7-8/2024: hier; 9-10/2014: hier ; ab 11/2014: hier (wird laufend aktualisiert)

– Berliner SPD-CDU-Traumtänzerantrag. Am 1.10.2014 stellten SPD und CDU im Berliner Abgeordnetenhaus einen absurden Antrag für Berlin 2024 bzw. 2028 (Drucksache 17/1851). Da steht u. a. drin: Reform des IOC begrüßt, Schwerpunkte ökologische, soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit, bescheidene Spiele, keine Verschuldung, Sicherheitskonzept mit Augenmaß etc.
Die einzelnen Punkte sind unrealistisch. So kosteten die Sicherheitsmaßnahmen bei den Olympischen Sommerspielen in London 2012 weit über eine Milliarde Pfund: Und Sommerspiele 2024 sind 12 bis 16 Jahre später, also in noch weit unsicheren Zeiten.

– BUND Berlin Hand in Hand mit LSB Berlin. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) in Berlin betreibt gemeinsam mit dem Landessportbund Berlin eine Internet-Befragung zu Berlin 2024 (www.olympia-diskutieren.de). Ganz harmlos wird dem Tagesspiegel erzählt, dass diese Online-Diskussionsplattform aus einer Twitter-Bekanntschaft entstanden ist (Beikler, Sabine, BUND und LSB starten Diskussionsforum, in tagesspiegel.de 7.10.2014). Dass die Aktion von BUND und LBS als Unterstützung für Berlin 2024 gedacht und beabsichtigt war, zeigt die Äußerung des Senatssprechers Richard Meng: Er bezeichnete die Webseite von BUND Berlin und Landessportbund als „schöne Ergänzung dessen, was wir schon machen“ (Alberti, Stefan, Olympia: Vieles spricht für 2028, in taz.de 8.10.2014).
Es hat schon einen argen Haut-goût, diese Konstellation BUND Berlin und LSB Berlin: ein neuer Schritt des BUND-Berlin-Geschäftsführers Tilmann Heuser in Richtung Präparation Berlin 2024? 

– Öffentliche Podiumsdiskussion. Das (nicht sonderlich originelle) Thema „Olympische Sommerspiele in Hamburg – Chancen und Risiken“ am 9.10.2014 um 20 Uhr in der Staats- und Universitätsbibliothek, von Melle-Park 3 (1. Stock) wird ohne Risiko angegangen. Drei Befürworter (Andreas Dressel, SPD; Reinhard Wolf, Handelskammer; Wolfgang Maennig, Goldmedaillengewinner) stehen einem Gegner (Dirk Seifert, Bündnis (N)Olympia Hamburg) gegenüber: der übliche olympische Proporz bei Olympia-Diskussionen.

– „MYTHOS Olympia – Traum oder Alptraum!?“ Die NaturFreunde Berlin laden in ihrer Reihe „Politik konkret“ ein zu einer Diskussion über Sinn und Unsinn Olympischer Spiele: Was ist dran am Mythos Olympia? Wem gehören die Olympischen Spiele? Wie gehaltvoll sind Versprechen wie Bescheidenheit, Nachhaltigkeit und Bürger*innenbeteiligung? Mit Hauke Benner und Judith Demba als Diskussionspartner*innen für das NOlympia Berlin – Bündnis. Donnerstag, den 23.10.2014 um 19 Uhr in der Geschäftsstelle der NaturFreunde Berlin, Paretzer Straße 7, 10713 Berlin. Zur Einladung: hier

– Drängler Hörmann. „Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), hält den Zeitpunkt einer deutschen Olympiabewerbung für die Sommerspiele 2024 für sehr geeignet. ‚Wer, wenn nicht wir, und wann, wenn nicht jetzt?‘, sagte der 53-Jährige dem SID und wies damit den Vorwurf eines möglicherweise überstürzten Handelns zurück. Hörmann antwortete ‚aus großer Überzeugung, dass gerade ein politisch und wirtschaftlich so stabiles Land wie Deutschland ein deutliches Signal setzen und sagen sollte: Ja, jetzt ist der richtige Zeitpunkt, ein solches Thema anzugehen'“ (SID, DOSB-Präsident Hörmann: Richtiger Zeitpunkt für Olympia-Bewerbung, in zeitonline 10.10.2014).
Dazu eine Headline aus der SZ vom 10.10.2014: „Das war es schon wieder. Gerade erst hatte sich die deutsche Konjunktur wieder berappelt – und nun das: Die Krisen in Syrien und im Irak, vor allem aber die verschärften Sanktionen gegen Russland, lassen die Herbstprognose der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute pessimistischer ausfallen. Jetzt sind auch noch die Exporte massiv eingebrochen“ (Öchsner, Thomas, Das war es schon wieder, in SZ 10..10.2014).
„Von der Idee, einen Zeitraum ab 2028 ins Auge zu fassen, hält Hörmann nicht viel: ‚Ich warne davor zu glauben, dass man ein Thema dadurch lösen kann, dass man es vertagt oder aussitzt'“ (SID, DOSB-Präsident Hörmann: Richtiger Zeitpunkt für Olympia-Bewerbung, in zeitonline 10.10.2014).
Je mehr gedrängelt wird, umso besser spuren Hamburg und Berlin – denkt sich der DOSB.

– 28.10.2014: DOSB-Präsidium will sich für 2024 bewerben – aber erst 2015. Im März 2014 will der DOSB die Entscheidung treffen. Dazu die Pressemitteilung von NOlympia Berlin: „Jetzt erst recht! Gemeinsam gegen Olympischen Größenwahn! Für eine lebenswerte Stadt! Unbeeindruckt von den letzten Umfragen, die den Bewerbungsabsichten des DOSB deutschlandweit mit einer Befürwortung von gerademal 58 % (in Berlin 48 %, Hamburg 53%) eine klare Absage erteilt haben, verkündet der DOSB nun: Deutschland wird sich bewerben und eröffnet den Wettbewerb zwischen Berlin und Hamburg. Der DOSB zeigt sich lernunfähig und ignorant. Die Münchner Olympiabewerbung hat gezeigt, dass mit zunehmender Auseinandersetzung mit den zu erwartenden Folgen für die Austragungsstadt, die Ablehnung der Bürgerinnen und Bürger wächst.“
Zur Pressemitteilung von Nolympia Berlin: hier

– Magere Zustimmung in Hamburg und Berlin. Am 28.10.2014 spuckte der DOSB das – äußerst olympia-dürftige – Ergebnis der bis dato geheimen Forsa-Befragung von Anfang September 2014 aus: „In Berlin ist die Situation derzeit noch pari-pari (48 Prozent der Bürger/innen sind für eine Bewerbung Berlins, 49 Prozent dagegen), in Hamburg ist schon heute eine Mehrheit festzustellen (53 Prozent dafür, 44 Prozent dagegen)“ (Ebenda). Die schwer zu lösende Aufgabe: „Die Lücke zwischen der allgemeinen Zustimmung zur Ausrichtung olympischer und Paralympischer Spiele und der konkreten Befürwortung einer Bewerbung der eigenen Stadt zu schließen, ist eine Herausforderung, der der organisierte Sport sich gemeinsam mit den beteiligten Städten stellt“ (Anlage zum Beschluss der 71. Sitzung des DOSB-Präsidiums am 28. Oktober 2014, TOP 3).
Vielleicht darf man bald sagen: Der olympische Sport wurde vollständig ersetzt durch die Lücke, die er hinterließ.

– Aus einem Beitrag von Arnd Festerling in der Frankfurter Rundschau: „Die Spiele gelten vielen als Hochamt des Sports. Aber die Argumente, sie bei uns auszurichten, ziehen nicht mehr. So, wie es ist, kann das olympische Spektakel nur auf Widerstand stoßen. (…) Mit der Fifa sowieso, aber auch mit dem IOC möchte man inzwischen so wenig wie möglich zu tun haben. Wer also will schon Olympia, so wie es heute ist? Aus respektablen Gründen die Sportverbände, viele Fans, die Sportler sowieso. Und wer nicht? Alle, denen die Kosten zu hoch sind, die Mitsprache zu gering ist, die Verbände zu anrüchig sind oder denen Olympia vorm Fernseher ausreicht. Das sind sehr viele Menschen. Schlechte Aussichten für Spiele in Deutschland“ (Festerling, Arnd, Wer will schon Olympia? in fr-online.de 29.10.2014).

– Treffen NOlympia Berlin: Nächstes NOlympia- Berlin – Bündnistreffen am Mittwoch, den 30. Oktober, um 19 Uhr in den Räumen der GRÜNEn LIGA Berlin, Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin (ÖPNV: Straßenbahnlinie M2, Haltestelle: Metzer Straße).
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V: Allgemeine Nachrichten

Red Bull verleiht keine Flügel. Der Werbespruch „Red Bull verleiht Flügel“ kommt den Süßgetränk-Hersteller teuer zu stehen: Ein Kläger in den USA erstritt deswegen 13 Millionen Dollar. „Schwer vorstellbar, dass Verbraucher den Werbespruch ‚Red Bull verleiht Flügel‘ wörtlich nehmen könnten – und nicht im übertragenen Sinne verstehen. Und doch argumentierte die Klägerseite vor dem New Yorker Bezirksgericht, dass genau dieser Werbespruch nicht der Wahrheit entspreche. Zudem fördere das Getränk – im Gegensatz zum vom Unternehmen erweckten Eindruck – nicht die Fitness. Der bemerkenswerte Vergleich, der nun an die Öffentlichkeit gekommen ist, wurde bereits Anfang August geschlossen“ (Red Bull akzeptiert Millionen-Vergleich in den USA, in spiegelonline 9.10.2014). Alle, die zwischen 2002 und 2014 Energydrinks von Red Bull gekauft haben, können sich bis 2.3.2015 auf einer Webseite eintrage und erhalten entweder zehn Dollar Entschädigung oder für 15 Dollar Red-Bull-Produkte (Ebenda).
Die wiederum dick machen.

Coca-Cola muss sparen. Der nächste Süßgetränk-Produzent – und IOC-TOP-Sponsor – in Nöten: „Beim amerikanischen Getränkekonzern Coca-Cola laufen die Geschäfte schleppend – nun will der Vorstand mit Einsparungen gegensteuern. (…) Den Getränkekonzern belastet vor allem die sinkende Beliebtheit von zuckerlastigen Softdrinks“ (Sparprogramm bei Coca-Cola, in SZ 22.10.2014).
Wäre doch zu schade, wenn Coca-Cola sein finanzielles Engagement beim IOC – mit etwa 100 Millionen Dollar in zehn Jahren wie alle anderen zwölf TOP-Sponsoren – einstellen müsste! 

– Formel-1 in Sotschi: Ecclestones teures Gastspiel bei Putin
Fünfzig Millionen Dollar soll der Veranstalter im Auftrag von Russlands Präsidenten Wladimir Putin für die Vergabe des Rennens 2014 nach Sotschi an Ecclestone bezahlt haben: Diese Millionensumme wird gleich sechs weitere Mal fällig, denn bis mindestens 2020 soll jährlich ein Formel-1-Rennen hier stattfinden (Aumüller, Johannes, Rummelplatz Olympiapark, in SZ 11.10.2014). Der neue Kurs soll 260 Millionen Euro gekostet haben (Brümmer, Elmar, Im Osten viel Neues, in sueddeutsche.de 9.10.2014). Bezahlen muss wie bei den Olympischen Winterspielen Sotschi 2014 der Staat bzw. die Region Krasnodar. Deren Vize-Gou