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November 2014

Webseite-Besucher
Im Oktober 2014 besuchten 30.204 Internet-Nutzer unsere Nolympia-Webseite – im Durchschnitt 974 pro Tag. Von Februar 2010 bis einschließlich Oktober 2014 hatten wir damit 1.041.165 Besucher: Wir bedanken uns für das immer noch anhaltende Interesse.
Neu unter “Aktuelles”: 
Olympisches Abholzen für Pyeongchang 2018; Agenda 2020 – Wie das IOC sein Geschäftsmodell erweitern will; Fifa spricht sich frei; Sotschi: Formel 1 in Putin-Russland; Oslo 2022 abgesagt; IOC-Knebelvertrag bleibt IOC-Knebelvertrag; Olympische Bewerbung 2024 verpfuscht; Wir helfen IOC und DOSB; Der Fifa-Geld-Kunstrasen;
Neu im Kritischen Olympischen Lexikon:
18.11.2014: Hayatou, Issa; 18.11.2014: Totalitärer Sport-Terminkalender; 6.9.2014 Kosten Olympischer Spiele; 8.11.2014: Timtschenko, Genadij Nikolajewitsch
Laufend aktualisiert
im Kritischen Olympischen Lexikon:
Hamburg-Berlin 2024 – Zur deutschen Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024: bis Juni 2014: hier; 7-8/2024: hier; 9-10/2014: hier; ab 11/2014: hier
Was ein Gaskonzern und Sport, Oligarchen und Putin miteinander zu tun haben. Gazprom-Chronik (1) bis 31.12.2012: hier; Gazprom-Chronik (2) 1/2013 – 8/2014: hier; Gazprom-Chronik (3) ab 9/2014: hier; Gazprom-Chronik (4) ab 11/2014: hier

In eigener Sache
Die Webseite und ihre Informationen stehen allen zur Verfügung, um die tatsächlichen Hintergründe im Spitzensport und seinem Umfeld aufzuzeigen und zu beschreiben. Ich bemühe mich meinerseits, korrekt zu zitieren und Quellen anzugeben. Umgekehrt wäre es fair, dass auch die Nolympia-Webseite als Quelle in den Artikeln von Journalisten angegeben wird.
Dr. Wolfgang Zängl

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Zitate des Monats

Heiner Giersberg, ehemaliger Sprecher der Berliner Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2000 zu den Milliardenkosten von Berlin 2024: „Wichtigste Frage: Könnte Berlin diese Milliardeninvestitionen überhaupt stemmen… Wäre dies sinnvoll für eine Stadt, die finanziell klamm, sogar pleite ist und die wahrlich andere Sorgen hat, als für 14 Tage Heimstatt der inzwischen weitgehend pervertierten olympischen Idee zu sein?“ (Giersberg, Heiner, Der olympische Zirkus hinterlässt nur Bauruinen, in tagesspiegel.de 4.11.2014; siehe auch unter IV).

DOSB-Präsident Alfons Hörmann im Interview: „Ein Projekt wie Olympia und die Paralympics bringt neue Perspektiven für den Schulsport, für die Bewegung über alle Ebenen – dann sind wir in Kindergärten. Aber man darf auch Seniorenzentren nicht vergessen. Und schon sind wir bei den Themen Inklusion und Integration. Da ist Olympia der Motor, um sich in diese Richtung aufzumachen“ (Niemeyer, Jörg, Hörmann: „Wir brauchen die Spiele“, in weser-kurier.de 9.11.2014).
So einfach ist das.

Frank Henkel (CDU), Berliner Sportsenator, gibt eine ganz schlaue Empfehlung ab: „Wir sollten nicht fragen, ob wir uns Olympia leisten können, sondern ob wir es uns leisten können, auf eine Bewerbung zu verzichten“ (Anker, Jens, Versteckte Kosten, in morgenpost.de 20.11.2014).

Andreas Satzkowski (CDU), Sport-Staatssekretär, ist genauso schlau: „Berlin kann es sich eigentlich nicht leisten, auf Olympische Spiele zu verzichten“ (Wedekind, Olaf, Lasset das Vorspiel beginnen, in BZ 26.11.2014).

IOC-Präsident Thomas Bach zur Demokratieform Bürgerbegehren: „Ist ein Bürgerbegehren tauglich, um Großprojekte zu legitimieren? Ich sehe manchmal eine gewisse Mutlosigkeit mit einer gewissen Selbstzufriedenheit in einigen Ländern, wo man Projekte nicht in Angriff nimmt, weil es allerlei Bedenken gibt“ (Sulzer, Thomas, Bach: „Bürgerbegehren für Olympia nötig?“ in bild.de 19.11.2014; siehe dazu Thomas Kistner unter I).

Barcelona schied am 18.11.2014 in der ersten Abstimmungs-Runde um die Leichtathletik-WM 2019 aus. José Maria Odriozola, der Präsident des spanischen Leichtathletikverbandes, äußerte zum Gewinner Katar: „Alles was sie haben, ist Geld… Katar hat 37 Millionen Dollar geboten. Wir haben gesagt, dies ist illegal, da die Frist für Unterstützungsprojekte und Anreize am 7. November abgelaufen ist… Ich bin sehr enttäuscht und sehr wütend. Ich werde nicht hinfahren. Ich denke, dies ist ein schlechter Zug für die Leichtathletik“ (Rowbottom, Mike, IAAF claim Doha’s $37 million offer in 2019 World Championship bid was legal and within guidelines, in indsidethegames.biz 20.11.2014; Übersetzung WZ. Vgl. unter I).

Walther Tröger (31 Jahre im IOC) zur Frage, ob das IOC mehrheitlich undemokratisch ist: „Man kann anderen nicht verwehren, anders zu denken. Demokratie wird weltweit unterschiedlich interpretiert. Eine Demokratiedebatte würde im IOC zu keinem Ergebnis führen“ (Mebus, Jörg, Walther Tröger (85): „Hamburg hat gute Chancen“, in mopo.de 20.11.2014).

Christian, Seifert, Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), zur Fifa-Krise: „Man weiß nicht mehr, ob man sich wundern oder fremdschämen soll“ (Kielbassa, Moritz, Kneer, Christoph, „Wundern oder fremdschämen“, in SZ 22.11.2014; siehe auch unter VI).

IOC-Präsident Thomas Bach zur Feststellung des Interviewers, dass das Image dses IOC angeschlagen ist: „Nein“ (Gehrmann, Daniel, „Es gibt im Sport zwei Lebenslügen“, in NZZ:CH 27.11.2014).

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Die Gliederung im November 2014 sieht so aus:

I: Nachrichten von Olympischen Spielen und dem IOC
II: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den Sportverbänden
III: Aktuell aus München und Bayern
IV: Zur DOSB-Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024 in Hamburg oder Berlin
V: Allgemeine Nachrichten
VI: Aktuelle Sportsplitter von Fifa, Uefa etc.
VII: Sport-Millionen und -Millionäre
VIII: Der totalitäre Sport-Terminkalender
IX: Doping-News
X: Die Sportsender ARD/ZDF
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I: Nachrichten von Olympischen Spielen und dem IOC

– Französische Überlegungen zu Paris 2024. Im Nouvel Observateur untersuchte Pim Verschuuren die Situation einer Bewerbung Paris 2024 oder 2028 (Jeux olympiques 2024: Paris candidat? La France a 4 faiblesses… et quelques atouts, 3.11.2014 – Vier Schwächen … und einige Trümpfe). – Die Mehrzahl der Sport-Infrastruktur fehlt derzeit, soll aber in den nächsten Jahren gebaut werden. – Das französische NOK (CNOSF) war erfolgreich im Mobilisieren nationaler Mittel. – Die französische Bevölkerung ist derzeit nicht überzeugt von diesem Projekt. Besonders im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise („la crise“) und den ausufernden Kosten großer Sportereignisse (London, Brasilien, Russland) ist dieser Skeptizismus nachvollziehbar. – Politiker zögern derzeit, sich für das Projekt zu engagieren – auch weil sie wissen, dass den Profit andere ernten. – Die Bürgermeisterin von Paris, Anne Hidalgo, hat ihre Ablehnung der Spiele aufgrund der Finanzen zum Ausdruck gebracht. – Das Projekt Paris 2024 konnte bislang nicht mobilisieren. – Premierminister Manuel Vals hat offen seine Präferenzen für die Weltausstellung 2025 zum Ausdruck gebracht. – Der DOSB hat inzwischen öffentlich angekündigt, eine Kandidatur von Hamburg oder Berlin einzureichen. – Die USA, die letztmals 1996 Sommerspiele hatten, werden eine Kandidatur von Washington, Los Angeles oder Boston vorschlagen. – Russland wird sich sehr wahrscheinlich mit St. Petersburg 2024 bewerben. – Die Wahl von Almaty/Kasachstan oder Peking/China für die Olympischen Winterspiele 2022 wirft die Frage der politischen Freiheit und der Menschenrechte auf.
Im TV-Interview am 6.11.2014 sprach sich der angeschlagene Präsident Francois Hollande für Olympische Sommerspiele 2024 in Paris aus (Wernicke, Christian, Matt auf der Scheibe, in SZ 8.11.2014). Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo bremste umgehend den Wunsch des französischen Staatspräsidenten ein: „Nichts und niemand wird mich dazu bringen, am Zeitplan der Bewerbung etwas zu ändern“ (SID, Pariser Bürgermeisterin bremst umgehend Hollande: Entscheidung über Olympiabewerbung erst 2015, in zeitonline 7.11.2014). Eine Präsentation sei in Auftrag und werde im Januar 2015 präsentiert. Hidalgo: „Aktuell befinden wir uns in einer wirtschaftlichen Position, die mir nicht erlaubt, von einer künftigen Bewerbung zu sprechen“ (Ebenda).

-Favorit 2022: Peking. American-Press-Korrespondent Fu Ting stellte den derzeitigen Favoriten für Olympische Winterspiele 2022, Peking vor (Beijing emerges as 2022 Winter Olympics favorite, in usatoday.com 4.11.2014). In den Bergregionen, die für den Alpinsport vorgesehen sind und mit einer Hochgeschwindigkeitsbahn in weniger als 50 Minuten erreichbar sein sollen, liegt jeden Winter weniger als ein Meter Schnee. Der italienische Mitbegründer des 2006 eröffneten Duolemeidi Mountain Resort, Fabio Ries: „Die Winter sind hier extrem kalt und extrem trocken. Wenn es schneit, ist die Landschaft praktisch für den ganzen Winter weiß. Aber die Schneedecke ist ziemlich dünn“ (Ebenda). Ries zufolge kann kein Skiresort in der Gegend ohne Kunstschnee operieren, und hier kommt gleich das  nächste Problem: Die ernste Wasserknappheit in Nordchina, die durch Skiresorts noch verschärft wird. Die Umweltorganisation Friends of the Earth schätzten bereits 2011, dass die vorhandenen 17 Skiresorts mindestens eine Million Tonnen Wasser jährlich verbrauchen – damit könnten 8.300 Haushalte mit Trinkwasser versorgt werden. In einem Report von Friends of the Earth steht, dass es in den letzten Jahren so trocken war, dass die Skiresorts das Wasser aus unterirdischen Quellen hochpumpen mussten: „Es ist eine riesige Verschwendung“ (Ebenda).
Die zweite Sorge betrifft Pekings notorische Luftverschmutzung. Das letzte Radrennen „Tour of Beijing“ musste deswegen verkürzt werden. Vor einem Fußball-Freundschaftsspiel Brasilien gegen Argentinien war der Smog so schlimm, dass die brasilianischen Spieler im Hotel bleiben musste und nur zum Training herauskamen. Bei einem LGPa-Golfturnier trugen einige Golfer Masken.

– PR-Auftragsvergabe Peking 2022. Die Agentur Weber Shandwick wird die Bewerbung Peking 2022 betreuen: Sie hat schon erfolgreich Sotschi 2014 und Tokio 2020 betreut – und nicht erfolgreich München 2018 (Sudhaman, Arun, Beijing hires Weber Shandwick For 2022 Olympic Bid, in holmesreport.com 10.11.2014). „Weber Shandwick ist das größte Public-Relations-Netzwerk der Welt mit Sitz in New York City. Weber Shandwick ist Teil der US-amerikanischen Interpublic Group of Companies und gehört in Deutschland zur McCann Worldgroup (Wikipedia).

– EOC-Arbeitsgruppe will Ursachen suchen. Das European Olympic Comittee (EOC), der Verein, der in Aserbaidschan 2015 die ersten Europa-Spiele veranstaltet, will untersuchen, welche Gründe zum Desinteresse an Olympischen Spielen geführt haben. EOC-Präsident Patrick Hickey wies darauf hin, dass Europa mit fünf Kandidaten für die Olympischen Winterspiele angetreten war. Und da Hickey offensichtlich nichts daraus gelernt hat, betonte er, dass Olympische Spiele „unsere beste Gelegenheit ist, junge Leute für den Sport zu begeistern und dem Austragungsort und dem -land ein bleibendes Erbe bezüglich Infrastruktur und Erlebnis zu hinterlassen“ (Butler, Nick, Working Group set up analyse european reluctance to bid forOlympics, in insidethegames.biz 6.11.2014).
Schulden, Zerstörungen, überflüssige Sportbauten mit hohen Nachfolgekosten, Mieterhöhungen usw. sind die wahren Folgen.
Und noch besser: „Wir möchten, dass Austragungsorte, die nein gesagt haben, in Zukunft ja sagen, weil sie die Vorteile verstehen müssen, die diese Spiele mit sich bringen“ (Ebenda).
Die, die abgelehnt haben, werden vom EOC einfach nur als zu einfältig dargestellt, um den Gewinn Olympischer Spiele zu verstehen.

 

– USOC entscheidet im Januar 2015. Das Olympische Komitee der USA hat angeblich Bewerber für 2024 aus Boston, Los Angeles, San Francisco und Washington: Es rechnet mit fünf Milliarden US-Dollar Kosten, wobei der Staat angeblich keine finanziellen Mittel zur Verfügung stellt (AP, U.S. Cities aim to keep bid costs down, in espn.go.com 27.11.2014). Die USA haben sich – vergeblich – mit New York (2012) und Chikago (2016) beworben. Dass NBC für die amerikanischen Fernsehrechte bis 2032 7,75 Milliarden Dollar bezahlt hat, wird als Argument für die Vergabe an die USA gewertet.

– Warum sollte sich Boston um 2024 bewerben? Der Journalist Evan Horowitz gab im Boston Globe zu bedenken, dass die Boston-2024-Bewerbung nicht von der Stadt oder dem Staat getragen wird, sondern von einer Außenseitergruppe, die sich Boston 2024 Partnership nennt, der John Fish vorsitzt, bezeichnenderweise Vorsitzender der Baufirma Suffolk Constructions. Hier werden runde 4,5 Milliarden $ an Kosten angegeben, eine Zahl, die nicht unabhängig überprüft wurde. London 2012 hat fast 20 Milliarden $ gekostet; für Rio 2016 wird ein ähnlicher Betrag angesetzt. Horowitz erwähnt Victor Matheson und Andrew Zimbalist, die wie andere Ökonomen in vielen Studien herausfanden, dass der ökonomische Nutzen der olympischen Spiele entweder nicht existiert oder extrem gering ist. „Vermutlich sind 15 bis 20 Milliarden $ ein realistischer Wert, um für drei Wochen im internationalen Blitzlicht zu stehen und die Olympischen Spiele durchzuführen“ (Horowitz, Evan, What are the costs and benefits of a Boston Olympics? in bostonglobe.com 18.11.2014; Übersetzung WZ). Die Gegenbewegung No Boston Olympics ist eine lose organisierte Gruppierung, die versucht, das zu stoppen, was sie für eine kostspielige Zeitverschwendung hält. Die Bürgerbewegung No Boston Olympics hat eine eigene Webseite: hier

– Fünf Gründe, warum das  Veranstalten von Olympischen Spielen eine furchtbare Idee ist. So nannte Saul Tannenbaum seinen Beitrag gegen Boston 2024 und führte die fünf Gründe an: 1. Der Olympische Bewerbungsprozess ist korrupt. 2. Der Olympische Planungsprozess ist undurchsichtig und läuft ohne öffentliche Beteiligung ab. 3. Die Olympischen Spiele enden nie gut für den Austragungsort. 4. Die vermuteten „Gewinne“ sind etwas, wofür die Steuerzahler aufkommen müssen. 5. Die Metropole Boston wird praktisch zu einem Polizeistaat (Tannenbaum, Saul, Five reason Why Hosting the Olympics Is a Terrible Idea, in Cambridge Community Television, 26.11.2014; Übersetzung WZ). 

– Viel IOC-Lärm um nichts. IOC-Präsident Thomas Bach präsentierte am 18.11.2014 die „Olympic Agenda 2020“: viel heiße IOC-Luft, gerade bezüglich der Umwelt. Zur Kritik unter Aktuelles: „Wie das IOC sein Geschäftsmodell erweitern will“: hier und siehe unten.

– Abholzungen für Pyeongchang 2018. Die Umweltverbände in Südkorea haben bereits 2012 alarmiert, dass einer der bedeutendsten Urwälder Südkoreas durch die Olympischen Winterspiele 2018 in Pyeongchang in Gefahr ist. Nun wurde ein 500 Jahre alter Urwald am Mount Gariwang abgeholzt – für drei Tage olympisches Skifahren.
Näheres: Olympisches Abholzen für Pyeongchang 2018
Soviel zum „olympischen Erbe“, der „Nachhaltigkeit“ und dem tatsächlichen Umgang des IOC mit der Natur!
Siehe auch den Bericht von Julian Cheyne am 22.11/2014 in gamesmonitor.org.uk: They went and did it! 500-year-old primeval forest at Mount Gariwang unlawfully destroyed for 2018 Pyeongchang Winter Olympics

– Tokio 2020: alles billig, alles vorhanden! „Aufgrund ausufernder Kosten für die Sportstätten der Olympischen Spiele 2020 setzen die Organisatoren in Tokio den Rotstift an. Da die Ausgaben laut jüngsten Berechnungen auf voraussichtlich drei Milliarden Euro steigen würden, sollen nun 1,36 Milliarden Euro in diesem Bereich eingespart werden. ‚Unerwartete zusätzliche Bauarbeiten und generell steigende Baukosten‘ hätten laut offiziellen Angaben dazu geführt, dass das Organisationskomitee dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) überarbeitete Pläne vorgelegen musste. (…) In Tokios erfolgreicher Bewerbung hatten die Organisatoren im Spätsommer 2013 Pläne mit bereits zu 85 Prozent existierenden Sportstätten vorgelegt. Das Gesamt-Budget war ursprünglich auf 6,4 Milliarden Euro angelegt worden.“ (SID, Tokio muss bei den Sportstätten sparen, in zeitonline 20.11.2014).

– Thomas Kistner in der SZ zu Bachs Bürgerbegehren-Verachtung: „IOC-Chef Thomas Bach stellt die Bürgerbegehren zu Olympia-Bewerbungen infrage. „Ist ein Bürgerbegehren tauglich, um Großprojekte zu legitimieren? Ich sehe manchmal eine gewisse Mutlosigkeit mit einer gewissen Selbstzufriedenheit in einigen Ländern, wo man Projekte nicht in Angriff nimmt, weil es allerlei Bedenken gibt‘, sagte er der Bild. Dass es aber just so mutlose Bedenkenträger sind, die in demokratischen Ländern immer öfter Großprojekte kippen, das arbeiten Bachs frühere Untergebene im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) stets gerne heraus.
Bürgerbegehren – das Votum der Basis, die per Steuergelder Olympia finanzieren muss – passen nicht in die Welt von IOC und Spitzensportindustrie; zumal nach all den Spiele-Absagen in München, Oslo und der Schweiz. Pikant ist aber trotzdem, wenn sich der Chefolympier nun so deutlich positioniert. Es geht darum, was Bürger legitimieren dürfen, und Bachs Skepsis klingt deutlich heraus“ (Kistner, Thomas, Wenn Bürger begehren, in SZ 21.11.2014; Hervorhebung WZ).

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II: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den Sportverbänden

– Drohung bringt 15 Millionen Euro. Der DOSB kündigte an, dem Curling-Verband die Mittel zu streichen – mit durchsichtiger Absicht. „Vielleicht war es gar nicht der Gedanke, still und leise Geld zu sparen, sondern das Gegenteil. Vielleicht wollte die DOSB-Spitze gegenüber den Etat-Experten im Innenministerium auch ein Zeichen setzen“ (Kreisl, Volker, Aufstand mit dem Besen, in SZ 12.11.2014) Und schon erhöhte im Gespräch mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann in Abstimmung mit Bundeshaushaltsausschuss und Bundessportausschuss Bundes-Sportminister Thomas de Maizière die Mittel für den Spitzensport von 138 auf 153 Millionen Euro. (in Wirklichkeit sind es bei einer kompletten Addition rund 250 Millionen Euro, siehe unten). „Damit darf auch der Curling-Verband, der im Finanzpoker zwischen Sport und Politik das erste Opfer war und eigentlich aus der staatlichen Grundförderung gestrichen werden sollte, auf ein Happy End hoffen“ (SID, 15 Millionen mehr, in SZ 14.11.2014).
Geht doch!
In den 155 Millionen Euro sind die Kosten für die Sportfördergruppe der Bundespolizei nicht enthalten (Reinsch, Michael, Haushaltsausschuss: 15 Millionen Euro mehr für Spitzensport, in faz.net 13.11.2014). Und die Kosten bei Bundeswehr und Zoll? Von den 15 Millionen gehen je zwei Millionen an das „Institut für Angewandte Trainingswissenschaft“ in Leipzig und die „Entwicklungsstelle für Sportgerät“ in Berlin: Sie erhalten damit insgesamt 15,1 Millionen Euro. Die Nationale Anti-Doping-Agentur Nada erhält vom Bund 6,3 Millionen Euro ihres Zehn-Millionen-Euro-Haushaltes (Ebenda).

– Drei Treffer für den DOSB. In der SZ stellte Johannes Aumüller drei Punktsiege für den DOSB gegenüber dem Staat fest: – Eine Bewerbung für Olympische Sommerspiele 2024 wurde zunächst vom Bundesinnenminister de Maizière abgelehnt: Nun ist sie in vollem Gang. – Der Entwurf zum Anti-Doping-Gesetz widerspricht zwar jahrelangen Bestrebungen des DOSB; dafür wurden die umstrittene Schiedsvereinbarungen des DOSB, – besser Unterwerfungserklärungen der Athleten unter die Sportgerichtsbarkeit -, von de Maizière unterstützt. – Die Spitzensportförderung wurde um 15 Millionen aufgestockt. „Macht summa sumarum ungefähr 2,5 von drei möglichen Lobby-Punkten für den organisierten Sport. Da erblasst jeder Tabakindustrievertreter vor Neid“ (Aumüller, Johannes, Mehr Geld, mehr Lobby-Punkte, in SZ 14.11.2014).
Bei so einem Bundes-Sportminister… 

– Millionen für Oberhof. „Die Gemeinde Oberhof in Thüringen bekam mehr als 150 Millionen Euro für Sportstätten und Tourismus – und ist doch chronisch pleite“ (Ludwig, Udo, Purschke, Thomas, Meister im Kassieren, in Der Spiegel 47/17.11.2014). Zu DDR-Zeiten wurde der kleine Ort mit 1600 Einwohnern ausgebaut. „Das Ergebnis der doping- und stasiverseuchten Kaderschmiede: 38-mal Gold, Silber, Bronze bei Olympischen Spielen“ (Ebenda). Nach der Wende ging es mit 20 Olympiasiegern weiter. Dazu musste auch weiter investiert werden: 15 Millionen Euro für die Renovierung von Bob- und Rodelbahn, 12 Millionen Euro für die Biathlon-Anlage, die nun für 18 Millionen Euro WM-tauglich gemacht werden sollen. Dazu wurde die kleine Skisprung-Schanze erneuert, die Generalsanierung der großen Schanze wird gerade durchgeführt. „Die Bundesrepublik leistet sich damit fünf Skisprungstätten für höchste internationale Ansprüche – auch das ein Weltrekord“ (Ebenda). 16 Millionen Euro wurden in eine überdachte Skisprungloipe für ganzjähriges Training gesteckt: Die Halle verbraucht so viel Strom wie eine Kleinstadt. Insgesamt wurden seit 1989 über 72 Millionen Euro in die Sportstätten gesteckt, dazu mit einem zweistelligen Millionenbetrag die Kaserne der Bundeswehr-Sportkompanie saniert. Über 25 Millionen Euro kamen für Oberhof aus dem Länderausgleichsfonds. Dazu wurden Gelder „umgewidmet“. Aus dem sogenannten Mauerfonds wurden 800.000 Euro für ein Multifunktionsgebäude des Biathlonstadiens verwendet: „Mit den Erlösen aus dem Verkauf ehemaliger Mauer- und Grenzgrundstücke sollten eigentlich Projekte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur gefördert werden“ (Ebenda).

– Hörmann durfte im Willy-Brandt-Haus sprechen. DOSB-Präsident Alfons Hörmann sprach am 21.11.2014 zum Thema „Berlin oder Hamburg – Olympia 2024 in Deutschland“. Mitsprechen durften u. a. Klaus Böger vom Berliner Landessportbund, Jürgen Mantell vom Hamburger Sportbund und der offensichtlich unvermeidliche Olympiasieger von 1988 im Rudern, Wolfgang Maennig (PM SPD 21.11.2014).
Unverständlicherweise ist es dem DOSB gelungen, die beiden größten deutschen Städte, beide SPD-geführt, in diesen so widersinnigen wie aussichtslosen Wettbewerb zu treiben…

– Schwarze Kassen bein DOSB? Ein WDR-Film von Grit Hartmann und Robert Kempe beleuchtet die Parallelwirtschaft beim DOSB mit der seit 2006 bestehenden Stiftung Deutscher Sport (Geheimes Vermögen, WDR 24.11.2014, 22.45 – 23.15). „Die DOSB-Spitze unterhält heimlich eine zweite Kasse – zur freien Verfügung allein des Präsidiums. Sie ist gut gefüllt, auch mit Geld, das den Mitgliedsverbänden entzogen wurde“ (Text zum Film „Geheimes Vermögen“, in wdr.de 24.11.2014). Der Bund investiert jährlich über 250 Millionen Euro Steuergeld in den Spitzensport. Der DOSB-Etat 2013 umfasste 42 Millionen Euro – aus Mitgliedsbeiträgen, Einnahmen aus der Glücksspirale und Vermarktungserlösen. Aber die Vermarktungserlöse vom IOC sind nicht zu finden. „Begründung: Die Zahlen seien vertraulich“ (Ebenda). Auch bei der Stiftung Deutscher Sport ist vieles „vertraulich“: „Jahresabschlüsse und Tätigkeitsbericht sind geheim. Das DOSB-Präsidium ist mit dem Stiftungsvorstand identisch und kann direkt auf die Stiftungskasse zugreifen. (…) Wird hier still und heimlich DOSB-Vermögen enteignet?“ (Ebenda). – „Es geht um eine Art legale Schwarze Kasse – um die Stiftung Deutscher Sport, auf die mit schöner Regelmäßigkeit zugegriffen wird. Etabliert wurde das System unter Thomas Bach… ‚Veröffentlichen müssen wir gar nichts‘, meint der für die Finanzen zuständige DOSB-Vizepräsident Hans-Peter Krämer. (…) Das  Stiftungsvermögen hat sich inzwischen verdoppelt: Ende 2013 lag es bei 7,2 Millionen Euro, davon 5,9 Millionen in bar. Geld, von dem die Mitgliedsverbände nichts wissen, obwohl es zum Teil aus dem DOSB-Haushalt kommt“ (Hartmann, Grit, Obskure Parallelwirtschaft beim DOSB, in berliner-zeitung,de 24.11.2014). – Der DOSB verwies darauf, „dass er laut Gesetz keine Angaben über die Geldflüsse der Stiftung machen müsse. (…) Ob der Bund als größter Geldgeber vollumfänglich über die Stiftung und die Geldtransfers informiert war, ist unklar“ (Wirbel um DOSB-Stiftung, in www.sport1.de 27.11.2014).
Die Vorsitzende des Sportausschusses des Bundestages, Dagmar Freitag, äußerte: „Das hat wenig mit Transparenz zu tun. Wenn der DOSB von der Politik immer wieder Geld fordert, gleichzeitig aber Summen aus seinem Haushalt in Stiftungen transferiert, ist das sicher zu hinterfragen“ (SID, Mysteriöse Stiftung, in SZ 27.11.2014). – „Der Beginn der Stiftung ist 2006/2007, als der heutige IOC-Präsident Thomas Bach als Chef des neu gegründeten DOSB die Regie über den deutschen Sport übernahm. Aus Überschüssen der Fußball-WM flossen drei Millionen, da gründeten Bach & Co. die Stiftung. (…) Erklärungsbedürftig sind aber vor allem die Geldflüsse, die vom DOSB an die Stiftung gingen. Offenkundig gab es vier separate Zahlungen in vier Jahren: 900.000 Euro (2010), 600.000 Euro (2011), 529.000 Euro (2012), 471.000 Euro (2013)“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Eine Million rein, eine Million raus, in SZ 6.12.2014).

– Vespers weiterer DOSB-Aufstieg. Am 6.12.2014 wird sich die DOSB-Mitgliederversammlung in Dresden mit einer neuen Satzung beschäftigen – und vermutlich wie alles vom Präsidium Kommende abnicken. Das Unternehmen DOSB hat künftig einen Vorstand, der – wen wundert es? – vom bisherigen DOSB-Generaldirektor Michael Vesper geleitet werden wird. Somit kann das fürstliche Entgelt von derzeit etwa 270.000 Euro pro Jahr (in Höhe des Gehaltes der Bundeskanzlerin) weiter überwiesen werden. Der ehrenamtliche Aufsichtsrat unter Alfons Hörmann kontrolliert den Vorstand (Hartmann, Grit, Obskure Parallelwirtschaft beim DOSB, in berliner-zeitung,de 24.11.2014).

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III: Aktuell aus München und Bayern

– Schnee-Ferntransport. Am 1.1.2012 und 1.1.2014 musste der grandiose „Parallelslalom“ am Olympia-Hügelchen in München wegen Schneemangels abgesagt werden. Zur Erinnerung: An Weihnachten 2013 hatte es in München fast 20 Grad plus, am 1.1.2014 immer noch über 10 Grad plus.
Nun rüstet das Organisationskomitee auf. Dessen Vertreter Frank Seipp: „Der Ehrgeiz hat uns gepackt“ (dpa, Ski-Weltcup: Schneedepot soll für Sicherheit sorgen, in merkur-online 6.11.2014). In Reit im Winkl (von München mehr als 100 Kilometer entfernt) wurde ein eigenes Schneedepot angelegt, neue Schneekanonen werden eingesetzt und eine zusätzliche Tribüne für dann insgesamt 17.000 Zuschauer wird aufgebaut.
Was tut man nicht alles für Geld!
Dazu gehört auch die Vertragsverlängerung mit dem Weltskiverband FIS: Am 1.1.2015 läuft der Vertrag aus. Die Olympiapark GmbH will das Rennen „für weitere drei bis fünf Jahre“ durchführen. „Der Aufsichtsrat der Olympiapark GmbH tagt am 4. Dezember: „… nicht alle Mitglieder hegen Verständnis für die ökologischen und finanziellen Belastungen, die die Gaudi mit sich bringt“ (Knuth, Johannes, So gut wie sicher, in SZ 7.11.2014).

– Kein Huber-Asphalt mehr im Münchner Olympiastadion? Die Stadt München will bis 2015 die stolze Summe von 76 Millionen Euro in das Olympiastadion stecken. „Bald wird es auch um die Frage gehen, ob der Asphalt im Innenbereich wieder einem Rasen weicht“ (Müller, Felix, 76 Millionen für Münchens Rock-Arena, in merkur-online 7.11.2014).
Im Endeffekt sind die meisten olympischen Bauten in München ziemlichmarode. Knapp eine halbe Milliarde Euro muss München bis 2030 in dieses „olympische Erbe“ stecken. Vielleicht könnte man ja die Zeltdächer stehen lassen – ohne Sportbauten? Ein grüner Park wäre für die Bevölkerung angenehmer.

– Olympiapark-Bauherr Red Bull. Am 20.11.2014 will der Münchner Stadtrat über den Neubau einer kombinierten Eishockey- und Basketball-Halle auf dem Platz des abzureißenden früheren Olympia-Radstadions abstimmen. „Die Arena mit 10.000 Plätzen soll komplett vom österreichischen Getränkehersteller Red Bull finanziert werden. (…) Allerdings gebe es bei der Stadtverwaltung Bedenken, ob die neue Arena nicht zu wuchtig ausfallen würde, berichtet SPD-Fraktionschef Alexander Reissl“ (Hutter, Dominik, München will Weg für Red Bull freimachen, in sueddeutsche.de 9.11.2014)
Das ist, wie bereits geschrieben, der Beginn der Privatisierung des Münchner Olympiaparks – Investoren geben nicht nur viel Geld aus, sondern bestimmen dann auch alles weitere. Was kommt als nächstes?
Zur Erinnerung: Bis 2032 will die Stadt München etwa 470 Millionen Euro in den denkmalgeschützten Olympiapark investiert werden.

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IV: Zur DOSB-Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024 in Hamburg oder Berlin
Hamburg-Berlin 2024 – Zur deutschen Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024: bis Juni 2014: hier; 7-8/2024: hier; 9-10/2014: hier; ab 11/2014: hier

Termine:
– Nächstes NOlympia- Berlin – Bündnistreffen
am Donnerstag, den 13. November um 19 Uhr in den Räumen der GRÜNEn LIGA Berlin, Prenzlauer Allee 8, 10405 Berlin (ÖPNV: Straßenbahnlinie M2, Haltestelle: Metzer Straße)
– Veranstaltung von NOlympia Berlin am 24.11.2014, 19 Uhr, Café Sybille: München-Hamburg-Berlin – gemeinsam gegen Olympischen Größenwahn – Argumente – Aktionsformen – Erfahrungen. Mit
Axel Doering, Garmisch-Partenkirchen, BUND ,Sprecher des BUND-Arbeitskreises Alpen und Vizepräsident der „Internationalen Alpenschutzkommission“ (CIPRA) und Dr. Wolfgang Zängl, München; Mitbegründer der Gesellschaft für ökologische Forschung (GöF, Autor zahlreicher Bücher und ökologischer Publikationen). Moderation: Heike Aghte, NOlympia-Berlin-Bündnis. Cafè Sybille, Karl-Marx-Allee 72, 10243 Berlin
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– Bauindustrie hat schon gewählt. „Hamburg oder Berlin? Die Frage, welche der beiden deutschen Metropolen sich für die Olympischen Spiele 2024 oder 2028 bewerben darf, wird zwar erst im Frühjahr kommenden Jahres geklärt, wenn überhaupt. Doch die deutsche Bauindustrie hat bereits einen Favoriten gekürt – Hamburg. Der Grund: Die Firmen rechnen sich viel bessere Geschäfte aus. ‚Hamburg ist besonders spannend, weil dort ein Hafenareal völlig neu entwickelt werden soll‘, hieß es nach der Bekanntgabe der Olympia-Pläne bei einem der größten deutschen Bauunternehmen. Da würde es in der Kasse richtig klingeln. Milliardenausgaben für Arenen und Stadien, Straßen und olympische Dörfer“ (Dams, Jan, Gassmann, Michael, Greive, Martin, Offene Rechnung, in welt.de 2.11.2014; Hervorhebung WZ).

– Anonymer Hinweis zu Hamburg-2024-Kosten: Die Räumung und Herstellung des Hafengeländes kostet nach internen Behördenberechnungen sechs Milliarden Euro, die gesamte Bewerbung liegt zwischen 15 und 18 Milliarden Euro. (nolympia-hamburg.de: Anonymer Hinweis: Enorme Kosten für Olympia Hamburg)

– Hamburg 2024 verhindern. Kleine Zettel mit nolympischer Botschaft wurden im Hamburger Schanzenviertel geklebt, wie Jan-Hendrik Dobers und Stefan Reinbold in der Augsburger Allgemeinen berichten (Olympia in Deutschland: Die Gegner formulieren sich schon, in augsburger-allgemeine.de 4.11.2014). Die Botschaft steht unter UNBEDINGT ERLEDIGEN:
Milch kaufen; – Fahrrad abholen; – Fußballtraining; – Ronald Schill rauskicken; – Vattenfall den Stecker ziehen; – Olympia in Hamburg verhindern

– Berlin 2024: „keine gute Idee“. Heiner Giersberg, ehemaliger Sprecher der Berliner Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2000, schrieb im Berliner Tagesspiegel einen kritischen Beitrag zur Bewerbung Berlin 2024: „Die Skepsis der Berliner ist erneut groß. Zu Recht. (…) Wäre dies sinnvoll für eine Stadt, die finanziell klamm, sogar pleite ist und die wahrlich andere Sorgen hat, als für 14 Tage Heimstatt der inzwischen weitgehend pervertierten olympischen Idee zu sein? Was würden wir denn mit den nur für diesen einen Zweck gebauten Anlagen mangels kontinuierlicher Auslastung anfangen? Milliardenkosten für einen Augenblick, Folgekosten und Schulden für Jahrzehnte?
Nein, Olympische Spiele in Berlin sind keine gute Idee. Überall, wo in den letzten 30 Jahren der ‚olympische Zirkus‘, sommers wie winters, weilte, gibt es olympische Bauruinen ohne Zahl, in die ohne Ende Geld gepumpt wird, um sie vor dem gänzlichen Verfall zu retten. Meist erfolglos. Alle Veranstaltungsorte tragen noch nach Jahrzehnten riesige Olympia-Schulden ab. Solche Spaßveranstaltungen mögen andere noch für sinnvoll halten, vor allem, wenn sie das nötige Geld dafür haben und nicht über verfallene Schulen, Bäder, Turnhallen, kaputte Straßen und über den unfassbaren Skandal eines unsinnigen, milliardenteuren Flughafens die Augen schamhaft zu Boden schlagen müssen. Wir sollten es den Osloern, Berchtesgadenern, den Graubündenern, den Stockholmern, ja den Münchnern mit ihrem Nein zu Winterspielen nachmachen und Hamburg bei dieser Bewerbung den Vortritt lassen: bescheiden und anerkennend. Künftige Generationen werden es uns danken!“ (Giersberg, Heiner, Der olympische Zirkus hinterlässt nur Bauruinen, in tagesspiegel.de 4.11.2014).

Thomas Kistner in der SZ zum illusionären „deutschen Supersommer“ 2024 mit Fußball-EM und Olympischen Sommerspielen: „Es ist aber absurd zu glauben, dass es eine Rolle spielt, in welcher Abfolge die Topevents 2024 verteilt werden; dass also das IOC 2017 nicht weiß, wie die Uefa 2018 entscheidet. (…) Die EM 2024 in Deutschland ist die Steilvorlage für alle Rivalen von Los Angeles bis Paris. (…) Ihm (Thomas Bach; WZ) können ja nicht genug westliche Länder im Ring stehen nach Spielen in Sotschi, Rio, Pyeongchang, Tokio, Almaty oder Peking. Wer indes Bachs Locken wirklich folgen will, sei erinnert, dass der auch schon München 2018 den eigenen IOC-Zielen geopfert hat; oder wusste ausgerechnet er nicht, dass München im IOC stets nur ein Streichkandidat war?“ (Kistner, Thomas, Spielchen mit den Spielen, in SZ 7.11.2014).
Allein die Bewerbung München 2018 hat – offiziell – 33 Millionen Euro gekostet – und das wurde vor allem von halbstaatlichen und städtischen Unternehmen gesponsert. Eine Aufklärung bzw. eine Abschlussrechnung über den Verwendungszweck der Millionen und die endgültige Höhe der Kosten liegt bis heute nicht vor.

– Die neue DOSB-Bescheidenheit: 50,01 Prozent reichen. Bei der geplanten Bürgerbefragung in der vom DOSB auserwählten Stadt für 2024 stellte Alfons Hörmann klar, dass eine einfache Mehrheit über 50 Prozent schon ausreicht: „Wenn wir nicht 50,01 Prozent erreichen, dann müssen wir sagen: Wir lassen es“ (Mehr als 50 Prozent, in berliner-zeitung.de 24.11.2014).

– Ein unpolitischer Olympia-Koch. „Im dritten Stock des Roten Rathauses ist am Mittwoch bei der Vorstellung der Botschafter so viel von toller Stimmung die Rede, dass die Linken-Abgeordnete und Olympia-Gegnerin Gabriele Hiller später kritisieren wird, der Senat gaukle sich eine Euphorie vor, die es gar nicht gebe. (…) Dann steht auch der Sternekoch Tim Raue am Mikrofon und berichtet, dass ihm sein Opa begeistert von den Olympischen Spielen erzählt habe, von ‚Dingen, die man sich nicht vorstellen kann’, die ‚bahnbrechend’ waren. Raue ist 40, meint er etwa die Spiele von 1936? Ja, bestätigt er. Nur: Wie kann man denn so von den Spielen aus der Nazi-Zeit reden, angesichts etwa des Ausschlusses jüdischer Sportler aus dem deutschen Team? Gretel Bergmann zum Beispiel, damals weltbeste Hochspringerin, wurde so um Olympia-Gold gebracht. ‚Davon habe ich keine Ahnung, ich bin kein politischer Mensch, ich bin Koch’, antwortet Raue darauf“ (Alberti, Stefan, Opa erzählt vom Spirit, in taz.de 26.11.2014; Hervorhebung WZ).

– Aus dem Vereinsleben: Volleyball. Polen ist im September 2014 im eigenen Land Volleyball-Weltmeister geworden. Der Präsident des polnischen Volleyball-Verbandes PZPS, Miroslaw Przedpelski, wurde am 18.11.2014 vom Zentralen Antikorruptionsbüro verhaftet; die Büros des PZPS wurden durchsucht. Die Ermittler beobachteten, wie Przedpelski vom Besitzer einer Sicherheitsfirma 24.000 Euro Schmiergeld annahm; diese war in die Organisation der Volleyball-WM involviert. Auch sein Vize Artur Popka nahm Schmiergeld. Beide Funktionäre sollen mit insgesamt 240.000 Euro von der Sicherheitsfirma bestochen worden sein, die dafürdie Sicherheitsaufträge erhielt (Dudek, Thomas, Skandal im Volleyballparadies, in neues-deutschland.de 18.11.2014).

– Aus dem Vereinsleben: Fußball (1). In der zweiten französischen Fußball-Liga kämpfte Olympique Nîmes um den Verbleib, Stade Malherbe Caen um den Aufstieg: Beiden reichte ein Punkt. Der SMC-Präsident Jean-Francois Fortin telefonierte mit seinem Kollegen aus Nîmes, Jean-Marc Conrad. Das Telefongespräch war von Kripobeamten der Abteilung „Rennen und Spiele“ aufgezeichnet worden. „Der Ausgang des Matches steht fest, 48 Stunden, bevor die Spieler am 13. Mai vergangenen Jahres in das Stadion von Caen einliefen“ (Simons, Stefan, Korrupte Krokodile, in spiegelonline 21.11.2014). Der Präsident von Nîmes Olympique brachte im Mannschaftsbus 400 Flaschen Wein mit. „Das Spiel endete 1:1, es gab Pfiffe von den Rängen: Die letzten zwanzig Minuten waren ein trostloses Ballgeschiebe“ (Meiler, Oliver, Fährten zum Großgaunertum, in SZ 20.11.2014). 

– Aus dem Vereinsleben: Fußball (2). Der Torjäger des französischen Erstligaklubs Olympique de Marseille, André-Pierre Gignac war 2010 für 16 Millionen Euro vom FC Toulouse nach Marseille gekommen. Dabei sollen hohe „Retrokommissionen“ geflossen sein (Ebenda). „Angeblich ist bei millionenschweren Spielertransfers Geld an mafiöse Hintermänner geflossen, so die Anschuldigung der Finanzpolizei“ (Simons, Stefan, Korrupte Krokodile, in spiegelonline 21.11.2014). Marseilles Präsident Vincent Labrune sowie zwei Ex-Präsidenten mussten am 18.11.2014 kurzzeitig in Untersuchungshaft (Marseilles Präsident vorläufig aus Haft entlassen, in spiegelonline 20.11.2014; Meiler, Oliver, Fährten zum Großgaunertum, in SZ 20.11.2014).

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V: Allgemeine Nachrichten

– Russischer Nürburgring. Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) befreite sich Anfang November 2014 von den SPD-Altlasten des Nürburgrings. Finanzminister Carsten Kühl und SPD-Fraktionschef Hendrik Hering verloren ihre Posten. „Dreyer selbst war als Sozialministerin im Kabinett Beck inhaltlich nicht mit dem Rennstreckenprojekt befasst, das die Steuerzahler etwa 500 Millionen Euro kostete. Weil aber die EU-Kommission unlängst das Vorgehen der Beck-Regierungen scharf rügte sowie die Millionen-Subventionen für rechtswidrig erklärte, und der Landesrechnungshof scharfe Kritik am misslungenen Versuch zur Rettung des Rings übte, wurde sie in diesen für die SPD schier endlosen Affärenstrudel gerissen und fand mitsamt ihrer Regierung kaum noch Gehör für andere, politische Themen. Auch Dreyers Hoffnung, dass sich die Nürburgring-Aufregung legen würde, erfüllte sich nicht. Erst am Wochenende hatte es neue, bizarre Nachrichten von der Rennstrecke gegeben, die pleite gegangen und im Frühjahr von unabhängigen Insolvenzverwaltern in einem Bieterverfahren verkauft worden war. Einer der Käufer, der Inhaber des Düsseldorfer Autozulieferers Capricorn, geriet aber alsbald in finanzielle Schwierigkeiten und konnte fällige Raten nicht mehr bezahlen. Überraschend übernahm nun der russische Pharma-Unternehmer und Multimillionär Viktor Charitonin die Mehrheit der Capricorn-Anteile an der Nürburgring Besitz GmbH, der ein Motorsportfan sein soll. Der Betrieb an der Strecke ist damit vorerst gesichert, allerdings wurde Kritik an dem Engagement eines russischen Magnaten laut. ‚Der Nürburgring war Volkseigentum, jetzt haben wir einen russischen Oligarchen dort‘, sagte Oppositionschefin Klöckner“ (Höll, Susanne, Mainzer Notbremsung, in SZ 5.11.2014).

– Putin-Sport (1): Schach. Ab 8.11.2014 findet in Sotschi der Kampf um die Schach-WM zwischen dem Norweger Magnus Carlsen und dem Inder Viswanathan Anand statt. „Carlsen passte der Austragungsort nicht so recht. Seine Bitte, den Kampf zu verlegen, lehnte der Weltschachbund ab“ (Aumüller, Johannes, Breutigam, Martin, Die Spieler, in SZ 8.11.2014). Warum wohl?
Aus der August-2014-Chronologie:
– Schach-Krieg. Der frühere Schach-Weltmeister Garri Kasparow wollte Präsident des Schach-Weltverbandes FIDE werden. Derzeitiger Amtsinhaber ist seit 1995 Kirsan Iljumschinow (*1962), früherer Präsident der russischen Teilrepublik Kalmückien (1993 bis 2010). “Anfang Oktober 2005 bot er seinen Rücktritt an, wurde aber von Wladimir Putin für eine weitere vierjährige Amtszeit nominiert. (…) Im Juni 2011 zeigte er sich während des Bürgerkriegs in Libyen bei einer Schachpartie mit Diktator Muammar al-Gaddafi” (Wikipedia). – “Iljumschinow zeigte sich als FIDE-Präsident mit Diktatoren wie Saddam Hussein und Baschar Assad. Von Gaddafi hat er sogar eine FIDE-Weltmeisterschaft in Libyen sponsorn lassen. Heute kommt der größte Einfluss aus Russland. (…) Wie Garri Kasparow in einem Interview (…) sagte, wird über Iljumschonows Gedeih und Verderb im Kreml längst entschieden. ‘Er hängt völlig vom Putin-Regime ab. Ohne Geld aus Moskau gäbe es keinen Wahlkampf’” (Löffler, Stefan, Putins (Schach-)Rochaden in deutschlandfunk.de 10.8.2014; Hervorhebung WZ). Nun hat Putin ein Motiv, Kasparow zu verhindern, der seit Jahren zu seinen Kritikern zählt.
“Demokratie” im Schach: In der FIDE herrscht – wie in der Fifa, im Internationalen Handballverband und vielen anderen Sportverbänden der Sport-Demokratur das Prinzip: ein Land, eine Stimme. “Bei früheren FIDE-Wahlen haben Delegierte ihre Stimmzettel mit dem Mobiltelefon abfotografiert oder mit präparierten Stiften angekreuzt – mutmaßlich, um mit einem Beweismittel ihr Schmiergeld abholen zu können” (Ebenda).
Schon im Vorfeld war klar: Kasparow wird nicht Präsident werden. Die nächste Schach-WM findet im November 2014 im russischen Sotschi statt, und Putin will keinen Präsidenten Kasparow; auch der frühere Schach-Weltmeister Anatolij Karpow (sitzt für Putins Partei “Einiges Russland” in der Duma) ist dagegen (Vgl. Aumüller, Johannes, Schlammschlacht in der Schachwelt, in SZ 2.8.2014).

Putin-Sport (2): Gewichtheber: Doping und andere Stories
Intro. Gewichtheber-Präsident unter Verdacht. “IOC-Mitglied Tamás Aján ist verdächtig, den Gewichtheber-Weltverband um Millionen erleichtert zu haben” (Hartmann, Grit, In der Waschanlage, in berliner-zeitung 8.5.2013). Ajàn ist dort seit 1976 Generalsekretär und seit 2000 Präsident. Aján zahlt sich jährlich 300.000 US-Dollar aus, die Kosten für das Budapester Büro (Mitarbeit des Schwiegersohns) steigen ständig, das Eigenkapital ist verschwunden. Aufklärung gab es beim IWF-Kongress 2009 für die Mitglieder nicht, nur für das Exekutivkomitee. Vom IOC kamen über die Jahre 23,3 Millionen Dollar. Auf zwei Konten in der Schweiz liegen 16,7 Millionen Dollar; zeichnungsberechtigt: Aján. Elf Heber-Funktionäre zeigten Aján beim IOC-Präsidenten Rogge an. “Im wesentlichen bedeutet das Verschweigen der Schweizer Konten und der mit ihnen verbundene Transaktionen, dass Herr Tamás Aján von März 1992 bis März 2009 einen bis dahin unbekannten Fonds zu seiner Verfügung hatte – ohne Kontrolle darüber, wie er diesen Fonds genutzt hat” (Ebenda). – “Anfang des Jahres stellte die IOC-Führung jedenfalls unter Beweis, dass sie fest ans Gute im Olympier glaubt: Der Ungar wurde erneut in zwei Kommissionen berufen” (Ebenda; vgl. Chronologie Mai 2013).).
Scheich Al-Sabah aus Kuwait, der wichtigste Wahlhelfer für Thomas Bach auf dem Weg zum IOC-Präsidenten, bot Aján Ende Mai 2013 auf dem Sportaccord-Kongress in St. Petersburg Hilfe an: „Dem wegen offenbar verschwundener Verbands-Millionen gerade in die Schlagzeilen geratenen Gewichtheber-Präsidenten Aján raunte er zu: ‚Wenn du Hilfe brauchst, melde dich!’ Sabahs rechte Hand Husain al-Musallam fügte an: ‚Melde dich, was immer du brauchst!’“ (Putins Judo-Kumpel attackiert Olympia, in spiegelonline 31.5.2013b).
Gewichtheber-WM 2014
Die Gewichtheber-WM 2014 findet vom 8. bis 16.11.2014 in Almaty/Kasachstan statt. „Noch immer hat die Sportart ein massives Dopingproblem. Das zeigt auch ein Blick auf die Liste des Weltverbandes IWF, die die gesperrten Athleten aufführt. In den vergangenen zwölf Jahren flogen mehr als 550 Gewichtheber auf. In ihren Körpern fanden sich meist anabole Steroide wie Stanozolol, Dehydrochlormethyltestosteron, Metandienon oder Oxandrolon. Die Muskeln wachsen rasant, die möglichen Nebenwirkungen sind beträchtlich: Akne, Haarausfall, Organschäden, erhöhte Aggressivität, Depression, Unfruchtbarkeit, Herzinfarkt. Derzeit dürfen 130 Athleten nicht bei Wettkämpfen antreten. 18 von ihnen stammen aus Aserbaidschan, 17 aus Kasachstan, elf aus Armenien. (…) Bis vor einem Jahr legte der Weltverband IWF selbst fest, welche Sportler kontrolliert werden. Die Folge: Obwohl die russischen Gewichtheber mehrere Medaillen bei Weltmeisterschaften holten, wurde 2011 nur ein einziger von ihnen getestet, 2012 überhaupt keiner. Ajáns Verband bestimmte dies so. Mittlerweile gibt es eine wenigstens formal unabhängige Anti-Doping-Kommission im Weltverband, die die Kontrollen transparenter macht. Auch russische Athleten müssen nun zum Dopingtest“ (Sonnabend, Lisa, Stark mit Nebenwirkungen, in SZ 7.11.2014).

-Der Sport ist „unpolitisch“: Neues aus Katar. Die Kurzbahn-WM im Schwimmen findet vom 3.-7.12.2014 in Doha/Katar statt. Ägypten hat seine Mannschaft zurückgezogen, weil Katar die Moslem-Bruderschaft unterstützen würde. Am ersten November-Wochenende hatten bereits die Vereinigten Emirate ihr Handballteam von der Handball-WM 2015 in Katar zurückgezogen (Krüger, Paul-Anton, Mölter, Joachim, Abberufen aus Doha, in SZ 13.11.2014. Zu Katar siehe auch Punkt VIII). „Nur die Fifa hält zu Katar. Sie hat entschieden: Katar – und Russland – sind über jeden Korruptionsverdacht erhaben“ (Zekri, Sonja, Belohnung für die Falschen, in SZ 14.11.2014).

– Handball macht es der Leichtathletik nach. Die Internationale Handball-Föderation (IHF) steht vor der Schwierigkeit, dass der Zweit- und der Viertplatzierte der Asienmeisterschaft zurückgezogen haben. Südkorea würde als Fünftplatzierter nachrücken. Die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain hatten ihre Handballmannschaft aus politischen Gründen zunächst zurückgezogen, wollten aber dann doch antreten. Das IHF-Council ließ sie nicht mehr zu und bestimmte Saudi-Arabien als Nachrücker (Mölter, Joachim, Alle Türen weit offen, in SZ 25.11.2014). 
Der sechstplatzierte wäre Saudi-Arabien, auch ein Gegner der Politik Katars, wie der Nächstplatzierte, das Sultanat Oman. Am 21.11.2014 will die IHF das Procedere entscheiden. IHF-Präsident und Handball-„Pharao“ Hassan Moustafa aus Ägypten gerät nun in Schwierigkeiten: „Erst im Frühjahr unterzeichnete Moustafa einen globalen Fernsehvertrag mit der Al-Jazeera-Tochter beIN Sports, welcher der IHF ist 2017 angeblich rund 81,5 Millionen Euro einbringt“ (Krüger, Mölter 13.11.2014). – „Der Welt-Handballverband ließ sich, zum Beispiel, für die Vergabe der WM der Männer an Qatar gewinnen, indem der Fernsehsender Al-Dschazira – eine Gründung des Emirs mit Sitz in Doha – für die Fernsehrechte 110 Millionen Dollar berappte. Das war ein Aufschlag von fünfzig Millionen auf den Preis vier Jahre vorher“ (Reinsch, Michael, Hauptsache, die Kasse klingelt, in faz.net 20.11.2014).

– Anrüchige „Wild Card“ für den Deutschen Handball-Bund. Im Zusammenhang mit der Wild Card  kommt eine brisante Aussage des polnischen Handball-Nationaltrainers Michael Biegler: Er „habe bereits vor dem entscheidenden Qualifikationsspiel gegen die Männer des Deutschen Handballbundes (DHB) gewusst, dass diese im Fall eines sportlichen Scheiterns eine Wildcard für die WM 2015 in Katar erhalten – so wie es tatsächlich gekommen ist“ (Mölter in SZ 25.11.2014). – Auch der in Deutschland wohnende australische Nationalspieler Bevan Calvert hat versichert, die Teilnahme der Deutschen hätte schon vor den Play-Off-Spielen Mitte Juni gegen Polen festgestanden (Dach, Christoph, Wilde Praktiken vor der WM in Katar, in tagesspiegel.de 26.11.2014).
Geopfert wurde die qualifizierte Handballmannschaft von Australien – mit der Begründung, der Kontinentalverband Ozeanien habe keine zehn Mitglieder. Aus einem Kommentar von Jürgen Ahäuser in fr-online: „Dumm nur, dass auch in Australien lange vor den deutsch-polnischen ‚Finalspielen‘ schon die spätere Wahrheit kursierte, wonach für die von Down Under kein Platz in der neuen Welthauptstadt des Sports sei, weil die fast eine Million Menschen in 30 000 deutschen Handballvereinen einfach unschlagbar wichtig sind. Australien ist vor wenigen Wochen dann tatsächlich ausgeladen worden, weil es dafür verantwortlich ist, dass ’sein‘ Kontinentalverband Ozeanien keine zehn Mitglieder hat. (…) Der Deutsche Handball-Bund hat das vergiftete Geschenk recht gewissenlos angenommen. Geld stinkt halt noch immer nicht“ (Ahäuser, Jürgen, Beschämend, in fr-online 24.11.2014).
Und gleich geht es weiter:

– Versteigerung der WM-Plätze am sinnvollsten. Zu den jüngsten Startposten-Schiebereien bei IAAF, IHB etc. schreibt Joachim Mölter in der SZ: „Eine nachträgliche Wildcard für Deutschland, ein nachträglicher Startplatz für Saudi-Arabien – mit solchen Entscheidungen stehen nun alle Türen weit offen für Veranstalter (wie die IHF) und Ausrichter (wie Katar), um die Teilnehmerfelder bei einer WM nach eigenem Gutdünken zusammenzustellen statt nach sportlichen Kriterien. Der Basketball-Weltverband Fiba hat schon vorgemacht, wie das geht: Er hält vier WM-Plätze frei und versteigert sie quasi an die Meistbietenden, deklariert als wohltätige Spende für eine Fiba-Stiftung. Wer Geld mitbringt, Sponsoren, zahlende Zuschauer, ist gern gesehen bei globalen Titelkämpfen, sogenannte Exoten werden vielleicht noch eine Weile geduldet, um für folkloristische Stimmung zu sorgen. So etwas wie Qualifikationsspiele kann man sich da in Zukunft sparen“ (Alle Türen weit offen, in SZ 25.11.2014).

– St. Moritz baut ein Speicherbecken für die Ski-WM 2017:
https://www.youtube.com/watch?v=Q5QItmx5m3Y

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VI: Aktuelle Sportsplitter von Fifa, Uefa etc.

– Fifa hat Vertrauen in Russland. Fifa-Präsident Sepp Blatter sagte bereits beim „Camp Beckenbauer“ im September 2014: „Wir stellen die WM in Russland nicht in Frage. Wir sind in einer Situation, in der wir den Organisatoren der WM 2018 und 2022 unser Vertrauen aussprechen“ (dpa, „Wir stellen die WM in Russland nicht in Frage“, in stern.de 2.9.2014). Daran änderte die völkerrechtswidrige Annektierung der Krim durch Putin-Russland genauso wenig, wie der Einmarsch der Russen im Osten der Ukraine, die etwa 4.000 Toten der kriegerischen Konflikte und die völkerrechtswidrige Wahlfarce in den von Russland annektierten beiden „autonomen“ Gebieten, im Gegenteil. Anfang November 2014 besuchte Blatter Putin: „Es sind wieder wunderbare Aufnahmen um die Welt gegangen. Blatter und Putin im Stadion, Blatter und Putin im vertrauten Gespräch, Blatter und Putin bei der Präsentation des offiziellen Emblems für die WM 2018. (…) Diesmal verstieg sich Blatter sogar dazu, Putin die ‚bedingungslose Unterstützung‘ der Fifa für die WM in Russland zuzusichern“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Landkarte des Fußballs, in SZ 3.11.2014).
Gleich und gleich gesellt sich gern.
Bei der Filmvorführung des WM-Logos war dann auf einer stilisierten Landkarte die Russische Förderation zu sehen – einschließlich der annektierten Halbinsel Krim. „Kein westlicher Staat erkennt Russlands Gebietserweiterung an, die Fifa offenbar schon“ (Ebenda). Auch die gewaltsame Übernahme der drei ukrainischen Fußball-Klubs der Krim (Sewastopol, Simferopol und Jalta) in den russischen Spielbetrieb – ein Verstoß gegen Fifa- und Uefa-Statuten – wird nicht sanktioniert. Im Gegenteil macht die Fifa schon Pläne zur Organisierung des politischen Konflikts. Blatter sagte, man könne „sicher sein“, dass es nicht zu einem Gruppenspiel Russland-Ukraine komme (Ebenda).
Im Organisieren von Ländergruppen hat die Fifa genügend Erfahrung: siehe die Auslosung von Argentinien bei der Fußball-WM 2014, wo die argentinischen Unterkünfte schon VOR der Auslosung gebucht wurden – und mit dem Auslosungsergebnis perfekt übereinstimmte.

– Zur Kostenentwicklung von Fußball-Weltmeisterschaften
Beispiel 1: Fußball-WM 2014 in Brasilien
. Die ursprünglichen Kosten für die Stadien von 2,2 Milliarden Reais stiegen auf 6,9 Milliarden Reais, haben sich also mehr als verdreifacht (Baumann, Robert, Matheson, Victor, Infrastructure Investments and Mega-Sports Events: Comparing the Experience of Developing and Industrialized Countries, Worcester, Massachusetts August 2013, S. 10). Insgesamt soll die WM 2014 über 13 Milliarden Dollar gekostet haben (A.a.O., S. 31). In vier Stadien fanden je vier Spiele statt: Nunmehr stehen sie weitgehend leer.
– Beispiel 2: Fußball-WM Russland 2018. Die Kosten für die Fußball-WM 2018 in Russland stiegen von 10 Milliarden Dollar im Jahr 2010 über 20,5 Milliarden Dollar 2012 und 29 Milliarden Dollar im Frühjahr 2013. Das Sportministerium befürchtete bereits 2013, dass die WM 2018 über 44 Milliarden Dollar kosten wird (A.a.O., S. 13). Auch hier wird in vielen Stadien nach der WM 2018 ein weitgehender Leerstand erwartet.
– Beispiel 3: Fußball-WM Katar 2022. Die Fifa schreibt inzwischen bei Fußball-Weltmeisterschaften zwölf Stadien mit jeweils mindestens 40.000 Plätzen vor; das Stadion für Eröffnung und Abschluss muss 80.000 Plätze haben. Bei der Bewerbung um die Fußball-WM 2022 boten die USA 38 komplette Stadien an und übererfüllten die Fifa-Platzvorgaben fünf Mal, ohne dass ein einziges Stadion hätte neu gebaut werden müssen. „Die Fifa hingegen wählte als Austragungsland Katar, eine Wahl, durch die zehn neue Stadion mit 45.000 Plätzen mit Klimatisierung gebaut werden müssen, wobei viele von ihnen nach der WM abgebaut und in Entwicklungsländern wieder aufgebaut werden sollen. (…) Katar soll angeblich insgesamt 200 Milliarden Dollar für die Vorbereitung und Durchführung der WM 2022 ausgeben“ (A.a.O., S. 9; Hervorhebung WZ).

– Lehrer Blatter. Fifa-Präsident Sepp Blatter wurde (warum?) zu einem Vortrag mit dem Thema „Fußball als Lebensschule“ an die ETH Zürich eingeladen. Auf Protestplakaten stand: „SEPP BLATTER VON DER ETH VERTREIBEN! KEIN FUSSBREIT DER FIFA UND IHREN DRECKSGESCHÄFTEN DEMO DIENSTAG 04.11.11 17H30 HAUPTEINGANG ETH“. Etwa 100 Demonstranten riefen vor dem Hauptgebäude „Scheiß Blatter – scheiß Mafiosi“ und stürmten durch Seiteneingänge in die ETH (www.20min.ch 4.11.2014).

– Zwei Fifa-Sponsoren flüchten. Von sechs Haupts