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November 2010

Komitee Olympiakritisches Graubünden

Kaum hatte Swiss Olympic eine Bewerbung um Olympische Winterspiele in Graubünden 2022 angedacht, bildete sich sofort der alteingesessene Widerstand, der schon Zürich 2014 verhindern half. An die „geschätzten Medienschaffenden“ richtete sich folgende Botschaft:

„Das Komitee Olympiakritisches Graubünden wird von der Vereinigung Bündner Umweltorganisationen getragen und sieht sich in seinem Widerstand gegen eine Winterolympiade in den Alpen schweizweit gestützt. Seit dem Widerstand gegen die Olympiakandidaturen Davos 2010 und Zürich/Graubünden 2014 ist klar, dass die Umweltschutzorganisationen keinen Einsitz in Trägerschaften nehmen und nicht mitarbeiten werden. Denn Olympische Winterspiele sind weder umweltschonend noch sozial verträglich.“

„Angesichts der neuen Olympia-Euphorie für 2022 oder 2026 stellen sich die Bündner Umweltorganisationen geschlossen gegen eine Winterolympiade in Graubünden. Aus den Erfahrungen der vergangenen (und vergessenen) Olympischen Winterspiele warnen sie nicht nur vor der Umweltzerstörung, sondern auch vor einem drohenden finanziellen Desaster.  Die Eingriffe in die hochsensible alpine Landschaft Graubündens wären enorm, auch wenn Olympia-Promotoren jedesmal versprechen, dass in erster Linie bestehende Infrastrukturen und Sportanlagen genutzt werden. Die einzigen bestehenden Anlagen, die in der Schweiz für Winterolympiaden genutzt werden könnten, sind die Flughäfen in Zürich und Genf“ (PM Komitee Olympiakritisches Graubünden, Chur 16.11.2010).

Eröffnungs-, Sieger- und Schlussfeier 2022 würden in Zürich stattfinden, die alpinen Wettbewerbe in Davos und Lenzerheide. Pro Natura warnte vor den Folgen: „Das Beispiel der Alpinen Ski-WM 2003 (in St. Moritz; W.Z.) zeigte es deutlich: Obwohl immer wieder versichert wurde, dass nur eine bestehende Anlage genutzt werde, wurden die Skipisten völlig neu gebaut, lange Beschneiungsanlagen verlegt sowie aufwändige Einrichtungen für Zuschauer und Medien erstellt.“

À propos Schneekanonen: St. Moritz liegt auf 1850 m ü.NN, die Pisten reichen bis 3000 m ü.NN. Garmisch-Partenkirchen liegt auf 700 m ü.NN mit Pisten bis 1600 ü.NN. Schwaiganger liegt auf etwa 600 Meter ü.NN., München auf 500 ü.NN.

Die immer gleichen Versprechungen an allen möglichen olympischen Austragungsorten wurden ebenfalls abgeliefert: Sie seien ein Imagegewinn für den Kanton, eine bessere Verkehrsinfrastruktur usw. Und auch die Grünliberalen lieferten angeblicher Gründe ab: Förderung des Tourismus, nachhaltige Winterspiele, sich und die intakte Bergwelt der Welt im besten Licht zeigen, energieautarke Beherbergungsstätten etc.

Was das IOC eben so an Satzbausteinen abliefert.

Der zuständige Schweizer Bundesrat Ueli Maurer sah zwar Probleme bei Kosten und Sicherheit, lobte aber im Interview die Olympischen Spiele als „hervorragende Plattform für die Schweiz“. Er brachte die nächsten EDV-Satzbausteine des IOC: „Sport bewegt und begeistert, Sport ist Integration“. Und der sportliche Erfolg wäre für die Schweiz „ein überzeugender Leistungsausweis“ („Wir müssen zurück in die Berge“, Interview in nzzonline 17.11.2010).

Inzwischen explodieren die Kosten weiter. Turin 2006 lag offiziell bei 3,4 Milliarden Euro, Vancouver bei 7 bis 8 Milliarden kanadische Dollar. Sotschi liegt derzeit bei 30 Milliarden US-Dollar.

(Vgl. Berger, Olivier, Umweltschützer warnen vor Olympia – wegen des Geldes, in Die Südostschweiz am Sonntag, 31.10.2010; Muschg, Benjamin, Brüngger, Christian, Spiel mit dem olympischen Feuer, in Sonntags-Zeitung 21.11.2010)

Das Komitee Olympiakritisches Graubünden nahm inzwischen mit NOlympia Kontakt auf, die Websites sind verlinkt.

Die Ruinen von Turin

In der CIPRA-Schriftreihe SzeneAlpen 11/2010 wurden Großprojekte in den Alpen untersucht, u. a. auch die Folgen für die Bergorte um Turin, wo Sportstätten für die Olympischen Winterspiele 2006 errichtet worden waren. Leidtragende solcher Großereignisse sind weniger die Großstädte als die kleinen Orte, welche die weiteren Betriebs- und Unterhaltskosten zu schultern haben. Die Sportanlagen selbst sind meist nicht mehr in Benutzung und verursachen nur Belastungen.

„Sobald der Vorhang fällt, die Fernsehkameras aus sind, die Athleten und Journalisten abgereist sind“, schreibt Francesco Pastorelli, der Geschäftsführer CIPRA Italien, dann gehen die alten Probleme weiter. „Von den Hunderten von Millionen Euro, die in den Sande gesetzt wurden, und von den Missständen, die die Region während der jahrelangen Bauarbeiten erduldete, spricht niemand.“

Die Skisprungschanzen (Baukosten 35 Millionen Euro): außer Betrieb. Die Bobbahn (Baukosten 60 Millionen Euro): außer Betrieb. Die Biathlon-Schiessanlage (25 Millionen Euro): außer Betrieb. Die Skilanglaufloipen (20 Millionen Euro): für ein paar Touristen gespurt. Die Eisstadien: defizitär.

(Vergleiche: White Elephants )

Bundesregierung steht hinter München 2018

Erfreut gab Bundesinnenminister Thomas de Maizière bekannt, dass sämtliche Regierungsgarantien des Bundes abgegeben wurden. Für das Bid Book am 11.1.2011 musste vorher noch von der Bundesregierung das Eckdatenpapier, das „Multi Party Agreement“ und die Vereinbarung der Garantiegeber unterzeichnet werden. Dieses Guarantee-file „wird im Gegensatz zum Bid Book durch das IOC nicht veröffentlicht“ (Bericht zur Bewerbung S. 4)

Die Nichtveröffentlichung ist ein weiterer Beweis für die Intransparenz der Olympischen Bewegung. Sie wird Gründe haben: Diese Garantien könnte noch sehr, sehr teuer werden!

Der Bund garantiert u. a.: die Achtung der Olympischen Charta, keine anderen Sportgroßereignisse vor, während und nach den Olympischen Spielen, den Markenschutz des Olympischen Emblems und der Olympischen Bezeichnungen, eine Einreisegarantie für akkreditierte und eine Einreise- und Erwerbsgarantie für nicht akkreditierte Personen, Zoll- und Steuerfreiheit, die Deckung jeglichen Fehlbetrages des Durchführungsbudgets (OCOG-Budgets), Vermarktungsgarantien, Bestand der Gesetze zur Verhinderung von unlauterem Wettbewerb, die Finanzierung der Wettkampf- und Nichtwettkampfstätten, die Reisekostenübernahme für Delegationen der Olympischen Familie, die sichere und friedliche Ausrichtung der Winterspiele, kostenfreie Funkfrequenzen und ein internationales Radio- und Fernsehzentrum (S. 5-7).

Der Bund würde zwangsweise Gesellschafter des Münchner OCOG (MOCOG) werden: „Hierbei ist nicht auszuschließen, dass der zur Gründung des MOCOG noch abzuschließende Gesellschaftsvertrag eine Verpflichtung des Bundes zur Übernahme von Kosten bzw. Bürgschaften in derzeit unbekannter Höhe begründen wird“ (S. 8). Jedes Defizit muss vom Bund, Land Bayern und Landeshauptstadt München zu je einem Drittel ausgeglichen werden (S. 8).

Wie nannten die Salzburger Juristen den Host City Vertrag des IOC? Sittenwidrig. Das sind diese Garantien auch!

(PM Bundesregierung 3.11.2010: Bund unterstützt Münchens Olympiabewerbung; Bundesministerium des Inneren, Bericht zur Bewerbung der Stadt München um die Ausrichtung der XXIII. Olympischen und XII. Paralympischen Winterspiele 2018, 3.11.2010; DOSB, 100 Prozent Zustimmung für München 2018, Frankfurt 3.11.2010; Hutter, Dominik, Bundesregierung segnet Olympia-Pläne ab, in SZ 4.11.2010)

Angesichts der hohen geplanten Investitionen von zwei Milliarden Euro forderte die Landesgruppe Bayern der SPD-Bundestagsfraktion umgehend einen Sonderetat (PM SPD-Landesgruppe Bayer, 2.11.2010). Der Münchner Wirtschaftsreferent Dieter Reiter ist sich sicher: „Ein Debakel wird es auf keinen Fall geben.“ Die Bewerbung würde „einen Push für die Wirtschaft“ bringen… Für die örtliche Wirtschaft kann Olympia nur positiv sein, ich sehe keinerlei Nachteile“ („Ich sehe keine Nachteile“, in SZ 4.11.2010).

„Milliarden für heiße Luft“

Der bayerische Grünen-Vorsitzende Dieter Janecek schrieb im Blog „Olympia 2018: Milliarden für heiße Luft“ vom 4.11.2010: „Die Liste der Beispiele dreister unhaltbarer Versprechungen nimmt kein Ende“ und zählt den für 2018 versprochenen 2. S-Bahn-Tunnel dazu. Der frühere Bewerbungschef Willy Bogner bezifferte den Werbewert für Garmisch-Partenkirchen auf 540 Millionen Euro: eine Berechnung ohne Grundlage. Der Tourismusverband Garmisch-Partenkirchen behauptete, dass im Ort 80 Prozent der Wirtschaftskraft durch den Tourismus erbracht würde; in Wirklichkeit liegt der Anteil nach Untersuchungen nur zwischen 20 und 25 Prozent.

„Deloitte“ berechne seine Wirtschaftlichkeitsstudien „auf öffentlich verfügbaren Informationen und Dokumenten des IOC“. „Lotto Bayern“ wurde von DOSB-General Vesper als Sponsor aus der Privatwirtschaft vorgestellt, gehört jedoch zu 100 Prozent der Bayerischen Finanzverwaltung.

Die Landeshauptfrau von Salzburg kündigte nach den drei Bewerbungen 2006, 2010 und 2014 an, „sich nie wieder für Olympische Spiele unter den geltenden Voraussetzungen“ zu bewerben. Janecek folgerte: „Gut 150 Kilometer weiter wird den Menschen in München und Umgebung gerade systematisch Sand in die Augen gestreut.“

Olympija Garmisch-Partenkirchen

Nachdem zwei Münchner Stadträtinnen die Olympija-Website ins Internet gehievt hatten, wurde Anfang November 2010 der Unterstützungsverein Olympija in Garmisch-Partenkirchen vorgestellt. Gründungsmitglieder waren die unvermeidlichen Rosi Mittermaier und Christian Neureuther, der auch im Vorstand sitzt. Vorsitzender ist Heinz Mohr, ehemaliger Alpin-Trainer des DSV, Leiter des Olympiastützpunktes Garmisch-Partenkirchen und einer der Hauptverantwortlichen für die Abholzungen und den gnadenlosen Ausbau an der Kandahar für die Ski-WM 2011. Ein weiterer Vorstand ist Franz Reindl, Sportdirektor und Generalsekretär des Deutschen Eishockey-Bundes. Dazu kommen Mitglieder wie Maria Riesch, Peppi Heiß, Felix Neureuther und Repräsentanten aus Wirtschaft, Hotellerie und Gastronomie: 130 Einzelpersonen und 17 Firmen.

Der Vorsitzende der Industrie- und Handelskammer erwartete sich einen Beschleuniger für infrastrukturelle Maßnahmen, die Kreisvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes „eine Steilvorlage, um den Investitionsstau abzubauen“ (Reinbold, Peter, Allianz der Ja-Sager, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 11.11.2010).

Es wäre für das mit über 100 Millionen Euro verschuldete Garmisch-Partenkirchen allemal sinnvoller gewesen, den Investitionsstau im Sommertourismus abzubauen statt bislang 80 Millionen Euro in den Wintertourismus zu investieren und sich dadurch den Sommertourismus kaputt zu machen. Niemand wandert im Sommer gern auf Straßen für 40-Tonner oder schaut sich dabei noch die brutalen Schneisen für  Skipisten im Bergwald an.

Olympija hielt dann am 25.11.2010 in Garmisch-Partenkirchen eine weitere Veranstaltung ab. Der 1. Vorsitzende Heinz Mohr kündigte „Unabhängige Experten“ vor: „was freilich nicht ganz zutraf. Zwar sind einige Gäste nicht direkt mit der Bewerbung verbandelt, aber durchaus Befürworter, woraus keiner ein Hehl machte (Informationsveranstaltung von Olympija: Positive Stimmung für die Bewerbung, in merkur-online 26.11.2010).

Richard Knoche vom Institut für Meteorologie und Klimaforschung Garmisch-Partenkirchen sprach über Klimawandel; Sparkassen-Direktor Georg Fink über wirtschaftliche Chancen der Region und Manfred Resch vom ADAC über notwendige Verbesserungen der Verkehrsinfrastruktur im Landkreis. Drei Nachwuchssportler sprachen sich für München 2018 aus.

Der Sportausschuss des Bundestages besucht München 2018

Am 6. November 2010 trafen sich die grünen Mitglieder des Sportausschusses, MdB Viola von Cramon und MdB Winfried Hermann mit Christian Hierneis und mir. Christian Hierneis und ich trugen die Argumente zu München vor und zeigten Schaubilder und Fotos vom Park der Bundeswehr. Während Frau von Cramon eine sehr aufmerksame Zuhörerin war, hatte sich Hermann längst auf eine eindeutig positive und kritiklose Haltung zu München 2018 festgelegt, wie ich auch seinem Eröffnungsreferat am 30.4.2010 bei der DAV-Tagung in Bad Boll entnehmen konnte.

Dies ist umso unverständlicher, als er auch Vorsitzender des Verkehrsausschusses des Bundestags ist und somit alle wahnwitzigen Bauprojekte in Zusammenhang mit München 2018 kennen müsste.

Hermanns eindeutige Pro-München-2018-Haltung manifestierte sich endgültig bei der Bundesdelegiertenkonferenz der Grünen in Freiburg am 20.11.2010, siehe später.

Am 7. und 8.11.2010 wurden dann alle Mitglieder des Sportausschusses geballt von der Bewerbungsgesellschaft in Garmisch-Partenkirchen und München „informiert“. In Garmisch-Partenkirchen besorgten dies Prof. Seiler, der „Erfinder“ des Garmisch-Partenkirchner Kleinklimas und Mitglied in der Fachkommission  Umwelt der Bewerbung, Jutta Gries (regionale Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes) und der lokale Vorsitzende des DAV, Markus Dorfleitner. Als einziger Gegner war Axel Doering geladen.

Dorfleitner berichtete übrigens den Ausschussmitgliedern von einer beeindruckenden Umfrage unter den DAV-Sektionsmitgliedern: 90 Prozent seien für München 2018. Die offizielle Umfrage ergab dann folgendes Ergebnis:

Stimmabgaben: 513; Pro Olympia: 233;Contra Olympia: 244; Enthaltungen: 36. Dorfleitners Fazit daraus lautete überraschenderweise so: „Dieses Stimmungsbild bestärkt die bisherige Vorgehensweise der DAV-Sektion Garmisch-Partenkirchen, als konstruktiver Partner in den Gremien die Meinung seiner Mitglieder zu vertreten und sein Votumsrecht aufrecht zu erhalten.“

Dieses Beispiel zeigt: Vermutlich wird die Wahrheit selten so verbogen wie im Umfeld olympischer Bewerbungen. Der DAV will im übrigen in Garmisch-Partenkirchen eine Kletterhalle bauen.

Ein anschließendes Treffen mit lokalen Politikern ergab Unstimmigkeiten. „Kommt Olympia, wird gebetsmühlenhaft behauptet, könne fest mit dem Bau von Wank- und Auerbergtunnel sowie den Umfahrungen Oberau und Ettal gerechnet werden“ (Reinbold, Peter, Olympia 2018: Zweifel am Bau der Tunnel und Kritik an Bürgermeister Schmid, in merkuronline 8.11.2010). Der einzig wahrnehmbare Kritikpunkt von Winfried Hermann war die Finanzierbarkeit aller Verkehrsmaßnahmen. Bürgermeister Schmid wies sofort darauf hin, dass der Wanktunnel „nicht diskutierbar“ sei. Alles im Eckpunktepapier genannte müsse auch gebaut werden.

Zur Erinnerung: Der Kramertunnel wurde wegen der Ski-WM 2011 am Rande der Legalität durchgeboxt. Baubeginn war dann im August 2010, und fertig gestellt wird er wohl erst 2017.

In München traf sich dann der Sportausschuss mit der Bewerbungsgesellschaft und bekam deren schöne Modelle und deren schöne Umweltprojekte vorgestellt.

Die Vorsitzende des Sportausschusses, Dagmar Freitag (SPD) äußerte in einem Interview: „Ich hoffe sehr, dass jetzt die personellen Querelen ausgestanden sind und positive Botschaften nach außen transportiert werden können.“ Sie gab einem Bürgerbegehren von NOlympia wenig Chancen, da die meisten Verträge unterschrieben seien („Positive Botschaften nach außen transportieren“, in Das Parlament, 15.11.2010).

In diesen Verträgen wurde über Grund und Boden verfügt, worüber weder Gemeinde noch Bewerbungsgesellschaft Verfügungsrechte hatten.

25.700 Parkplätze

Im Verkehrskonzept der Bewerbungsgesellschaft vom November 2010 sind folgende Parkplätze angegeben: München 11.500; Garmisch-Partenkirchen 12.000, Berchtesgaden 2.200 Parkplätze. Für Garmisch-Partenkirchen werden an anderer Stelle allein 11.000 Parkplätze ohne Schwaiganger angegeben. Die Angaben wurden bewusst unklar gehalten und änderten sich immer wieder.

(Vergleiche auch: Verkehrsentwicklung )

Der Merkur meldete für Schwaiganger folgende Parkplatz-Zahlen: Großweil 1.000, Eschenlohe 3.000, Pömetsried 1.000, Ohlstadt 800, das sind zusammen schon 5.800.

Für diese Parkplatzflächen sind vor allem landwirtschaftlich genutzte Wiesen vorgesehen, die zunächst mit 30 Zentimeter Kies aufgeschüttet werden sollten: Das sei vom Tisch, sagte der Eschenloher Bürgermeister. Derzeit werden die in jedem Fall nötigen Erdarbeiten nicht genannt (Olympische Winterspiele 2018: Flächen gesucht für rund 6000 Parkplätze, in merkuronline 2.11.2010).

Es soll sich bei allen Parkplätzen um Park&Ride-Plätze handeln. Das besagt wenig, da zum Beispiel Wiesen in der Nähe um Schwaiganger zunächst parkplatzgerecht vorbereitet und dann zugeparkt werden sollen: Die Bustour wäre äußerst kurz.

Ungeklärt war auch die Situation der neuen Bahnunterführung in Seehausen/Rieden, die 2009 eingeweiht wurde und der Gemeinde 400.000 Euro gekostet hat. Bei einem zweigleisigen Ausbau Uffing-Murnau müsste die Unterführung wegen der neuen Gleisradien abgerissen werden. Laut Bürgermeister Markus Hörmann kann und will die Gemeinde die Kosten nicht übernehmen. Hörmann sieht auch Probleme bei den Murnauer Park & Ride-Plätzen, die über Seehausener Flur erschlossen würden. (Bahnunterführung wieder abreißen, in merkur-online 9.11.2010; Sperer, Michaela, Bahn-Ausbau: „Nicht mit unserem Geld“, in Garmisch-Partenkirchner tagblatt 10.11.2010)

Dradio.de-Interview mit Axel Doering

Weil die geplante Landschaftszerstörung irreparabel und das IOC „eine äußerst unfreundliche Organisation“ ist, kämpft der Garmischer Förster und Mitglied des Nolympia-Netzwerkes Axel Doering gegen die Winterspiele 2018. Auch seien „die Olympischen Spiele immer größer, immer kommerzieller geworden und eigentlich immer unfreundlicher zu den Orten“, dazu sind die Planungen viel zu groß für das Loisachtal, das Risiko der Verschuldung ist zu groß, und „sie sind in jedem Fall für die Menschen, die hier wohnen, kein Glück“.

In Schwaiganger würde mit temporären Bauten für 27 Millionen Euro „eine herrlich gewachsene eiszeitlich geprägte Landschaft“ zerstört. Doering berichtete im Interview auch von dem Druck auf die Menschen, ihre Grundstücke herzugeben.

Fazit von Axel Doering: „Wir arbeiten bis zum letzten Tag, dass Garmisch-Partenkirchen dieser Kelch der Olympischen Spiele erspart bleibt.“

(„Immer größer, immer kommerzieller“, Interview in dradio 9.11.2010)

Ohlstadt wird informiert

Die Siegfried-Schneider-Informationsshow fand diesmal in Ohlstadt am 10.11.2010 statt, als Informationsversammlung über die Pläne in Schwaiganger deklariert. Schneider erinnerte an die Ohlstädter Bobfahrer, die 1972 Gold gewannen und schwärmte vom „Imagegewinn“ für Ohlstadt durch München 2018: „In der Gesamtbilanz werden der Landkreis und Ohlstadt davon profitieren“ (Olympia 2018: Die große Überzeugungsshow, in merkuronline 12.11.2010).

Die Bewerbungsgesellschaft projizierte ziemlich unleserliche Pläne und Tabellen in schwarz-weiß und zeigte den Werbefilm aus Acapulco. Die ökologischen Fragen seien durch die qualifizierte Mitarbeit einiger „Grüner“ bestens gelöst, und die Wiesen würden nach dem Umbau zu Parkplätzen (mindestens 5.800, siehe oben) in einen besseren Zustand rückgebaut, als sie vorher waren.

EDV-Satzbaustein Nr. 77 der Bewerbungsgesellschaft München 2018, gern verwendet in Garmisch-Partenkirchen, Berchtesgaden und München.

Zu den Biathlon- und Langlaufwettbewerben werden pro Tag bis zu 22.000 Besucher erwartet (Murnauer SPD fordert mehr Informationen, in SZ 26.10.2010; Weichert, Annette, Nolympia München in Ohlstadt, www.nolympia2018.ludwighartmann.de).

Der DAV fährt Toyota

Der Rauswurf von Prof. Röhle und die Neuwahlen im DAV Ende Oktober 2010 lösten nicht alle DAV-Probleme, welche die Geschäftsführung verursachte. Schon Anfang November gab es neuen Wirbel: Der DAV kooperierte seit 2008 mit Toyota, und inzwischen fragten viele Mitglieder wieder einmal nach dem Selbstverständnis des DAV als Naturschutzverband. Im Internet schrieb ein Mitglied: „Ich bin dafür, den DAV in Deutscher Auto Verein umzubenennen.“

Außerdem empfanden viele dies als kontraproduktiv zu ihren Bemühungen, mit Öffentlichem Verkehr in die Berge zu kommen. Der Vorstand der Münchner Sektion sagte: „Wir fördern Bus und Bahn.“ Hauptgeschäftsführer Urban entgegnete den DAV-Befürwortern des Öffentlichen Verkehrs: „Auch diese Herrschaften fahren vermutlich nicht mit der Bahn zum Berg.“ Und die DAV-Pressesprecherin half nicht richtig, als sie äußerte: „Über 80 Prozent unserer Mitglieder reisen mit dem Auto zum Bergsport.“

Das Modell funktioniert so: Toyota zahlt den (zunächst geheim gehaltenen) Betrag von 200.000 Euro und stellt den Mitgliedern der Geschäftsstelle Fahrzeuge zur Verfügung. Außerdem kann Toyota auf DAV-Terminen oder in Kletterhallen für seine Fahrzeuge werben und sie dort präsentieren, oder einen Kletterturm vor dem Autohaus von einer DAV-Sektion betreuen lassen.

Auf der Internetseite des DAV fand sich übrigens der identische Toyota-Werbetext wie auf der Website von Toyota.

(Schmidt, Thomas, Verkauft sich der Alpenverein an Toyota, tz-online 3.11.2010; Mit dem Auto in die Berge, in SZ 5.11.2010; Stürzt Toyota den Alpenverein in den Abgrund? nuernberger-zeitung 9.11.2010; Alpenverein auf Gratwanderung: Streit schwelt, in merkur-online 9.11.2010; Sebald, Christian, Bald mehr Sport- als Umweltverband, in SZ 12.11.2010)

Bergsteigerlegende Reinhold Messner hatte im März 2009 das „totalitäre Vereinsselbstverständnis“ des DAV kritisiert und konnte es nicht lassen, dem alpinen Kontrahenten einiges aktuell zu übermitteln: „Und die Verwalter haben die Macht an sich gerissen. Herr Urban gängelt den Verband wie eine Schafsherde.“ – „Der DAV ist weder ein Naturschutzverein noch ein Kletterverein – er ist ein Sportverband… Es dreht sich alles um Geld, das aus der Industrie in die Verbandskasse fließt.“ – „Der DAV will die Bewerbung nutzen, um Klettern zu einer olympischen Disziplin zu machen – nur darum geht es. Urban weiß, dass er keine Chance hat, wenn er die Bewerbung nicht unterstützt.“

Und als der tz-Reporter sagte: „DAV-Vize Ulrich Kühnl bezeichnete den eigenen Verband kurz vor seinem Rücktritt als ‚ADAC der Berge’“, erwiderte Messner: „Das ist eine Beleidigung für den ADAC“ (Schmidt, Tom, Messners Abrechnung mit dem Alpenverein, in tz-online 13.11.2010).

Ude, wie gewohnt arrogant

Im Bayerischen Rundfunk gab Ude im November 2010 folgendes von sich:

„Und natürlich gibt es Umweltschützer, die sagen: Wir können als Umweltverband mit nichts mehr Furore machen, als wenn wir sagen, wir sind gegen Olympia… So unbedeutend können sie gar nicht sein, dass sie nicht sofort in die Zeitung kommen mit der Aussage: Ich bin gegen die Olympischen Winterspiele. Die (Kritiker) werden sich schon ab 2016 nur noch um Freikarten bemühen und sagen: Wir waren doch als Umweltschützerverband bei der ökologischen Ausgestaltung dieser Bewerbung irgendwie beteiligt, da dürfen wir doch bitteschön auch auf der Ehrentribüne sitzen und zum Empfang kommen” (B3 5.11.2010).

Ude in seiner Spätphase: diffamierend, beleidigend und arrogant – wie gehabt.

Park der Bundeswehr

Bei einem Treffen des Vereins Ackermannbogen erklärte die Leiterin der Stadtplanung im Planungsreferat, Susanne Ritter, dass es einen „Baumplan“ gibt, „der vorsieht, schützenswerte Bäume zwingend zu erhalten“.

Mit dem Baumplan meinte Frau Ritter vermutlich die Baumschutzverordnung.

Mehr Details seien laut Ritter noch nicht ausgearbeitet: „Dafür sei es zu früh.“

Bei München 2018 hat es Methode, dass man immer entweder zu früh oder zu spät dran ist. Außerdem stimmt die Terminierung von Frau Ritter so nicht. Der Architektenwettbewerb für das geplante neue Olympische Dorf war seit Sommer 2010 längst in vollem Gang: Bereits Anfang Dezember 2010 sollen die Ergebnisse und der Sieger vorgestellt werden. Das Modell des Siegers wird dann ziemlich baumlos aussehen, siehe Dezember 2010!

800 bis 850 vier- bis sechsgeschossige Wohnungen seien auf dem Bundeswehrgelände geplant, dazu 350 Wohnungen im sogenannten Mediendorf, die in jedem Fall erstellt würden.

Der Gewinner des Wettbewerbs wird dann 17 abgerundete und bis 50 Meter hohe, uncharmante Wohntürme mit bis zu 14 Geschoßen präsentieren: Hochbunker mit Balkonen. Wohnungsbau ist nicht nur in dieser Stadt ein Totschlagargument, mit dem sich noch die letzten Grünflächen zubauen lassen – und noch dazu mit mieser Architektur.

Das Tollwood-Gelände soll angeblich nicht verlagert werden, ebenso wenig das Montessori-Zentrum. Das Tollwood-Festival würde aber mit der neuen Wohnbebauung lärmmäßig kollidieren – genau wie Musikkonzerte im Olympiastadion – und müsste deshalb in jedem Fall umziehen. Der Mietvertrag der Montessori-Schule läuft am 31.12.2012 aus. Es wäre verwunderlich, wenn die Olympia-Planungen dieses Gelände unversehrt ließen.

Die völlig intakten Gebäude der Bundeswehrverwaltung würden abgerissen; diese soll in zusätzliche neue Hochhäuser für 120 Millionen Euro an der Dachauerstraße umziehen.

Es kann aber auch sein, dass 1500 gut entlohnte Arbeitsplätze aus der Stadt verlegt würden. Das ging bei Veranstaltungen wie dieser zum gelobten neuen Olympischen Dorf stets unter.

(Draxel, Ellen, Alte Bäume unter Artenschutz, in SZ 6.11.2010)

Olympische Fan-Gemeinde

Bewerbungsgesellschaft München 2018: Diese suchte Freunde unter der Prämisse: „Ja, ich will sie!“ Das war anscheinend ein eher zähes Unterfangen – bis 5.11.2010 waren es erst 1300 „Freunde“. Deshalb startete man als Anreiz eine Fahrt mit dem München-2018-Heißluftballon und ein Wochenend-Wellness-Paket im Hotel Riessersee in Garmisch-Partenkirchen mit Romeo & Julia-Menü, 2 Tandemflügen und einem Entspannungsbad für zwei Personen (Mit München 2018 in die Luft gehen, 5.11.2010)

Gekaufte „Freunde“!

Acht der 30 Mitarbeiter von München 2018 arbeiten im Marketing – mit wenig vernehmlichen Widerhall. Deshalb wurden Gespräche mit den Verlagen Burda, Springer und Gruner & Jahr geführt, ob nicht mit redaktionellen Beiträgen der Bewerbung geholfen werden könne. Prompt kündigte Burda ein Image-Magazin für München 2018 an (Hettfleisch, Wolfgang, Münchner Offensive, in Frankfurter Rundschau 12.11.2010).

Unabhängiger Journalismus sieht anders aus!

Münchner Postpalast: Bei der Olympia-Gala wurden Lebkuchenherzen mit dem unnachahmlichen Slogan „Freundliche Spiele Ja, ich will sie!“ verteilt. Die „München leuchtet“-Preisträger Rosi Mittermaier und Christian Neureuther waren da und OB Ude, der verriet, dass ihm NeureutherMittermaier etwa im Jahr 2000 auf einer Alm sagten: „In Garmisch sind eh alle dafür, du musst nur noch die Münchner überzeugen.“

Daran arbeitete Ude bis heute mehr oder weniger erfolgreich, auch wenn er wieder einmal den Gegnern attestierte: „Man wird halt wahnsinnig wichtig, wenn man ein Großprojekt in Frage stellt“ (Crone, Philipp, Das Vorspiel ist vorbei, in SZ 6.11.2010).

Die Gegner von München 2018 hätten ja sonst rein gar nichts zu tun und sind allesamt dankbar, dass sie sich mit dieser transparenten Bewerbung München 2018 auseinandersetzen dürfen. Was sagt Christian Hierneis von der Münchner Kreisgruppe des Bund Naturschutz immer: „Die, die dafür sind, werden bezahlt, und die, die dagegen sind, arbeiten ehrenamtlich.“

Bayerische Staatskanzlei: Gesellschafter und Aufsichtsrat der Bewerbungsgesellschaft tagten dort am 8.11.2010.

Zirbelstube?

Die 1,3 Milliarden Euro für das Organisationsbudget soll ohne Steuergelder (!) aufgebracht werden, und die 1,6 Milliarden Euro sind für Infrastrukturmaßnahmen vorgesehen, „die schon lange gefordert werden“, wie OB Ude weiß.

IOC-Satzbaustein Nr. 116.

Ude und Seehofer hielten die drei Milliarden Euro für gut angelegtes Geld. Seehofer war der Meinung, man könne ohnehin „nicht ernsthaft dagegen sein, Gastgeber dieses internationalen Sportereignisses zu werden“ (Hutter, Dominik, Drei Milliarden für die Spiele, in SZ 9.11.2010).

DOSB-Präsident Bach nahm Witterung auf: „Es ist Rückenwind spürbar, der international trägt und beflügelt“ (Kristlbauer, Matthias, Reinbold, Peter Olympia: Politik versprüht Zuversicht, in merkuronline 8.11.2010).

Der Rückenwind ist schwer verständlich, wenn man daran denkt, dass die Bewerbungsgesellschaft vor der Öffentlichkeit und auch vor dem IOC komplett geblufft hat, da die Grundstücke in Garmisch-Partenkirchen nach wie vor nicht zu ihrer Verfügung stehen. Geschäftsführer Schwank gab sich wieder einmal zuversichtlich, bis 6.1.2011 die Unterschriften unter die Verträge zu bekommen.

Ude hielt auch die Beschlüsse der grünen Landtagsfraktion, der Landesgrünen und der Stadtgrünen gegen München 2018 für unerheblich und lobte die Grünen Münchner Stadträte als „verlässliche Stütze“: „Das sieht nur dort anders aus, wo die Grünen nie in der Verantwortung sind und es auch noch nie waren“ (Hutter 9.11.2010).

Ude (oder wer auch immer) hatte sich in seiner monatlichen Kolumne in München erleben auch ein neues Argument ausgedacht: „Wer Olympische Spiee ablehnt und aus dem eigenen Land fernhalten will, zeigt auch dem Behindertensport die kalte Schulter“ (Ude, Christian, Olympia – was sonst? in München erleben 11/2010).

Kaum bin ich aus vielerlei Gründen gegen Olympische Winterspiele 2018 in München, werde ich – nach damals 18 Monaten Zivildienst in der Münchner Pfennigparade – schon als Behindertengegner angeprangert.

Ude fragte in seinem Beitrag für München erleben dann noch die Olympia-Skeptiker: „Wo gibt es denn eine Idee und eine Organisation, die über 200 Nationen vereint?“

Das ist leicht zu beantworten: Das IOC vereint 205 und die FIFA (heute von Satirikern auch MAFIFA genannt) 208 Nationen – aus einleuchtenden Gründen, wie zum Beispiel: Geld, Macht, Fünf-Sterne-Hotels, Luxusdiners, Liebesdienste, Privatjets für immerwährende Luxusreisen an Orte wie Bali, Acapulco etc.l

Da Udes München alles mitnehmen will, was geht, um das IOC zu beeindrucken, bewarb sich die Stadt kurz danach um die Ausrichtung der Special Olympics Deutschland 2012, den Nationalen Sommerspielen für „Menschen mit geistiger und Mehrfachbehinderung“ (SPD-PM 11.11.2010: München bewirbt sich um die Special Olympics Deutschland; München will auch „Special Olympics“ in SZ 12.11.2010). Und so bekam München im Dezember 2010 die vom IOC anerkannten und vom Special Olympics Deutschland vergebenen „National Summer Olympics 2012“ (Special Olympics 2012 in München, in sueddeutsche, de 22.12.2010)

Guangzhou: Hier fand Mitte November 2011 die Generalversammlung des Olympischen Rates Asiens statt, wo sich München 2018 neben Annecy und Pyeongchang zehn Minuten präsentieren durfte. Natürlich wurde der schöne Werbefilm wieder gezeigt. Vertreten durften die Bewerbung Geschäftsführer Bernhard Schwank und Kati, das unvermeidlichen „Gesicht der Bewerbung“. Mitfahren durfte diesmal auch Staatskanzleichef Siegfried Schneider, der auch hier darauf hinwies, dass sämtliche politischen Beschlüsse und Garantieerklärungen vorliegen würden (Hutter, Dominik, Zehn Minuten in Guangzhou, in SZ 15.11.2010).

Schneider verschwieg natürlich, dass die Zustimmungen der Grundeigentümer nicht vorliegen. Die Reise war wohl auch ein Abschiedsgeschenk der Bewerbungsgesellschaft an Schneider, der ab 2011 für rund 300.000 Euro als Präsident zur Bayerischen Landeszentrale für Neue Medien wechselt – vermutlich, weil er sich im Garmisch-Partenkirchner Grundstückskampf so bewährt hat oder besser: weil er beinhart geblufft hat.

Statt zwei Dutzend IOC-Mitgliedern waren „kaum eine Handvoll da“: Die Mehrzahl der IOC-Mitglieder musste dringend zu einem Empfang beim Medienzar Timothy Fok aus Honkong. Viel Aufwand für die zweite Vorstellungsetappe – von zehn! (Simeoni, Evi, Zehn stressige Minuten vor falschen Leuten, in faz.net 15.11.2010)

Weniger IOC-Mitglieder als eine Handvoll sind weniger als fünf! Und diese sowie die folgenden zehn Vorstellungen waren nicht einmal billig!

Olympischer Weihnachtsbaum: Eine 27 Meter hohe Fichte vom Fuß des Wanks im Estergebirge wurde (geschmackloserweise in Fangnetze der Kandahar verschnürt) im Tieflader nach München gekarrt und auf dem Marienplatz aufgestellt. Bürgermeister Thomas Schmid und die Münchner Tourismus-Chefin Gabriele Weishäupl präsentierten stolz den gefällten Baum. Schmid sah in dem Baum „ein Zeichen der engen Verbundenheit von Garmisch-Partenkirchen und München“.

Vergl. dazu auch:“Sprüche des Tages

Weishäupl bezeichnete die tote Fichte als „Hoffnungsträger für unser gemeinsames Projekt: die Winterspiele 2018“. Aber der Baum war zu dick für die Halterung und musste um zwei Meter gekürzt werden (Yücel, D., Christbaum-Panne am Marienplatz, in merkur-online 16.11.2010)

Vielleicht kann man das auch als Symbol verstehen, dass das olympische Projekt zu groß für die Teilnehmer werden würde. Leider bliebe die arme Fichte aus dem Werdenfelser Land nicht der einzige Baum, der für München 2018 gefällt werden würde.

Sicherheitskosten Oktoberfest

Die neuen Hochsicherheitspolleranlagen mit 100 statischen und 80 per Funksignal versenkbaren Pollern für das Oktoberfest kosteten 3,3 Millionen Euro, die auf mehrere Jahre abgeschrieben werden. Dazu kommen erhöhte Kosten der Rettungsdienste und der Feuerwehr, der Wachdienste und des Katastrophenschutzes.

Plus 38 Prozent mehr Pacht müssen deshalb Wiesnwirte und Schausteller ab 2011 an die Stadt München bezahlen – für die schärferen Sicherheitsvorkehrungen. Für ein großes Bierzelt fallen statt 172.000 Euro Standgeld ab 2011 237.000 Euro an; eine Wurstimbissbude kostet dann statt 6.600 Euro 9.100 Euro (Hutter, Dominik, Wiesnwirte zahlen für mehr Sicherheit, in SZ 17.11.2010).

IOC und DOSB zahlen für die Gewährleistung der Sicherheit durch öffentliche Polizei- und Sicherungskräfte: NICHTS. Aber was kostet dann die Sicherheit München 2018 wirklich? Mit Wettbewerben und Beiwerk? Mit Medaillenvergabe auf dem Marienhof?

Angesichts der Tatsache, dass bereits in Vancouver 2010 Überwachungsdrohnen eingesetzt wurden und bei den jüngsten Castor-Transporten im November 2011 im Wendland ferngesteuerte Aufklärungshubschrauber mit Kameras eingesetzt wurden, kann man sich die Situation in München 2018 vorstellen (Kaul, Martin, Volle Drohnung gegen Demonstranten, in taz.de 17.11.2010; Gerangel um Drohnen geht weiter, in taz.de 18.11.2010).

Dazu verlangen bereits jetzt durch die erhöhte Terrorgefahr in Deutschland die Kriminalbeamten den Einsatz der Bundeswehr im Inland. Und bis 2018 wird sich in diese Richtung noch einiges verändern und verschärfen (Kriminalbeamte verlangen Hilfe der Bundeswehr, in spiegelonline 23.11.2010).

Vancouver, Olympisches Dorf

À propos Vancouver 2010: Im Jahr 2006 bezahlte die Millenium Group 193 Kanadische Dollar (C$) für das der Stadt Vancouver gehörende 2,6 großes Baugrundstück False Creek und wollte dort als Olympisches Dorf 1100 Wohnungen bauen, davon 200 Mietwohnungen und 250 Sozialwohnungen. Im September 2010 schuldete Millenium der Stadt Vancouver aber noch 740 Millionen C$ und hatte gerade einmal 259 Eigentumswohnungen verkauft. Die gesamten Projektkosten betrugen eine Milliarde C$.

Insgesamt musste Vancouver umgerechnet 677 Millionen Euro Darlehensgarantien geben. Am 17. November 2010 wurde „Millenium Southeast False Creek Properties Ltd.“ vom Supreme Court of British Columbia für bankrott und illiquide erklärt. Die Gesellschaft verfügte noch über 480 unverkaufte und als unverkäuflich geltende Eigentumswohnungen und etwa einhundert Mietwohnungen. Die Stadt Vancouver und private Projektentwickler sicherten sich so die Konkursverwaltung und werden die Wohnungen nun selbst auf den Markt bringen.

Die Stadt muss zusammenstreichen, was noch zu streichen ist – aufgrund riesiger Fehlinvestitionen in eine olympische Party von 17 Tagen. Die Steuerzahler werden für einen Großteil der Verluste aufkommen müssen. Die Stadt muss nun versuchen, selbst die Wohnungen als Eigentumswohnungen zu verkaufen (Vancouver takes control of Olympic village, in theglobeandmail.com 17.11.2010; Supreme Court of British Columbia, Urteil S 107588 vom 17.11.2010).

Vancouver konnte das OCOG-Budget (Austragungsbudget) von 1,7 Milliarden CAD nur mühsam durch eine Sonderüberweisung des IOC im Jahr 2009 ausgleichen. Das wirklich dramatische Defizit landete aber wie üblich im Non-OCOG-Budget (Infrastrukturbudget), Beispiel Olympisches Dorf (Vanoc vows to balance budget, in vancouversun.com 18.11.2010); Carrigg, David, Countdown to Olympic Village, in The Province 17.11.2010).

Vergleiche auch: Vancouver

Wieso sollte es München 2018 besser machen als Vancouver – auch hier wird nach dem olympischen Rausch die tatsächliche Verschuldung offenbar werden. Und Schluss wäre es mit versprochenen 880 Mietwohnungen. Aber der Münchner OB hat andere Sorgen: Das alte Olympische Dorf muss sich nicht „ehem.“ nennen, sondern dürfte „Olympisches Dorf 1972“ heißen. Ohne Zuschlag, so ein CSU-Sprecher, erfolgt allerdings auch kein Zusatz (Olympiadorf erhält 1972 als Namenszusatz, in SZ 16.11.2010).

Garmisch-Partenkirchen-Splitter

Große Schanze: Drei Jahre nach der Einweihung der großen Schanze hielt Bürgermeister Schmid die Zahlen über die wirklichen Kosten weiter zurück. Anfang Juni 2010 hatte Schmid erklärt, bis nach der Sommerpause keine Beträge mehr zu nennen. Nunmehr, monierte der Merkur, „naht bereits das Weihnachtsfest“ (Schanzenkosten: Weiter keine Informationen, in merkur-online 18.11.2010).

Die Kosten sollten zunächst bei neun Millionen Euro liegen und stiegen dann auf zugegebene 18 Millionen. Die Verzögerung der Bekanntgabe lässt auf einen noch weit höheren Betrag schließen – für wenige Tage Nutzung im Jahr.

Freie Wähler beantragen und beantragen: Am 15.7.2010 stellten die Freien Wähler im Kreistag einen Antrag auf Unterstützung der Bewerbung, der vertagt wurde. Am 29.7. stellten sie erneut den Antrag, der erneut vertagt wurde. Mitte Oktober wurde er mit 13:8 Stimmen abgelehnt. Am 18.11. probierten die Freien Wähler es erneut: Leider war keine Kopie des Antrags für die Kreisräte verfügbar, und so wurde er erneut vertagt. Am 7.12.2010 stimmten dann 33 Kreisräte für und 18 gegen einen Antrag, über den Siegrid Meierhofer (SPD) urteilte: „ein einziges Wischi-Waschi“ und sich Axel Doering mokierte: „Da kannst du fast nicht mehr dagegen sein, weil nichts drin steht“ (Olympia-Resolution: Streit im Kreisausschuss, in merkur-online 22.11.2010; Hoffmann, Nadja, Gequältes „Ja“ zu Olympia, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 8.12.2010).

Florian Streibl (Freie Wähler), der Sohn eines ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten, lief olympischen Amok gegen CSU-Kreisräte, de dagegen gestimmt hatten („Schwarzmaler“, unterste politische Kiste“. „Wir-sind-gegen-alles-Bewegung“, „Totalblockade“ und jubelte: „Die Welt wird Winterspiele der Nachhaltigkeit erleben, die es in der Form noch nie gegeben hat“ (PM Florian Streibl MdL – Herr Schneider, wie verhandelt es sich mit dem Dolch der Garmischer CSU im Rücken? Freie Wähler 8.12.2010).

Ganz der Vater…

Felix Neureuther träumt: Neureuther ist derzeit 26 und träumt auch für sich von den Olympischen Spielen 2018: „Dann wäre ich 33. Das wäre dann ein guter Zeitpunkt zum Aufhören“ (Neureuther träumt von München 2018, www.sport1.de 18.11.2010).

Die NeureutherMittermaier-Ski-WM 2011: Felix Neureuther sitzt im Präsidium der Ski-WM und wirbt als Botschafter für Olympia. Felix Neureuther startet, Tochter Ameli Neureuther hat Ga und Pa gestaltet. Und Christian Neureuther jubelt: „Die Eröffnungsfeier wird ein Paukenschlag, eine Multimediashow … dass soll schon an eine Eröffnungsfeier bei Olympia erinnern“ (Teuffel, Friedhard, Gipfelsturm oder Talfahrt, in Der Tagesspiegel 21.11.2010).

Zur Erinnerung: Im März 2010 kündigte Bundesinnenminister de Maizière 1,5 Millionen Euro als „Bundeszuschuss für ein Kulturprogramm zur Ski-WM 2011“ an mit der Begründung, dass die Ski-WM 2011 fünf Monate vor der Entscheidung über die Olympischen Winterspiele 2018 stattfinde: „Und nur deshalb sind die Mittel gerechtfertigt und gut.“

De Maizière sagte auch, dass es keinen Zusammenhang zur gleichzeitigen Streichung von zwei Millionen Euro für den „Goldenen Plan Ost“, einem Förderprogramm für ostdeutsche Sportstätten gebe (Schwer, Alexander, Hohes Niveau auch abseits der Piste, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 27.3.2010).

Massenpanik in der Turnhalle: Für die Ski-WM 2011 probten 77 Helfer des Roten Kreuzes den Notfall: Unter 300 Besuchern auf einer Tribüne sei eine Panik ausgebrochen. Sichtung und Abtransport funktionierten bestens. Landrat und Bürgermeister waren hochzufrieden (Massenpanik in der Turnhalle: Rotes Kreuz probt Ernstfall, in merkur-online 21.11.2010).

Monitor: Kostenfalle Olympia

Am 18.11.2010 brachte das ARD-Magazin Monitor den Bericht „Kostenfalle Olympia: Wie die Winterspiele Kommunen ruinieren“. Dabei wurde ein interner Bericht für Bundesinnenminister de Maizière zitiert, der Risiken bei den Einnahmenschätzungen von Sponsoren und Tickets feststellt. Den Steuerzahlern würden die Spiele viel teurer kommen als angenommen. „Zwei Milliarden Kanadische Dollar sollte Olympia den kanadischen Steuerzahler insgesamt kosten. Aus zwei Milliarden Dollar werden nach jüngsten Schätzungen wohl sieben Milliarden Dollar“ (Monitor, Kostenfalle Olympia, 18.11.2010).

Die Monitor-Redaktion moniert auch die mit 31,7 Millionen Euro zu niedrige Kosten der Sicherheit. Dazu erklärte die Bewerbungsgesellschaft, dies seien nur die Kosten für private Sicherheitsdienste an den Zugangskontrollen im „inneren Sicherheitsgürtel“. Für die „äußere“ Absicherung der Spiele sei das OCOG nicht zuständig.

Geschäftsführer Schwank von der Bewerbungsgesellschaft erklärte die finanziellen Planungen für solide: „Die Behauptung, die Einnahmen und Ausgaben wurden schöngerechnet, weise ich entschieden zurück“ (München 2018 weist Fehlplanungs-Vorwürfe zurück, in Handelsblatt 19.11.2010; Kritik an der Finanzierung der Olympischen Spiele 2018, in merkuronline 18.11.2010).

DOSB-Präsident Bach hatte zwei Wochen zuvor erklärt, das Budget sei „so gering wie bei kaum einer anderen Bewerbung zuvor“. OB Ude erklärte wie üblich, von den 2,9 Milliarden Euro Kosten seien 1,3 Milliarden Euro Durchführungsetat und 1,6 Milliarden Infrastrukturmaßnahmen, „die seit Jahren gefordert werden“ (München 2018: Geheim-Bericht sieht Riesen-Sprengsätze, in www.sport1.de 18.11.2010; Effern, Heiner, Kostenrisiko Olympia 2018, in SZ 19.11.2010).

Alles unrichtig.

Grüne Delegierte gegen München 2018

Auf der Bundesdelegiertenkonferenz in Freiburg am 20.11.2010 stellten Ludwig Hartmann und 19 weiteren AntragstellerInnen den Antrag V-20: „Nein zur Olympiabewerbung München 2018!“

Am Donnerstag vor der Bundesdelegiertenkonferenz wurde von der Parteispitze versucht, diesen Antrag von der Tagesordnung abzusetzen. Aber Ludwig Hartmann lehnte bis Samstag Abend Zugeständnisse ab: „Nach so einem Harmonie-Parteitag zu sagen, für Streitthemen bleibt keine Zeit mehr, das fände ich merkwürdig“ (Bauchmüller, Michael, Hutter, Dominik, Verbissen und zerrissen, in SZ 22.11.2010).

Am 16.11.2010 intervenierte DOSB-Generalsekretär Michael Vesper als Mitglied der Grünen mit einem Papier „Ja zur Olympiabewerbung München 2018!“, in dem er versuchte, die Fakten des Antrags V-20 infrage zu stellen. Vesper lobte das Konzept, lobte Schwaiganger („Dabei wird der ursprüngliche Zustand in mindestens gleichwertiger Qualität wieder erreicht“), lobte das neue Olympische Dorf, lobte das Umweltkonzept, lobte DAV, LBV und Naturfreunde für die weitere Mitarbeit, lobte die Transparenz der Bewerbung, lobte die Informationspolitik der Bewerbungsgesellschaft, etc.

Ich erspare dem Leser hier die inhaltliche Wiedergabe.

Winfried Hermann hatte sogar zunächst daran gedacht, Vesper in Freiburg reden zu lassen. Selbst Thomas Bach äußerte zu diesem Plan: „Ich glaube nicht, dass das hilfreich gewesen wäre“ (Grün ohne Grüne, in tagesspiegel.de 22.11.2010).

Von Ämterteilung in einer Demokratie hat Vesper anscheinend nie etwas gehört. Dieter Janecek hatte Vesper schon im Januar 2010 aufgefordert, wegen der Interessenskollision mit dem Amt des DOSB-Generaldirektors seine Parteimitgliedschaft ruhen zu lassen.

Nach vielen Verschiebungen und Kämpfen hinter den Kulissen wurde der Antrag doch zur Abstimmung gestellt. Der Antrag steht im Internet unter: http://www.gruene-partei.de/cms/default/dok/359/359223.nein_zur_olympiabewerbung_muenchen_2018.htm

Korbinian Freier sprach für den Antrag („Das werden Spiele im Kunstschnee“; es werden für eine „18-Tage-Party hektarweise Land umgepflügt“, dazu gäbe es wenig Partizipation und unklare finanzielle Strukturen), ebenso Katharina Schulze („Ökologie und Nachhaltigkeit stehen an erster Stelle“; an der Bewerbung „kann man nichts Grünes und Nachhaltiges mehr erkennen“; die Delegierten sollten „zu unseren Wertren und idealen“ stehen).

Gratulation an Katharina und Korbinan! Und an Ludwig und Dieter!

Die Gegenreden hielten der Münchner Grünen-Stadtrat Florian Roth (Umweltplan für 100 Millionen) und der sportpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Winfried Hermann („Das ist das beste, ökologisch nachhaltigste Konzept, das es jemals gegeben hat.“)

Gegen 23 Uhr wurde der Antrag mit 289 Ja-Stimmen gegen 244 Nein-Stimmen bei 70 Enthaltungen angenommen.

Grünen-Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke versuchte trickhaft die Niederlage klein zu reden und verwies darauf, dass „mehr als 300 Delegierte nicht zugestimmt“ hätten: Sie rechnete hier die 70 Enthaltungen dazu (Völker, Markus, Auch Grüne wollen weiße Gaudi, in taz.de 18.11.2010; Denkler, Thorsten, Olympia: Der erzwungene Rücktritt der Claudia Roth, in sueddeutsche.de 20.11.2010; Gathmann,. Florian, Grüne torpedieren Roths Olympia-Pläne, in spiegelonline 21.11.2010).

Nach Freiburg klärte sich die Lage: „Abgeordnete wagen sich nun langsam aus der Deckung und beklagen, dass die Parteichefin, also die ‚Olympia-Trommlerin’ Claudia Roth gemeinsam mit dem sportpolitischen Sprecher der Fraktion, Winfried Hermann, jeden noch so kleinen Widerstand gegen Olympia in der Vergangenheit im Keim erstickt hätten“ (Kemnitzer, Sebastian, Dagegen? Nicht elf grüne Stadträte, in taz.de 25.11.2010).

Am 21.11.2010 um 8 Uhr trat Claudia Roth aus dem Kuratorium der Bewerbungsgesellschaft zurück.

Kommentare:

Thomas Bach, DOSB-Präsident und Demokratie-Spezialist: „Zeitpunkt und Verlauf der lediglich für wenige Minuten zugelassenen Debatte zu einem derart umfassenden Projekt zeigen, dass es hier nicht um die demokratische Abwägung einer Sachfrage ging, sondern um bloßes Nein-Sagen“ (DOSB-Stellungnahme zur 2018_Entscheidung  der Grünen, 21.11.2010).

Zeitpunkt und Verlauf hatte die Regie der Bundesdelegiertenkonferenz festgelegt, die den Antrag möglichst verhindern wollte.

Auf die Frage einer erneuten Kandidatur Münchens im Fall einer Niederlage äußerte Bach: „Das müssen wir nach einer Analyse entscheiden“ (Grün ohne Grüne, in tagesspiegel.de 22.11.2010).

Michael Vesper, DOSB-Generaldirektor: „Der Antrag enthält viele Fehlinformationen, die in einer zwanzigminütigen Debatte kurz vor Mitternacht nicht aufgeklärt werden können“ (DOSB-Stellungnahme zur 2018-Entscheidung  der Grünen, 21.11.2010).

Was man eben so äußert, wenn man selber Desinformation betrieben und trotzdem gerade eine demokratische Abstimmung verloren hat.

Winfried Hermann, Sportpolitischer Sprecher Bündnis 90/Die Grünen, hoffte vor Freiburg, dass der Antrag nicht zur Abstimmung kommen würde. Danach stellte er in seine Pressemitteilung mehrere bewusst unwahre Behauptungen, zum Beispiel: „Nur die Anlagen für Langlauf und Biathlon werden temporär gebaut und wieder zurückgebaut.“

Was ist mit dem Olympischen Dorf in Garmisch-Partenkirchen – temporär! Was ist mit der Eisschnelllaufhalle in München – temporär! Etc. Vergleiche http://www.nolympia.de/grunde-gegen-olympia-2018/temporar/

„Mit dem vorgelegten Bewerbungskonzept könnte München 2018 die ersten nachhaltigen Spiele ausrichten. Dafür werde ich mich als Sportpolitischer Sprecher weiterhin einsetzen“ (Pressemitteilung 21.11.2010).

Auf gut deutsch: Der Beschluss ist ihm völlig egal.

Und so setzte Hermann die offiziellen DOSB-Erklärungen von Bach und Vesper umgehend auf seine eigen Website. Die Peinlichkeit dabei ist ihm entgangen. Ist Hermann noch bei den Grünen oder schon beim DOSB?

Vergleiche auch den Offenen Brief von Andreas Keller an Hermann:

Offener Brief an Winfried Hermann


Lydia Dietrich, Grüne Fraktionssprecherin im Münchner Rathaus: „Wir gehen unseren Weg weiter“ (Hutter, Dominik, Münchner Grüne halten an Bewerbung fest, in SZ 22.11.2010).

Christian Ude, Münchner OB: „Claudia Roth habe „eine wenig überzeugende Vorstellung“ abgegeben, die entweder auf einen „Verlust an Persönlichkeit oder an Überzeugung“ schließen lasse (Ebenda).

Bei solchen Freunden braucht man keine Feinde mehr.

Siegfried Schneider, Staatskanzlei-Chef: „Die Grünen stellen sich ins gesellschaftliche Abseits“ (Ebenda).

Dieter Janecek, Bayerischer Grünen-Vorsitzender: „Es gibt endlich eine klare Positionierung“ (Ebenda). Und zu den Äußerungen von Thomas Bach (siehe oben): „Die Aussagen zum Parteitagsbeschluss der Grünen gegen Olympia 20218 sind mehr als unverschämt und zeigen sein mangelndes Verständnis für demokratische Prozesse“ (Grüner Olympia-Gegner attackiert Bach, in zeitonline 22.11.2010).

Vergl. auch:http://www.nolympia.de/2010/11/bundnis-90die-grunen-lehnen-die-bewerbung-munchen-2018-um-die-olympischen-winterspiele-2018-ab/

Kommentar: Grüne Olympia-Woche in Berlin

Grit Hartmann zog in dradio.de ein Resumée der Berliner Reaktionen in der Haushaltsdebatte nach dem Freiburger Ausstiegsbeschluss. Die FDP stellte fest, dass die Grünen jetzt „auch noch gegen Olympia“ seien. Die Union attestierte einen Schaden „für den Sport in Deutschland“. Die SPD nannte die Grünen „die Anti-Sport-Partei“. Bundesinnenminister de Maizière wies die Grünen-Fraktion darauf hin, dass Parteitagsbeschlüsse für Abgeordnete nicht bindend seien und sie vielleicht doch der Bewerbung Beifall spenden wollten

Grit Hartmann stellte fest, dass Winfried Hermann seinen Ruf ramponierte: „In dieser Woche ließ Hermann kein Mikrofon aus, um das Votum der Basis zu kritisieren und das Bewerbungskonzept mit ökologischen Superlativen einzudecken.“ Hermann stellte die Olympia-Gegner als Öko-Fundis dar, was wiederum von DOSB-Präsident Bach dankbar aufgegriffen wurde. „Vielen ist es ein Rätsel, warum Hermann sich derart vehement als Olympia-Anwalt neu erfindet.“

Grit Hartmann weiter: „Wer hat denn, fragten die Bayern-Grünen laut, für Garmisch umweltfreundlichere Änderungen durchgepaukt? Das seien die Protestler gewesen, nicht das schwäbische Spätzle-Duo Roth/Hermann. Das begnüge sich damit, identitätsstiftende Botschaften nachzubeten, wie sie das IOC liebt, und jene ‚Alles-wird-gut’-Stimmung zu verbreiten, die kritische Fragen am liebsten ignoriert“ (Hartmann, Grit, Grüne Olympia-Woche in Berlin, in dradio.de 28.11.2010).

In Treue fest

Die Grünen Münchner Stadträte blieben weiter unbeirrbar auf Olympiakurs. Die Fraktionsvorsitzenden Lydia Dietrich und Siegfried Benker nahmen nicht etwa die Isolation der Grünen Stadträte war, sondern sahen die Bundesgrünen durch die Freiburger Entscheidung ins sportpolitische Abseits manövriert. Sie erwähnten wie gewohnt Plusenergiedorf und Ausbau der Bahnstrecke (Koalition steht zu Olympia, in SZ 23.11.2010).

Die Sportpolitische Sprecherin der SPD im Landtag äußerte: „Mit den Bedenkenträgern aus der Partei der Grünen können die Probleme der Zukunft nicht gelöst werden“ (SPD-PM 23.11.2010).

Aber wohl mit den olympischen Augen-zu-und-durch-Befürwortern!

Minister Schneider lässt sich befragen

Am 23.11.2010 inszenierte die bayerische Regierung die Befragung des Staatkanzlei-Ministers Schneider im Landtag unter dem Titel „Olympia-Bewerbung 2018 – Vorteile für Bayern“. Alle Fraktionen betätigten sich als „freundliche Stichwortgeber und Beifall-Klatscher“ (Deutschländer, Christian, Zimniok, Andreas, Nach Olympia-Votum: Alle gegen die Grünen, in merkur-online 23.11.2010). Nur Ludwig Hartmann kritisierte die Spiele als „ökologisch und ökonomisch höchst zweifelhaft“ und sagte: „Angesichts des Klimawandels ist es das völlig falsche Zeichen, die Welt zu Winterspielen unter Schneekanonen nach Bayern zu laden“ (Auer, Katja, Die Disziplin des schwarz-gelben Eistanzes, in SZ 24.11.2010).

Minister Schneider sagte dagegen: „Die Kosten sind gut durchgerechnet.“ (Von Deloitte!) Der Freistaat würde 215 Millionen Euro zuschießen, nämlich 100 Millionen Euro für das Mediendorf, 60 Millionen Euro für Sportstätten, 40 Millionen für das Umweltkonzept und 15 Millionen Euro für die Paralympics. „Die Olympischen Spiele sind fast wie ein Konjunkturpaket für Straßenbau und Infrastruktur“ (Politiker unterstützen München 2018, in handelsblatt.com 23.11.2010).

Da hat der Mann jetzt ausnahmsweise recht: ein Konjunkturprogramm für Straßenbauer und die Bauwirtschaft, die deshalb die Initiative Immowelt 2018 startete.

Schneider sprach von Signalen aus Berlin bezüglich eines „Zusatzsondertopf von 500 Millionen Euro“ (Ebenda). Die SPD in Berlin äußerte Unverständnis für die Grünen und forderte einen „Sondertopf Infrastruktur“ (Deutschländer, Christian, Zimniok, Andreas, Nach Olympia-Votum: Alle gegen die Grünen, in merkur-online 23.11.2010).

Dass man jeden Euro Steuergeld nur einmal ausgeben kann – und zwar sinnvoller als für sündteuere und veraltete Gladiatorenspiele, werden CSU, CDU. SPD, FDP und Freie Wähler nicht mehr verstehen.

Südkorea , Nordkorea

Das kommunistische Nordkorea beschoss die südkoreanische Insel Yeonpyeong. Südkorea meldete einen Toten und 13 Verletzte und erklärte den höchsten Alarmzustand. Da bereits im März 2010 ein südkoreanisches Kriegsschiff versenkt wurde und 46 Soldaten ums Leben kamen, stand zu befürchten, dass die militärischen Spannungen auch auf die Vergabe der Winterspiele 2018 Einfluss haben könnten: Das IOC vergibt keine Spiele in Krisengebiete.

„Der Zwischenfall hat keine Auswirkungen auf unsere Bewerbung“, setzten die südkoreanischen Bewerber auf ihre Website. „Olympia wird helfen, die positiven Botschaften von Frieden und Verständigung überall in unserer Region zu unterstützen“ (Kistner, Thomas, Krügel, Christian, Olympia wird zum Problemfall, in SZ 276.11.2010).

Im SZ-Artikel wird auch spekuliert, dass das IOC die Spiele bewusst nach Südkorea vergeben könnte, um ernsthafter Kandidat für den Friedensnobelpreis zu werden. Und Swiss Olympic bereitet sich auf eine Bewerbung von Sankt Moritz 2022 vor und ist von daher am Erfolg von München 2018 wenig interessiert.

Temporär

Sylvia Hamberger und Axel Doering stellten „Temporär“ auf www.nolympia.de. Hier wird anhand der verfügbaren Informationen und Fotos aus Schwaiganger und der Biathlonbaustelle in Ruhpolding aufgezeigt, wie sich der Ausbau auf die Landschaften auswirken wird, wie hoch inzwischen der Anteil temporärer Bauten und Funktionsflächen wirklich ist, wie die Bewerbungsgesellschaft versucht, den Begriff „temporär“ mit „nachhaltig gleichzusetzen und wie ökologisch und ökonomisch unsinnig es ist, für eine olympische Party von drei Wochen auf lange Zeit Landschaft zu zerstören und Gelder zu verschwenden.

Murnau wird informiert

Am 24.11.2010 informierte der scheidende Staatskanzlei-Minister Siegfried Schneider zusammen mit der Bewerbungsgesellschaft etwa 150 Murnauer Bürger, wovon die Hälfte der Bewerbung kritisch gegenüber stand. Zu Wort meldeten sich ausschließlich Kritiker – normale Bürger, Grüne sowie  Gemeinderatsmitglieder von SPD, ÖDP und Freien Wählern.

Thematisiert wurden die jahrelangen Bauarbeiten mit Dreck, Lärm und Gestank und das Ausbleiben der Gäste. Schneider antwortete: „Wenn man Olympia haben will, muss man mögliche Einschränkungen in Kauf nehmen“ („Ein Segen für den Landkreis“, in merkur-online 25.11.2010).

Diese Antwort ist wiederum eine Frechheit: Genau jene, die Olympia haben wollen, müssen den Staub und Dreck nicht ertragen und sind auch vom Gästerückgang nicht betroffen.

Auf die Frage eines Zuhörers, ob sich die Autobahn A 95 zu einer zweiten Inntal-Autobahn entwickeln würde, sagte Schneider: „Mehr Verkehr kann ich nicht ausschließen“ (Ebenda).

Die Transitrouten über die Alpen wäre über Garmisch-Partenkirchen kürzer: etwa 50 Kilometer zum Brenner und 100 Kilometer über die Schweiz nach Mailand: auch für die Lkw-Kolonnen im Transit.

Speziell die Zerstörungen in Schwaiganger waren ein Thema, aber auch Kostenfragen und der Tourismus, da Murnau traditionell um naturverbundene und kunstinteressierte Touristen wirbt. Nolympia hatte ein Flugblatt mit Texten aus „Temporär“ vorbereitet und zeigte auch die Baustellen in Ruhpolding (Zwingers, Beate, Olympia-Info-Abend der Bewerbungsgesellschaft am 24.11.2010).

Dem olympische Speerwerfer und Sportbotschafter Klaus Wolfermann fehlte in Murnau die Begeisterung und der olympische Funke: „Ich vermisse das Wir-Gefühl“ („Ein Segen für den Landkreis“, in merkur-online 25.11.2010).

Wen wundert es.

Was der Kramertunnel mit Obi zu tun hat

Zum Kramertunnel gab es Anfang November 2010 in Grainau eine Infoveranstaltung, bei der die neu gegründete Interessensgemeinschaft „Pro Grainau“ Widerstand gegen die geplante südliche Trasse ankündigte (Kramertunnel: Ein Ort in Kampfstimmung, in merkur-online 5.11.2010). Bis Ende November 2010 wurden 1200 Unterschriften gegen die geplante Trasse gesammelt.

Die umstrittene aktuelle Trassenführung hängt auf Garmisch-Partenkirchner Seite anscheinend mit der Vermarktung des sogenannten Schuster-Woldan-Geländes zusammen, das einer Erbengemeinschaft gehört und auf dem ein Gewerbegebiet entstehen soll: Intensive Gespräche mit der Baumarkt-Kette Obi liefen bereits.

Der Grainauer Bürgermeister Hildebrandt warf seinem Garmisch-Partenkirchner Kollegen Schmid vor, dass dieser die genehmigte Variante nur wegen der Erschließung des Gewerbegebietes bevorzugt hätte. Schmid bezeichnete das Gewerbegebiet auf alle Fälle als „nettes Abfallprodukt“ (Kramertunnel: Grainaus Hoffnung stirbt zuletzt, in merkur-online 24.11.2010).

Im Vertrauen auf Olympische Spiele 2018 wurden für die Ortsumfahrung bei Oberau am nördlichen Ortseingang bereits Bäume gefällt. Baubeginn  soll 2012 sein, Bauende 2017. Wo die 140 Millionen Euro herkommen würden, ist zwar noch unklar, aber da das Vorhaben in Zusammenhang mit der Bewerbung München 2018 steht, „gibt es von Seiten des Freistaats derzeit keinen Anlass, gesondert auf die Dringlichkeit hinzuweisen“, wusste CSU-MdL Martin Bachhuber (Millionen-Zusage lässt auf sich warten, in merkur-online 3.11.2010).

Was der Münchner Umweltreferent mit der künftigen Grünen Münchner Parteivorsitzenden zu tun hat

Da am 29.11.2010 eine neue Vorsitzende der Stadtgrünen gewählt werden sollte und sich die bekannte Olympiagegnerin Katharina Schulze beworben hat, forderte sie der Münchner Umweltreferent Joachim Lorenz in einer Email zum Rückzug ihrer Kandidatur auf. Sie sei auch durch ihr Auftreten in Freiburg ursächlich mitverantwortlich für die „völlige Isolierung der Stadtratsfraktion in der Frage Olympia“. Daher hielt Lorenz sie nicht für geeignet, neben der Münchner Parteibasis auch die Stadtratsfraktion zu vertreten.

Der SZ-Journalist Dominik Hutter schrieb dazu: „Fast zwangsläufig verfestigt sich der Eindruck, dass es den Stadträten an Rückhalt in den eigenen Reihen mangelt. Und dass es scheinbar nicht weit her ist mit der innerparteilichen Demokratie der grünen Bürgerrechtler, schließlich hat sich die Fraktion nun schon mehrmals über Beschlüsse der Stadtversammlung hinweggesetzt“ (Hutter, Dominik, Olympia spaltet Grüne immer tiefer, in SZ 26.11.2010).

Für den bayerische Grünen-Vorsitzenden Dieter Janecek war die interne Maßregelung von Parteifreunden unakzeptabel.

Am 29.11.2010 wurde Katharina Schulze mit großer Mehrheit zur Vorsitzenden der Münchner Grünen gewählt.

Gratulation!

Was die Stadt München mit DAV-Kletterhallen zu tun hat

130.000 Mitglieder haben die DAV-Sektionen München und Oberland, aber nicht nur das. „Demnächst haben wir in Thalkirchen die größte Klettersportanlage Europas“, schwärmte Bürgermeisterin Christine Strobl. Der DAV erweitert sein Klettergelände, und die Stadt München unterstützt den Ausbau mit einem zinslosen Darlehen von 2,7 Millionen Euro (Hutter, Dominik, Vereinsheim und Champions League, in SZ 24.11.2010).

Das hat aber mit der DAV-Unterstützung von München 2018 natürlich rein gar nichts zu tun: Ein Schelm,, der Böses dabei denkt…

Der DAV schmückt sich mit fremden Federn

Der neue Präsident Josef Klenner und der alte Hauptgeschäftsführer Thomas Urban erklärten im Herbst im DAV-Home-Services-Olympia 2010, warum der DAV nach wie vor bei München 2018 mitarbeitet. Dabei zählen sie interessanterweise vieles zu ihrer Arbeit, wofür Nolympia und Mitstreiter gekämpft haben und wo vom DAV weit und breit nichts, aber auch gar nichts zu sehen war:

– „Kaltenbrunn und Krün sind als Standorte für Nordische Disziplinen verworfen worden.“

Die Standorte wurden wegen unüberwindlicher Naturschutzhemmnisse von München 2018 selbst abgeblasen.

– „Oberammergau ist ebenfalls als Standort für nordische Disziplinen verworfen worden.“

Das geschah mit NULL Mitwirkung vom DAV. Die örtliche Bürgerinitiative sammelte in einer Woche über 700 Stimmen (nicht zuletzt dank einer aussagekräftigen Postkarte von Nolympia), sodass die Bewerbungsgesellschaft dankend verzichtete und ins staatliche Gestüt Schwaiganger überwechselte.

„Die Sektion Garmisch-Partenkirchen des DAV hat in Zusammenarbeit mit anderen Organisationen bewirkt, dass das Mediendorf nicht im Grüngürtel von Garmisch-Partenkirchen gebaut wird.“

Ebenfalls reichlich unwahr. Die DAV-Sektion Garmisch-Partenkirchen hat mit der Umplanung des Mediendorfes nichts zu tun, im Gegenteil. Die DAV-Sektion unterstützt voll die Bewerbung. Sie will hier eine Kletterhalle bauen und ist gegenüber dem Bürgermeister mehr als angepasst. Dem Sportausschuss des Bundestages erzählte der Vorsitzende Markus Dorfleitner, dass eine Mitgliederbefragung etwa 90 Prozent Zustimmung für München 2018 ergeben habe. Tatsächlich lautete das offizielle Ergebnis: pro Olympia: 233; contra Olympia: 244; Enthaltungen: 36. Dorfleitner zog daraus das Fazit: Weiter die Bewerbung unterstützen. (Vergleiche: Der Sportausschuss des Bundest