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Mai 2015

Webseite-Besucher
Im April 2015 besuchten 26.605 Internet-Nutzer unsere Nolympia-Webseite. Von Februar 2010 bis einschließlich April 2015 hatten wir damit 1.220.162 Besucher: Wir bedanken uns für das anhaltende Interesse.

Neu unter “Aktuelles”:
Hamburg 2024: Keine Bürgerbefragung!; Hamburg 2024: Dabei sein ist wichtiger als siegen; Hamburger für Hamburg 2024? Berliner für Berlin 2024?; Berliner Senat ist nicht Charlie; Boston 2024: Privatbewerbung eines Baukonzerns; Die verkauften Leichtathletik-Weltmeisterschaften; Olympisches Abholzen für Pyeongchang 2018; Agenda 2020 – Wie das IOC sein Geschäftsmodell erweitern will
2015 neu im Kritischen Olympischen Lexikon:
21.5.2015: Beilschmidt, Rolf; 25.1.2015 Aktualisiert nach Pechstein-Urteil: Court of Arbitration for Sport (Cas); 20.1.2015: DFB gegen Galopprennbahn; 19.1.2015: Afrika-Cup 2015; 19.1.2015: Handball-WM 2015; 17.1.2015: Deripaska, Oleg; 7.1.2015: Gazprom-NTW; 1.1.2015: Doping Russland; 22.12.2014: Wintersport im Klimawandel: 2014/2015; 18.11.2014: Totalitärer Sport-Terminkalender
Laufend aktualisiert:
Hamburg-Berlin 2024 – Zur deutschen Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024: bis Juni 2014: hier; 7-8/2014: hier; 9-10/2014: hier; 11/2014 – 3/2015: hier. Ab April 2015 in der laufenden Chronologie.
Gazprom-Chronik – Was ein Gaskonzern und Sport, Oligarchen und Putin miteinander zu tun haben. Gazprom-Chronik (1) bis 31.12.2012: hier; Gazprom-Chronik (2) 1/2013 – 8/2014: hier; Gazprom-Chronik (3) ab 9/2014: hier; Gazprom-Chronik (4) ab 11/2014: hier

Neue Studie von Sylvia Hamberger und Axel Doering: Der gekaufte Winter – Eine Bilanz der künstlichen Beschneiung in den Alpen (22.4.2015)
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In eigener Sache
Ich bemühe mich meinerseits, korrekt zu zitieren und Quellen anzugeben. Umgekehrt wäre es fair, wenn auch die Nolympia-Webseite als Quelle in den Artikeln von Journalisten angegeben wird.
Dr. Wolfgang Zängl

Die Gliederung im Mai 2015 sieht so aus:
I: Zitate des Monats
II: Nachrichten von Olympischen Spielen, dem IOC und den Internationalen Sportverbänden
III: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den deutschen Sportverbänden
IV: Loser-Bewerbung Hamburg 2024
V: Allgemeine Nachrichten
VI: Aktuelle Sportsplitter von Fifa, Uefa, DFB etc.
VII: Sport-Millionen und -Millionäre
VIII: Der totalitäre Sport-Terminkalender
IX: Doping-News
X: Die Sportsender ARD/ZDF
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I: Zitate des Monats

Axel Doering, Vorsitzender der Bund Naturschutz-Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen und Nolympia-Netzwerk, zum G7-Gipfel in Elmau im Juni 2015: „Das ist die Rache von Frau Merkel, dass wir die Olympischen Spiele nicht wollten“ („Demokratie-Dellen“ im Natur-Paradies, in merkur.de 10.5.2015).

Imke Duplitzer, Degenfechterin, fünffache Olympia-Teilnehmerin, zum Leistungssport: „Wenn man im Leistungssportsystem drin ist, dann ist man kein Athlet mehr, sondern ein Produkt… Alles ist komplett reglementiert“ (Holloway, Tim, 2. Sportforum in der Paulinerkirche: „Der Internationale Sport in der Krise“, in goettinger-tagblatt.de 12.5.2015).

Thomas Kistner zur sicheren fünften Amtsperiode von Fifa-Präsident Sepp Blatter: „Innerhalb seiner Spezialdemokratie, die nichts als eine Wirtschaftsdiktatur ist, kann Blatter auf all die Stimmen der Zwergstaaten zählen“ (May, Philipp, Formiert sich noch Gegenwind? in deutschlandfunk.de 17.5.2015).

Der ehemalige portugiesische Fußballstar Luis Figo zog vor dem Fifa-Konkress seine Kandidatur als Fifa-Präsident zurück und sagte: „Ich werde weiter zur Verfügung stehen, sobald nachgewiesen ist, dass die Fifa keine Diktatur ist“ (Gertz, Holger, Jesus lebt, in SZ 27.5.2015).

Gary Lineker, englischer Fußball-Nationalspieler, zum Fifa-Skandal mit sechs Festnahmen in Zürich: „Das ist außergewöhnlich! Die Fifa zerbricht. Das Beste, das diesem schönen Spiel möglicherweise passieren kann“ („Die Fifa zerbricht“, in spiegelonline 27.5.2015).

Holger Gertz und Thomas Kistner in der SZ: „Alles, was Fachleute in den vergangenen Jahren geschrieben und gesagt haben, oft genug gegen die tauben Ohren der fußballbegeisterten Öffentlichkeit und der Boulevardtrommler, verdichtet sich mehr und mehr zur Realität: Der mächtige Weltfußballverband Fifa ist ein Verein von Schiebern, Betrügern, Verbrechern“ (Gertz, Holger, Kistner, Thomas, Sumpf ist Trumpf, in SZ 30.5.2015).

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II: Nachrichten von Olympischen Spielen, dem IOC und den Internationalen Sportverbänden

– Bach spricht. Im Interview mit der FAZ mogelte sich IOC-Präsident Thomas Bach um kritische Fragen herum und verkaufte die IOC-Politik, die Ausrichtung Olympischer Spiele in Diktaturen und die fehlende Kritik des IOC daran mit Worthülsen (Zitate: Simeoni, Evi, „Boykotte sind auch Diskriminierung“, in faz.net 30.4.2015). „Der Sport ist der einzige Bereich in unserem menschlichen Leben, wo tatsächlich alle gleich sind.“ 
Auch so eine Lebenslüge des IOC-Sports…
„Boykotte sind auch Diskriminierung.“
Bach konnte als Fechter bei den Olympischen Sommerspielen in Moskau 1980 nicht antreten – das hat bis heute Nachwirkungen.
„Haltung ist nicht, wenn ich sage, dessen Meinung gefällt mir nicht, dessen politisches System gefällt mir nicht, mit dem rede ich nicht. Das ist keine Haltung. Das ist Gesprächsverweigerung.“
Damit kann das IOC überall hin gehen – Putin-Russland, Aserbaidschan, Kasachstan, China: kein Problem. Wann wird sich Nordkorea beim IOC bewerben?
Zur Erinnerung: „In China verdreifachte sich beispielsweise im Olympiajahr 2008 die Zahl der belegten Hinrichtungen. Und vor einem Jahr bereitete Wladimir Putin während der Winterspiele in Sotschi die verdeckte Annexion der Ukraine vor“ (Weinreich, Jens, Warum ein autoritäres Regime die ersten European Games ausrichtet, in krautreporter.de 28.4.2015).
Zur Loser-Bewerbung Hamburg 2024 äußerte Bach: „“Ich freue mich sehr über diese Bewerbung, und vor allen Dingen freue ich mich, wie der DOSB das Verfahren gestaltet hat“ (Simeoni, Evi, „Der Ausrichtervertrag verbietet Diskriminierung“, in faz.net 1.5.2015).
Wo der DOSB es geschafft hat, die zwei größten deutschen Städte (mit jeweils einem SPD-Regenten) in diesen lächerlichen Wettbewerb zu treiben. Und wo die Frage des Referendums so elegant und demokratisch „gelöst“ wird!
Zur Frage der Bewerbungen Almaty 2022 und Peking 2022 in zwei Diktaturen: „Es ist nicht Aufgabe des IOC, die Gesetze, das politische System eines souveränen Staates umzukippen. Wenn ein IOC-Mitglied für ein Land stimmt, stimmt es nicht über das politische System eines Landes ab“ (Ebenda).
Zur Doping-Problematik: „Das IOC steht für ein funktionierendes Anti-Doping-System mit der Sicherstellung der Prinzipien des Anti-Doping-Kampfes.“
Man könnte auch anhand der Sporthistorie sagen, das IOC versucht, einigermaßen erfolgreich den Deckel auf die ganze Doping-Problematik zu halten.
À propos Diktatur Aserbaidschan: siehe auch Kasachstan, Russland, China, Äquatorial-Guinea etc.:

IOC und Fifa kennen alle Diktatoren. Der IOC-Präsident und der Fifa-Präsident sind vermutlich die einzigen Menschen auf der Erde, die sämtlichen Diktatoren freudig die Hand geschüttelt haben – sofern diese ihre gut gefüllten Schatullen für den sportlichen Zweck öffneten. Oder im Originalton Blatter: „Sie müssen verstehen, ich bin die einzige Person der Welt, die in jedem Land auftauchen kann und vom Staatschef persönlich empfangen wird“ (Schmid-Bechtel, Francois, Joseph Blatter – der überirdischer Mann von Welt, in Bündner Tagblatt 28.5.2015).

– European Games in Aserbaidschan: Feige Bundesregierung. Die Grünen-Bundestagsfraktion hat am 27.4.2015 anlässlich der „European Games“ eine Kleine Anfrage mit 60 Fragen zur Inhaftierung von Regimegegnern, Menschenrechtlern und Journalisten in Aserbaidschan an die Bundesregierung gestellt. Üblicherweise werden Kleine Anfragen innerhalb von zwei Wochen beantwortet. Das Auswärtige Amt hat um eine Verlängerung der Frist bis 30. Juni 2015 ersucht (von Salzen, Claudia, Nur keinen Ärger mit Aserbaidschan, in tagesspiegel.de 12.5.2015). Die European Games finden vom 12. bis 28.6.2015 statt.
Angst vor Diktator Ilham Alijew, Herr Steinmeier? Oder Druck vom DOSB? Oder vom Bundesministerium des Inneren – wegen der Millionen-Zuschüsse?
Die European Games 2019 gingen einstimmig an den einzigen Bewerber, die Niederlande (DPA, Europaspiele nach Holland, in SZ 18.5.2015).

– Rio 2016: Gentrifizierung auf brasilianisch. Am Rand des Olympiaparks in Rio liegt das Armenviertel Vila Autódromo. Die noch verbliebenen Anwohner kämpfen um ihre Existenz: „‚Die Stadtverwaltung hat es geschafft, uns Bewohner total zu entzweien. Viele haben Angst: Angst, obdachlos zu werden. Angst, alles zu verlieren.‘ (…) Nach Jahren des Widerstandes haben die meisten Bewohner aufgegeben und sind in Sozialwohnungen der Stadt gezogen. Etwa 130 Familien sind geblieben“ (Upadek, Carsten, Vertreibung im Namen der Spiele, in deutschlandfunk.de 3.5.2015). Bürgermeister Eduardo Paes ließ sich seinen Wahlkampf von großen Bauunternehmen finanzieren, gibt sich nach außen aber liberal. „Öffentlich jedoch verkündete Rios Bürgermeister Eduardo Paes bis letztes Jahr immer wieder: ‚Um das klarzustellen, das Urbanisierungsprojekt der Vila Autódromo erlaubt die freie Wahl zu bleiben oder zu gehen. Wir können niemanden zwingen, wir respektieren das Gesetz, ohne Terrorismus zu betreiben'“ (Ebenda). Bewohner Luiz da Silva: „Das erzählt er den Medien. Hier drinnen agiert er völlig anders, übt Druck aus, um alle loszuwerden. Selbst seine Beamten sagen an der Tür: Wer nicht geht, wird alles verlieren! Das ist psychischer Terror die ganze Zeit! (…) „Nun hat die (Stadtverwaltung; WZ) auch öffentlich die Tonart geändert. Bürgermeister Paes unterschrieb im März ein Dekret, das 58 Familien der Vila Autódromo enteignet. (…) Zwischen 2009 und 2013 wurden 65.000 Menschen im Namen von WM und Olympia umgesiedelt“ (Ebenda; Hervorhebung WZ). Es handelt sich um eine klassische Gentrifizierung durch die Politik: die Armen werden vom wertvollem Bauland vertrieben. „Auf dem Gelände des Olympiaparks darf das Bau-Konsortium ‚Rio Mais‘ nach den Spielen mindestens 20 Apartmentblocks hochziehen. Der Verkaufswert der Wohnungen wird auf bis zu eine Milliarde Euro geschätzt“ (Ebenda Hervorhebung WZ). Der Stadtforscher Renato Cosentino stellte fest: „85 Prozent der Investitionen, die direkt für die Spiele nötig sind, fließen nach Barra da Tijuca“ (Lichterbeck, Philipp, Die Pervertierung der Olympischen Idee, in tagesspiegel.de 14.5.2015). Barra da Tijuca mit 300.000 Einwohnern ist schon jetzt ein reiches Viertel: „Der Großraum Rio mit seinen zwölf Millionen Menschen wird hingegen ignoriert“ (Ebenda; Hervorhebung WZ).

– Rio 2016: Bürgermeister lässt sich Wahlkampf bezahlen. Der Carvalho-Hosken-Konzern vermarktet schon jetzt die Apartments im Olympischen Dorf – 31 Hochhäuser mit jeweils 17 Stockwerken. „Das Unternehmen besitzt zudem viel Land rund um das Olympiagelände, das enorm im Wert gestiegen ist. Die Aufwertung wurde auch durch die zwangsweise und illegale Umsiedlung hunderter Favela-Bewohner erreicht, die die heile Olympiawelt nicht stören sollen. So befriedigt das Rathaus im Namen Olympias die Interessen von Konzernen, welche die Wahl des Bürgermeisters mitfinanziert haben“ (Lichterbeck, Philipp, Die Pervertierung der Olympischen Idee, in tagesspiegel.de 14.5.2015). Bürgermeister Eduardo Paes ist auch in Geschäfte mit dem neuen Golfplatz involviert, der nicht notwendig gewesen wäre, weil Rio schon einen der hundert besten der Welt hat. „Wie zufällig besitzt der Präsident der Brasilianischen Golf-Föderation eine Luxusimmobilie neben dem neuen Klub“ (Ebenda). Paes genehmigte dem Unternehmer Pasquale Mauro den Bau von 23 Hochhäusern mit Luxusappartements neben dem Golfplatz. Verkaufsslogan: „Die Sonne geht für alle auf. Aber nicht mit dieser Aussicht“ (Ebenda). – „Als Mauros Firma illegal eine geschützte Waldfläche auf dem Gelände rodete, sollte sie zunächst ein Bußgeld von umgerechnet 600.000 Euro zahlen. Bürgermeister Paes persönlich setzte die Strafe aus, was ihm gar nicht zugestanden hätte“ (Ebenda).

– Bach: Golfplatz für Rio 2016 ok. Im Spiegel-Interview erwähnten die Redakteure die Kosten von 20 Millionen Euro und die Zerstörung des Naturschutzgebietes. IOC-Präsident Thomas Bach erwiderte, dass dies der  erste öffentliche Golfkurs in Rio werden würde (Eberle, Lukas, Großekathöfer, Maik, „Langsam, langsam“, in Der Spiegel 25/13.6.2015).
Das ist angesichts der luxuriösen Bautätigkeit um den Golfplatz äußerst unwahrscheinlich: Reich und reich gesellt sich gern.
Außerdem hätte der Bürgermeister von Rio Bach versichert hätte, an anderer Stelle würde eine 17-mal so große Fläche aufgeforstet und auf dem Golfplatz würden 625.000 Setzlinge gepflanzt (Ebenda).
Die übliche Antwort auf die Zerstörung von uralten, wertvollen Naturschutzgebieten: Man pflanzt irgendwo irgendetwas an und legitimiert damit die Zerstörung.

– Rio 2016: vier Tonnen Olympische Ringe eingetroffen. Im Armenviertel Madureira werden die Olympischen Ringe von London 2012 aufgestellt – 25 Meter breit, vier Meter hoch. Dort können sich Rios Arme die olympischen Brot-und-Spiele auf Großbildleinwänden ansehen (Olympische Ringe in Rio enthüllt, in spiegelonline 21.5.2015). Die olympischen Milliarden fließen vor allem ins reiche Barra da Tijuca (siehe oben).

– Rio 2016: Wasserball-Arena wird nicht saniert. Die 20 Millionen-Dollar-Garantie für die Instandsetzung des Julio Delamare Aquatric Park konnte nicht aufgebracht werden: Das Projekt sei „zu teuer“. Nun wird das olympische Wasserball-Turnier in bestehende Anlagen verlegt (SID, Rio stoppt Renovierung der Wasserball-Arena, in zeit.de 21.5.2015).

– Rio 2016: Korruption auch bei der Radrennbahn. „Für die Panamerikanischen Spiele 2007 ließ Rio de Janeiro eine Radrennbahn bauen. Nicht irgendeine, sagt der Präsident des Radsportverbandes, Cláudio Santos: ‚Es war eine Ehre für Rio, das beste Velodrom in Latein-Amerika zu haben!‘ (…) Doch 2012 entschied ein Gremium bestehend aus dem Bürgermeister, dem OK-Präsidenten und dem Gouverneur, das Velodrom abreißen zu lassen und an anderer Stelle ein Neues zu bauen“ (Upadek, Carsten, Radsportler fühlen sich verraten, in deutschlandfunk.de 25.5.2015). Angeblich habe der Weltradsportverband UCI das Velodrom durchfallen lassen: UCI beantwortet in diesem Zusammenhang keine Fragen. Eine Studie ergab angeblich gleiche Kosten für Umbau und Neubau: Die Studie hat niemand gesehen. „Wichtiger als die technischen Fragen könnte ein anderer Grund gewesen sein, sagt der Journalist Vinícius Konchinski: Immobilienspekulation. ‚Der Abriss ermöglicht die Verlegung des Velodroms an das andere Ende des Olympiaparks. Das schafft Platz, um Apartmentgebäude zu bauen'“ (Ebenda). Das alte Velodrom steht am prominentesten Platz des Olympiaparks. Der Radsportpräsident Cláudio Santos äußerte dazu: „Wir haben verstanden, dass die Immobilien-Spekulation einen weit höheren Wert hat als der Bahnradsport, der aufgehört hat, am Vorabend einer Olympiade hier in Rio de Janeiro, zu existieren. Betrogen, ich fühle mich betrogen!“ (Ebenda). Das alte Velodrom hatte 2007 rund vier Millionen Euro gekostet und soll nun für 6,5 Millionen Euro im Süden Brasiliens wieder aufgebaut werden. Der Neubau in Rio kostet über 35 Millionen Euro (Ebenda).

– Chefverkäufer Bach (I): Neuseeland. IOC-Präsident Thomas Bach besuchte Neuseeland und sagte den überraschten Neuseeländern: „Neuseeland ist eine große Sportnation. Wir würden es begrüßen, wenn Neuseeland eine Olympiabewerbung eines Tages in Betracht ziehen würde“ (SID, IOC-Präsident Bach ermutigt Neuseeland zu Olympiabewerbung, in zeit.de 5.5.2015). Der Präsident des NOK, Mike Stanley: „Egal, wie sich die Spiele verändern, sie sind immer noch ein Megaevent“ (Ebenda). Stanley erwähnte Kosten von „Milliarden, wenn nicht Dutzende von Milliarden„: „Außerdem gebe es die Verantwortung, zu fragen, ob es wirtschaftlich und sozial das beste für Neuseeland wäre“ (Ebenda. Hallo Hamburg 2024!)  
Zahlen ist wichtiger als siegen…

– Chefverkäufer Bach (II): Hamburg 2024. IOC-Präsident Thomas Bach zu den Chancen einer Bewerbung Hamburg 2024 bei gleichzeitiger Fußball-EM 2024 in Deutschland: „Ja, eine EM 2024 in Deutschland wäre kein K.-o.-Kriterium für die Ausrichtung der Sommerspiele im gleichen Jahr und umgekehrt… Die Welt weiß, dass Deutschland diese beiden Ereignisse in einem Jahr stemmen könnte“ (IOC-Chef Bach räumt Hamburg gute Chancen ein, in spiegelonline 6.5.2015).
Dabei sein ist wichtiger als siegen…

– Chefverkäufer Bach (III): Budapest 2024. Der ungarische Premierminister Viktor Orbán hat sich im April mit IOC-Präsident Thomas Bach in Lausanne getroffen und ihm versprochen, sich mit Budapest zu bewerben, falls das ungarische Nationale Olympische Komitee die Idee unterstützt. Budapests Bürgermeister István Tarlós hat schon volle Unterstützung signalisiert (Morgan, Liam, Budapest set to officially enter 2024 Olympic race after Mayor gives full backing, in insidethegames.biz 13.5.2015).
Und auf alle Fälle der nächste autoritäre Staat für 2024…

– Boston 2024 tauscht aus. Baulöwe John Fish mit seiner Suffolk Construction Co. trat in die zweite Reihe – zu offensichtlich war wohl die Interessensvermengung. Steve Pagliuca wurde mit Wye Grousbeck im Jahr 2003 für 360 Millionen Dollar Eigentümer des Basketball-Klubs Boston Celtics und soll jetzt mit Larry Lucchino, Eigentümer des Baseball-Klubs Red Sox, die Führung von Boston 2024 übernehmen. Beide zählen auch nicht die Ärmsten. Pagliuca wurde von Mitt Romney als Finanzinvestor für Bain Capital angeworben (Leung, Shirley, Can Steve Pagliuca save the Boston’s Olympic bid? in bostonglobe.com 12.5.2015). Chris Dempsey von „No Boston Olympics“ sagte im Interview mit Bild: „Boston ist eine stolze Sportstadt. Aber wir sind auch stolz auf uns selbst. Und Boston ist eine gebildete Stadt. Je mehr die Leute über die Olympischen Spiele erfahren, desto weniger sind sie heiß drauf“ („No Boston Olympics“-Chef Chris Dempsey: „Paris muss die Spiele bekommen“, in bild.de 8.5.2015 Hervorhebung WZ).
Hallo Hamburg: zuhören!
USOC- und IOC-Mitglied Angela Ruggiero wies darauf hin, dass das USOC nach wie vor überprüfe, ob Boston die richtige Stadt für die Bewerbung 2024 sei: Es gäbe keine Garantie, dass Boston der offizielle Bewerber würde. „Das USOC hat eingeräumt, dass Boston keine Garantie hat, die endgültige Wahl zu sein, wenn die Bewerbung beim IOC im September formell eingereicht wird“ (Oldörp, Heiko, Favorit Boston wankt, in deutschlandfunk.de 25.5.2015). Das Team Boston 2024 hätte seinen „Stand“ noch nicht gefunden. Eine Umfrage des Boston Globe vom April 2015 ergab, dass in Boston nur 43 Prozent und im Staat Massachusetts 46,6 Prozent die Bewerbung unterstützen. Das IOC-Bewerbungsdatum 15.9.2015 könnte der Bewerbung Boston 2024 den Stecker ziehen (AP, USOC board member: Boston bid no sure thing, in usatoday.com 18.5.2015). Chris Dempsey von „No Boston Olympics“ äußerte dazu: „Boston 2024 hat unserer Meinung nach kein Führungsproblem, sondern ein Produktproblem“ (Oldörp, Heiko, Favorit Boston wankt, in deutschlandfunk.de 25.5.2015).

– Boston 2024: doch öffentliche Gelder. Und die Zustimmung wird noch weiter sinken. Das „Boston Magazine“ hat die offiziellen Bewerbungsunterlagen Boston 2024 durchgesehen: „Demnach soll die Öffentlichkeit in Teilen für ‚die Infrastruktur und den Erwerb von Bauland‘ aufkommen. Gemeint ist unter anderem der Bau des Olympiastadions. Hier sollen 345 Millionen Dollar (67 Prozent) der benötigten Summe mit Steuergeldern bezahlt werden. Die private Initiative ‚Boston 2024‘ hatte betont, dass die Öffentlichkeit lediglich die Kosten für die Sicherheit in einer Höhe von erwarteten einer Milliarde Dollar zu tragen habe“ (DPA, Boston setzt doch auf Steuergelder, in sueddeutsche.de 28.5.2015).
Pikant: Das Olympiastadion von Boston 2024 soll nach den Spielen komplett abgerissen werden – und dann kann Boston-2024-Initiator John Fish mit seinem Baukonzern Suffolk Constructions etwas Schönes hinbauen.

– Paris will Paris 2024 vielleicht gar nicht. Eine Online-Umfrage von Paris Match ergab bei 1007 Teilnehmern, dass bei der Wahl zwischen Paris 2024 und der Weltausstellung 2025 in Paris eine deutliche Mehrheit für die Weltausstellung abgestimmt hat (Owen, David, Poll suggests French still not convinced over Paris 2024 bid, in insidethegames.biz 14.5.2015).

– Neuer Sport-Palast. Am 11.5.2015 wurde das neue Hauptquartier des Internationalen Leichtathletik-Verbandes IAAF in Monaco eröffnet. Mit dabei war Prinz Albert von Monaco – und IOC-Präsident Thomas Bach, der sich gern an gute alte Zeiten erinnerte: „Ich war hier in Monaco vor 21 Jahren, als ich Seite an Seite mit dem damaligen IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch an der Einweihung des ersten IAAF-Hauptquartiers in Monaco teilnahm“ (Rowbottom, Mike, New IAAF HQ opened in Monaco as President Diack joined by Thomas Bach and Prince Albert II, in insidethegames.biz 11.5.2015).
Vergleiche auch: Die Sport-Paläste

– Tokio 2020: Kostenexplosion. Sportminister Hakubun Shimomura fordert, dass Präfektur und Stadt Tokio ein Drittel zu den Kosten von über 1,2 Millionen Euro für das Olympiastadion zahlen sollen. Dazu soll das Fassungsvermögen auf 50.000 statt 80.000 Plätze begrenzt werden: Die vom IOC geforderten 80.000 Plätze sollen durch mobile Zusatztribünen erreicht werden (SID, Heftiger Streit um Olympia-Kosten für Tokio, in zeit.de 18.5.2015).
Die Herren der Ringe bestehen auf 80.000 Plätze für ihre pompöse Eröffnungs- und Schlussfeier, die nach den olympischen Brot und Spiele weltweit überall überflüssig sind.

– Brot und Spiele 2024. Roms Bürgermeister phantasiert bei der Bewerbung Rom 2024 vom Kolosseum als „Medal Plaza“. „‚Ich habe einen Traum: Mir würde es gefallen (…), wenn die Siegerehrungen im Kolosseum stattfinden‘, sagte Ignazio Marino am Freitag bei einem Besuch des Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees, Thomas Bach, in Rom. ‚Wir wollen die Arena im Kolosseum wiederaufbauen, und die Athleten könnten mit dem Fahrstuhl ankommen, wie damals die Gladiatoren'“ (DPA, Roms Bürgermeister: Olympiasieger im Kolosseum, in sueddeutsche.de 22.5.2015).

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III: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den deutschen Sportverbänden

– Hörmann tut Buße. DOSB-Präsident Alfons Hörmann zog seinen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid des Bundeskartellamts zurück. Damit muss er wegen seiner früheren Tätigkeit als Vorstandsvorsitzender beim Dachziegel-Hersteller Creaton AG 150.000 Euro plus 75.000 Euro Zinsen bezahlen. Sein damaliges Vorgehen bezeichnete Hörmann als „schwer einzuschätzende Gratwanderung“ („Ein Fehler“, in SZ 7.5.2015). Hörmann: „Mit der Lösung außerhalb des Gerichtsaales kann ich mich nun weiter voll auf die Arbeit auch im DOSB und damit auf die Entwicklung der Olympiabewerbung konzentrieren. Einen DOSB-Präsidenten vor Gericht wird es nicht geben“ (Hecker, Anno, Hörmann zahlt Bußgeld, in faz.net 5.5.2015).
Schade eigentlich…
Hörmann versuchte sich mit einem Vergleich aus dem Sport: Er habe gegrätscht und die Gelbe Karte bekommen. Thomas Purschke dazu: „Und der deutsche Sport steht wie es zu erwarten war, weiter hinter ihm. Dabei wäre hier nun im DOSB wirklich ein sofortiger Platzverweis, also die Amtsenthebung von Hörmann die angemessene Strafe gewesen“ (Purschke, Thomas, „Eine schwarze Woche für den DOSB“, in deutschlandfunk.de 9.5.2015; Hervorhebung WZ).

– Der DOSB-TV-Kanal. Der DOSB hat seit 2011 die Abteilung New Media mit Sitz in Köln gegründet. Seit 2014 sendet der DOSB mit seinem eigenen Internet-Kanal Sportdeutschland.tv. Zwölf Kernsportarten und 56 weitere waren dort Ende 2014 vertreten: „Eine Plattform für die bunte Welt des Sports, einen großen Gemischtwarenladen“ (Klein, Günter, Sportdeutschland.TV zeigt dutzende Sportarten, in tz.de 24.10.2014). Oliver Beyer, Geschäftsführer von DOSB New Media: „…da wollen wir eben zusammen mit Sportverbänden, mit Ligen, mit Veranstaltern Hand in Hand gehen und erstmalig das alles bündeln, damit ich auch für Sportfans eine zentrale Anlaufstelle habe“ (Herkel, Günter, Kanal der Außenseiter, in deutschlandradiokultur.de 3.5.2015). Der DOSB wird auch hier die Zentralstation – mit Entscheidungsrecht: „Es gehe darum, den einzelnen Verbänden und Sportarten eine zentrale Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. So lässt sich umständlicher Mehrfachaufwand vermeiden: Rechteerwerb, Technik, redaktionelle Betreuung – das alles liefert der DOSB aus einer Hand“ (Ebenda).
Die volle DOSB-Dröhnung: Brot und Spiele pausenlos im Internet...
Vergleiche auch im Kritischen Olympischen Lexikon: Olympic Broadcasting Services

– Absolution für Rolf Beilschmidt. Der frühere DDR-Hochspringer Rolf Beilschmidt war jahrelang IM der Stasi und in die DDR-Dopinghistorie eingebunden. Dies hinderte den deutschen Sport nicht, Beilschmidt nach der Wiedervereinigung mit der Leitung eines Olympiastützpunktes  und danach mit der Geschäftsführung des Landessportbundes Thüringen zu betrauen. Im Herbst 2014 wurden neue Stasi-Vorwürfe bekannt, die der DOSB untersuchen ließ. Am 8.5.2015 erfolgte die DOSB-Absolution: Beilschmidt darf sein hohes Sportamt bis zur Pensionierung ausüben.
Näheres im Kritischen Olympischen Lexikon: Beilschmidt, Rolf

– Michael Vesper und die Wasserstandsmeldungen. DOSB-Vorstandsvorsitzender Vesper ist seit vielen Jahren rührend um den „Wasserstand“ bemüht. Dazu eine kleine Auswahl. Vesper im Mai 2000 zum rot-grünen Koalitionsvertrag in Nordrhein-Westfalen: Aus den „täglichen Wasserstandsmeldungen“ der Medien dürfe man auf kein Einknicken der Grünen schließen (SPD und Grüne in NRW ringen um die Koalition, in spiegelonline 27.5.2000). Vesper zur Verhandlung mit den Garmisch-Partenkirchner Grundeigentümern wegen der Münchner Olympiabewerbung 2018: „Wir befinden uns in zügigen Verhandlungen, geben aber keine Wasserstandsmeldungen“ (Münchner Olympiabewerbung wackelt, in zeit.de 9.7.2010). Und seine Adepten kümmern sich ebenfalls rührend um den Wasserstand. DOSB-Vorsitzender Alfons Hörmann zu Medaillenprognosen für Sotschi 2014: Man werde „nicht täglich Wasserstandsmeldungen abgeben“ (SID, Vesper prognostiziert: Keine Prognosen mehr, in rp-online.de 11.2.2015). Der Hamburger Sportstaatsrat Christoph Holstein zu den Kosten von Hamburg 2024: „Wir rechnen schon unter Hochdruck, wollen aber nicht ständig Wasserstandsmeldungen abgeben“ (Woldin, Philipp, Ton im Hamburger Olympia-Streit wird schärfer, in welt.de 20.5.2015).
Konkret steht „keine Wasserstandsmeldungen“ im Vesper-DOSB-Sport für: „Ihr bekommt keine aktuellen Zahlen zu Medaillen, Kosten etc. Punkt. Geht euch Politiker, Journalisten, Bürger, Sportler sowieso nichts an. Außerdem stimmen unsere Zahlen ja eh nie.“ Was macht Vesper (*1952) nur, wenn er 2022 oder 2032 (remember Blatter) nicht mehr DOSB-Vorstandsvorsitzender sein sollte? Wer kümmert sich dann um die Wasserstandsmeldungen?

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IV: Loser-Bewerbung Hamburg 2024

– Einigkeit und recht viel Sport. In Hamburg hat sich eine ganz große Koalition gebildet: SPD, Bündnis 90/Die Grünen und CDU sind für die Gesetzesvorlage für das Referendum (Werner, Jana, Olympia: Einig bei Referendum, in welt.de 6.5.2015; siehe auch April 2015). Manfred Brandt vom „Verein Mehr Demokratie“ kritisierte das eilige Procedere zugunsten von Referenden von oben: „Die deutsche Olympiabewerbung wird missbraucht, um im Hauruckverfahren demokratische Mitwirkungsrechte des Volkes einzuschränken. Das Volk wird entmachtet“ (Ebenda). Das Referendum soll nun am 8.11.2015 stattfinden: Die Bewerbung muss aber schon bis 15.9.2015 beim IOC vorliegen.
Vollendete Tatsachen schaffen, heißt das.
Der Erste Bürgermeister Olaf Scholz „hat die Olympia-Bewerbung Hamburgs zum ‚größten Projekt‘ von Rot-Grün auserkoren“ (Ebenda).
Scheint ja sonst nicht viel los zu sein in Hamburg.

– Hamburger Senat stellt Weichen für Referendum. Am 7.5.2015 stimmte die ganz große Koalition aus SPDCDUGRÜNEAFD für die olympische Verfassungsänderung. „Voraussetzung für eine Verfassungsänderung ist eine Zweidrittelmehrheit. SPD, Grüne und CDU verfügen zusammen über 92 der 121 Sitze der Bürgerschaft und damit über deutlich mehr Stimmen. Die zweite Lesung wird wohl am 28. Mai stattfinden“ (Woldin, Philipp, Olympia-Referendum: FDP attackiert Regierung scharf, in welt.de 8.5.2015). – „Durch das geplante ‚Referendum von oben‘ würde die Volksgesetzgebung von unten‘ ausgehebelt, kritisierte der Verein Mehr Demokratie“ (Bürgerschaft: Olympia-Referendum kann kommen, in ndr.de 7.5.2015). „Auch die Initiative NOlympia kritisiert das Vorgehen der Stadt. Die wahren Kosten und Risiken Olympischer Spiele 2024 wären bei einem Referendum im Herbst noch gar bekannt, die Bürger wüssten also nicht, worüber sie abstimmten. Zudem müsste eine Korrektur durch eine zweite Abstimmung möglich sein, wenn Jahre später die Fakten auf dem Tisch lägen“ (Veit, Sven-Michael, Hamburg führt die Volksbefragung ein, in taz.de 8.5.2015).

– Schwank-ende Bewerbung Hamburg 2024. Zur Erinnerung: München 2018 wurde vom IOC mit 63 zu 25 Stimmen abgewählt, München 2022 wurde viermal von der Bevölkerung abgewählt. Beide Male war Bernhard Schwank der Leiter der Bewerbungsgesellschaft. Kommentar DOSB: „Herr Schwank hat bereits die Münchner Olympiabewerbung maßgeblich mitgestaltet und ist im internationalen Sport bestens vernetzt“ (DOSB, PM Hill und Schwank sollen Olympiabewerbung führen, Frankfurt 12.5.2015). Weil er anscheinend den Job so gut gemacht hat, wurde er im DOSB-Vorstand im Dezember 2014 zum „Direktor Sport und Internationales“ berufen. Und ab 12.5.2015 darf er (zusammen mit Nikolas Hill, CDU) auch die Bewerbung Hamburg 2024 führen.
Mit der Berufung von Schwank kann man also bezüglich der Loserbewerbung Hamburg 2024 ganz beruhigt sein. Kleine Erinnerung an Herrn Schwank: Weder Ihre Bewerbungsgesellschaft München 2018 noch München 2022 sind bislang erfolgreich aufgelöst (siehe die zahlreichen Anfragen von MdL Ludwig Hartmann im Bayerischen Landtag). Keine Zeit? Keine Lust? Zu viel Finanzleichen im DOSB-Keller?

– Hamburg 2024: die Partizipationsfalle. Der Vorsitzende der SPD-Bürgerschaftsfraktion, Andreas Dressel, äußerte, „die Olympiabewerbung in München sei gescheitert, weil dort Gegenpositionen nicht einbezogen wurden. Diesen Fehler wolle man nun vermeiden“ (Woldin, Philipp, Olympia-Koalition beugt sich dem Druck der Kritiker, in welt.de 18.5.2015). Deshalb seien einige Kritikpunkte der Gegner in das Olympia-Rerferendum aufgenommen worden. Sechs Monate vorher muss die Öffentlichkeit informiert werden. (Wie soll das mit dem geplanten 29.11.2015 funktionieren? WZ). Die Fragestellung darf nicht suggestiv formuliert sein. (Wie demokratisch! WZ). Gegner können ihre Argumente in die Informationshefte einbringen. (Gleicher Umfang? WZ). „Man merkt: Hier in Hamburg wollen die Olympia-Unterstützer unbedingt alles, aber auch alles richtig machen“ (Ebenda).
Vorschlag für richtiges Handeln: erst gar keine Bewerbung abgeben.

– Hamburg 2024: Mietpreise schon jetzt hoch! „Wohnen in der Elbmetropole wird immer mehr zum Luxus: Die Mietpreise in Hamburg sind in den letzten fünf Jahren um 26 Prozent gestiegen“ (Tussetschläger, Marc, Verschnaufpause vorbei: Mietpreise in Hamburg ziehen wieder an, in news.immowelt.de 19.5.2015).
Und sie würden durch Hamburg 2024/28 noch viel mehr steigen – wie überall in den Austragungsorten. Deshalb ist die Immobilienwirtschaft global ja so scharf auf Olympische Spiele.

– Hamburg 2024: 30 Millionen Euro vom Bund. Der haushaltspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Kahrs (und Sprecher des rechten Seeheimer Kreises), verkündete am 20.5.2015, dass der Bund im Jahr 2015 zehn und 2016 und 2017 ebenfalls je zehn Millionen Euro für die Bewerbung Hamburg 2024 zur Verfügung stellen würde (DPA, Kahrs: Bund unterstützt Hamburgs Olympia-Bewerbung mit 30 Millionen, in zeit.de 20.5.2015).
Das ist pures Vitamin O = Olympisch.
Fehlt nur noch, dass auch Kahrs von „Sportdeutschland“ gesprochen hätte.
Kahrs sagte vor dem Bundestag: „Das ist keine Bewerbung Hamburgs mehr, das ist eine deutsche Bewerbung. Hier steht ganz Deutschland und bewirbt sich international“ (Bundestag-TV-Mitschnitt). – „Forderungen, dafür dürften keine Steuermittel ausgegeben werden, konterte Kahrs mit den Worten, ‚ein bisschen mehr Optimismus und weniger kleingeistiges Genöle würden helfen, dass Deutschland 2024 Olympia ausrichten kann.‘ Die Bewerbungen in der Vergangenheit seien daran gescheitert, dass es eine Leipziger oder Münchner Bewerbung gewesen sei. ‚Diesmal ist es eine deutsche Bewerbung“, betonte Kahrs. Es sei zudem nicht allein eine Finanzierung durch Steuergelder. ‚Die Handelskammer der Hansestadt hat gesagt, die Hamburger Wirtschaft würde sich mit 25 Millionen Euro beteiligen‘, so Kahrs. Er geht davon aus, dass sich auch die Stadt Hamburg mit 15 Millionen Euro beteiligen werde“ (May, Philipp, „Mehr Optimismus, weniger Genöle, in deutschlandfunk.de 25.5.2015).
30 Millionen Euro vom Staat (Steuergelder) plus 25 Millionen von der Hamburger Wirtschaft plus 15 Millionen von der Hansestadt Hamburg (öffentliche Gelder) macht summa summarum schon 70 Millionen Euro – nur für die Bewerbung 2024!
Dazu Robert Kempe im Deutschlandfunk: „Eine satte Summe, die der Haushaltsausschuss am Mittwoch auf Betreiben des SPD-Chefhaushälters Johannes Kahrs überraschend verabschiedete. Kahrs mit Wahlbezirk Hamburg Mitte ist glühender Verfechter der Olympiabewerbung der Hansestadt. Von der Entscheidung soll ein Signal ausgehen. ‚Das ist eine Bewerbung der Bundesrepublik Deutschland. Deswegen ist es auch wichtig, dass sich der Bund auch sehr stark engagiert. Wir sind von 50 bis 70 Millionen ausgegangen. Bei 50 Millionen sind 30 Millionen eine Mehrheit. Damit ist klar, dass es auch eine Bewerbung des Bundes ist. Wir wollen natürlich auch, dass sich die Bundeskanzlerin, der Vizekanzler, der Innenminister (vulgo Thomas de Misère; WZ) und der Außenminister engagieren und dabei sind.‘ (…) Für den Vorschlag Kahrs stimmten neben der Regierungskoalition auch die Grünen. Anja Hajduk – auch sie aus Hamburg -, räumt ein, dass der Betrag des Bundes an der Grenze sei. (…) Mit dem Steuergeld aus Berlin hofft man vor allem auf eine breitere Zustimmung bei der Bürgerbefragung in Hamburg im November“ (Kempe, Robert, 30 Millionen Euro für die Hamburger Olympia-Bewerbung, in deutschlandfunk.de 21.5.2015).
Auch wenn man von den 30 Millionen Euro vom Bund einige für die Hamburg-2024-Propagandamaschine einsetzt: Das wird der Bewerbung Hamburg 2024 nichts nützen – die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland wird Hamburg nur so hinwegfegen. Im Juni 2015 wird Uefa-Präsident Michel Platini Deutschland vor einer Doppelbewerbung warnen und an Türkei 2020 erinnern. Und Paris 2024 oder Rom 2024 ist für die feinen Herren vom IOC viel attraktiver, siehe unten. Im schlechtesten Fall muss der Steuerzahler mindestens die selbe Summe für Hamburg 2028 nochmal aufbringen.

– IOC-Mitglieder und „Olympische Familie“: nur in Fünf-Sterne-Luxushotels. Da liegt Hamburg mit gerade einmal 11 Fünf-Sterne-Luxushotels weit hinten. Rom hat dagegen immerhin 33 und Paris 58 (Quelle: booking.com).

– Bewerbungsgesellschaft Hamburg 2024: DOSB null Kapital, 51 Prozent. Erstmals beteiligt sich der Bund direkt an der Bewerbungsgesellschaft – trotz der Bewerbung des DFB um die Fußball-EM 2024 und die deutlich attraktiveren Konkurrenten Paris und Rom, siehe oben. „Auf jeden Fall kommen auch noch auf die Stadt Hamburg Ausgaben zu. Klar ist zudem, dass der Beitrag des organisierten deutschen Sportes selbst wieder null Euro betragen wird – eine 51-prozentige Mehrheit an der Bewerbungsgesellschaft, die der frühere Hamburgers Justiz-Staatsrat Nikolas Hill (CDU) als Geschäftsführer leiten soll, wird der DOSB gleichwohl halten (Aumüller, Johannes, 30 Millionen für Hamburg, in SZ  22.5.2015).
Der DOSB bleibt – wie bei München 2018 und 2022 -, der olympische Nutzmießer: null Einlage, aber die Mehrheit in der Bewerbungsgesellschaft.
„Dabei ist noch offen, wie lange die Bewerbungsgesellschaft überhaupt existiert“ (Ebenda).
Hallo Hamburg: Die Bewerbungsgesellschaft München 2018 existiert immer noch und ist noch nicht liquidiert, obwohl München 2018 am 6.7.2011 vom IOC abgewählt wurde. Vielleicht kann man ja München 2018 in Hamburg 2024 überführen – der Leiter von München 2018, München 2022 und Hamburg 2024, Bernhard Schwank, ist ja auch wieder dabei.
Die Bewerbungsgesellschaft sollte am 28.5.2015 gegründet werden: Dies verschiebt sich weiter. Macht aber nichts, weiß der Hamburger Sportsenator Michael Naumann: „Die Gesellschaft arbeitet faktisch schon, unabhängig von der Rechtsform“ (Woldin, Philipp, Hamburger Aktivisten – „Wir sind keine Querulanten“, in welt.de 26.5.2015). Der DOSB möchte wohl am 29.11.2015 abstimmen lassen – ohne jegliche belastbare Kosten für Hamburg 2024. „Dazu ist bisher noch nichts veröffentlicht worden. Es ist aber nach Schätzungen davon auszugehen, dass die Gesamtkosten für die Infrastruktur mit der Umwandlung des Kleinen Grasbrook im Zentrum einen zweistelligen Milliarden-Betrag ausmachen würde. Sollten die Kosten zu viele Bürger abschrecken, könnte Hamburgs Olympia-Idee bald wieder beendet sein. Sollte die Stadt hingegen bei der IOC-Session 2017 wider Erwarten den Zuschlag erhalten, wären die öffentlichen Haushalte wieder gefragt, für Vorbereitung und Umsetzung der Spiele viel Geld in die Hand zu nehmen“ (Ebenda).

– Kein Abend für den DOSB-Vorstandsvorsitzenden. Am 19.5.2015 hatte die taz zur Veranstaltung „Der Traum von Gold – Olympische Spiele in Hamburg“ eingeladen. „150 Gäste waren gekommen, die meisten olympiakritisch, bei einer Spontanumfrage im Saal votierten rund zwei Drittel des Publikums grundsätzlich gegen Olympia“ (Woldin, Philipp, Ton im Hamburger Olympia-Streit wird schärfer, in welt.de 20.5.2015). DOSB-Vorstandsvorsitzender Michael Vesper kündigte an, den Host City Contract 2024 im September 2015 zu veröffentlichen. Hauptkritikpunkt an dem Abend: Es liegen keine belastbaren Zahlen über die Kosten von Hamburg 2024 vor.
Auch wenn sie vorliegen würden: Sie lägen 2024 – wie die Jahrzehnte davor bei olympischen Spielen – um über 250 Prozent über den ersten Kostenschätzungen, wie diverse ökonomische Untersuchungen ergeben haben.

-Änderungen bei NOlympia Hamburg. Der Blog (N)Olympia Hamburg von Dirk Seifert und Nicole Vrenegor zieht um auf FAIRspielen.de, um Verwirrung zu vermeiden. Die neue Allianz NOlympia mit rund 150 Aktivisten hat sich im April 2015 konstituiert und wird die Domain nolympia-hamburg.de übernehmen. Die Hamburger Olympia-Gegner haben auf change.org bis 26.5.2015 50.529 Stimmen gesammelt, die dem Hamburger Senat übergeben wurden. Drei Hauptkritikpunkte werden angegeben: Initiativen hätten nur zwei Wochen Vorbereitung und drei Wochen Zeit, um die nötigen 65.000 Stimmen zu sammeln; Abstimmungen sollten an Wahltagen stattfinden, um das Quorum zu erfüllen; man hätte die Abstimmung auf Olympische Spiele beschränken sollen – ohne eine Verfassungsänderung (Woldin, Philipp, Hamburger Aktivisten – „Wir sind keine Querulanten!“, in welt.de 26.5.2015). Kritisiert werden auch der massive Sicherheitsapparat und die Überwachung der Zivilgesellschaft sowie die unkalkulierbaren Kosten. Sprecher Florian Kasiske: „Wir wollen nicht darüber diskutieren, wie die Spiele vielleicht ein bisschen netter werden. Wir wollen gar kein Olympia in Hamburg“ (Woldin, Philipp, NOlympia-Bewegung schaltet auf Attacke, in welt.de 27.5.2015).

– Die Master stellen den Masterplan Hamburg 2024 vor. Wer hat Zeit? (Natürlich nur für geladene Gäste – (N)Olympia Hamburg gehört nicht dazu.)  Am 29.5.2015 wird von Herrn Oberbaudirektor Prof. Walter und der Arbeitsgruppe Olympia LP 35 der Stand des Masterplanes zu Hamburg 2024 auf dem Kleinen Grasbrook vorgestellt. Ort: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Neuenfelder Str. 19, 21109 Hamburg, Konferenzzentrum Raum D 01.056, 17 bis 19 Uhr. Ein beauftragtes Planungsteam ist – wie schon so oft – Gerkan, Marg & Partner (gmp). (Vergleiche unter: „Die Sportpalast-Architekten). Auch interessant: Drees & Sommer Projektmanagement und bauliche Beratung GmbH (Schwerpunkt Sportstättenbau). Drees & Sommer waren u. a. hier dabei: Immowelt 2018 bei München 2018 („Leistungsspektrum vom Controlling bis hin zum Rundum-Sorglos-Paket“); Freunde der Bewerbung München 2018, Beitrag ca. 30.000 Euro; Koordination Allianz-Arena; Bau der Großen Schanze in Garmisch-Partenkirchen; Arbeitsgruppe „Sotschi 2014“ (Projektmanager).

– Deutscher Städtetag: Hamburg 2024 ohne Gigantismus und finanzielle Intransparenz! Hier vertut sich der Präsident des Deutschen Städtetages, Ulrich Maly (SPD), schwer: „Wir begrüßen ein Olympiakonzept, das Schluss macht mit Gigantismusvorgaben und der finanziellen Intransparenz“ (SID, Acht Architektenbüros involviert: Städtetag begrüßt Olympiaplanung, in zeit.de 26.5.2015; Hervorhebung WZ). – „Der Oberbürgermeister von Nürnberg bezeichnete das Konstrukt als kompakt und bürgernah“ (Ebenda).
Was man nicht so alles tut für seine Parteifreunde in Hamburg… Die Realität sieht anders aus: Die Bewerbung Hamburg 2024 ist völlig intransparent. Belastbare Kostenschätzungen sind nach eigenen Aussagen nicht vorhanden. Hamburg 2024 ist durch die Absiedlung der gesamten Hafenbetriebe vom Kleinen Grasbrook extrem gigantoman.

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V: Allgemeine Nachrichten

– Neues von Dmytro Firtasch. „Österreich liefert Dmytro Firtasch nicht an die USA aus. Die Anklage gegen den ukrainischen Geschäftsmann in den Vereinigten Staaten sei in Teilen politisch motiviert, entschied ein Gericht in Wien am Donnerstagabend. Zudem fehlten einige Papiere aus den USA, die für eine Auslieferung nötig seien. (…) Das FBI ermittelt seit 2006 gegen Firtasch. Die USA beschuldigen den Geschäftsmann, er habe versucht, mit Bestechungsgeldern an eine Genehmigung für den Abbau von Titan in Indien zu kommen. (…) Der Milliardär, der mit Gas-Deals zu Reichtum kam, war im März 2014 in Österreich verhaftet worden. Gegen eine Kaution von 124 Millionen Euro kam er wenig später wieder auf freien Fuß. Er durfte Österreich bis zur Gerichtsentscheidung nicht verlassen und musste seinen Pass abgeben“ (Ukrainischer Oligarch Firtasch entgeht Auslieferung an die USA, in spiegelonline 1.5.2015; Hervorhebung WZ). – „Im Frühjahr 2014 war der Ukrainer in Wien in Auslieferungshaft genommen worden. Beste Beziehungen verbinden ihn mit Wladimir Putin und dem Staatskonzern Gazprom. Seine ersten Milliarden hat er als Zwischenhändler für Gasimporte in die Ukraine gemacht. Gegen die enorme Kautionssumme von 124 Millionen Euro setzte man ihn auf freien Fuß; die Kaution stellte ein russischer Oligarch. Die USA ermitteln seit 2006 gegen Firtasch und werfen ihm vor, in Indien 18 Millionen Euro Bestechungsgelder für eine Lizenz zum Titan-Abbau bezahlt zu haben“ (Kahlweit, Cathrin, Sprich mit dem Chefkoch, in SZ 4.5.2015).
Vergleiche auch: Gazprom-Chronik (IV)

– Katar: Keine Verbesserungen. Der WDR-Fernsehjournalist Florian Bauer reiste im Frühjahr 2015 zum vierten Mal nach Katar, um die angeblichen Verbesserungen der Lebensbedingungen der Katar-Gastarbeiter zu überprüfen. Aus dem Text: „Die Küche sieht abstoßend aus, sie ist viel zu klein. Auch Toiletten gibt es viel zu wenige, vielleicht zehn für 100 Personen, manche haben nicht mal eine Tür. Privatsphäre gibt es hier nicht. Die meisten Arbeiter, die in dieser Baracke leben, kommen aus Nepal. Sie zeigen mir ihre Zimmer. Zwölf bis 16 Personen auf gerade Mal 20 Quadratmetern – so leben sie zwei Jahre lang, Tag ein, Tag aus, ohne Urlaub. (…) Sie bekommen nicht den vereinbarten Lohn. 700 Qatari Riyal verdienen sie, erzählen sie. Das sind keine 200 Euro im Monat, deutlich unter dem zwischen Katar und Nepal vereinbarten Mindestlohn von 900 Qatari Riyal“ (Bauer, Florian, „Das ist doch kein Leben“, in dw.de 8.5.2015). Und dann werden Bauer und seine Begleiter von der Sicherheitspolizei festgenommen: „Als mein Kameramann, mein Kameraassistent, mein Fahrer und ich festgenommen werden, drehe ich mit meinem Kamerateam für die ARD-Story „Der verkaufte Fußball“ gerade Bilder von Gastarbeitern, die an ihrem einzigen freien Tag in der Woche Fußball spielen. Wir müssen die Dreharbeiten sofort abbrechen. Es folgt ein 14-stündiges Verfahren. Wir werden vom Staatsschutz und der Polizei verhört, bis wir dem Staatsanwalt vorgeführt werden. (…) Erst nach fünf Tagen, als klar ist, dass sich diese Angelegenheit noch Wochen oder gar Monate hinziehen kann, wird der katarische Außenminister informiert. Er veranlasst unsere Freilassung. Unser beschlagnahmtes technisches Material soll vier Tage später freigegeben werden. Tatsächlich wird es ganze dreieinhalb Wochen einbehalten. Alle Datenträger sind gelöscht, Handys, mein Laptop, Festplatten. Auch alle privaten Daten wie Fotos und Kontakte von Freunden sind verloren. In diplomatischen Kreisen ist man erzürnt“ (Bauer, Florian, Festgenommen und verhört, in dw.de 8.5.2015). Nach internationaler Berichterstattung über die Festnahmen entschuldigen sich hochrangige Beamte bei dem ARD-Team.
Katar: Business as usual.
Vergleiche auch: Katar-Sport

– Katar: Kein Toter Arbeiter in Katar. Im Mai 2015 berichtete Regina Spöttl von Amnesty International: „Im Schnitt gibt es unter den Arbeitern pro Tag einen Toten, der an Herzversagen oder Erschöpfung stirbt“ (Ahäuser, Jürgen, Jeden Tag stirbt ein Arbeiter, in fr-online 29.5.2015). Der DGB stellte eine Verschärfung der Repressalien fest. „Zwölf Arbeiter aus Sri Lanka seien in der vergangenen Woche verhaftet worden, weil sie es gewagt hatten, nach den Ursachen für einen Feuerausbruch in ihrem Arbeitslager zu fragen“ (Ebenda). Autoren des Guardian „kamen zu dem Schluss, dass bereits 1200 Gastarbeiter bei den Vorbereitungen für die WM 2022 ums Leben gekommen seien“ („Kein Arbeiter ist gestorben. Kein einziger“, in spiegelonline 3.6.2015). Die Regierung Katars ließ dagegen über die staatliche Nachrichtenagentur QNA mitteilen: „Tatsache ist, dass in den fast fünf Millionen Arbeitsstunden auf den Baustellen der Weltmeisterschaft kein einziger Arbeiter ums Leben gekommen ist. Kein einziger“ (Ebenda).

– Ski-WM 2013 in Schladming: Der Rechnungshof wundert sich. Der Rohbericht des Bundesrechnungshofes (RH) kritisiert Aufwand, Planungsmängel und Übersichtsprobleme bei der Ski-WM 2013 in Schladming. Sie hat 414 Millionen Euro gekostet, davon kamen 246 Millionen Euro von der öffentlichen Hand, davon wiederum 151 Millionen Euro vom Land Steiermark. Förderentscheidungen seien nicht nachvollziehbar, ebenso die drei Millionen Euro für den Österreichischen Skiverband (ÖSV). „Der Vertrag mit dem Skiverband bzw. seiner Veranstaltungsgesellschaft sei den Geldgebern nicht komplett vorgelegen“ (Rossacher, Thomas, Rechnungshof zerpflückt die 246 Millionen Euro für Ski-WM, in kleinezeitung.at 7.5.2015). Das Institut für Sportstättenbau hätte Flops wie den „Loop“ im Planaistadion nicht verhindert. Das Zielstadion kam doppelt so teuer wie geplant. Der RH rügte auch das „Skygate“ mit zwei Millionen Euro Kosten als „Luxus“.
Das Skygate war eine gebogene Stahlkonstruktion im Zielhang: “Einziger Verwendungszweck: Es ist eine kleine Glasbox integriert, von welcher aus VIPs die WM-Bewerbe verfolgen können” (Leingruber, Martina, WM: Perfektes Zeitfenster für Millioneninvestitionen, in diepresse.com 26.1.2013). Der RH hinterfragte dessen Nutzung durch den ÖSV. Auch die Antikorruptionsmaßnahmen waren nach RH nicht auf aktuellem Stand (Ebenda). – „Sieben verschiedene Gremien zur Organisation und Koordination hätten unabhängig voneinander gearbeitet, so dass der Gesamtüberblick fehlte. (…) Überhaupt wird der ÖSV vom RH als großer Gewinner dieser Förderpolitik gesehen: So wird kritisiert, dass das Land Steiermark zu den fast drei Millionen Euro allein für die WM-Bewerbung mehr als zwei Millionen beigesteuert habe“ (Harte Kritik an Ski-WM-Förderungen, in steiermark.orf 8.5.2015). – „Landeshauptmann Franz Voves, SPÖ, und ÖVP-Vize Hermann Schützenhofer hätten sich von ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel ‚über den Tisch ziehen lassen‘, ätzt Lambert Schönleitner, Grüne“ (Holzer, Elisabeth, Rechnungshof zerpflückt die hohen Kosten für die Ski-WM, in kurier.at 8.5.2015).
„Über den Tisch ziehen“: Das ist Schröcksnadels Geschäftsmodell seit Jahrzehnten.
Schladminger Verantwortliche verteidigten die Mehrausgaben, unter anderem für das deutlich teurere Congresszentrum mit Mediencenter mit den üblichen Milchbubenrechnungen: Wenn man die zusätzlichen Steuereinnahmen durch Congress Schladming berücksichtige, „dann würden die Fördermittel von Land und Bund innerhalb von sieben Jahren wieder hereingespielt“ (steiermark.orf.at 8.5.2015). Das Büro des SPÖ-Landeschefs verlautbarte, die Werbung für das Tourismusland sei „unbezahlbar“ gewesen (Holzer 8.5.2015).

Vergleiche auch: Schladminger Ski-WM: Ein Ort wird zerstört; Was von Schladming übrig blieb

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VI: Aktuelle Sportsplitter von Fifa, Uefa, DFB etc.

– Brasiliens Fußball am Ende. Dem brasilianischen Fußballverband CBF, der aus Geldgründen für die enorm vielen Spieltermine verantwortlich ist, half da auch die WM 2014 nicht weiter. Hohe Schulden, wenig Zuschauer und Profis, die ins Ausland wechseln, prägen den brasilianischen Fußball. Die Erstligisten haben insgesamt rund zwei Milliarden Euro Verbindlichkeiten, davon rund 1,5 Milliarden Euro Steuerrückstände. Der Zuschauerschnitt in der gesamten Erstliga lag bei 16.555. Und die Spieler zieht es nach China und Dubai. „Den brasilianischen Profiklubs aber bleibt gar nichts anderes übrig, als zu verscherbeln, was noch zu verscherbeln ist“ (Herrmann, Boris, Gegen die Ausbeuter, in SZ 9.5.2015).

Der verkaufte Fußball – Sepp Blatter und die Macht der FIFA (ARD, Die Story im Ersten, 4.5.2015, 22.45). Nur wenige Tage im Netz! Der Film berichtet über korrupte Fifa-Exekutivmitglieder (u. a. Issa Hayatou/Kamerun, Amos Adamu/Nigeria und Jacques Anouma/Elfenbeinküste, die bei der Wahl der Fußball-WM 2018 und 2022 teilnahmen. Die drei sollen für die Stimme für Katar von Katar zunächst eine Million Dollar angeboten, dann 1,5 Millionen Dollar akzeptiert haben. Dazu Informationen über Marios N. Lefkaritis/Zypern, der ebenfalls für 2018 und 2022 abstimmte. Er ist Eigentümer der Petrolina Holding (Geschäfte mit Gazprom) und verkaufte einer Gesellschaft aus Katar ein Grundstück auf Zypern für 32 Millionen Dollar. Nicht zu vergessen: Gazprom-Botschafter Franz Beckenbauer
Viele Details sind auch auf der Nolympia-Webseite zu finden.

– Fifa: Gelebte Sport-Demokratur. „Schritt für Schritt ebnet die sogenannte Fußballfamilie Sepp Blatters Weg in die fünfte Amtszeit. Dessen drei Herausforderer, die bei der Präsidentenwahl am 29. Mai beim Fifa-Konvent in Zürich gegen ihn antreten wollen, erhielten jüngst bei den Erdteil-Kongressen in Asien und der Karibik nicht einmal das Rederecht, um ihre Kandidaturen vorzustellen“ (Geld von oben, in SZ 5.5.2015; Hervorhebung WZ). Michael van Prag und Luis Figo zogen ihre Kandidatur zurück. Figo: „Diese Wahl ist keine Wahl. Sie ist eine Volksabstimmung, die nur dazu dient, einem Mann die absolute Macht zu geben“ (Blatter-Gegner beklagt Heuchelei, in spiegelonline 21.5.20154). – „Figos Fazit: er werde nicht antreten – aber wieder zur Verfügung stehen, ’sobald nachgewiesen ist, dass die Fifa keine Diktatur ist'“ (Ebenda). Aus einem Kommentar von Thomas Kistner in der SZ: „Es gibt aber einen Grund, warum es wichtig für Blatter ist, dass möglichst wenige antreten: Beim Wahlkongress in Zürich hat jeder Kandidat 15 Minuten Rederecht. Die könnten seine Widersacher zu einer 45-minütigen Generalanklage gegen Blatters Schattenreich nutzen – und alle müssen zuhören, wie über WM-Vergaben, Nepotismus und das ramponierte Image der Fifa referiert wird: Funktionäre aus aller Welt und schlimmer, die Welt selbst. Da droht Blatter eine qualvolle Vorführung – deren peinlicher Gipfel es wäre, dass ihn sein höfisches Gefolge anschließend zum Fußballkönig kürt. Das Schauspiel müsste den verheerenden Eindruck verstärken, den informierte Teile der Gesellschaft längst haben. (…) Es ist nur ein Szenario, wäre aber ein klassisches Blatter-Stück, wenn am Ende beim Kongress einer auf der Bühne stünde, der dem Patriarch nicht wehtut – und vielleicht auf ein schönes Amt hoffen darf?“ (Kistner, Thomas, Es geht nur einer in die Bütt, in sueddeutsche.de 20.5.2015). Kistner rechnet fest damit, dass Blatter auch 2019 wieder antritt: „Aus dem Amt holt ihn nur er selbst raus, allenfalls noch der Staatsanwalt, wenn es um andere Dinge geht, die nicht direkt vom Fußball geregelt werden können“ (May, Philipp, Strategie der Geld-Gießkanne, in deutschlandfunk.de 25.5.2015).
Am 29.5.2015 ließ sich Blatter zum Fifa-Präsidenten wählen, um am 2.6.2015 gleich wieder zurückzutreten.

– Hat Blatter Angst vor dem FBI? Thomas Kistner stellte in der SZ fest, dass Fifa-Präsident Sepp Blatter am 29.5.2015 wohl für seine fünfte Amtzeit gewählt werden wird. Auffällig ist aber, dass er seit 2011 nicht mehr in den USA war: Das liegt wohl auch an seinen Fifa-Kollegen Jack Warner und Chuck Blazer, die ihm stets die 40 Stimmen des Nord- und Mittelamerika-Verbandes Concacaf zur Verfügung stellten und dafür ungehindert eigenen Geschäften nachgehen konnten. Darunter fiel auch die umstrittene Vergabe der WM 2018 und 2022. „Gefahr droht Blatter nur von außen. Die hat nun der Sportsender ESPN beleu