Zum Inhalt springen

Mai 2011

Glücksfall für München oder Desaster für Stadt und Umwelt? Olympia 2018
Am Mittwoch, 4.5.2011 fand im Vortragssaal der Bibliothek im Münchner Gasteig (Veranstalter: Radio Lora München) eine Podiumsdiskussion statt: Den Befürwortern Alexander Reissl (SPD-Stadtrat) und Jutta Koller (Stadträtin Bündnis 90/Die Grünen) standen die Olympia-Gegner Dr. Andreas Keller (2. Vorsitzender Bund Naturschutz, Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen) und Christian Hierneis (1. Vorsitzender Bund Naturschutz, Kreisgruppe München) gegenüber. Die Moderation hatte Marco Eisenack, Veranstalter war Radio Lora München.
Die Diskussion zeigte auf, dass die Befürworter-Seite nicht gerade mit Sachkenntnis glänzte – im Gegensatz zur gutinformierten Gegnerseite. Die etwa 200 Zuhörer im vollbesetzten Saal waren in der großen Mehrheit Gegner von München 2018.

Jubel-Sponsoren

Im Rahmen des „Living Bid Book“, einer dreiteiligen Video-Dokumentation, betitelte der „Nationale Förderer“ von München 2018, die Allianz-Versicherung ihre Pressemitteilung vom 4.5.2011 „Allianz unterstützt die Bewerbungsgesellschaft bei der Erstellung eines modernen Sicherheitskonzeptes für die Winterspiele 2018“ und schrieb dort von einem „übergeordneten Sicherheitsmanagement und einer hochmodernen Technologie“ und von einem „Höchstmaß an Sicherheit“.
Es wird interessant, wer diese „mit Sicherheit“ nicht billigen Allianz-Dienste bezahlen wird: nachdem der Posten „Sicherheit“ im Bid Book selbst lächerlich gering ist.

Der „Head of Corporate Security“ bei der Allianz, Günther Schotten, versuchte, Firmenphilosophie und Geschäftsenglisch zu kombinieren: „Wir verstehen Sicherheit als Service. Sicherheit darf nicht behindern, sondern soll unterstützen. Erst dann wird Sicherheit zum ‚Business Enabler‘.“ Und er schwärmte von einem neuen Akkreditierungssystem, dem „3D-Finger-Scan“, einem dreidimensionalen Fingerabdruck, über den 40 Merkmale überprüft werden. Er wurde bereits erfolgreich beim Weltwirtschaftsforum in Davos eingesetzt und stellt wohl ein neues Geschäftsfeld der Allianz dar.
Die angedeuteten Maßnahmen gehen in Richtung Überwachung und Kontrolle. Damit kann man dann bald nicht nur die Sportler und Offiziellen kontrollieren, sondern auch die Zuschauer: Schöne Neue Welt…
Die Darstellung der Allianz weckt nicht gerade Vertrauen. Und man versteht langsam, warum München 2018 einen der größten Versicherungskonzerne als Versicherung benötigt.
Der Ehrlichkeit halber sollte auch der reale Preis der Sicherheit genannt werden: bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver 2010 über 700 Millionen kanadische Dollar. Im München-2018-Bid Book steht lediglich ein zweistelliger Millionenbetrag.

Jubelveranstaltung der Abendzeitung in der „BMW-Welt“

Arno Makowsky, ein bekennender Freund von München 2018, hatte für einer Abschluss-Veranstaltung Pro-München 2018 vor dem Bürgerentscheid in Garmisch-Partenkirchen eine illustere Runde von Olympiafans und Bewerbungsbetreibern zusammengestellt: OB Ude gehörte dazu, Katarina Witt und Christian Stückl. Zu Hilfe eilte auch (der als gut bezahlter Lobbyist von BMW stehende) Joschka Fischer, weit entfernt von sportivem Gewicht und gab „His Master’s Voice“. Schließlich ist BMW Nationaler Förderer von München 2018. Fischer verstieg sich zu der Äußerung: „Es tut uns gut als Land, wenn solche Veranstaltungen hier stattfinden“ (Olympia-Macher: Banger Blick zur Zugspitze, in merkur-online.de 6.5.2011).
Vorsichtshalber übernahm Makowsky auch noch die Diskussionsleitung zusammen mit Ursula Heller. Diese besaß die Unverfrorenheit, die einzige Gegnerin von München 2018 auf dem Podium, die Münchner Grünen-Vorsitzende Katharina Schulze, zu fragen, ob sie anhand der Gegenargumente „nicht ein schlechtes Gewissen bekommt“ (Maus, Matthias, Joschkas Apell: „Wir machen bessere Spiele als Korea“, in Abendzeitung 7.5.2011).
Katharina Schulze machte dabei noch das Beste aus einer Pro-Olympia eingefädelten Situation.

Eine ganzer Reihe bekennender SPD-Politiker durften ihre Freude über München 2018 äußern. Dazu gesellte sich noch eine Abordnung von OlympiJA mit Heinz Mohr aus Garmisch-Partenkirchen. Eine ganze Doppelseite war dies der AZ und Makowsky wert. Und Ex-Sportstars durften, wen wundert es, ebenfalls ihre Euphorie äußern. Es waren weitere bekennende Olympioniken wie Christian Neureuther, Beppi Heiß und andere anwesend.
Die Veranstaltung der AZ war eine sehr dürftige journalistische Leistung: Mit objektiver Berichterstattung oder Themenaufbereitung hatte die Veranstaltung NICHTS zu tun. Peinlich – Jubeln für Olympia in der BMW-Welt eben.

Und der bayerische Ministerpräsident erschien zur Ehrung bayerischer Spitzensportler in Garmisch-Partenkirchen – zwei Tage vor dem dortigen Bürgerentscheid: Was für ein Zufall!!!
Dazu durfte DOSB-Präsident Bach am 7.5.2011, einen Tag vor dem Bürgerentscheid, zwischen 14 und 15 Uhr den Höhrern von Antenne Bayern erklären, wie schön Olympische Winterspiele 2018 in Bayern seien. Am selben Tag bauten in Garmisch-Partenkirchen Anhänger von OlympiJA diverse Werbestände auf.

Kommentare im Garmisch-Partenkirchner Tagblatt

In der Woche vor dem Bürgerentscheid gab das Tagblatt Befürwortern und Gegnern Gelegenheit, eine kurze Stellungnahme zu diversen Themen in Verbindung mit München 2018 abzugeben.
Am 6.5. nahmen OlympiJA-Befürworter Heinz Mohr und der Landwirt und Olympia-Gegner Anton Hornsteiner zum Thema „Natur und Umwelt“ Stellung.
Mohr lobte neben der angeblich ökologischen Nachhaltigkeit das Vorhandensein der meisten Sportstätten und die frühzeitige Einbindung von Umweltverbänden und Kritikern.
Von denen hatten die meisten die Fachkommission Umwelt längst verlassen, da die Bewerbung nicht vereinbar mit Umwelt- und Naturschutz ist. Als letzte blieben dort der DAV und der LBV, die auf Millionenaufträge von München 2018 ohne öffentliche Ausschreibung hoffen.
Mohr: „In diesem Sinne sind die Winterspiele 2018 eher ein Beitrag zum Erhalt unserer Umwelt als zu ihrer Vernichtung.“
Vergleiche die Aussage von Seiler weiter unten bei „Das Öko-Institut testiert gegen Geld“! Was würde die Natur bloß ohne die Olympischen Winterspiele 2018 machen!? Im übrigen wirken viele Stellungnahmen der Befürworter so stereotyp, als seien sie zentral bei der Bewerbungsgesellschaft geschrieben worden.

Anton Hornsteiner beschrieb in einem sehr treffenden Artikel die Befürchtungen der Landwirte, aber auch aller, die um die Landschaft im Werdenfelser Land fürchten:

„Die Olympia-Bewerber verharmlosen das tatsächliche Ausmaß der dafür benötigten Flächen. Wir, die betroffenen Grundstücksbesitzer hatten mehrmals versucht, einen Lageplan mit allen eingezeichneten Gebieten, mit den Zufahrtsstraßen und Busparkplätzen zu bekommen – leider vergeblich. Hier wurde bewusst die Bevölkerung nicht informiert, um diese nicht zu schockieren. Wir hätten in den uns zugesandten Verträgen unterschreiben sollen, dass unsere Felder abgeschoben und aufgekiest werden dürfen. Ein Rückbau in den ursprünglichen Zustand wäre nicht mehr möglich. Wir befürchten zurecht, dass bei einem Zuschlag zusätzliche Straßen und Flächen für die Sicherheitszonen benötigt werden. Ein Sicherheitszaun von über 3 m Höhe soll das Olympische Dorf und die Sportstätten umschließen und zu einem „Hochsicherheitstrakt“ machen. Olympia ist eine Großveranstaltung, die unser Tal überrollen würde. Uns Landwirten geht es aber um mehr, als nur um unsere Grundstücke.
Garmisch-Partenkirchen ist auf dem Scheideweg. Wollen wir endgültig zu einer seelenlosen, vergleichbaren Stadt werden, oder wollen wir den eigenen Charakter unseres Gebirgsortes bewahren? Eigentumswohnungen schießen wie Pilze aus dem Boden, Spekulanten stehen schon Schlange, um durch den Kostentreiber „Olympia“ ihren Reibach zu machen. Unsere Heimat darf nicht vermarktet werden, unsere Kinder sollen in einer ländlichen und intakten Landschaft aufwachsen können.“

Der Knebel-Vertrag des IOC: Der Host City Contract

Die Initiative „Keine Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen! Gegen den Ausverkauf der Heimat!“ wollte beim Bürgerentscheid am 8.5.2011 die juristische Überprüfung des „Host City Contracts“ erreichen. Dieser „Vertrag mit der Gastgeberstadt“ des IOC wurde von Juristen der Stadt Salzburg als „Knebelvertrag“ bezeichnet, der gegen die guten Sitten verstoße.

Dieser Vertrag sollte am 8.5.2011 durch den Bürgerentscheid von „Keine Olympischen Spiele!“ juristisch auf mögliche Verstöße gegen deutsches Recht überprüft werden. Er enthält viele Vorteile für das IOC und vielfältige Nachteile für den Austragungsort. Unter anderen ist er einseitig durch das IOC kündbar. Die finanziellen Lasten und die – unbegrenzte – Haftung liegt ausschließlich beim deutschen Gastgeber. Der muss selbst den Luftraum werbefrei halten. Und wenn z. B. die deutsche Bundeskanzlerin den französischen Staatspräsidenten zur Eröffnung der Spiele einladen möchte, muss sie zuerst beim IOC-Exekutivkomitee um Erlaubnis anfragen.

Dieser geheim gehaltene Vertrag stand vermutlich irrtümlich kurze Zeit auf der Webseite der Stadt München, wo ich ihn gefunden habe. Inzwischen wurde er vom Netz genommen. Der kompletten Vertrag mit meinen Kommentaren steht seit Herbst 2010 in meinem “Kritischen Olympischen Lexikon” und ist hier zu sehen.

Zur Abstimmung gegen Olympische Winterspiele siehe Musterbogen des Bürgerentscheids.

BR-Kontrovers: 58 Prozent gegen München 2018 erwartet

Am 4.5.2011 gab es in „Kontrovers“ des BR eine TED-Umfrage nach einer Diskussion in Garmisch-Partenkirchen zwischen Axel Doering und Heinz Mohr: Die Zuschauern vermuten, dass über 58 Prozent der Bürger gegen München 2018 stimmen werden.
300 Murnauer bitten die Bürger von Garmisch-Partenkirchen in einer Zeitungsanzeige, am 8.5. gegen München 2018 zu stimmen. Die Anzeige steht hier.

Das Öko-Institut testiert gegen Geld

Wie schon in der Chronologie April 2011 angekündigt, fand am 6.5.2011 – nicht zufällig zwei Tage vor dem Bürgerentscheid, wie so vieles – die Veranstaltung von Matthias Buchert vom Öko-Institut und Wolfgang Seiler von „Nachhaltiges Garmisch-Partenkirchen“ statt. Das Öko-Institut ist einer der Auftragnehmer für das Umweltkonzept und die CO2-Freirechnung von München 2018 . Es wurde im übrigen nie eine vollständige Berechnung veröffentlicht.
Buchert gab bekannt, dass „bei München 2018 die meisten, nämlich 80 Prozent der CO2-Emissionen, aus dem Flugverkehr kommen“.
Sehr wahrscheinlich wurde keine einzige CO2-Berechnung für die zahlreichen temporären Bauten (Schwaiganger, Garmisch-Partenkirchen, München), zusätzliche olympische Verkehrsbauten wie Tunnels (angeblich „sowieso“ geplant) erstellt. Buchert beantwortete trotzdem die Frage nach der Nachhaltigkeit mit „Ja“.
Seiler lieferte bei der Veranstaltung folgende unglaubliche Aussage ab: „Durch Olympia tun wir für die Natur mehr, als wir ihr damit wegnehmen“ (Kaiser, Wolfgang, Ist Olympia nachhaltig? in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 6.5.2011).
Mit dieser Aussage stellt sich Seiler endgültig ins Abseits!

8. Mai 2011: Der Bürgerentscheid

Eine knappe Mehrheit des Bürgerentscheids zugunsten der Olympiagegner würde reichen, wie ihr Sprecher Axel Doering mitteilte: „Wenn wir 51 Prozent der Stimmen holen sollten, dann wäre das für uns ein Sieg. Und für die Befürworter wäre ein solches Votum zu ihren Gunsten eine Katastrophe“ (Bürgerentscheid in Garmisch- in abendzeitung-muenchen.de 4.5.2011)
Und das IOC wird genau hinsehen…

Im Vorfeld heizten die Olympia-Fans die Stimmung in Garmisch-Partenkirchen auf. Besonders die Initiative „Zwei Tunnel für Garmisch-Partenkirchen“ hängte drei Wochen lang an der Bundesstraße 23 mit Genehmigung der Gemeinde Schilder mit Texten wie „Bund Naturschutz fordert: Weiterhin Gefährdung unserer Kinder“ auf. Diese Plakate waren rechtlich nicht zulässig und mussten abgehängt werden. Axel Doering vom BN erwog weitere juristische Schritte dagegen (Tokarski, Janine, BN droht Tunnel-Initiative mit juristischen Schritten, in merkur-online.de 10.5.2011).

Horst Seehofer traf – sicher ganz zufällig! – am 6.5. in Garmisch-Partenkirchen ein, um die „Skipisten 2011“ zu eröffnen, heimische Sportler zu ehren und einen flammenden Appell für München 2018 loszulassen, siehe oben (Seehofer hofft auf positives Olympia-Signal, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 7.5.2011).
Die Materialschlacht des Pro-Olympia-Vereins OlympiJA mit Anzeigen, Plakaten, Postwurfsendungen, T-Shirts, Papp-Herzen vor allen Garmisch-Partenkirchner Häusern noch am 8.5. – entgegen der gemeinsamen Absprache, am Wahltag selbst nicht mehr zu werben -,  war nicht billig: Wer hat das eigentlich alles bezahlt?
Dagegen war die Anzeige von etwa 300 Murnauer Bürgern zugunsten der Olympia-Gegner am 5.5.2011 im Garmisch-Partenkirchner Tagblatt eine honorige Angelegenheit.

Angesichts dieser Materialschlacht war das Ergebnis der olympischen Fangemeinde nicht eben überwältigend.
Für den Bürgerentscheid „Keine Olympischen Spiele! Gegen den Ausverkauf der Heimat!“, der die Verträge überprüft sehen wollte, gab es 49,51 Prozent. Die Stichfrage lag bei 54 Prozent Pro und 46 Prozent Contra.
Bei dieser knappen Abstimmung ist von Interesse, dass es bei dieser Wahl fast 1300 ungültige Stimmzettel gegeben hat: Das ist ein absolut unüblich hoher Prozentsatz.
Keines der Probleme der Bewerbung wurde mit dem knappen Bürgerentscheid gelöst. Die Grundstücke stehen weiter nicht zur Verfügung, siehe nächsten Abschnitt. Kein Bürgerentscheid kann Grundeigentümer zur Übereignung ihrer Grundstücke verdammen.
Und die rechtliche Überprüfung der Verträge steht noch aus – auch ohne Bürgerentscheid. Vergleiche auch hier.
Nolympia hat nach wie vor viel zu tun.

Nach dem Bürgerentscheid

Gar nicht lustig: Zwei Tage nach dem Bürgerentscheid bekamen die Garmisch-Partenkirchner Bürger dann den neuen Gebührenentscheid für die Grundsteuer B, die von 410 auf 450 Punkte erhöht wurde. Der Rathaussprecher bestritt jeden zeitlichen Zusammenhang (Steuerbescheid nach dem Bürgerentscheid, in merkur-online.de 14.5.2011).

Wenig später wurde bekannt, dass das Landratsamt als Dienstaufsichtsbehörde den Garmisch-Partenkirchner Bürgermeister Schmid in einem Brief auf Rechtswidrigkeiten hinwies, die Schmid bei der Drohung mit Enteignung im Fall Kandahar begangen hatte. Das Landratsamt stellte fest, „dass Bürgermeister Schmid nicht berechtigt war ohne Beschluss des Gemeinderates, die Anwaltskanzlei des Marktes zu beauftragen, die Anträge auf Besitzeinweisung und Enteignung beim Landratsamt zu stellen“ (Brinkmann, Tanja, Landratsamt: Rüffel für Schmid, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 21.5.2011). Schmid darf ohne Gemeinderatsbeschluss allein nur über Beträge von 7.500 Euro bestimmen; die Anwaltskosten wurden dagegen auf mindestens 50.000 Euro geschätzt, welche die Gemeinde zu tragen hat.

Keine Gespräche, keine Abmachungen mit den Grundeigentümern

Rechtsanwalt Seitz berichtete am 6. Mai 2011, dass es nach wie vor keine Gespräche mit den Grundeigentümern gegeben hätte. Kein einziges Grundstück sei für München 2018 zur Verfügung gestellt worden: nicht einmal das vielfach zitierte. Am 11.5.2011 schrieb Rechtsanwalt Seitz deswegen einen Brief an alle IOC-Mitglieder.

Bericht der IOC-Evaluierungskommission

Am 10.5.2011 erschien der Bericht der IOC-Evaluierungskommission. Hier kann man mehr erfahren.

IOC-Mitglied soll 1,5 Millionen US-Dollar Schmiergeld genommen haben

Das IOC-Mitglied aus Kamerun und Mitglied des Fifa-Exekutivausschusses, Issa Hayatou, soll laut einer Aussage des englischen Bewerbungschefs der Fußball-WM 2022, Lord David Triesman, für die Stimmangabe zugunsten von Katar 1,5 Millionen Dollar erhalten haben. Hayatou, der auch Chef des afrikanischen Fußballverbandes Caf ist, soll neben fünf anderen Fifa-Funktionären bestochen worden sein (Druck auf Fifa wächst, in SZ 13.5.2011; Gold, David, IOC member took $ 1,5 million bribe to vote for Qatar 2022 it is claimed, in insidethegames 10.5.2011).
Zwei weitere afrikanische Fifa-Funktionäre sollen ebenfalls je 1,5 Millionen Dollar von Katar erhalten haben. Katar hatte auch als Sponsor 1,8 Millionen Dollar für die Durchführung des Caf-Kongresses 2010 in Angola gezahlt (Druck auf Fifa wächst, in SZ 13.5.2011).
„Geld, Macht und Doping“ lautete schon der Titel des bereits 1992 erschienenen Buches von Vyv Simson und Andrew Jennings, in dem die schon damals korrupten Praktiken beschrieben wurden.

Ludwig Hartmann fragt weiter nach

Am 12.5.2011 stellte MdL Ludwig Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen) als einer der Sprecher von NOlympia zwölf schriftliche Anfragen an die Bayerische Staatskanzlei. Er wollte bezüglich der Personen Emma Newberry, Carlos Garcia, Martin Newman und Jon Tibbs sowie den Unternehmen Albert Speer & Partner GmbH, Abold GmbH, Deloitte & Touche GmbH, Deutsche Sporthochschule Köln/Ökoinstitut, Duinsar Media, Heller & Partner, Norton Rose, Weber Shandwick France unter anderem wissen: weshalb und wie lange sie für München 2018 tätig waren, worin der Beitrag und der Inhalt bestand, ob sie schon für andere olympische Bewerbungen tätig waren, ob es ein Erfolgshonorar gäbe und falls ja, in welcher Höhe.

Und am 15.5.2011 schrieb Hartmann einen vierten Brief an IOC-Präsident Rogge und alle IOC-Mitglieder und informierte sie über die tatsächliche finanzielle Situation der Bewerbungsgesellschaft, die niedrigen Zustimmungsraten bei Befragungen und beim Bürgerentscheid in Garmisch-Partenkirchen und die ungelösten Probleme mit den Grundeigentümern: nachzulesen hier.

Das wahnwitzige Sportjahr 2010

Unter diesem Titel haben wir Mitte Mai weitgehend alle großen globalen Sportereignisse zusammengetragen: Es sind fast 200. Mehr hier.

Olympische Immobilienhausse I

Im Siemensforum fand am 13.5.2011 die Podiumsdiskussion „Die Zukunft des Immobilienstandorts München“ statt. Veranstalter waren die Kanzlei Buse Heberer Fromm und der Zentrale Immobilien Ausschuss e.V.
Die geschilderten Perspektiven sind erschreckend. Die Planungsprognose der LH München geht bis 2024 von einer Einwohnerzahl von 1,5 Millionen aus. „Gefragt sind vor allem hochpreisige Objekte: Wohnungen über 160 Quadratmeter bringen bis weit über 10.000 Euro pro Quadratmeter. Schon vor der Fertigstellung ist das Projekt ‚The Seven‘ hier mit 22.000 Euro legendär.“ – „Die Baulandpreise haben sich in einem Jahr verdoppelt.“ – „Zusätzlichen Schub kann Olympia 2018 in Garmisch-Partenkirchen bringen.“ – „‚Eine historische Chance für den Wirtschaftsstandort München‘, sagte Andreas Lotte, wohnungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Münchner Stadtrat.“
„Die Immobilienwirtschaft macht sich mit der Initiative ‚Immo 2018‘ für die Spiele stark. Markus Steinlein, der mit seiner Werbeagentur die Kampagne unterstützt, ist überzeugt: ‚Logischerweise müssten die Spiele nach München kommen.'“
Alle Zitate: Pressemitteilung Buse Heberer Fromm vom 13.5.2011. Zur olympischen Immo-Welt 2018 vergleiche hier.

Das Wachstum von Einwohnern, Baulandpreisen und Immobilienpreisen erfreut die Immobilienwirtschaft. Nicht erfreut sind zum Beispiel die Mieter in München und in Garmisch-Partenkirchen, deren Mieten parallel zu den Immobilienpreisen steigen. München 2018 würde hier noch einmal einen Schub bewirken – wie an allen Austragungsorten zu beobachten war.
Mit dem „Totschlagargument“ Wohnungsbau werden noch die letzten Grünflächen der Münchner Stadtfläche zubetoniert. Warum muss eigentlich diese Stadt immer weiter wachsen?

Ein Grundeigentümer und 63 Grundeigentümer

Der Garmisch-Partenkirchner Grundeigentümer Max Buchwieser, dem das umstrittene Grundstück an der Zielgeraden der Kandahar gehört, stellte einen Tag vor der Technischen Präsentation in Lausanne (siehe nächster Abschnitt) sein Grundstück nun auch für die möglichen Olympischen Winterspiele von München 2018 zur Verfügung. „Welcher Preis für den frisch unterzeichneten Vertrag gezahlt wird, war gestern nicht zu erfahren“ (Brinkmann, Tanja, Kandahar für Olympia gesichert, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 18.5.2011).
Umgehend erklärte der Markt Garmisch-Partenkirchen bewusst irreführend, es sei damit „das letzte verbleibende Teilstück … gesichert. Damit sind alle notwendigen Sportstätten im Bereich des Marktes Garmisch-Partenkirchen verfügbar“ (Pressemitteilung 17.5.2011; Hervorhebung W.Z.). Auch der Münchner OB Ude wusste sofort, es stehe „jetzt fest, dass hundertprozentig alle Sportflächen zur Verfügung stehen“ (Freie Fahrt auf der Kandahar, in SZ 17.5.2011), ebenso DOSB-Generaldirektor Vesper: „Die endgültige Klärung der Grundstücksfrage in Garmisch-Partenkirchen hat unserem Projekt noch einmal einen Push gegeben“ (Olympiagegner aus Annecy übergeben Petition an IOC, in focus.de 18.5.2011)

Diesem Grundstücks-Poker war eine etwas seltsame Aufgabenaufteilung in der Münchner Rechtsanwaltskanzlei Labbé und Partner vorangegangen. Seniorchef Walter Labbé vertrat diesen Grundeigentümer. Er unterschrieb am 17.5.2011 eine „Presseerklärung“ zusammen mit dem früheren Justizminister und jetzigen Vertreter der Bewerbungsgesellschaft München 2018, Alfred Sauter (CSU), in welcher wörtlich stand: „Die Verhandlung am 13.5.2011 wurde im olympischen Geist, im gegenseitigen Respekt und im gegenseitigen Verständnis für die Bedeutung der Olympischen und Paralympischen Winterspiele 2018 in Deutschland … geführt.“
Der Sozius der Anwaltskanzlei Labbé, Rechtsanwalt Ludwig Seitz, schrieb dagegen in einer zweiten Presseerklärung, dass von dieser Entscheidund „strikt zu trennen ist die Haltung der übrigen 63 durch uns vertretenen Garmisch-Partenkirchener Grundeigentümer… Grundstücksverhandlungen in diesen 63 Fällen wurden nicht geführt, werden nicht geführt und werden auch zukünftig nicht geführt. Diese Flächen stehen definitiv für Olympia 2018 nicht zur Verfügung. Die Funktionsfähgkeit der Sportstätten Kandahar, Hausberg und Olympic Ski-Stadion ist nicht gegeben.“ (Hervorhebung PM)
Siehe PM hier.

Technische Präsentation vor dem IOC

Am 18.5.2011 fand die „Technische Präsentation“ der drei Bewerbungen 2018 vor 89 IOC-Mitgliedern in Lausanne statt. Dieses Verfahren wurde erstmals 2009 bei der Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2016 nach Rio de Janeiro eingeführt und ersetzte die unreglementierten (und mit Korruptionsfällen verbundenen) individuellen Besuche der IOC-Mitglieder im Vorfeld der Abstimmung (Schmid, Andreas, Schaulaufen der Olympiakandidaten, in nzzonline 20.5.2011).
Zur deutschen Delegation gehörte u. a. neben „Frontfrau“ Kati Witt der DOSB-Präsident Bach, OB Ude, Bewerbungschef Schwank, der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, BMW-Vorstandsmitglied Ian Robertson und die Sportsoldatin vom Zoll, Biathletin Magdalena Neuner (Kristlbauer, Matthias, Olympia-Entscheidung: Fällt am Mittwoch die Entscheidung? in merkur-online.de 16.5.2011). Bewerbungs-Chefin Katarina Witt hat, wie die Neue Züricher Zeitung berichtete, „für die Münchner Kandidatur für die Winterspiele 2018 geweibelt“ (Schmid, Andreas, Schaulaufen der Olympiakandidaten, in nzz.ch 20.5.2011; Hervorhebung W.Z.).
Der BMW-Mann hatte die Rolle, auf den hohen Anteil der Sport-Sponsorengelder aus Deutschland zu verweisen. Winterspiele machten einen Anteil von 40 Prozent der IOC-Einnahmen aus, und davon stamme angeblich die Hälfte aus Deutschland. Und dieser Anteil könnte sogar noch gesteigert werden. OB Ude beobachtete hier, wie „der Funke auf die IOC-Mitglieder übergesprungen“ sei (Lode, Silke, Finale im Olympia-Wettbewerb, in sueddeutsche.de 18.5.2011).
Das ist gut möglich, da beim Thema Geld für gewöhnlich die Augen der IOC-Mitglieder zu leuchten beginnen.
Ude stellte dann während der Präsentation in Lausanne tatsächlich die Frage, „in welcher der drei Bewerberstädte ihre Frauen im Februar 2018 am liebsten Shoppen gingen“ (Winterfeldt, Jörg, Aus zwei gescheiterten Bewerbungen gelernt, in fr-online.de 19.5.2011).

Die Zustimmungsraten für München 2018 liegen in der Bevölkerung mit 60% in München, 53% in Bayern und 56% in Deutschland allerdings niedrig (zum Vergleich Pyeongchang: 92:87:87). „Münchens Oberbürgermeister Ude argumentiert ganz abenteuerlich: „Die fehlende Zustimmung sei ja kein Versäumnis der Olympiabefürworter. ‚Diese Schwäche geht auf die Gegner zurück‘, findet er“ (Kemnitzer, Sebastian, Miese Maße in München, in taz.de 18.5.2011).
München 2018 (Motto: „Fest der Freundschaft“) verkündete dann noch die Anreise des deutschen Bundespräsidenten Wulff am 6.7.2011 nach Durban, während die Olympiagegner aus Annecy (Motto: „Schnee, Eis und du“) dem IOC eine Petition mit 16.000 Unterschriften gegen Annecy 2018 übergaben. „Olympia würde unsere Umwelt sehr stark schädigen und angesichts der Kosten von 4,8 Milliarden Euro Annecy und die Region in ein finanzielles Chaos stürzen“, hieß es von den Annecy-Gegnern (Olympiagegner aus Annecy übergeben Petition an IOC, in focus.de 18.5.2011).

Südkorea (Motto: „Neue Horizonte“) präsentierte in Lausanne sein 1,4 Milliarden Dollar teures Wintersportgebiet „Alpensia“, dazu einen 500 Millionen Dollar teuren Hochgeschwindigkeitszug von Seoul dorthin, eine 80 Millionen Dollar teure Medienkampagne zur Findung potentieller Olympiasieger 2018 und 500 Millionen Dollar für die zweite Phase eines Sportförderungsprogramms (Winterfeldt, Jörg, Aus zwei gescheiterten Bewerbungen gelernt, in fr-online.de 19.5.2011; Wettlauf um Geld und Charisma, in SZ 20.5.2011). Hat sich das Garmisch-Partenkirchner Referendum mit letztlich nur 54 zu 46 Prozent halbherzig für München 2018 entschieden, sieht es in Südkorea anders aus: „Pyeonchang brauchte so ein Referendum freilich erst gar nicht“ (Unaufholbare Haaresbreite, in wienerzeitung.at 19.5.2011).
Die Geldmittel der vier Milliardenkonzerne Samsung, Hyundai, Kia und LG scheinen unerschöpflich.
Nicht von ungefähr schätzte das kanadische IOC-Mitglied Richard Pound nach den drei Präsentationen: „Korea ist derzeit noch einen Fingerbreit vorn“ („Südkorea ist einen Fingerbreit vorn“, in spiegelonline 18.5.2011).

Die Konkurrenz zwischen Pyeongchang und München ist auch die Konkurrenz zweier altbekannter Lobbyisten: Jon Tibbs arbeitet für München 2018 und war mit Athen 2004, Peking 2008 und Sotschi 2014 erfolgreich: Ludwig Hartmann fragte gerade im Landtag über Tibbs Honorare, Arbeitsweise etc. nach (s.o.). Mike Lee arbeitet für Pyeongchang und war mit London 2012, Rio 2016 und der dubiosen Vergabe der Fußball-WM 2022 für Katar erfolgreich (Kristlbauer, Matthias, Olympia-Bewerbung: Die Stunde der Lobbyisten, in merkur-online.de 20.5.2011).

Gamesbids gab nach der technischen Präsentation folgenden internen Stand bekannt: Annecy 53,85 (+ 1.08), München 64.99 (+ 2,68), Pyeongchang 66,29 (+ 1,30). Der Anstieg um 2.68  Punkte resultierte aus dem – knappen – Bürgerentscheid in Garmisch-Partenkirchen pro München 2018 und der Einigung mit dem Grundeigentümer auf der Kandahar, wobei die Grundstücksprobleme hier weiter völlig ungelöst sind (GamesBids, Momentum Shifting to Munich 2018: PyeongChang Stays Ahead, 19.5.2011).

Antrag im Bezirksausschuss Neuhausen

Anna Seliger, Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied des Bezirksausschusses des 9. Münchner Stadtbezirks Neuhausen-Nymphenburg, stellte zur Verhinderung der drohenden Baum-Fällungen und des drohenden Abrisses von Wohnungen für “München 2018″ den unter hier zu findenden Antrag : Er wurde am 18.5.2011 im Bezirksausschuss bis zur Entscheidung über die Vergabe der Winterspiele vertagt.

Die nächste olympische Jubel-Veranstaltung der Stadt

Das passt gut zum Immobilienthema oben: Am 20.5.2011 findet im Münchner Rathaus die Veranstaltung „Olympiaregion München 2018 – Nachhaltige Entwicklung“ statt – mit einigen üblichen Verdächtigen.
OB Ude und Bürgermeister Schmid begrüßen und führen ein. Eine Abgesandte des Organisationskomitees von Vancouver 2010 berichtet über die Nachhaltigkeit der dortigen Spiele. Die ehemalige Stadtbaurätin Christiane Thalgott referiert über „Zukunftsperspektiven einer Region“. Der Soziologe Armin Nassehi spricht zu „Schneller, höher, stärker – Olympische Spiele als gesellschaftliches Ereignis“.
Und Ralf Roth von der deutschen Sporthochschule Köln hat sich ein übergreifendes Thema erwählt: „Das Umwelt- und Nachhaltigkeitskonzept München 2018 als Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in den Alpen“.
Roth zeichnet für das Umweltkonzept von München 2018 verantwortlich und hat seine Zuständigkeit hiermit auf die gesamten Alpen ausgedehnt.

Olympische Immobilienhausse II

Der Immobilienteil der SZ vom 20.5.2011 war ein einziges Plädoyer für die Immobilien- und Bauwirtschaft. Tenor: München muss auf Teufel komm raus bauen – ob mit oder ohne Olympia -, aber besser mit, wissen die einschlägigen „Experten“.

Zunächst durfte der olympische Goldmedaillengewinner im Rudern, Wolfgang Maennig, von Irebs International Real Estate Business School Regensburg vom positiven Einfluss großer Sportevents auf die Immobilienwirtschaft schwärmen. Neue oder sanierte Sportstätten „sind Standortfaktoren und tragen zu einem besseren Image bei. Das wissen wir auch in Deutschland, siehe die Sprungschanze in Garmisch-Partenkirchen, entworfen von Zaha Hadid“ (Horn-Peter, Besseres Image, Interview in SZ 20.5.2011).
Hier irrt Maennig: Zaha Hadids Schanze trägt zum Image von Österreich bei, sie steht nämlich am Berg Isel in Innsbruck.

Insgesamt machte der Immobilienteil der SZ vom 20.5.2011 den Eindruck, als sei er von IMMO2018 inszeniert worden. Hatte die SZ ihre Rolle als Medienpartner von München 2018 zu wörtlich genommen? (Alle Zitate: Horn, Peter, Sprung nach vorn, in SZ 20.5.2011; vgl. auch Olympische Immobilienhausse I, 13.5.2011)
„Für solche notwendigen, aber lange aufgeschobenen Projekte sind Ereignisse wie olympische Spiele immer ein wichtiges Signal“ (Stephan Kippes, Immobilienverband IVD-Süd).
„Dem Immobilienmarkt von Olympiastädten tue eine Teilnahme immer gut“ (Jürgen Büllesbach, Vorsitzender Bayerische Bau und Immobiliengruppe).
„Kurzfristig hat Olympia vor allem positive Auswirkungen auf die Bauwirtschaft“ (Manfred Binsfeld, Analysehaus Feri Euro Rating).
„München wäre nicht das, was es heute ist, wenn es die Olympischen Spiele 1972 nicht gegeben hätte… Ich bin überzeugt, dass München mit den Olympischen Winterspielen 2018 wieder einen großen Sprung nach vorn machen wird“ (Ernst Holland, Vorstandsvorsitzender der städtischen GBW AG, die am Olympischen Dorf mitbauen soll).
Dieser „Sprung nach vorn“ wird sicher groß: noch höhere Baulandpreise, noch höhere Quadratmeterpreise bei Eigentumswohnungen, noch höhere Mieten: eben alles, was der Immobilien- und Baubranche gut in das Geschäft passt.

In diesem Zusammenhang war ein weiterer Artikel in der SZ vier Tage später aufschlussreich: Er schilderte die reale Situation anhand von Zahlen des städtischen Gutachterausschusses für Grundstückswerte. Darin wurden genannt: mögliche Quadratmeterpreise von bis zu 23.000 Euro, acht Prozent Preisanstieg bei neuen Eigentumswohnungen, 3,4 Milliarden Euro Umsatz des Münchner Immobilienmarktes. Der Quadratmeterpreis bei durchschnittlichen Eigentumswohnungen liegt bei 4050 Euro, in besseren Lagen bei 6500 Euro (Dürr, Alfred, Münchner Millionenspiel, in SZ 24.5.2011).

Und in diese schon jetzt völlig überhitzte Immobilienkonjunktur soll noch München 2018 geholt werden!

„Stars, die Winterspiele – und du!“ – ohne mich?

Am 11.6.2011 soll in der Allianz-Arena das Spektakel „Stars, die Winterspiele und Du!“ zugunsten München 2018 stattfinden. Trotz jeder Menge Werbespektakel und der Verlosung von Rasenstücken des Spielfeldes scheint dieses Pro-Olympia-Event nicht besonders nachgefragt zu werden: Vom 18. bis 25.5.2011 lief die Aktion „Nimm 3 – zahl‘ 2“ – „Wer 3 Tickets kauft, bekommt das günstigste Ticket geschenkt“ (www.stars-winterspiele-du.de)

Olympia und Ryder-Cup

Das nächste öffentlich zu ersteigernde teuere Sportevent war Mitte Mai 2011 der Ryder Cup 2018, ein Wettkampf zwischen den besten Golfern Europas und Amerikas. Die französische Sportministerin Chantal Juanno war extra nach London gereist: Und der Platz Le Golf National bei Paris erhielt den Zuschlag. Auch dieses Sportevent wird wahnwitzig teuer. Die deutsche Bewerbung scheiterte unter anderem daran, dass auch für dieses Megaevent eine Steuerbefreiung gefordert wurde: Im Gegensatz zur gewährten olympischen Steuerbefreiung weigerten sich diesmal die deutschen Behörden.
Wann hört die Manie der Steuerbefreiung für Internationale Sport-Großereignisse endlich auf?!

Der Golfkurs soll für sechs Millionen ertüchtigt werden. Die 420.000 französischen Golfern werden zehn Jahre lang einen zusätzlichen Beitrag von drei Euro bezahlen müssen (macht rund 12,6 Millionen Euro). 100 Sechs- und Neun-Loch-Golfplätze sollen in ganz Frankreich zusätzlich gebaut werden. Das benachbarte Schloss Versailles soll eingebunden werden.
Der neue Chef der olympischen Annecy-2018-Bewerbung, Charles Beigbeder äußerte: „Dieser Ausgang zeigt, welche Leidenschaft unser Land für die Welt des Sports hat“ (Kleffmann, Gerald, Auf den Putz hauen, in SZ 19.5.2011).
Ein weiteres internationales Sport-Wahnsinns-Unternehmen eben…

Olympisches Dorf brächte Kahlschlag

Nachdem wir von NOlympia seit Sommer 2010 versuchen, die Problematik von etwa 2000 abzuholzenden Bäumen für das geplante Olympische Dorf in die Öffentlichkeit zu bringen, hat der Münchner Merkur am 20.5.2011 einen sehr objektiven Artikel abgedruckt. Unter dem Titel „Kahlschlag fürs Olympische Dorf“ wurde der jetzige Park des Bundeswehrgeländes gelobt: „Man kann ihn mit gutem Recht ein Idyll nennen“ (Löhr, Johannes, Kahlschlag fürs Olympische Dorf, merkur-online.de 20.5.2011).
Löhr hat die „Baumbilanz“ des Münchner Planungsreferates auf dem Gelände erwähnt: 108 „sehr erhaltenswerte“ und 1594 „erhaltenswerte“ Bäume stehen hier. Das Preisgericht hat bezüglich der Bäume zwei Sätze zum Siegerentwurf des Berliner Architektenbüros Léon Wohlhage Wernik geschrieben. Der erste wurde von OB Ude, den Stadtgrünen und überhaupt überall zitiert: „Positiv zu bewerten ist, dass 95 Prozent des als ,sehr erhaltenswert‘ eingestuften Baumbestandes berücksichtigt wurde.“ Der zweite Satz wurde  dann systematisch und bewusst verschwiegen: “ Dagegen wird der als ,erhaltenswert‘ eingestufte Bestand zu 80 Prozent beseitigt.“ (Hervorhebung: W.Z.) Das sind allein 1275 als „erhaltenswert“ klassifizierte Bäume, dazu noch hunderte nicht klassifizierter Bäume!
Christian Hierneis von der Bund Naturschutz-Kreisgruppe München erinnerte an die von München 2018 nicht erwähnten Biotope; Tobias Ruff von der ÖDP verwies auf die „unzähligen roten und grünen Farbmarkierungen“ an den Bäumen. Der Sprecher des Planungsreferates, Thorsten Vogel, gab zu: „Man kann davon ausgehen, dass eine Vielzahl gefällt werden muss“  (Löhr 20.5.2011). Die Kommentare im Anschluss an den Artikel im Merkur hier sind sehr aufschlussreich.
Wenn das Kettensägenmassaker für das Olympische Dorf mit 1300 bis 2000 abzuholzenden Bäumen stattfinden würde, wären mit Sicherheit Verhältnisse wie bei Stuttgart 21 zu erwarten. Vgl. Leserbrief

Vergleiche auch zum Münchner Park der Bundeswehr hier, zu den „olympischen Hochbunkern“ hier.

Die Olympischen Wirtschaftsspiele

Am 26.5.2011 fand im Münchner Club Wirtschaftspresse eine weitere Werbeveranstaltung für München 2018 statt. DOSB-Präsident Bach (mit Siemens früher enger verbandelt, siehe hier) brachte die nicht eben überzeugende These: „Nachhaltigkeit ist das Hauptthema – gerade im Wintersport“ (Knust, Cornelia, Grünes Aushängeschild, in manager m,agazin 27.5.2011).
München 2018: Schneekanonen, gekühlte Beschneiteiche, jede Menge temporäre Bauten, unvollständige CO2-Berechnungen, Abholzung der Bäume etc.

Bach sprach weiter davon, dass das Großevent gänzlich CO2-frei stattfinden sollte, ohne Atomstrom, nur mit erneuerbaren Energien, neuesten Zügen, Bussen, eine Flotte von Elektroautos, energiesparende Bauten usw.
Also alles, was die Auftragsbücher der Industrie füllt…

Siemens-Chef Peter Löscher war begeistert, hatte er doch am Vortag von der „grünen Re-Industrialisierung“ geredet und vom „kräftigen Schub“ großer Vorhaben geschwärmt: „Die Bewerbung um die Olympischen Spiele in Garmisch kann eine solche Chance sein“ (Ebenda). Löscher weiß wovon er redet: „Bei der Fußball-WM in Südafrika, der Expo in Shanghai und den Olympischen Spielen in Peking habe das Unternehmen Infrastruktur-Aufträge von jeweils rund 1 Milliarde Euro gewonnen“ (Ebenda). Und auch in Sotschi 2014 heimste der Siemens-Konzern große Aufträge ein.
Vielleicht werden Sport-Großereignisse vor allem zuguinsten der Großindustrie veranstaltet?!

Die Entscheidung am 6.7.2011: Deutsche Feiern werden schon vorbereitet

Gerade einmal drei Kandidaten für die Olympischen Winterspiele 2018 gibt es: Annecy/Frankreich, Pyeongchang/Südkorea und München. Die Entscheidung fällt in Durban/Südafrika am 6.7.2011.

Am 6. Juli 2011 soll es Public Viewing geben: ab 8.30 Uhr in München auf dem Marienplatz, in Garmisch-Partenkirchen auf dem Mohrenplatz und am Königssee an der Seelände. Gezeigt wird die Präsentation der drei Bewerberstädte, dazu ein Bühnenprogramm mit viel Tamtam wie Showacts, Sportlertalks, dem Kabarettist Willy Astor und dem Bayern-3-Team plus Bayern-3-Band. Allein rund um den Marienplatz werden 25.000 Menschen erwartet.
Das ist natürlich die Erwartung der Bewerbungsgesellschaft. “Schaun mer mal, dann sehn mer scho”, hat Franz Beckenbauer einmal bemerkt.

In Durban/Südafrika will es sich Bundespräsident Wulff nicht nehmen lassen, persönlich zusammen mit dem anderen Präsidenten, DOSB-Präsident Bach und der gesamten olympischen Entourage das IOC-Spektakel zu verfolgen (München 2018, PM: München 2018 – Die Entscheidung, 26.5.2011; Hutter, Dominik, Feiern auf Knopfdruck, in SZ 27.5.2011; Rieber, Sven, “Die Entscheidung”: Große Olympia-Party in 40 Tagen, in merkur-online.de 27.5.2011).
Gegen 17 Uhr wird die Entscheidung des IOC über den Austragungsort der Olympischen Winterspiele 2018 fallen. Und um 18.30 Uhr möchte Oberbürgermeister Ude den Host City Vertrag unterschreiben – sofern München gewonnen hätte.

Was wir doch nicht hoffen wollen! Denn am 6.7.2011 ist hoffentlich der ganze Spuk und die Ablenkung von den tatsächlichen Problemen vorbei. Dann sollten der Stadtrat von München und der Gemeinderat von Garmisch-Partenkirchen endlich wieder beginnen, sich der Realität zu stellen.

Ein Traum wäre natürlich, wenn keiner der drei Kandidaten vom olympischen Albtraum ereilt würde und 2018 keine Olympischen Winterspiele stattfinden würden!

Turner doch in Japan

Nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima im März 2011 war klar, dass die Turn-WM und gleichzeitige Olympiaqualifikation für London 2012 nicht wie geplant in Tokio vom 8. bis 16.10.2011 stattfinden würde. Der DTB-Sportdirektor Wolfgang Willam sagte im April 2011: „Ich glaube, das ist nicht nur ein Thema von minderjährigen Turnerinnen, sondern es geht uns alle an. Da darf ich bei mir direkt anfangen, ich möchte auch noch eine Weile leben“ (Schmidt, Sandra, Sportpolitik vor Sicherheit, dradio.de 30.5.2011)

Der Internationale Turnerbund hat dann Ende Mai 2011 entschieden, die Wettbewerbe doch in Tokio auszutragen. FIG-Präsident Bruno Grandi sagte, „dass er nach wissenschaftlichen Erkenntnissen keinen Grund sehe, die Welttitelkämpfe zu verlegen“ (Kunstturn-WM wie geplant in Tokio, in focus.de 20.5.2011).
Der Turner-Präsident als Wissenschaftler…

Eltern, Sportler, Trainer wurden nicht gefragt, obwohl gerade Eltern Bedenken äußerten. Die deutschen Vertreter stimmten bedenkenlos zu. „Vorgelagerte Institutionen“ hätten diese Entscheidungen zu treffen, sagte nun DTB-Sportdirektor Willam.
IOC und DOSB hätten Druck ausgeübt, hieß es hinter den Kulissen. „Ein Schelm, wer an die zwei IOC-Vertreter aus Japan denkt, die in wenigen Wochen für Spiele in München 2018 stimmen sollen“ (Schmidt 30.5.2011).

Sepp the Ripper

Nicht nur das IOC erregt die Gemüter inbezug auf Korruption, Schiebungen und Intransparenz: Dies ist angesichts der hohen Geldsummen in der gesamten globalen Sportindustrie gang und gäbe. So zeigten die Vorgänge in der Fifa im Mai 2011, wie marode die Strukturen in den großen Sportverbänden geworden sind.
Fifa-Präsident (und IOC-Mitglied) Sepp Blatter spulte in einer beeindruckenden Pressekonferenz sein in Jahrzehnten angesammeltes Fachwissen und Demokratieverständnis ab (dank an Jens Weinreich). Zuvor hatte Blatter seine Rivalen und Vize-Präsidenten Mohamed bin Hammam (Katar) und Jack Warner (Trinidad und Tobago) kaltgestellt.
Sehr vermutlich kam die Wahl von Katar für die WM 2022 durch Bestechung zustande. Als sich der Katarer Mohamed Bin Hammam und Jack Warner (Trinidad/Tobago) gegen Blatter verbündeten, wurden beide von der Ethik-Kommission der Fifa am 29.5.2011 – drei Tage vor der Wahl -, suspendiert. Die Kommission hat Blatter eigenhändig besetzt. „Die Ethiker sind flott zur Hand, wenn jemand gegen Blatters Interessen verstößt“ (Kistner, Thomas, Blatters Welt, in SZ 31.5.2011).
Die Fifa-Präsidentenwahl am 1. Juni 2011 war schon vorher längst zur Farce geworden (siehe u. a. Kistner, Thomas, Er bringt die Fußball-WM nach Katar, in SZ-Magazin 21/27.5.2011). Am 1.6.2011 wurde Blatter von 186 der 203 abstimmenden Mitglieder erneut gewählt (Fifa-Funktionäre gewähren Blatter neue Amtszeit, in spiegelonline 1.6.2011). Das Signal an die Fußballwelt: „Ehrlichkeit, Transparenz, Fair Play – vergesst es einfach!“ (Ahrens, Peter, Fair Play – vergesst es! in spiegelonline 1.6.2011).