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Juli 2012

Webseite-Besucher

Im Juni 2012 besuchten 11.539 Internet-Nutzer unsere Nolympia-Webseite. Von Februar 2010 bis einschließlich Juni 2012 hatten wir über 380.000 Besucher. Wir bedanken uns für das nachhaltige Interesse.

Olympischer Asphalt-Dschungel

Ende Juni 2012 forderten die Vorsitzenden der Münchner Grünen in einer Pressemitteilung: „DTM raus aus dem Olympiastadion“ (PM 29.6.2012). Die Vorsitzende Katharina Schulze wies auf die Beschwerden der Anlieger durch Lärm und Abgase und auf das fragwürdige Image des Motorsportevents hin. Für Sebastian Weisenburger steht das Autorennen im städtischen Stadion im Widerspruch zu den Aktivitäten von München im Bereich des Klimaschutzes (Ebenda).
Der für 400.000 Euro verlegte Rollrasen für das Finale der Frauen-Fußball-EM im Olympiastadion war Mitte Mai 2012 schon wieder draußen. Der darunter liegende Asphalt wurde schon im Februar aufgetragen und im Mai gereinigt. Dann wurde eine zweite Schicht asphaltiert. Nun kann es erneut losgehen: Am 14. und 15. Juli 2012 brettern die Boliden der Deutschen Tourenwagen-Meisterschaft (DTM) wieder im Kreis. „Motorsport zum Anfassen“ soll es werden: mit Teamzelten und Autogrammstunden. „Außerdem fliegen die Red Bull X Fighters auf ihren Motocross-Maschinen durch das Stadion, der Engländer Terry Grant lässt bei seiner Stuntshow die Reifen quietschen“ (Ventker, Janina, Die Boliden rasen wieder durchs Oval, in Münchner Merkur 26.5.2012). Ein Familienfest mit Hüpfburg und Kinderschminken, damit die lieben Kleinen die Boliden lieben lernen – und das Rasen mit Autos als selbstverständlich empfinden. Für die erwachsenen Fans gibt es geöffnete Teamzelte, die
Pitstop-Challenge, geführte Fahrerlagertouren, die Red Bull X-Fighters usw.: also alles, was rasende Männer-Herzen begehren (Wir schicken Sie zum Renn-Spektakel, in tz-online 4.7.2012).
„Das unglaubliche Röhren der Tourenwagenmotoren machte nicht nur jedes Gespräch zunichte, nervte Jogger und Spaziergänger. Den leidgeprüften Olympiadörflern auf ihren Balkonen blieb nur die Wahl zwischen Ohropax und der Flucht aus dem eigenen Heim“ (Kronewiter, Thomas, Krach statt Konsens, in SZ 13.7.2012). Die Olympiapark GmbH mit Chef Ralph Huber stört es auch nicht, dass sich der Bezirksausschuss Milbertshofen fast einstimmig (CSU, SPD, Grüne) gegen die Verlängerung der Rennsause im Olympiaasphaltstadion über 2013 hinaus ausgesprochen hat. Nur die FDP lobte das Spektakel: Man unterstütze die DTM „nach Kräften“ (Kronewiter, Thomas, Rennautos raus, in SZ 13.7.2012).
Schon mal was von Klimawandel gehört?
2011 wurden vier Autos zu Schrott gefahren – unter den Augen von 54.000 Motorsport-Fans.
Vergleiche auch: Ralph Hubers rasender Lärmteppich

Marienhof wird nicht asphaltiert, sondern temporär begrünt

Der Marienhof war grün – mit Wiese und 38 japanischen Schnurbäumen. Dann kam OB Ude und ließ aufgraben – kurz vor der Entscheidung über die Vergabe der Olympischen Winterspiele 2018 und zur Beschleunigung der Zweiten S-Bahn-Stammstrecke. OB Ude und die Stadtverwaltung räumten der Deutschen Bahn AG einen Gestattungsvertrag ohne zeitliche Befristung ein. Dann kam der Zuschlag für München 2018 nicht. Und damit kam auch die Zweite S-Bahn-Stammstrecke nicht.
Ob sie aber über Obersendling, oder aber über Untersendling, oder überhaupt nicht kommt, ist nicht gewiss…
Und so graben seither die Archäologen in der Riesenbaustelle im geöffneten Marienhof und finden nur bedingt etwas. Die Geschäftsleute und Anlieger und Touristen sind sauer. Aber jetzt naht Hilfe: Die Stadt will den Marienhof „temporär“ begrünen – mit Rollrasen und Büschen, falls die Stammstrecke doch noch kommt. Dabei gibt es bis heute für keinen der drei Bauabschnitte eine rechtsgültige Baugenehmigung (Völklein, Marco, Offene Baustelle, in SZ 3.7.2012). Großzügig stimmte die Deutsche Bahn zu, da man kein Interesse habe, dass die offene Grube als „Dauerärgernis die Akzeptanz der zweiten S-Bahn-Stammstrecke belastet“ (Völklein, Marco, Offene Baustelle, in sueddeutsche.de 2.7.2012)..
Den Rollrasen könnte man vielleicht vom Olympiastadion ausleihen, siehe Frauen-Fußball-Finale oben. Absurdes Spektakel.
Falls sie nicht kommt, spendiert die Stadt sogar wieder Bäume (Kristlbauer, Matthias, Marienhof soll wieder grün werden in Münchner Merkur 1.7.2012).
Nun soll im Oktober 2012 die olympische Baugrube verfüllt und begrünt werden: ohne Bäume! SPD und CSU sind gegen Bäume – falls die 2. Stammstrecke ja doch noch käme (Völklein, Marco, Und am Marienhof klafft ein riesiges Loch, in sueddeutsche.de 11.7.2012).
Hallo Stadtgartendirektion: Was ist eigentlich aus den 38 Schnurbäumen geworden, die Ihr Baumspezialisten überraschend mitten im Juni 2011 ausgegraben habt? Dürfen die AZ-Reporter immer noch nicht aus „Sicherheitsgründen“ die Bäume in der städtischen Baumschule Allach besichtigen?

Vergleiche: Vom Marienhof zum Christian-Ude-Hof

Netzwerk Nolympia traf sich am 6.7.2012

Am 6.7.2011 wurden vom IOC in Durban die Olympischen Winterspiele an Pyeongchang in Südkorea vergeben. Genau ein Jahr danach traf sich das Netzwerk Nolympia wieder im Tierheim in Garmisch-Partenkirchen. MdL Ludwig Hartmann (Bündnis 90/Die Grünen), Axel Doering und Andreas Keller sowie viele Mitglieder der Garmisch-Partenkirchner Gegner von Olympischen Winterspielen, Katharina Schulze von der Münchner Nolympia-Gruppe und Sylvia Hamberger und Wolfgang Zängl von der Münchner Gesellschaft für ökologische Forschung ließen die Ereignisse der Jahre 2008 bis 2011 Revue passieren. Nach dem Rückzug der amerikanischen Bewerbung für 2022 signalisierten einige Journalisten und Sportfunktionäre ihr Faible für München 2022. Die Webseite des Netzwerkes Nolympia ist laufend aktualisiert worden, und gegebenenfalls kann das Netzwerk Nolympia im Fall einer Bewerbung München 2022 sofort wieder aktiv werden. Siehe auch München 2022 unter Sport-Splitter unten.
Zum Treffen vom Netzwerk Nolympia am 6.7.2012 und der PM von Ludwig Hartmann siehe hier.

Was soll man davon halten?

Frau Ferdos Forudastan, Journalistin, wird ab September 2012 neue Pressesprecherin des Bundespräsidenten Joachim Gauck. Auffällig: Sie ist die Ehefrau von Michael Vesper, seines Zeichens Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (Ferdos Forudastan, Journalistin und neue Sprecherin des Bundespräsidenten, in SZ 7.7.2012; Gathmann, Florian, Gaucks Neue, in spiegelonline 5.9.2012).

Durban 6.7.2011: Resumée in Garmisch-Partenkirchen zum 6.7.2012

– Garmisch-Partenkirchen sollte zunächst keine Kosten der Bewerbung zu tragen haben – und musste am Ende rund 1,1 Millionen Euro entrichten.
– Für Tourismus-Direktor Peter Ries hat sich die Bewerbung dennoch rentiert – angesichts der Medienpräsenz. (Ries und Bürgermeister Schmid setzen hier gern und unrealistisch die TV-Zeit der Berichte über die Gemeinde mit den imaginären Kosten für TV-Sendezeiten gleich.)
– Bürgermeister Schmid wollte dem Garmisch-Partenkirchner Tagblatt auf die Frage zum Jahrestag der gescheiterten Bewerbung nicht antworten: weder im Gespräch noch per Telefon. Per Email war er schließlich zu der Aussage bereit: „Es ist schon bedauerlich, dass ein Jahr nach der Entscheidung immer noch Sündenböcke gesucht werden“ (
Bromberger 6.7.2012).
– DOSB-Generaldirektor Vesper vertrat wie seit dem 6.7.2011 die Meinung, dass die krachende Niederlage vom 6.7.2011 (Pyeongchang 63, München 25 IOC-Stimmen) „nicht wegen, sondern trotz unseres Konzeptes zustande kam“; die Bewerbung München 2018 hätte einen „hohen ökologischen Anspruch“ gehabt; nur eine Minderheit in Garmisch-Partenkirchen sei dagegen gewesen. „Wenn die Menschen es wollen, wird Garmisch-Partenkirchen auch bei einer möglichen neuen Bewerbung mit dabei sein“ („Bewerbung für 2022 macht wenig Sinn“, in GPT 6.7.2012)
– Axel Doering verwies auf das Treffen des Netzwerkes Nolympia am 6.7.2012 im Garmisch-Partenkirchner Tierheim, lobte den Salzburger Olympiagegner Willi Rehberg und berichtete von Kontakten zu anderen europäischen Austragungsorten.
– Ignaz Streitel, der Sprecher der Grundstücksbesitzer, sagte zu den vielfach zitierten Gräben im Ort: „Erfunden wurden sie sicher nicht.“ – „Doch die Politik hätte nur mit Lügen gearbeitet, sonst wären die Gräben ja nie aufgekommen“. Mit „die Politik“ meinte Streitel vor allem Bürgermeister Schmid: „Baron von Münchhausen war ein Wahrheitsfanatiker gegen ihn“ (Bromberger 6.7.2012).
(Quellen: Holzapfel, Matthias, 1,1 Millionen Euro für die Werbung, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 6.7.2012; Bromberger. Katharina, Die Anfrage kam einfach zu früh, in GPT 6.7.2012; „Bewerbung für 2022 macht wenig Sinn“, in GPT 6.7.2012; Reinbold, Peter, Nicht die letzte Schlacht, in GPT 6.7.2012; Bromberger, Katharina, Olympia – ein Wort, das Menschen prägt, in GPT 6.7.2012)

Kein Denkmalschutz mehr für Lance Armstrong

Zur Vorgeschichte: Seit 2001 steht der amerikanische Radrennfahrer und siebenmalige Gewinner der Tour de France, Lance Armstrong, unter Dopingverdacht. “Die französische Sporttageszeitung L’Équipe hatte im August 2005 berichtet, dass in sechs 1999 entnommenen Urinproben Epo gefunden wurde. Diese Proben konnten zweifelsfrei Armstrong zugeordnet werden, der 1999 zum ersten Mal die Tour de France gewann” (Armstrong greift Behörden an, in SZ 20.7.2011 ). Nach diesem Bericht in L’Équipe musste die Chefredaktion gehen: Den Eigentümern von L’Èquipe gehört schließlich auch die Tour de France ( Burkert, Andreas, Der manische Regent, in SZ 11.5.2009 ). Der Leiter des Lausanner IOC-Labors, Martin Saugy, räumte sogar im März 2011 ein, er habe sich mit Armstrong und dessem Teamchef Johan Bruyneel getroffen und ihnen “erklärt, wie der Epo-Test funktioniert” (Burkert, Andreas, Brisanz aus dem Labor, in SZ 16.6.2012).
Im Juni 2012 verklagte die US-Anti-Doping-Agentur (Usada) Armstrong auf Doping: Sie stützte sich auf mehr als zehn nicht namentlich benannte Zeugenaussagen. Armstrong wurde sofort für alle Wettkämpfe gesperrt. “Ins Zwielicht gerät auch der Radsportweltverband UCI: Laut der Usada soll eine Urinprobe aus der Tour des Suisse 2001 Armstrong des Epo-Dopings überführt haben… Das Testergebnis sei aber vertuscht worden” (Armstrong fordert Benennung der Zeugen, in spiegelonline 15.6.2012).
Im Juli 2012 wurden die Namen der Belastungszeugen bekannt. Es sind fünf ehemalige Teamkollegen von Armstrong aus dem US-Postal-Team (Ex-Teamkollegen belasten Armstrong schwer, in spiegelonline 5.7.2012).
Armstrong, Bruyneel und vier weitere „sind angeklagt, in den früheren Teams US Postal und Discovery jahrelang ein verschwörerisches Dopingsystem unterhalten zu haben“ (Burkert, Andreas, Kistner, Thomas, Armstrong droht Zahlung, in SZ 25.6.2012). Dazu kommen noch die Rennställe Astana und RadioShack (spiegelonline 5.7.2012).
Mehr als 500 Dopingtests will Armstrong absolviert haben: Thomas Kistner kam auf 29 Kontrollen im Bereich der Usada und 63 Kontrollen bei der Tour de France: Das macht 92 Tests und keine 500. Und Armstrongs Behauptung der „negativen Tests“ stimmt auch nicht: Von der Tour de France 1999 sind sechs positive Epo-Proben vorhanden (Kistner, Thomas, Die Mär von den 500 Tests, in 9.7.2012).
Die Situation könnte für Armstrong auch teuer werden. Eine Versicherung fordert fünf Millionen Dollar zurück. Bei Entzug der Tour-Titel könnte Sponsor Nike und andere Geld zurück fordern. Seine Anwälte halten die Usada nicht für zuständig, sondern den Internationalen Radsportverband UCI, der das gerade im Radsport weit verbreitete Dopingproblem weitgehend ignoriert.
Anklage wurde auch erhoben gegen die Sport-”Ärzte” Pedro Celaya, Luis Garcia del Moral, Michele Ferrari und den Coach Jose Marti. Die Anklage der Usada könnte “das ohnehin stark poröse Sportler-Denkmal Armstrong endgültig zum Einsturz bringen, ihn nachträglich seine sieben Tour-Siege kosten und sicher auch viel Geld” (Burkert, Kistner 15.6.2012). Dazu wurde Mitte Juni 2012 bekannt, dass Lance Armstrong noch im Jahr 2006 die Summe von 465.000 Dollar an den Dopingarzt Michele Ferrari überwiesen hat (Burkert, Andreas, 465.000 Dollar für Freund Ferrari, in SZ 18.6.2012). Ferrari, del Moral und Marti wurden wegen Doping-Manipulationen lebenslänglich von Funktionen im Radsport ausgeschlossen (Drei Armstrong-Helfer lebenslang gesperrt, in spiegelonline 10.7.2012).
Del Moral betreute auch die Fußball-Spitzenclubs FC Barcelona (in der Saison 2003/4) und FC Valencia, und der mehrfach verurteilte Blutdoping-Arzt Eufemiano Fuentes betreute unter anderem Real Madrid und FC Barcelona (Kistner, Thomas, Königliche Experten, in SZ 12.7.2012). Die französische Zeitschrift Le Monde hatte darüber berichtet und die Medikationspläne von Fuentes publiziert: Le Monde wurde daraufhin mit Gerichtsprozessen in Barcelona und Madrid überzogen (Kistner, Thomas, Königliche Experten, in SZ 12.7.2012). Thomas Kistner sieht deshalb Spaniens Spitzensport im Doping-Rampenlicht: Denn Spaniens Spitzensportler beherrschen seit einem knappen Jahrzehnt Fußball, Tennis, Leichtathletik und Radrennen.

Näheres zu Armstrong im Kritischen Olympischen Lexikon: Doping

Erfurter Whitewashing

Am 11.7.2012 gab die Erfurter Staatsanwaltschaft die Einstellung der strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Sportmediziner Andreas Franke bekannt: Ein zielgerichteter Einsatz zu Dopingzwecken sei nicht nachweisbar, und außerdem hätten „sämtliche als Zeugen gehörten Sportler eine zielgerichtete Behandlung zur Leistungssteigerung von sich gewiesen“ (Blutbestrahlung ist nicht strafbar, in SZ 12.7.2012). „Sämtliche als Zeugen befragte Athleten hätten bekundet, dass sie den Doktor ‚aufgrund aktueller Erkrankungen‘ aufsuchten“ (Hartmann, Grit, „Objektiv halten wir es für Doping“, in berliner-zeitung.de 11.7.2012).
Ach so. Alle 30 hatten wohl Grippe. Welcher Rechtsanwalt hat sich wohl diese kollektive Ausrede ausgedacht? Und wie viele Sportsfreunde haben da im Hintergrund gewirkt?
DOSB-Präsident Bach hatte schon vorgeurteilt, dass die Nada mit ihrem zögerlichen Verhalten richtig gehandelt habe: Zuerst müssten die Erfurter Ermittlungsergebnisse abgewartet werden (Ebenda). Und die sind nun sportkonform ausgefallen: alles für den DOSB bestens, auch wenn der Staatsanwalt äußerte: „Objektiv halten wir es für Doping“ (Ebenda).
Von der Nada verlautete, die bereits eingeleiteten Verfahren würden „zügig und konsequent“ betrieben (Ebenda): Es handelte sich gerade einmal um drei, wovon eines bereits eingestellt wurde. Peter Gösel, der Vorsitzende des Thüringer Landessportbundes (für den Olympiastützpunkt Erfurt verantwortlich), zeigte sich unbelehrbar und interpretierte die Einstellung auf seine Weise um: „Für mich war immer klar, und ich bleibe dabei, dass die Methode kein Doping ist“ (Becker, Christoph, Staatsanwalt: Kann Doping sein, in faz.net 11.7.2012; Hervorhebung W.Z.).
Dann kann der Mediziner Franke doch weitermachen!!!
Das Deutsche Sportschiedsgericht (der Sport ist schließlich auch juristisch autonom!) wird natürlich noch vor Beginn der Olympischen Spiele am 27.7.2012 über die Teilnahme der UV-Blutdoper entscheiden. Dieses Schiedsgericht kam im bislang einzigen Verfahren zu dem Schluss: „Ja, das war Doping, aber nein, die betroffene Eisschnellläuferin ist keine Doperin“ (Reinsch, Michael, Doping-Fall ohne Schuld und Täter, in faz.net 11.7.2012).
Das deutsche Sportschiedsgericht ist dabei genausowenig unabhängig wie der Internationale Sportgerichtshof CAS, der vom IOC selbst gegründet wurde.
Die UV-Blutdoper werden mitfahren dürfen!

Vergleiche im Kritischen Olympischen Lexikon: Court of Arbitration for Sport und unter Aktuelles: Das legalisierte UV-Blutdoping

Doping in London 2012

Hilflos und geradezu rührend wirkt in diesem Zusammenhang der Appell von Wada-Präsident John Fahey an die Athleten vor London 2012: „Ich sage es so klar wie möglich: Wenn du als Sportler gedopt hast und planst, an den Spielen teilzunehmen, musst du dich aus dem Olympia-Team zurückziehen“ („Doper, verzichtet!“ in SZ 12.7.2012). Fahey verwies auf die geplanten 6250 Dopingkontrollen. „Dass eine Vielzahl der gängigen Betrugsmittelchen indes nicht nachweisbar sind, verschwieg der Wada-Chef“ (Ebenda).
Ich vermute, die Zahl der erwischten Doper in London 2012 weit unter zehn – falls überhaupt welche gefunden werden.
Zur Rekapitulation: Der amerikanische Sport-Drogenbeschaffer Angel Heredia sagte im August 2008 zum 100-Meter-Finale von Peking: „Von acht Läufern … werden acht gedopt sein … Der Unterschied zwischen 10,0 und 9,7 Sekunden sind die Drogen …“ (Spiegel 32/11.8.2008; Hervorhebung W.Z.)
Vergleiche Kritisches Olympisches Lexikon: Doping

<em style="mso-bidi-font-style:

normal;“>Doping bei der Tour de France

Der Luxemburger Radrennfahrer Andy Schleck reiste bei der Tour de France 2012 fluchtartig ab, als Xipamid in seiner Urinprobe nachgewiesen wurde. Xipamid dient zur starken Urinausscheidung und wird verwendet, um verbotene Substanzen schneller auszuspülen. Andy Schleck ist Kunde bei Dopingarzt Eufemiano Fuentes, wie sein Bruder Frank Schleck (Burkert, Andreas, Vergiftete Atmosphäre, in 19.7.2012). „Der Fall Schleck ist vermutlich ein Coup des Zufalls… Demnächst ist Olympia in London, das Spektakel der Spektakel. Der Zufall hat dann wieder Konjunktur“ (Burkert, Andreas, Ein Coup des Zufalls, in SZ 19.7.2012).

Katar kauft wieder ein

Qatar Sports Investments (QSI) hat beim französischen Fußball-Erstligisten Paris Saint Germain (PSG) die Aktienmehrheit im Frühjahr 2011 übernommen und sogleich über 80 Millionen Euro investiert. Nun werden 2012 für weitere 100 Millionen Euro neue Spieler eingekauft, unter anderem der Schwede Zlatan Ibrahimovic, der angeblich 14 Millionen Euro verdienen soll.
Ziel ist die Champions League und der Kampf gegen die Favoriten FC Barcelona und Real Madrid. In der Champions League treffen die katarischen Milliardäre mit ihren Fußball-Millionären dann auf die Fußball-Millionäre des russischen Miliardärs Abramowitsch (Hacker, Peter, Noch einmal 100 Millionen, in SZ 19.7.2012).
Pecunia non olet- Geld stinkt nicht. Oder doch?

Arzneimittelgesetz als Dopingbremse

Die bayerische Justizministerin Beate Merk will das Arzneimittelgesetz für eine bessere Dopingprävention verschärfen. Vorbild sei Italien, wo Sportbetrug als Straftatbestand gilt und überführte Doper mit Haft bestraft werden können. In Deutschland ist lediglich der Besitz von Dopingmitteln in „nicht geringen Mengen“ strafbar (Hahn, Thomas, Verschärftes Arzneimittelgesetz, in SZ 19.7.2012). Deshalb wird in einem neuen Arzneimittelgesetz die „uneingeschränkte Strafbarkeit jeglichen Besitzes von Arzneimitteln oder Wirkstoffen zu Dopingzwecken im Sport“ gefordert.
Beate Merk: „Wir müssen die Mauer des Schweigens durchbrechen“ (Ebenda).Da kann sie gleich beim DOSB-Präsidenten Bach anfangen: Dieser sieht keinen Reformbedarf und lobte gerade den Istzustand, „wie gut wir in Deutschland mit unserem integrierten System aus staatlichen Gesetzen und Sportgerichtsbarkeit leben“ (Ebenda).
Bravo! Man denke dabei nur an die Vorgänge an den Olympiastützpunkten Erfurt und Saarbrücken. Und an die geniale Erfindung der Sportgerichtsbarkeit durch die Sportfunktionäre!

In diesem Zusammenhang äußerte DOSB-Präsident Bach: „Wir sehen doch gerade in den letzten Wochen, wie gut wir in Deutschland mit unserem integrierten System aus staatlichen Gesetzen und Sportgerichtsbarkeit leben. Außerdem haben wir mit dem Arzneimittelgesetz praktisch ein Anti-Doping-Gesetz, mit dem ausdrücklichen Verweis auf die Nationale Anti-Doping-Agentur und die im Sport verbotenen Substanzen. im Übrigen haben wir Entscheidungen der Sportgerichte oft schneller als von ordentlichen Gerichten, das spricht auch für unser bestehendes System“ (Hungermann, Jens, DOSB-Chef Bach: „Kampf gegen Doping endet nie“, in welt.de 13.7.2012; Hervorhebung W.Z.).
Vor allem spricht für das bestehende System, dass die Erfurt-UV-Blutdoper zu den Olympischen Sommerspielen fahren können: Ist doch praktisch, dieses duale System!

IOC lügt, dass sich die Balken biegen“

Die Degenfechterin Imke Duplitzer (Olympische Silbermedaille 2004 in Athen) hatte bei den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking die Menschenrechtsverletzungen in China angeprangert und war der
Eröffnungsfeier demonstrativ ferngeblieben (Ahrens, Peter, Mit spitzer Waffe, in spiegelonline 23.7.2012). Vor den olympischen Sommerspielen 2012 in London warf sie dem DOSB absolute Ahnungslosigkeit vor: „Die raffen das gar nicht mehr“. Gute Trainer würden mit höherer Entlohnung vom Ausland abgeworben. Die hohen Sportfunktionäre wie Vesper und Bach wüssten gar nicht mehr, was in der Sporthalle los sei. Zum Thema Doping sagte Duplitzer: „Wenn du ein bisschen Geld für Medikamente, einen guten Arzt und einen laschen Verband hast, wirst du nie im Leben erwischt“ („IOC lügt, dass sich die Balken biegen“, in spiegelonline 22.7.2012). Über das IOC äußerte sie: „Das IOC behauptet von sich, edel, hilfreich und gut zu sein – dann sollen sie sich bitte auch so aufführen. Leider ist das Gegenteil der Fall. Jede Bank wird mittlerweile verklagt, weil sie in Prospekten gelogen hat. Das IOC verkauft einen schönen Schein und lügt, dass sich die Balken biegen – aber es interessiert keinen. Die Welt will beschissen werden“ (Ebenda). Olympische Spiele nannte Duplitzer „eine Verkaufsshow mit angeschlossener Rummelbude“ (Harte Kritik an Bach, in SZ 23.7.2012).
Thomas Hahn schrieb zu Duplitzers Kritik in der SZ, es ginge hier um das Grundsatzproblem des deutschen Sports, „das nämlich in der Art besteht, wie der DOSB die 130 Millionen Euro Jahresfördergeld des Bundes an seine Verbände verteilt: nach Zielvorgaben und Projekten, welche Dach- und Fachverband einzeln hinter verschlossenen Türen aushandeln. Feste, für jeden Steuerzahler nachvollziehbare Kriterien für die Mittelvergabe gibt es nicht. Die Fördersumme ist damit in schlechten Fällen eine Frage von persönlichen Interessen und Seilschaften. Kompetente Kontrolle von außen? Fehlanzeige“ (Hahn, Thomas, Völlig daneben, in SZ 25.7.2012).

Das DOSB-Imperium schlug umgehend zurück. Der DOSB-Präsident: „Die begeisternde Stimmung in der Mannschaft bleibt ungetrübt durch eine vereinzelte Meinung aus der Heimat. Wir werden uns dadurch nicht beeindrucken lassen“ (Kistner, Thomas, Retourkutschen auf der Heile-Welt-Schiene, in SZ 24.7.2012). Der DOSB-Generaldirektor drohte Duplitzer mit der „Athletenvereinbarung“: Er wisse nicht, „ob sie die vergessen hat“ (Ebenda).
Die sehen wir uns nun einmal an.

Athletenvereinbarung: ein Maulkorb

Diese Vereinbarung wurde für die Olympischen Sommerspiele in London 2012 geschlossen zwischen DOSB-Präsident und DOSB-Generaldirektor und dem Athleten bzw. der Athletin. Damit erkennt er/sie an:

– das alleinige Recht des DOSB, über die Nominierung zu entscheiden (Abschnitt 3d);
– die Entbindung der Olympiaärzte von der Schweigepflicht gegenüber der Mannschaftsleitung (3f);
– keine journalistische Tätigkeit ausüben zu dürfen (3g);
– die Verpflichtung, die vom DOSB zur Verfügung gestellte Olympiakleidung gemäß beiliegender Kleiderordnung zu tragen (3h);
– „weder die darauf enthaltenen Logos und sonstige Herstellerzeichen zu verändern oder zu verdecken noch andere hinzuzufügen“ (3h);
– anzuerkennen, „dass die vom DOSB für die Finanzierung seiner Olympiaaktivitäten und des Olympiateams mit Sponsoren geschlossenen Verträge die Rechte der Mitglieder der Olympiamannschaft … einschränken. So ist mit den Ausrüstern vereinbart, dass die in der Kleiderordnung bestimmten Ausrüstungsgegenstände durch die Mitglieder der Olympiamannschaft zu den dort genannten Anlässen zu tragen sind“ (3i);
– es sind bei Auftritten „insbesondere bei solchen zu Gunsten eigener Sponsoren, die Werbe- und PR-Richtlinien des IOC (Regel 40 der Olympischen Charta) zu beachten. Innerhalb des Zeitraums vom 18. Juli bis 15. August 2012 gilt ein Werbevebot, von dem lediglich die Werbung mit Partnern der Olympiamannschaft des DOSB ausgenommen ist, sofern eine Genehmigung des DOSB hierfür vorliegt“ (3j);
– die Verpflichtung, „das deutsche Haus vorrangig, also vor allen anderen Verpflichtungen, zu besuchen“ (3l);

Anlage 2: Olympische Spiele London 2012 – Kleiderordnung
Die Nationalen Olympischen Komitees „besitzen das alleinige und exklusive Recht, die Kleidung und Uniformen sowie die Ausrüstung vorzuschreiben und festzulegen…
Der DOSB macht von diesem recht wie folgt Gebrauch:
1. Der DOSB stellt allen Mitgliedern der Olympiamannschaft eine Olympiakleidung (insbesondere der Firmen adidas, Bogner und Sioux) zur Verfügung, die während der Spiele in London grundsätzlich zu tragen ist…
2. Der DOSB räumt den Athleten/innen als Ausnahme von der Regelung zu Ziffer 1 das Recht ein, im Rahmen der olympischen Wettkämpfe die durch die internationalen Verbände anerkannte und durch die nationalen Fachverbände genehmigte Wettkampfkleidung zu tragen.
3. Als Wettkampf gilt die tatsächliche Zeit seiner Austragung in der unmittelbaren Wettkampfzone bzw. auf dem Spielfeld. Auf dem Weg zur Wettkampfstätte, während der Zeit im Aufwärmbereich, auf der Auswechselbank und auf dem Rückweg von der Wettkampfstätte – hierzu gehört insbesondere auch der Callroom und die Mixed Zone, auch wenn diese Bereiche innerhalb des jeweiligen Austragungsortes (z. B. Halle oder Stadion) liegen – muss die Bekleidung der Olympiaausrüster gemäß der anliegenden Übersicht (Anlage 2.1) getragen werden. Dies gilt auch für Wettkampfpausen, wenn über der Wettkampfkleidung zusätzliche Kleidungsstücke getragen werden, sowie für das offizielle Training.
Damit werden alle Atheten zu Uniformträgern und Befehlsempfängern des DOSB, Maulkorb inklusive.

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Aktuelle Sportsplitter von IOC,Fifa etc. im Juli 2012

– Sportsfreunde unter sich bei der Fußball-EM! Nirgendwo in der EU darf er einreisen, der weißrussische Diktator Alexander Lukaschenko: Aber am Endspieltag der EM, dem 1.7.2012, hat ihn der ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch zu einem Gespräch getroffen und zum Endspiel mitgenommen. Eine Sprecherin von Janukowitsch sagte, „wenn Lukaschenko das Spiel anschaue, sei das ein rein privater Besuch“ (Proteste gegen Lukaschenko-Einladung, in spiegelonline 1.7.2012).
Die Frauengruppe Femen protestierte gegen den Besuch mit den Worten „Respekt, KGB, UEFA“ auf dem nackten Oberkörper in Anspielung auf die Uefa-Kampagne „Respekt“ gegen jegliche Form von Diskriminierung. Ukrainische Polizisten griffen schnell ein und entfernten die protestierenden Frauen.
Weißrussland ist Uefa-Mitglied – seit 1993, ebenso wie die totalitären Kollegenstaaten Aserbaidschan (1994), Georgien (1992), Kasachstan (2002), Moldawien (1993), Russland (1992) und die Ukraine selbst (1992).
Die nächste Fußball-EM 2016 findet in Frankreich statt; für 2020 ist das Austragungsland noch offen. Neben Wales/Schottland/Irland bewerben sich die Türkei und die Vorzeigedemokratien Georgien/Aserbaidschan (Catuogno, Claudio, Kistner, Thomas, Nur eine Idee, in SZ 2.7.2012).
Wenn nun also Weißrusslands Diktator Lukaschenko ein bißchen Geld investiert, könnte er sich doch bei der Uefa um 2020 bewerben. Der Zeitgeist käme ihm sicher zugute. Unwahrscheinlich? Die Bahnrad-Weltmeisterschaft 2013 und die Eishockey-WM 2014 werden auch schon in Weißrussland stattfinden.
DOSB-Präsident Bach kam zum Endspiel mit seinem ukrainischen IOC-Kollegen und Freund Sergej Bubka (siehe Juni 2012). Ob sie wohl next to Janukowitsch und Lukaschenko sitzen durften? Zumindest Fifa-Bach saß neben Janukowitsch.
Vielleicht ist diese Nähe zwischen den Sport-Paten und den Polit-Paten ein Grund, dass das Fernsehen nicht mehr die VIP-Bühne zeigen darf.

Vergleiche: Zu Gast beim Diktator

USA sagen für Olympische Winterspiele 2022 ab: Das US Olympic Committee pfiff die drei amerikanischen Kandidaten Denver, Reno und Salt Lake City zurück. Scott Blackmun, der Präsident des USOC, entschied: keine Bewerbung vor 2024 – Sommerspiele oder 2026 – Winterspiele (SLC won’t be going für the 2022 Olympics, in The Salt Lake Tribune 3.7.2012; Pells, Eddie, USOC to pass on 2022 bid, consider ’24 and ’26, in AP 4.7.2012; Belson, Ken, U.S. Olympic Committee Pulls Out of Bidding für 2022 Games Before It Begins, in nytimes.com 3.7.2012).).
Da können sich die örtlichen Autoritäten und Olympia-Freunde noch so anstrengen: Ober sticht Unter.

Auf ein Neues mit München 2022? Und schon geht es weiter: Nach der Absage der USA sehen die üblichen Verdächtigen sofort Chancen für München 2022. In der SZ wurde umgehend wieder der Ruf nach München 2022 laut. Die bis dato bekannten Interessenten für 2022 sind: St. Moritz/Schweiz, Lemberg/Ukraine, Barcelona/Spanien und Oslo/Norwegen. Dazu sollte sich nach Ansicht des SZ-Journalisten doch bitte dringend noch München einreihen (Gernandt, Michael, Eine Steilvorlage, die ungenutzt bleibt, in SZ 5.7.2012. Bereits am 27.4.2012 hatte der Münchner Stadtrat der CSU und Olympiafreund Mario Schmidbauer einen Antrag zur Bewerbung Münchens für Olympische Winterspiele 2022 eingebracht).
DOSB-Präsident Bach sprach von einem „wichtigen Signal“ (Olympia-München: Olympia 2022: USA-Votum „wichtiges Signal“ für München, in sueddeutsche.de 6.7.2012). Der Münchner CSU-Fraktionschef Joseph Schmid nannte es eine „Riesenchance“. Noch-OB Ude ist offenbar nach wie vor Befürworter und lässt schon seit geraumer Zeit Olympiapark-Chef Ralph Huber und Wirtschaftsvertreter an München 2022 arbeiten (Effern, Heiner, Riedel, Katja, Neue Olympia-Chance für München, in SZ 7.7.2012).
Chancen werden sowohl in Garmisch-Partenkirchen als auch in München in Bürgerbegehren gesehen, die dann auch, wie der bisherige eindeutige Befürworter von München 2018 und Stadtrat Siegfried Benker (Bündnis 90/Die Grünen) sofort anmerkte, die Grünen „als bindend begreifen“ würden (Ebenda).
Die zu erwartende Materialschlacht würde immens sein; die Befürworterseite ist finanziell natürlich stärker – wie sich schon beim Bürgerbegehren in Garmisch-Partenkirchen gezeigt hat, wo sie etwa über das Zehnfache der Mittel der Gegner verfügte.
Der in Bayern für den Sport zuständige Minister Ludwig Spaenle sah eine neue Chance für München, Bayern und Deutschland, Austragungsort zu werden – als wenn die gescheiterte Bewerbung München 2018 gar nicht stattgefunden hätte: „50 Jahre nach den Sommerspielen 1972 bietet sich eine neue Gelegenheit, Gastgeber für das weltweite sportliche Großereignis zu werden“ (Olympia 2022: Münchens Chancen gestiegen, in Münchner Merkur 6.7.2012; Spaenle sieht neue Chancen für olympische Winterspiele in Bayern, in welt.de 6.7.2012).
Spaenles Rezept: Am besten ignoriert man die vielfältige Kritik, die an München 2018 geübt wurde und fängt bei München 2022 einfach bei Null wieder an.
Möglicher Terminplan:
– September IOC-Session Buenos Aires, Wahl des Austragungsortes der Olympischen Sommerspiele 2020: 7.9.; Wahl des neuen IOC-Präsidenten
– Bayerische Landtagswahl: vorgesehen 15.9.2013
– Bundestagswahl: 15. oder 22.9.2013
– Anmeldeschluss Wahl Olympischer Wintersportort 2022: Ende 2013
– OB-Wahl in München ist 2014.
– Wahl des Austragungsortes 2022: Juli 2015.
Damit bestünde durchaus die theoretische Möglichkeit, München 2022 vorzubereiten und Rechtssicherheit bezüglich Landtag und Bundestag zu haben. Dann weiß der DOSB auch, ob Bach neuer IOC-Präsident ist oder nicht. Bach und Vesper schrieben am 10.7.2012 an die Ex-Mitglieder von München 2018 und an die DOSB-Mitgliedsorganisationen, dass 1. der Austragungsort Olympischer Sommerspiele 2020 bekannt sein muss, 2. die politische Unterstützung klar sein muss, 3. Bürgerentscheide vorab nötig seien (jetzt plötzlich!) und 4. die Finanzierung angesichts der Finanz- und Staatsschulden-Krise geklärt werden muss (DOSB positioniert sich zu einer weiteren Olympiabewerbung, dosb.de 10.7.2012). Angeblich reiche für eine Bewerbung das Zeitfenster zwischen der Wahl des Austragungsortes 2020 und der Einreichungsfrist im kommenden Winter (richtigerweise: bis Ende 2013): Dann wären auch die Bundestags- und Landtagswahl 2013 vorbei.
OB Ude erwähnte die Olympiapark GmbH als Promotor München 2022 – in Abstimmung mit ihm selbst und mit ausdrücklicher Kenntnis von Bach (Sitzungsvorlage Nr. 08-14/V 09723, 1.7.2012). „Die für Olympia nötigen Absprachen seien beendet, alle nötigen Pläne lägen im Fall einer erneuten Bewerbung in der Schublade“ (Erst Honig, dann Saures, in Münchner Merkur 12.7.2012). Ude lobte die „perfekte Bewerbung“ von München 2018 und sieht in einer neuerlichen Bewerbung „keinen Arbeitsaufwand, außer Korrekturen im Detail“ (Riedel, Katja, Entscheidung über Olympia erst 2013, in SZ 11.7.2012).
Deshalb ist die Kritik an München 2022 auch schon fertig – Grüße von Nolympia.

Zum Treffen vom Netzwerk Nolympia am 6.7.2012 und der PM von Ludwig Hartmann siehe hier.

– CSU München lernt nichts dazu: Der Münchner Bezirksverband der CSU hat sich am 23.7.2012 einstimmig für eine neue Bewerbung München 2022 ausgesprochen und forderte OB Ude und die Landeshauptstadt München auf, ein grundsätzliches Bekenntnis für die Austragung der Spiele abzugeben. Eine rechtzeitige Bürgerbeteiligung soll von der CSU-Stadtratsfraktion organisiert werden (Dann halt Winter 2022, in SZ 24.7.2012).
Am 25.7.2012 wurde der Antrag von CSU und FDP für eine Bewerbung München 2022 und eine Bürgerbefragung im Plenum des Stadtrates abgelehnt. OB Ude schob die unklare Haltung des DOSB vor: Die Politik stehe – mit Ausnahme der Grünen – hinter einer neuerlichen Münchner Bewerbung (Riedel, Katja, Bloß kein Frühstart, in SZ 26.7.2012).
Die wackeren CSUler vergessen, dass gegen eine Bewerbungsfestlegung schon DOSB-Obersportler Bach sein Veto eingelegt hat – da haben Münchner Stadträte eher den Mund zu halten.

Bewerbung St. Moritz 2022 kommt noch teurer. Der Präsident von Swiss Olympic, Jörg Schild, kündigte Mitte Juni 2012 an, dass die ursprünglich genannten 36 Millionen Franken als Bewerbungskosten für 2022 nicht ausreichen: Jetzt war schon von bis zu 50 Millionen Franken die Rede (Swiss Olympic legt die Latte hoch, in nzz.ch 21.6.2012). Und im Juli 2012 nannte der Sprecher des Bundesrats, André Simonazzi, die Summe von 60 Millionen Franken (Bundesrat informiert sich über Olympia-Kandidatur, in nzz.ch 4.7.2012). 30 Millionen sollen vom Bund getragen werden, Kanton und Gemeinden sollen je 15 Millionen tragen, der Rest soll von Sponsoren kommen (Olympia-Kandidatur ist teurer als gedacht, in nzz.ch 5.7.2012). Und natürlich betonten die Befürworter wie immer, es „müssten praktisch keine neuen, teuren Anlagen gebaut werden“ (Berger, Hansruedi, Olympia: Der Bund müsste tief in die Tasche greifen, in suedostschweiz.ch 6.7.2012).
Das sei aber nun „eine Vollkostenrechnung“, versprach das Organisationskomitee.
So schnell kann es gehen mit der Kostenentwicklung – nicht nur bei den Bewerbungskosten, sondern wie üblich auch bei den konkreten Olympischen Spielen.

Was kosten Olympische Winterspiele St. Moritz 2022 wirklich? Jetzt gehen sie wieder los, die olympischen Milchbubenrechnungen für Olympische Winterspiele in Oslo, St. Moritz, Barcelona und Lemberg. Die offiziellen Zahlen wirken überschaubar und liegen bei umgerechnet zwei bis vier Milliarden Euro: Die offiziellen Zahlen müssen allerdings erfahrungsgemäß mit dem Faktor 5 bis 10 multipliziert werden, um die realen Kosten der Winterspiele für Austragungsort bzw. Austragungsland zu ermitteln. Und dann wird noch munter mit der Unterscheidung Durchführungsbudget (OCOG-Budget) und Infrastrukturmaßnahmen (Non-OCOG-Budget) herumjongliert, die Kosten für Sicherheit vernachlässigt etc.
Es ist stets das selbe öde Spiel des IOC bzw. der Nationalen Olympischen Komitees.
Für die Durchführung der Spiele 2022 in St. Moritz sieht das zum Beispiel so aus: Kosten der Spiele 2,8 Milliarden Franken, abzüglich Einnahmen von 1,5 Milliarden Franken, ergibt eine Deckungslücke von 1,3 Milliarden Franken. Die Kosten für Sicherheitsleistungen der öffentlichen Hand (Polizeikorps, Militär, Bundesstellen) in Höhe von 250 Millionen Franken sind darin nicht enthalten – und werden bei weitem nicht ausreichen (Ebenda).
Ob das Organisationskomitee Graubünden 2022 an diese „Deckungslücke“ von „nur“ 1,3 Milliarden Franken selbst glaubt?
Dazu kommen Infrastrukturmaßnahmen (zwei Drittel für Verkehrsanlagen) in Höhe von 1,5 Milliarden Franken. Die übliche Begründung, ähnlich wie bei München 2018 und anderswo: Die Olympischen Spiele sind „nicht der Grund, sondern der Auslöser der Investitionen. Die Anlagen und Beschaffungen sind größtenteils bereits in der Langfristplanung der öffentlichen Hand enthalten, die Investitionen würden für die Spiele aber vorgezogen“ (Olympische Winterspiele in Graubünden kosten 2,8 Milliarden Franken, in suedostschweiz.ch 5.7.2012).

Optimist Bach: Das Olympia-Team des DOSB für London 2012 ist das kleinste seit 20 Jahren. DOSB-Präsident Bach bleibt Optimist: „Wir fahren voller Optimismus nach London, um im härtesten Wettstreit der Olympia-Geschichte unseren Platz in der Weltspitze zu verteidigen“ (Ausnahme für Friedrich, in SZ 5.7.2012).
Kann es sein, dass es sich hierbei nicht um den „härtesten Wettstreit“, sondern um den teuersten handelt – und um den lächerlichsten?

Bach warnte, dass andere starke Nationen „noch mehr Geld und Know-how in den Leistungssport investiert hätten“und kam gleich zum nervus rerum: Gespräche mit dem Innenministerium um entsprechende finanzielle Mittel, da DOSB und Innenministerium gemeinsam „den Standard halten wollen, um an der Weltspitze mitmischen zu können“ (Hungermann, Jens, DOSB-Chef Bach: „Kampf gegen Doping endet nie“, in welt.de 13.7.2012).
Der DOSB-Kampf gegen Doping endet freilich nie, wenn man zum Bespiel an die Vorgänge an den DOSB-Olympiastützpunkten Erfurt und Saarbrücken denkt.

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<![endif]–>– Neue Proteste gegen den IOC-Sponsor Dow Chemical: Organisationen aus Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, der Schweiz, Indien und Vietnam haben in einem offenen Brief gegen den TOP-Sponsor des IOC, Dow Chemical, protestiert. Dow schloss 2010 einen Zehnjahres-Vertrag mit dem IOC über 100 Millionen Dollar und einer Laufzeit bis 2022 ab; dazu bezahlte der Konzern sieben Millionen Pfund für eine Banderole um das Olympiastadion.
Im Offenen Brief erinnerten die Organisationen an die furchtbare Rolle von Dow Chemical im Vietnam-Krieg: Agent Orange zur Entlaubung der Wälder und Napalm als Brandwaffe. Durch den Einsatz der chemischen Kampfstoffe werden in Vietnam bis heute „Kinder ohne Arme und Beine oder mit entstellten Gliedmaßen und Köpfen geboren. Auch die hohe Zahl von erblindeten Menschen schreiben Wissenschaftler den Giften zu. Vietnamesische Quellen sprechen von drei Millionen Opfern… Bis heute sind die vietnamesischen Opfer von den Herstellerfirmen der Gifte nicht entschädigt worden“ (Mai, Marina, Agent Orange für Olympia, in taz.de 5.7.2012). Dazu kaufte Dow Chemical die Chemiefirma Union Carbide: Diese verursachte 1984 die Giftgaskatastrophe im indischen Bhopal.
Vergleiche im Kritischen Olympischen Lexikon und unter „Aktuelles“: Dow Chemical
Der Chemiekonzern sei ein „unwürdiger Sponsor“. Dow Chemical „hat Tod, Verwüstung und unsägliches Leid über Millionen von Menschen gebracht – ein Verhalten, das dem olymischen Gedanken zutiefst widerspricht“ (Ebenda). „Besonders perfide findet Stefan Kühner von der Freundschaftsgesellschaft Vietnam, dass Dow Chemical mit Werbung bei den Paralympics als Förderer des Behindertensports erscheint, aber seine Produkte dazu beitragen, dass in Indien und Vietnam Menschen unter widrigen Bedingungen mit Behinderungen klarkommen müssen“ (Ebenda).
Liebe NGOs: Dem IOC geht es nur um die 100 Millionen Dollar von Dow Chemical in den nächsten zehn Jahren.
Der Dow-Chemical-Vizechef George Hamilton nannte die Kritik „verantwortungslos“ (! WZ): „Man werde sich dadurch nicht vom Engagement für den olympischen Gedanken abbringen lassen“ (Sotscheck, Ralf, Londons Einwohner fliehen vor Olympia, in Die Südostschweiz 26.7.2012).

London 2012/18: Olympischer Frieden: Am 6.7.2005 erfolgte die Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2012 durch das IOC an London. Am 7.7.2005 sprengten sich um kurz nach acht Uhr morgens vier islamistische Selbstmordattentäter in der Londoner U-Bahn in die Luft und töteten 56 Menschen; über 700 wurden verletzt (Wikipedia).
Das Londoner Organisationskomitee LOCOG investiert immer weiter in Sicherheit:
– Elektrozaun + Bewaffnung+ Überwachung = Olympische Sommerspiele.
– Das LOCOG ließ einen 17,5 Kilometer langen und vier Meter hohen Zaun um den Olympiapark errichten: für 100 Millionen Euro. Der ist mit 5000 Volt geladen: “Wer ihn zu überklettern versucht, wird angeblich sechs Meter durch die Luft geschleudert”, schreibt Christian Zaschke (Die Würde des Londoners ist unantastbar, in SZ 7.7.2012).
Andreas Keller hat diese Zahlen auf die Bewerbung München 2018 umgerechnet: Da hier insgesamt 42 Kilometer Zaun geplant waren, hätte dies – im Vergleich zu den Londoner Kosten – eine Summe von rund 240 Millionen Euro nur für den „Sicherheitszaun“ bedeutet (Email vom 10.7.2012). Zurück zu London:
– “Mehr und mehr Polizeiwagen tauchen in der Gegend auf, und mehr und mehr dieser Wagen haben die gelben Aufkleber im Fenster. Die Aufkleber bedeuten: Die Wagen-Besatzung trägt Waffen” (Ebenda).
– Aus Sicherheitsgründen wurden Zugstationen mit bestem Blick auf den Olympiapark geschlossen. Alle Besucher müssen zum Bahnhof Stratford. “Von dort führt der Weg zum Olympischen Park durch ein neues, kleinstadtgroßes Einkaufszentrum, in dem es 268 Geschäfte sowie 84 Cafés und Restaurants gibt” (Zaschke 7.7.2012).
Shoppen und spielen…
– Nicht unbedingt very amused
sind die Londoner Bewohner, dass das Überwachungssystem (Closed Circuit Television) das Kürzel CCTV hat – wie das chinesische Staatsfernsehen (China Central Television; ebenda).
Behördentipps: „Hortet Lebensmittel, nehmt Urlaub, arbeitet von zu Hause oder fahrt ganz früh zur Arbeit – mit öffentlichen Verkehrsmitteln“ (Ebenda).
– Krankenhäuser sollen während der Spiele 30 Prozent Blutkonserven zusätzlich bunkern (Ebenda).
– Die Kosten für London 2012 begannen bei umgerechnet 2,96 Milliarden Euro und liegen heute offiziell bei 11,1 Milliarden Euro: Das wäre das Vierfache (Michalski 6.7.2012). Wie mehrfach berichtet: Sky TV kam insgesamt auf umgerechnet 30 Milliarden Euro: Das ist das Zehnfache! „Viele fragen sich, ob dem olympischen Motto ‚Schneller, höher, weiter‘ nicht ein vierter Komparativ zugefügt werden sollte: ‚teurer!'“ (Ebenda).
– Für London 2012 wurden vier McDonald’s in den Olympischen Park gebaut, darunter das größte der Welt für 1500 Kunden (Blitz 8.7.2012). In Großbritannien sind zwei Drittel der Erwachsenen und bereits ein Drittel der Kinder übergewichtig (ft.com 9.7.2012).
Vergleiche im Kritischen Olympischen Lexikon: London 2012

Pate Blatter wusste alles: Der Schweizer Journalist Jean-Francois Tanda von der Handelszeitung hat mit Kollegen am 3. Juli 2012 ein Urteil des Schweizer Bundesgerichtes erreicht, das am 11.7.2012 zugestellt wurde: Durch dieses Urteil kann die im Mai 2010 erlasssene „Einstellungsverfügung“ der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug veröffentlicht werden. Die Fifa-Granden Joao Havelange und Ricardo Teixeira, die über 14 Millionen Schweizer Franken Schmiergelder bei der Fifa abgezogen haben, hatten zusammen mit der Fifa bis 22. Dezember 2011 gegen die Veröffentlichung geklagt; erst dann war die Fifa als Klägerin ausgestiegen. Havelange und Teixeira klagten bis zum Schweizer Bundesgericht weiter. Heraus kam, dass die beiden im Lauf der Jahre Millionen an Bestechungsgeldern genommen hatten.
Das eigentlich Schlimme ist, dass durch das korruptionsanfällige Verhalten von Sportorganisatonen wie IOC, Fifa, die Internationalen Sportverbände – und die Sportfreunde Blatter & Co. – alle ehrlichen Sportler und Sportfunktionäre diskreditiert und in Misskredit gebracht werden. Auch weit über den Sport hinaus wirkt das  Signal, dass das kriminelle Phänomen Korruption zum angeblichen Normalfall wird, siehe die Ausage des seit Herbst 2011 amtierenden Fifa-Kommunikationschefs de Gregorio, nach der wir alle korrupt sind – wie sein Arbeitgeber. Damit strahlt das kriminelle Verhalten der Sportverbände und ihrer Funktionäre in die anderen gesellschaftlichen Bereiche wie Politik, Wirtschaft, Kultur etc aus.
Wie lange lassen sich das die ehrlichen Vertreter des Sports von ihren Spitzenvertretern noch gefallen?

Näheres siehe unter Aktuelles: Sportfreunde Blatter

– Deutsche Fußball-Resonanzen auf Blatter:
Reinhard Rauball
, Präsident der Deutschen Fußball-Liga (DFL), hat Blatter angerufen und zum Rücktritt gedrängt: „Nach dem derzeitigen Stand sollte Sepp Blatter seine Amtsgeschäfte schnellstmöglich in andere Hände geben. Für einen Reformprozess braucht die Fifa jemand, der gewillt ist, einen Neuanfang zu machen“ (Liga-Boss Rauball fordert Blatters Rücktritt, in spiegelonline 13.7.2012). Rauball blieb dabei.
Theo Zwanziger, früherer Präsident des DOSB und Mitglied im Fifa-Exekutivkomitee, forderte, dem früheren Fifa-Präsidenten Havelange die Ehrenmitgliedschaft zu entziehen (spiegelonline 13.7.2012). Zwanziger blieb treuer Blatter-Anhänger: „Aus Sicht der Fifa-Exekutive ist er absolut tragbar. Der Reformprozess wäre gar nicht weitergegangen ohne ihn“ (Blatter ernennt sich zum Reformer, in spiegelonline 17.7.2012).
DFB-Präsident Wolfgang Niersbach gab sich zunächst mutig: „Wenn nicht unbedeutende Persönlichkeiten der Fifa Geld kassiert haben und die Reaktion darauf ist, dass das damals nicht verboten war, dann können wir uns als DFB davon nur klar distanzieren“ (Gekaufte WM 2006? in Abendzeitung 16.7.2012 ). Am 17.7.2012 ruderte Niersbach zurück und lobte Blatters Brief an „Fußball-Deutschland“ (Aumüller, Johannes, Brief aus Neuseeland, in SZ 18.7.2012). Dann nannte er es „anmaßend“, falls der DFB den Rücktritt Blatters fordere“ (spiegelonline 17.7.2012). Und dann knickte er vollends ein: „Das Wort Rücktritt wird keine offizielle Initiative des DFB werden“ (Kistner, Thomas, Ein glücklicher Präsident, in SZ 18.7.2012).
Uli Hoeneß war schon vorher harter Kritiker von Blatter: Dieser „hat Leute um sich geschart, die er abhängig gemacht hat von sich, und von denen konnte er nicht erwarten, dass sie ihn attackieren“ („Die Luft wird sehr, sehr dünn für Herrn Blatter“, in sueddeutsche.de 18.7.2012). Hoeneß glaubt nicht, „dass er seine Amtszeit übersteht, geschweige denn, was er vorhat – nochmal zu kandidieren. Das wäre der Witz des Jahres… Ein Neuanfang in diesem ganzen Verband geht nur ohne ihn – und sonst gar nicht“ (Ebenda).
Herbert Bruchhagen, Vorstandschef von Eintracht Frankfurt: „Ich wünsche mir eine neue Generation von Funktionären, die nicht nur auf Netzwerke zurückgreift“ („Neuanfang geht nur ohne ihn“, in SZ 19.7.2012).
Wie funktioniert Blatters Welt? In Kurzform: Die Fifa hat 208 Mitgliedsländer, die jeweils eine Stimme haben. Deutschland hat eine Stimme. Ein Beispiel: Die Antilleninsel Anguilla (14.400 Einwohner, 96 Quadratkilometer) hat auch eine Stimme. Deshalb ist Anguilla – wie viele andere Ministaaten – Fifa-Mitglied. Mit den Stimmen dieser Kleinst- und Kleinstaaten und den, sagen wir einmal, anzupassenden und vielfältig abhängigen Vertretern kann Blatter gut große Mehrheiten im Fifa-Kongress zusammenhalten. Vor allem, weil Blatter wie der Weihnachtsmann weltweit Gelder verteilt – Fifa-Gelder.

Neues vom Putin-Russland-Regime: Das Gastgeberland für die Olympischen Winterspiele 2014 (Sotschi) und der Fußball-WM 2018 glänzt wieder mit neuen autoritären Gesetzen. Russische Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs) werden künftig wie ausländische Institutionen bewertet und müssen ihre Finanzierungsquellen offenlegen. Die Opposition wird übel geknechtet, verfolgt und kriminalisiert, wie die Demonstrationen gegen Putins Regime im Frühjahr zeigten. Die drei jungen Frauen der Punkband Pussy
Riot
, die gegen die Unterstützung der Kirche für Putins Regime in der größten russischen Kathedrale protestierten, sitzen seit März 2012 im Gefängnis: Es drohen sieben Jahre Haft – für einen wenige Minuten dauernden Auftritt. Die drei Frauen wurden beim Haftprüfungstermin in eisernen Käfigen vorgeführt. Amnesty International erkannte die drei Frauen als politische Gefangene an („Pussy Riot“ angeklagt, in SZ 13.7.2012; Hans, Julian, Heißer Krieg, in SZ 19.7.2012).
Vorsichshalber hat das Regime Putin den Prozess gegen Pussy Riot im Moskauer Chamowniki-Gericht angesiedelt: Hier fand auch der Prozess gegen Chodorkowskij statt. Und dessen im Sinn Putins zuverlässiger Richter Viktor Danilkin wird nun auch über Pussy Riot urteilen (Nienhuysen, Frank, In Russland regiert die Repression, in SZ 30.7.2012).
Kurz: Putins Russland ist der ideale Gastgeber für Fifa und IOC.
Wer sagte, dass Putin ein „lupenreiner Demokrat“ sei? Richtig. Gazprom-i Gerhard Schröder.

– London 2012/19:
– Die Olympische Sommerspiele waren kein Konjunkturprogramm. Die Britische Zentralbank warf wieder die Notenpresse an: Das Anleihenankaufprogramm wird noch einmal um 50 Milliarden auf 375 Milliarden Pfund aufgestockt. „Es ist die insgesamt dritte Runde von Staatsanleihenkäufen. Die britische Wirtschaft steckt zum zweiten Mal in einer Rezession. Das zweite Programm war erst vor acht Wochen ausgelaufen… Wegen der düsteren Aussichten wollten Haushalte und Unternehmen nicht mehr konsumieren beziehungsweise investieren“ (England druckt und druckt, in SZ 6.7.2012) „Das Bruttoinlandsprodukt sank zwischen April und Juni um 0,7 Prozent… Es  war bereits der dritte Rückgang in Folge und der stärkste seit dem Höhepunkt der vorigen Rezession von 2009“ (Rezession in Großbritannien, in SZ 26.7.2012).
Dabei war von den Olympia-Fans versprochen worden, dass alle Bereiche der britischen Wirtschaft von London 2012 profitieren werden: Dann wurden laut Sky TV 24 Milliarden Pfund in ein olympisches Nichtkonjunkturprogramm investiert.
Diese Irrsinnssumme für 17 Tage olympisches Spektakel diente in der Hauptsache der Bereicherung des IOC und der Beweihräucherung der IOC-Mitglieder, eine Riege vornehmlich älterer Herren.
– Die Olympischen Sommerspiele waren ein Immobilienpreis-Anschubprogramm. Investitionsüberlegungen und Olympischen Spiele haben die Immobilienpreise in den vergangenen drei Jahren um 23 Prozent steigen lassen (Neuer Kostenschub bei Wohnungen in London, in SZ 13.7.2012).
Das wäre bei München 2018 auch geschehen, deswegen war die Immowelt München 2018 so scharf auf die Winterspiele.
– Der Sponsor Dow Chemical sorgte auch im Vorfeld der Olympischen Sommerspiele 2012 für Erregung. Dazu gerieten wegen der zunehmenden Fettleibigkeit der britischen Kinder und Jugendlichen die Süßdrink-Hersteller und Hamburger-Brater ins Visier der Londoner Ärzte. Die jüngste Attacke kam von Londoner Ärzten. “Angesichts der Adipositas-Krise (Fettleibigkeit; W.Z.) im Land sei es ‘obszön’, dass ausgerechnet Olympia gemeinsame Sache mit McDonalds, Coca-Cola, Cadbury’s und Heineken mache. ‘Fast Food, Zuckergetränke, Schokolade und Alkohol, das sind Nahrungsmittel, die wir um unserer Kinder willen dämonisieren müssen’, wetterte der Kardiologe Aseem Malhotra. ‘Man hätte gehofft, dass der Wettbewerb der besten Athleten der Welt einen positiven Einfluss auf Großbritanniens Jugend hat.’ Malhotra fürchtet nun, dass Sponsorenwerbung mehr Einfluss haben wird als das gute Beispiel fitter Sportler” (Thibaut 20.7.2012).
Olympischer Massenbetrieb: 10.500 Athleten und über 20.000 Journalisten (pro Sportler zwei!) werden zum Massenspektakel kommen (Zaschke, Christian, Vorwärts, marsch! in 17.7.2012).
– Olympische Kreml-Spuren, auch Zil-Lanes: 48 Kilometer VIP-Fahrspuren des Londoner Straßennetzes und insgesamt 175 Kilometer sind mit Olympischem Ringen gekennzeichnet: Hier darf auf einer oder gar zwei Spuren nur die Olympische Familie durchrauschen, dazu Athleten und akkreditierte Journalisten. Die „Zil Lanes“ heißen nach Zil, der Automarke der Kreml-Funktionäre des Politbüros, das zu UDSSR-Zeiten durch Moskau rauschte, deshalb auch: Kreml-Spuren (Volkery, Carsten, Straßenblockade wie bei den Sowjets, in spiegelonline 25.7.2012).
„1300 Ampeln (weren) auf 50 Kilometer Straße so geschaltet, dass 40.000 Offizielle mit ihren 5000 rot-weiß lackierten Dienst-BMW und 25.000 Sponsoren auf sogenannten Zil-Fahrstreifen, die für andere Autos gesperrt sind, stets grünes Licht haben“ (Michalski, Peter, Der Countdown läuft: London rüstet für Olympia, in abendblatt.de 6.7.2012).
Die Londoner selbst werden während der Spiele tüchtig im Stau stehen.
London schimpft über Olympia-Lügen: Die großartigen Zusagen der Olympiaplaner für das arme Londoner Eastend wurden nicht eingehalten: Auf dem heutigen Olympiapark gab es vorher 250 Firmen mit 12.000 Mitarbeitern: Die Firmen wurden enteignet – mit der juristischen Begründung der „Regeneration des Londoner Ostens“, da für Sportereignisse in Großbritannien nicht enteignet werden darf, für Regeneration aber schon (Ebenda).
Das Bruttoinlandsprodukt wird sich nicht verbessern, genausowenig wie der Tourismus. Die Verbesserungen im Verkehrssektor hätte man ohne Olympische Sommerspiele wesentlich billiger erreichen können.“Lokale Unternehmen wurden zerstört, Jobs vernichtet und Menschen aus ihrer Heimat vertrieben. Selbst die für den 230 Hektar großen Olympiapark zwangsenteigneten Firmen bekamen oft keine angemessene Entschädigung und mussten schließen. Alles für einen gigantischen Sportzirkus, der nur zwei Wochen dauert. Aus gesamtwirtschaftlicher Sicht ist das Projekt Olympia ohnehin ein Desaster. In seiner Bewerbung hatte London geschrieben: ‚Jeder Sektor der Wirtschaft wird von den Olympischen Spielen profitieren.‘ Die Mehrheit der Ökonomen ist anderer Meinung – höchstens kurzfristig könne die Veranstaltung das Wachstum anschubsen“ (Kaiser, Tina, London schimpft über die große Olympia-Lüge, in welt.de 14.7.2012).
Matt Bolduc, Analyst bei der Saxo Bank in Kopenhagen, untersuchte die Auswirkungen von sportlichen Großereignissen wie Olympischen Spielen auf die Volkswirtschaft und die Aktienmärkte. „Ergebnis: Die Erwartungen, die Organisatoren und Politiker schüren, sind meist viel zu hoch. Die wirtschaftlichen Effekte würden völlig überschätzt. Er denke, es wäre ’schwer, der Bevölkerung ein so großes und teures Projekt wie Olympia zu verkaufen, wenn man ihr sagen würde, die wirtschaftlichen Gewinne werden marginal sein, die Kosten aber sehr hoch. Dann würde keiner die Spiele haben wollen. Deswegen müssen sie dafür sorgen, dass das alles besser klingt, als es in Wahrheit ist. Aber die Forschung zeigt, dass am Ende tatsächlich kaum etwas hängen bleibt.'“ (Lochner, Stephan, Delle staat Boom?, in tagesschau.de 17.7.2012).

– Der Große Olympische Bruder will nur good news: Das Olympische Komitee hat in den Nutzungsbedingungen für die offizielle Webseite www.london2012.com festgelegt, dass eine Verlinkung nur gestattet wird, wenn eine positive Berichterstattung über die Spiele erfolgt. Punkt 5 der „Terms of use“ untersagt eine Verlinkung, um die Spiele in einem „falschen, irreführenden