Zum Inhalt springen

Januar 2013

Webseite-Besucher

Im Dezember 2012 besuchten 11.876 Internet-Nutzer unsere Nolympia-Webseite. Von Februar 2010 bis einschließlich Dezember 2012 hatten wir über 450.000 Besucher (genau 452.651). Wir bedanken uns für das anhaltende Interesse.

Die Gliederung im Januar 2013 sieht so aus:

I: Allgemeine Meldungen: Nachrichten vom Wintersport
II: Allgemeine Nachrichten: Sonstiges
III: Extra: Graubünden 2022
IV: Aktuelle Sportsplitter vom IOC etc.
V: Aktuelle Sportsplitter von Fifa , Uefa etc.
VI: Doping-News
VII: Die Sportsender ARD/ZDF

———————————————————————————————-

Zitate des Monats:

Günther Aloys, Hotelbesitzer und Tourismusplaner Ischgl auf die Frage im ZDF-Interview, was wäre, wenn der Schnee von morgen ausbleibt, wenn die Klimaerwärmung kommt: „Dann machen wir nochmal fünfhundert Schneekanonen. Das macht uns überhaupt keine Sorge“ (Auf dem Dach Europas, Teil 2, ZDF 3.1.2013). Ischgl betreibt derzeit bereits rund 1200 Schneekanonen.

Hansruedi Schiesser zu Gian-Franco Kasper: “Solange Leute wie Gian-Franco Kasper, das ist der Sepp Blatter der Ski-fahrenden Nationen, an der Spitze stehen, wird sich nichts ändern“ („Graubünden muss generalüberholt werden“, in Bündner Tagblatt 25.1.2013).

———————————————————————————————-

I: Allgemeine Meldungen: Nachrichten vom Wintersport

– Die Zukunft des Skirennens?
Was ist das? Acht Schneekanonen, eine Piste mit 200 Meter Länge und einem Starthäuschen in 564 Meter Meereshöhe, 14.000 Kubikmeter Kunstschnee, mit Tausenden von Kilowattstunden produziert und mit Salzen und Chemikalien ausgehärtet (trotzdem schmolzen im Tauwetter 8000 Kubikmeter weg), Schnee-Import mit 40 Lkws aus Reit im Winkl, ein abgelassener Olympiasee, 20,7 Grad plus am 24.12.2012 in München, 16 Sportheroen und 16 Sportheroinnen, 100.000 Schweizer Franken (83.000 Euro) Preisgeld, bis zu erwarteten 30.000 Zuschauer, von denen 17.000 tatsächlich kamen und zwischen 11 und 19 Euro zahlten, ein grüner Olympiapark mit einem weißen, von Skiraupen modulierten Band:
Das ist der grandiose, einzigartige, wahnsinnige Parallelslalom am 1.1.2013 vom Großen Schuttberg.
Die Fotos dazu gibt es hier.
Dazu ein Bericht in der Sendung „Quer“ vom Bayerischen Fernsehen, 10.1.2013 über Schneekanonen: Skifahren um jeden Preis? siehe hier und Link Beschneiung.
Für den unverwüstbaren Chef des Olympiaparks, Ralph Huber, war der Parallelslalom ein „Top-Event“ und ein Zeichen: „Seht her, wir haben das sportbegeisterte Publikum, Olympische Spiele passen hierher“ (Tögel, Ralf, Winterspielchen, in SZ 3.1.2013).

Warm und wärmer
Der Winter 2012/2013 verspricht insgesamt ein spannendes Witterungsgeschehen. Am Königssee wurde die Bobbahn zur Wasserrutsche. Beim Biathlon-Weltcup in Oberhof standen die 84.000 Zuschauer im Regen. Beim Skispringen in Bichofshofen gaben die Sportler Interviews unterm Regenschirm. Die Nordischen Kombinierer hatten in Schonach Tauwetter und Nieselregen. „Am Neujahrstag war eine rennfertige Piste beim Weltcup im Parallel-Slalom in München nur mit einem Kraftakt möglich gewesen. (siehe oben) Beim Biathlon in Oberhof brauchte es 20.000 Kubikmeter Kunstschnee, insgesamt 246 LkW-Ladungen. Das Finale der Vierschanzentournee in Bischofshofen rettete nur die Technik. ‚Wenn die österreichischen Veranstalter keine Anlaufspurkühlung gehabt hätten, wäre die Tournee den Bach runtergegangen», sagte Bundestrainer Werner Schuster'“ (Wintersport ohne Winter, in Augsburger Allgemeine 7.1.2013).

– Millionen Euro für Thüringer White Elephants. Oberhof liegt auf 815 Meter Höhe und hat 1.500 Einwohner. Für die Kunstschnee-Produktion der Biathlon-Anlage musste bislang Trinkwasser eingesetzt werden, was zu Problemen mit der Wasserversorgung führte. Nun soll ein „Schnei-Becken“ mit  100.000 Kubikmeter Volumen gebaut werden. Auch sonst werden Millionen Euro in kaum genutzte Sportstätten gepumpt.
Für 7,7 Millionen Euro sollen in Oberhof eine neue 90-Meter-Schanze errichtet und die 120-Meter-Schanze generalüberholt werden. Der letzte Weltcup im Skispringen fand hier 1998 statt. Es ist nicht geplant, weitere Weltcup-Veranstaltungen nach Oberhof zu holen: Die Anlagen dienen dem Training. „Doch in Deutschland gibt es bereits mehrere moderne Großschanzen, die alle nicht ausgelastet sind“ (Purschke, Thomas, Millionen für Oberhof, in dradio.de 30.12.2012; Dieterle, Claus, Thüringen modernisiert sein Tor zur Welt, in faz.net 4.1.2013).
Die Biathlon-Anlage soll mit Millionenaufwand modernisiert werden, ohne dass der Internationale Biathlonverband IBU bislang eine Zusage für einen Oberhofer Weltcup nach 2014 abgegeben hat. Aus gutem Grund gibt es mehr Bewerber als Weltcups – zum Vorteil der IBU. Und: „Die Konkurrenz in Russland und Asien hat von zwei Dingen deutlich mehr zu bieten: Geld und Schnee“ (Grahl, Jirka, Es geht um Schnee, es geht um Geld, in neues-deutschland.de 31.12.2012). Trotzdem erhielten die Oberhofer nun einen Scheck in Höhe von 5,4 Millionen Euro von der Thüringischen Landesregierung.

Das Biathlon-Sportpersonal Oberhof:
Thomas Schulz, Bürgermeister: „der 2011 nach mehrjährigen Korruptionsermittlungen vom Amtsgericht Meiningen wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe von fast 9000 Euro verurteilt wurde“ (Purschke, Thomas, Millionen für Oberhof, in dradio.de 30.12.2012).
Wolfgang Filbrich, Olympiastützpunkt-Chef: „Gegen OSP-Chef Filbrich wurde ein Korruptionsermittlungsverfahren gegen Zahlung von 7500 Euro Geldauflage eingestellt, wie 2010 bekannt wurde“ (Ebenda).
Holger Wick: „einst DDR-Biathlet und Skilangläufer im Armessportklub Oberhof sowie Stasi-Spitzel, heute Sportdirektor des Thüringischen Skiverbandes“ (Purschke, Thomas, Oberhof darf nicht schwächeln, in taz.de  10.1.2013).
Hartmut Gollhardt, Biathlon-Landestrainer: „ein Vertreter der alten DDR-Schule und bekannt für cholerische Attacken“ (Ebenda).
Enrico Heß, Tourismus-Chef: „Gegen Heß wurde im Januar 2012 ein Strafbefehl rechtskräftig, wegen unerlaubten Entfernen vom Unfallort. Das Amtsgericht Suhl verurteilte ihn zu 1.500 Euro Geldstrafe und einem mehrmonatigen Fahrverbot“ (Ebenda).
Dazu Thomas Pfüller, Generalsekretär des Deutschen Skiverbandes: „eine DDR-Doping-Altlast“ (Ebenda).

– IBU bestand auf Biathlon-Nachtrennen. Beim Biathlon-Weltcup in Ruhpolding bestand der Internationale Biathlonverband IBU auf der Durchführung von vier Nachtrennen, um einen Sendeplatz im attraktiveren Fernseh-Vorabendprogramm zu bekommen. Dadurch entstanden dem Veranstalter allein 250.000 Euro Kosten für die Installation von zusätzlichen Lampen plus enorm hohe Stromkosten. Der Präsident des Organisationskomitees und Bürgermeister von Ruhpolding, Claus Pichler, räumte ein, dass man kein wirkliches Mitspracherecht habe (Biathlon-Nachtrennen stehen in der Kritik, in zeitonline 9.1.2013).

– Schladminger Ski-WM 2013: Ein Ort wird zerstört. „Am 29. Mai 2008 entschied der internationale Skiverband FIS, die Alpine Ski-WM 2013 in Schladming stattfinden zu lassen. FIS-Präsident Gian-Franco Kasper war zu diesem Zeitpunkt sicher nicht bewusst, was er damit anrichten würde. Die 4500-Einwohner-Stadt am Dachstein veränderte sich seither bis zur Unkenntlichkeit… Rund 400 Millionen Euro wurden verbaut, mindestens die Hälfte kam aus öffentlichen Mitteln“ ( Schwaiger, Rosemarie, Landschaftsflegel: Schladming erstickt in teurem Bausünden, in profil.at 21.1.2013 ; Hervorhebung WZ). Dauer der Veranstaltung: 4. bis 17. Februar 2013.
Gebaut wurde u. a. eine neue Glasfassaden-Talstation („Planet Planai) der Planai-Bahn, eine 15 Meter hohe Zuschauertribüne, ein vierstöckiges Parkhaus, ein christliches Freizeithaus „Tauernhof Austria“, eine neue Polizeistation, dazu „einen neuen Bahnhof, ein Kongresszentrum für 2000 Personen, ein multifunktionales Sportzentrum, eine Umfahrungsstraße und verbesserte Zufahrten“ (Ebenda). Das Land Steiermark muss überall sparen – nur nicht bei der Ski-WM. Der Bürgermeister Jürgen Winter (ÖVP) formulierte es so: „Die politische Konstellation im Land war günstig. Man konnte viele Wünsche deponieren“ (Ebenda; Hervorhebung WZ). Die deponierten Wünsche ziehen Folgelasten nach sich: Niemand weiß, wie das Kongresszentrum, das während der WM Medienzentrum ist, nachher auszulasten sein wird.
Kritik kommt unter anderem vom Umweltschützer und Alpenforscher Franz Mandl, der im Nachbarort Haus/Ennstal wohnt und den Verein „Anisa – für alpine Forschung“ gegründet hat. Mandl ärgert sich unter anderem über das Greenwashing der Ski-WM und die behauptete ökologische Nachhaltigkeit dieses Sport-Großevents. Die Schneekanonen laufen nach Schätzungen unter Dauerlärm und hohem Energieverbrauch zwischen 50 und 100 Tage und Nächte. Mandl: „Da stehen 900 Schneekanonen. Was soll daran ökologisch sein?“ (Ebenda). „Da ist überhaupt nichts nachhaltig, nur Klimaauswirkungen und Schulden“ (www.sport1.de)
München 2018 und die Ski-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen lassen grüßen!

Zum Schladming-Geschäft von Siemens siehe: Siemens olympisch

Aufschlussreiche Fotos gibt es auf der Anisa-Webseite, siehe hier.

Der Clou: Durch die Ski-WM 2013 ist das Land Steiermark so verschuldet, dass es vermutlich seine Planai-Bahnen veräußern muss. „Trotz eines Dementis gilt einer als wahrscheinlichster Käufer: Schröcksnadel“ (Winterfeldt, Jörg, Narrenfreiheit im Eis, in berliner-zeitung.de 12.12.2012; Hervorhebung WZ).
Schröcksnadel ist Präsident des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV) und hat praktischerweise ein Ski-Imperium aufgebaut, zu dem zahlreiche Skigebiete und Tourismusunternehmen gehören, darunter die „Großglockner Bergbahnen Touristik GmbH“, die „Patscherkofelbahnen GmbH“, die „Ötscher Lift GmbH & CoKG“, die „Unterberghornbahnen Kössen GmbH & CoKG“, die „Hinterstoder Wurzeralm Bergbahnen AG“ und die „Hochficht Bergbahnen GmbH“ (Wikipedia:  Peter Schröcksnadel).

– Anspruch und Wirklichkeit in Schladming
Greenwashing aus dem Leitbild der offiziellen Webseite der Ski-WM 2013, Abteilung Vision-Mission: “Wir stehen … für einen gewissenhaften Umgang mit den natürlichen Ressourcen unserer Umwelt. Ein positives und verantwortungsvolles Gestalten kann nur im Sinn von Ökologie und Nachhaltigkeit geschehen” (www.schladming2013.at; Organisation, Vision-Mission; Hervorhebung WZ)
Dagegen äußerte ÖSV-Präsident Schröcksnadel im Oktober 2012 zur Nachhaltigkeit der Ski-WM in Schladming: “Von dem Wort halte ich gar nichts. Nachhaltig? Was ist nachhaltig? Wenn ich eine Fliege erschlage, dann ist sie nachhaltig tot” (Krutzler, David, Zelsacher, Benno, “Nachhaltig? Was ist nachhaltig?”, Interview in Der Standard 19.10.2012; Hervorhebung WZ).
Vergleiche: Schladminger Ski-WM 2013: Ein Ort wird zerstört
Mehr über Schröcksnadel demnächst  unter „Aktuelles“.

Informationsabend Ski-WM 2013 Schladming in Nagano. Am 26.1.2013 organisierte das AußenwirtschaftsCenter Tokio einen Informationsabend im japanischen Ort Nagano: Zielgruppen waren u. a. Vertreter von Skiliftbetreibern, Vertreter von japanischen Wintersportgebieten, Einkäufern und Importeure von Wintersportkleidung und -ausrüstung, Vertreter von Reisebüros.
„Nagano ist der Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1998 und in Japan daher der ideale Ort, um das Großereignis in Schladming, sowie das öster­reichische Know-how in den Bereichen Tourismusinfrastruktur zu präsentieren“ (Positionierung der österreichischen Wirtschaft anlässlich der Alpinen Ski-WM 2013 in Schladming, www.portal.wko.at 26.1.2013; Hervorhebung WZ).
Ausgerechnet Nagano – mit dem Milliardenverlusten der Olympischen Winterspiele 1998, an denen die bankrotte Stadt immer noch leidet.
Vergleiche im Kritischen Olympischen Lexikon: Nagano 1998

– Bayern-1-Hörer gegen München 2022: Der Bayerische Rundfunk hat auf Bayern 1 eine Umfrage zu Olympischen Winterspielen München 2022 gestartet, die am 15.1.2013 beendet war:
FÜR München 2022 waren 30,2 Prozent.
DAGEGEN waren 68,1 Prozent.
KEINE MEINUNG hatten 1,7 Prozent.
Zum BR-Endergebnis geht es hier.

– Pro und Kontra München 2022 bei Sky: Am 15.1.2013 veranstaltete der TV-Sportsender Sky eine Diskussion in INSIDE REPORT zwischen Stadtrat Mario Schmidbauer (CSU) und Wolfgang Zängl (Gesellschaft für ökologische Forscbung, www.nolympia.de). Schmidbauer ist Initiator des Ende Januar 2013 sehr vermutlich scheiternden Bürgerbegehrens für München 2022. Hierfür sind 35.000 Stimmen nötig: Am 15.1.2013 waren es unter 10.000 (Hutter, Dominik, Olympia zieht nicht, in SZ 15.1.2ß13).
„Eine deutsche Olympiabewerbung braucht ganz sicher ein spürbares Mehr an Überzeugung und an Schwung. Von oben wie von unten. Vielleicht ist es aber so, dass sich hierzulande derzeit keine Mehrheit für dieses Anliegen finden lässt. Die Spiele sind eine wirklich feine Sache, aber brauchen wir sie auch hier?“ (Rosentritt, Michael, Wo kein Feuer ist, in tagesspiegel.de 15.1.2013).
Zur Sky-Sendung hier.

———————————————————————————————————–
II: Allgemeine Meldungen: Sonstiges

Neonazis in Sportvereine
Der Verfassungsschutz Brandenburg stellte eine zunehmende Unterwanderung von Sportvereinen durch Neonazis fest. Seine Chefin, Winfriede Schreiber, stellte fest: „Der Sport hat sich lange Zeit sehr schwergetan, weil man sich für unpolitisch gehalten hat“ (Neonazis unterwandern Sportvereine, in spiegelonline 2.1.2013).

Die freie Sport-Marktwirtschaft
Aus der Chronologie Dezember 2012: „Der deutsche Sport verfehlt laut Thomas Bach bei Olympia 2016 in Rio de Janeiro sein gesetztes Ziel, wenn er binnen der nächsten Jahre nicht um zusätzliche 25 Millionen Euro mehr an Förderung erhält. Dieser Betrag sei ‚eher bescheiden’ formuliert, betonte der Präsident des DOSB am Samstag bei der Mitgliederversammlung in Stuttgart“ (Bach befürchtet Leistungsknick in Rio, in zeitonline 8.12.2012; Hervorhebung WZ).
Was damals ein bisschen missverstanden wurde: Bach meinte zusätzliche 25 Millionen pro Jahr, also eine Steigerung für den Spitzensport von 135 auf 160 Millionen Euro (plus 18 Prozent). Dazu kommen die rund 125 Millionen Euro für die Sportsoldaten bei Zoll, Bundespolizei und Bundeswehr. Und damit nicht genug: Investitionen in Sportwissenschaft und Geräteentwicklung sind zusätzlich nötig. Bach: „Das war mal unsere Stärke. Doch nun schmilzt unser Vorsprung dahin“ (Bach lobt Harting, in SZ 3.1.2013).
Das internationale Sportmanagement denkt sich permanent neue Disziplinen aus; dafür braucht es neue Trainingszentren, weitere Sportstätten und höhere Sportförderungen etc. Dazu verstärken sie das Techno-Doping und damit die Kosten. Und der Steuerzahler darf die Zeche bezahlen. So funktioniert die freie Sport-Marktwirtschaft.

Rechnungshof untersucht Spitzensport
„Der Bundesrechnungshof prüft in diesen Tagen die Finanzen des deutschen Spitzensports. Die Beamten wollen nach Informationen des Recherche-Ressorts der WAZ wissen, was mit den 132 Millionen Euro passiert, de das Innenministerium pro Jahr in den Sport investiert“ (Kempe, Robert, Drepper, Daniel, Rechnungshof prüft Spitzensport: Acht Verbände, Ministerium und DOSB, in derwesten-recherche.org 24.1.2013). 2013 werden es 135 Millionen Euro sein; DOSB-Präsident Bach will danach pro Jahr 160 Millionen Euro.
Bei den Verbänden handelt es sich um den Deutschen Turnerbund, den Ruder-Verband, den Hockey- und den Fechter-Bund, den Schwimm-, Leichtathletik- und Kanu-Verband und den Bund Deutscher Radfahrer. Die Olympiastützpunkte Bayern und Rheinland, das Bundesinstitut für Sportwissenschaften (BISp), das Institut für Forschung und Entwicklung von Sportgeräten (FES), das Institut für Angewandte Trainingswissenschaften (IAT) und der DOSB, der die staatlichen Millionen an die Sportverbände verteilt, werden ebenfalls überprüft (Ebenda).
Die Kontrollbehörden dürften auch durch die Debatte um die DOSB-„Zielvereinbarungen“ für die Olympischen Sommerspiele London 2012 motiviert worden sein, zu untersuchen, „warum welcher Verband wie viel Geld bekommt und ob die Kriterien dafür angemessen sind“ (Ebenda).
Sofern es diese Kriterien überhaupt gibt: Denn der Bach-Vesper-DOSB hat mit der mehr oder weniger freihändigen Mittelvergabe ein riesiges Druckmittel und Disziplinierungsinstrument gegen die Verbände in der Hand.
Vergleiche auch: Der Olympische Geheimbund

– Belo Monte de Merde. Die Bauherren nennen den brasilianischen Riesenstaudamm „Belo Monte“, schöner Berg. Die Feinde nennen den Staudamm „Belo Monte de Merde“, schöner Berg aus Scheiße. „Ab 2015 soll sich die erste von 24 Turbinen drehen. So viel elektrische Leistung wie elf Atomkraftwerke sollen sie ab 2019 erzeigen können. Dafür bewege 18000 Arbeiter mehr Erde als beim Bau des Panama-Kanals… 40.000 Menschen müsse die Regierung umsiedeln… Fast elf Milliarden Euro soll der Damm kosten… Deutsche Unternehmen werden für eine knappe Milliarde Euro vier dieser Turbinen liefern, dazu Generatoren, alle Transformatoren, die komplette Automatisierung. Es ist ein Konsortium um die Firmen Siemens und Voith. Mercedes liefert die Lastwagen, die Münchner Rück versichert einen Teil des Projekts “ (Stock, Jonathan, „Der Rest vom Paradies, in Der Spiegel 5/28.1.2013). Bischof Erwin Kräutler befürchtet, dass die Regierung noch weitere Staudämme in den Amazonas setzen wird. „… viele der Indianer, sagt er, die seien ruhig gestellt mit Geld, mit Entschädigungszahlungen für ihr Land, das der Staudamm vernichten wird. Umgerechnet 570 Millionen Euro sollen die Indigenen von der Regierung bekommen haben. Immer wieder haben prominente Indianer gegen den Damm protestiert, die meisten aber haben resigniert“ (Ebenda).
Vergleiche auch: Belo Monte, Angra 3
———————————————————————————————–

III: Extra: Graubünden 2022

Davoser Bauernland als „freie Fläche“

Martin Büchi ist Schafzüchter am Davosersee: Seine Milchschafe weiden im Frühling und Herbst auf seinem Grund. „Als Martin und Doris Büchi im Sommer zusammen mit anderen Grundbesitzern zu einer Info-Veranstaltung eingeladen wurden, sahen sie ihr Land auf provisorischen Plänen für die Olympischen Winterspiele 2022. Auf der Schafweide waren Gebäude eingezeichnet, dicht gebaut und direkt neben Wohn- und Arbeitsbereich der Büchis – Bauten für medizinische Versorgung der Olympia-Teilnehmer und Restaurants. Es war die bisher einzige direkte Konfrontation des Ehepaars mit Olympia. Seither hat sich keiner der Promotoren mehr gemeldet“ (Rutschmann, Martina, Rockenbach, Michael, Der Traum von einem neuen Land, in tageswoche.ch 3.1.2013; Hervorhebung WZ).
Büchi sagte: „Diese Fläche ist keine Prärie, das ist Landwirtschaftsland“. Das zudem zum großen Teil aus Torf besteht. Büchi: „Auf diesem Untergrund kann man nicht bauen“, man müsse betonieren. „Danach wäre der Boden futsch … Bis zu zwei Generationen könnten den Boden nicht mehr bewirtschaften“ (Ebenda).
Das verstehen die olympischen Planer unter Nachhaltigkeit!
Auch in der Schweiz würde das nicht nur den Büchis so gehen: Es gehört offenbar zum olympischen Planungsstandard, über Grund und Boden und die Lebensgrundlagen anderer zu verfügen. Das kennen auch die Bauern und Grundeigentümer aus Garmisch-Partenkirchen und Annecy von der Bewerbung 2018 genauso: Bauernland und Eigentümer interessieren die olympischen Planer NICHT.
Die Oberammergauer kippten im Juli 2010 die olympische Planung umgehend mit einem Bürgerbegehren: Die Überplanungen hätten hier fast den gesamten landwirtschaftlichen Grund auf Jahre zugebaut (vergleiche hier).
Die Bewerbungsgesellschaft München 2018 hat bis zum Schluss behauptet, in Garmisch-Partenkirchen wäre alles in trockenen Tüchern: Schließlich redete sie sogar von gegebenenfalls nötiger Enteignung. Dutzende Bauern und Grundeigentümer mussten sich einen Anwalt nehmen, der schließlich am 1.3.2011 der IOC-Evaluierungskommission erklärte, dass nichts in trockenen Tüchern war und Bauern und Grundeigentümer ihren Grund auf keinen Fall hergeben würden.

Jens Weinreich warnt

Der deutsche Sportjournalist Jens Weinreich hält es für eine Lüge, dass man Olympia bezahlbarer und nachhaltiger machen kann: „Die Zeche zahlt stets der Steuerzahler vor Ort“ (Weinreich warnt vor der teuren Olympiazeche, in suedostschweiz.ch 2.1.2013).
Im Interview wies Weinreich auf die Verantwortung gerade der Schweiz hin: Hier werden den „undemokratischen, teilweise schwer korrupten Sportverbände, die in der Schweiz ihren Geschäftssitz haben, schon Milliarden geschenkt über verkappte Subventionen und Steuererleichterung… Die moderne Sportkorruption ist in der Schweiz erfunden worden und ist hier zuhause… wenn Sie über Intransparenz reden und über Geld, das auf dreckige Weise in den Sport geflossen ist und darüber, wie über Jahrzehnte Funktionäre geschmiert wurden, dann ist die Schweiz das Zentrum des Bösen. Und die Schweiz unternimmt nichts dagegen! Jetzt erst recht nicht, denn nun will man ja die Winterspiele 2022“ (Zurlinden, Urs, „Es werden dreckige Deals gemacht“, in Die Südostschweiz 13.1.2013).
Das ist vielleicht der tiefere Zweck der Bewerbung!
Zur Bewerbung Graubünden 2022 stellte Weinreich fest: „Wenn jetzt Swiss Olympics eine wunderbare Studie vorlegen sollte über die Kosten und angeblich fantastischen Einnahmen – vergessen Sie diese Studie! In der Regel sind derlei Auftragswerke, für viel Geld von den üblichen Verdächtigen aus der Geldbranche erstellt, nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt sind. Die Typen, die Millionen an derlei Machwerken verdienen, müssen die Show nicht bezahlen, sie zocken nur ab. Die Zeche über viele Milliarden müssen die Steuerzahler begleichen – das ist das olympische Grundgesetz. Wer etwas anderes behauptet, der lügt“ (Ebenda).
Zu den „Knebelverträgen“ des IOC stellte Weinreich fest: „Diese Vorgaben sind Gesetz und also unverrückbar. Insofern hat man im reinen Organisationsbudget für die 17-tägige Show nicht viel Spielraum. Olympia muss man als ein Franchise-Unternehmen betrachten, so wie eine Mc-Donald’s-Filiale: Der Franchise-Geber, also das IOC, bestimmt die Regeln. Der Franchise-Nehmer, also Graubünden, trägt das Risiko und alle Kosten allein. Er muss das IOC sogar von eventuellen Verlusten freistellen“ (Ebenda).

„Bündner Bürgerliche im Olympia-Fieber“

Bündner Bundesparlamentarier von CVP, FDP, SVP und BDP stehen hinter der Bewerbung Graubünden 2022. Der gleichnamige Verein lud am 3.1.2013 zur Neujahrs-Medienkonferenz. Vereinssprecher Christian Gartmann räumte hier allerdings schon einmal ein: „Es wird kleinere Spiele geben, als es sie in der Vergangenheit gab, aber kleine Olympische Spiele, so etwas gibt es nicht“ (Nicolussi, Ronny, Bündner Bürgerliche im Olympia-Fieber“, in nzz.ch 4.1.2013; Hervorhebung WZ).

Bergbahn-Boom ohne Perspektive

Die letzten drei Saisons verkauften die Schweizer Bergbahnen 16 Prozent weniger Tickets. „Dennoch investiert die Branche in Graubünden wie schon lange nicht mehr… Erst kürzlich gaben die Bergbahnen von Arosa und Lenzerheide bekannt, ihre Wintersportgebiete auf den nächsten Winter hin zu verbinden. Für 35 Millionen Franken werden zwei Sesselbahnen und eine Luftseilbahn erstellt“ (Bündner Bergbahnen investieren trotz Krise, in suedostschweiz.ch 8.1.2013). Die Laaxer Weisse Arena-Gruppe baut sieben neue Bahnen für 54 Millionen Franken. Dazu werden die Wintersportgebiete von Sedrun und Andermatt 2013 für ca. 30 Millionen Franken zur Gotthard-Oberalp-Skiarena verbunden (Ebenda).

Wochendebatte zwischen Tarzisius Caviezel und Silva Semadeni

In der Tageswoche fand Anfang Januar 2013 die Wochendebatte statt: „Brauchen wir die Olympischen Winterspiele 2022?“
Der Davoser Landammann (gewähltes Oberhaupt der Landgemeinde) und Präsident von „Graubünden 2022“, Tarzisius Caviezel, lobte: „Die Stärke des Konzepts ist seine Nachhaltigkeit.“
Da wären viele Gründe dagegen zu nennen, zum Beispiel temporäre Bauten für eine Milliarde Franken!
„Graubünden 2022 dauert nicht nur bis ins Jahr 2022, sondern bis 2032 oder 2042.“
Bis dahin müssen nämlich die Schulden zurückbezahlt werden.

Silva Semadeni, Nationalrätin SP, Präsidentin Olympiakritisches Komitee Graubünden: „Seit St. Moritz 1948 sind die Winterspiele immer größer geworden… Auch St. Moritz 2022 wird gigantisch… An Spitzentagen werden bis zu 112.000 Tagesgäste erwartet… Defizite bleiben immer beim Staat, die Gewinne aus Marketing- und TV-Senderechten kassiert das steuerbefreite IOC… Olympische Winterspiele sind eine Geldmaschine für das IOC und einige wenige Interessenvertreter aus der Bau-, Marketing- und Tourismusindustrie… Das Team um Gian Gilli arbeitet alles andere als unentgeltlich! Laut Botschaft des Bundesrates verfügen sie über 5,4 Mio. CHF, davon 1,1 Mio. CHF allein Lohnkosten für das Personal!… Die größten Sponsoren sind McDonald’s und CocaCola. Das IOC bestimmt die Regeln. Es geht um weisse Elephanten, temporäre großtechnische Einrichtungen, kurzfristige Phänomene großartiger Verschwendung, bezahlt mit öffentlichen Geldern zum Nutzen von Wenigen.“
Der Redakteur der Tageswoche, Peter Sennhauser, schrieb als Fazit u. a.: „Es fehlt der Glaube, dass es tatschlich möglich ist, Olympische Winterspiele etwas bescheidener zu organisieren als in den letzten Jahrzehnten, da jeder Austragungsort den vorhergehenden überragen wollte. Alle Bekenntnisse der Olympia-Befürworter, in Graubünden nur das Notwendigste neu zu bauen und auf Bestehendes zurückzugreifen, nützen nichts.“
Die Abstimmung in der Tageswoche erbrachte dann 21 Prozent Ja-Stimmen und 79 Prozent Nein-Stimmen.
(Alle Zitate: Wochendebatte, in tageswoche.ch 4.1., 6.1., 8.1. und 9.1.2013).

Großer Landrat Davos dafür

Am 10.1.2013 stimmte das Davoser Gemeindeparlament mit 13:4 einem Kandidatur-Beitrag zu. Die zwei SP-Vertreter sowie je ein Vertreter der Grünliberalen und der Grünen stimmten dagegen. Der Kandidaturbeitrag von Davos beträgt zwei Millionen Franken. „Die Befürworter versprechen sich von den Spielen einen Aufschwung für den Wintertourismus, neue Sportanlagen und Investitionen in Verkehrsverbindungen und Infrastruktur“ (Grosser Landrat Davos sagt Ja zur Olympia-Kandidatur, in suedostschweiz.ch 10.1.2013).
Einen Aufschwung für den Wintertourismus würde es nicht geben. Neue Sportanlagen und neue Verkehrs-Infrastrukturen wären ohne Olympische Winterspiele 2022 wesentlich billiger zu haben!

NIV-Charta soll helfen

Eine „Charta für Nachhaltigkeit, Innovation und Vermächtnis“ (NIV) soll zumindest den Anschein erwecken, dass Olympische Winterspiele 2022 in Graubünden keine ökologischen und ökonomischen Schäden hinterlassen würden. Die Promotoren von Graubünden versprechen „Klimaneutralität, Transparenz, keine neue Verschuldung“ (Krummenacher, Jörg, Graubünden will nachhaltige Winterspiele, in nzz.ch 11.1.2013).
Diese Charta enthält die üblichen so leeren wie unhaltbaren Versprechungen.

Der Ex-Bobfahrer, Regierungspräsident und Olympiapromoter Hansjörg Trachsel äußerte, mit der NIV-Charta betrete man Neuland.
Ach herrje! Das ökologische Blabla ist doch inzwischen längst IOC-Standard. Wie viele Umweltpapiere hatte München 2018 produziert, welch hehre Ansprüche wurden erhoben. Jedes dritte Wort war „nachhaltig“, „klimaneutral“, „CO2-frei“, etc. In Wirklichkeit hätte man allein für das olympische Dorf in München über 1500 schützenswerte Bäume gefällt, von den Abholzungen in Garmisch-Partenkirchen ganz zu schweigen.
Die Bündner SP benannte die NIV-Charta auch völlig zurecht als „Papiertiger“, „Schönfärberei“, „fromme Wünschen“ (Ebenda).
Das exzellente Analysepapier „Fromme Wünsche leben von der Wirklichkeit ab!“ des Komitees Olympiakritisches Graubünden vom 21.1.2013 setzte sich kritisch mit der Olympia-NIV-Charta auseinander (Autoren: Jon Pult, Großrat, Chur; Hansruedi Schiesser, Gemeinderat, Domat/Ems; Silva Semadeni, Nationalrätin, Passugg-Araschgen; Severin Toberer, Zürich). Ihr Fazit: Grundproblem: NIV ist ein Papiertiger; Verbindlichkeit: ein Etikettenschwindel; Umwelt: Schönfärberei statt kritischer Fragen; Wirtschaft: naiv statt NIV; Gesellschaft: fromme Sprüche statt Konzepte; Management der Spiele: ein Luftschloss sichert die Nachhaltigkeit.
Siehe den Link zur PM Analyse hier und die Analyse von hier.

Auch der ehemalige Sportminister und Olympia-Promotor Adolf Ogi sagte: „Es gibt auf der ganzen Welt kein Gremium, das so unberechenbar ist wie das IOC… Man darf sich nicht der Illusion hingeben, dass das IOC zurück zur Natur will. Das IOC ist eine Geldmaschine“ (Wilhelm, Philipp, Großer Landrat Davos, SP, Innovation sieht anders aus, in olympia-nein.ch 25.1.2013).
Und Reto Gurtner, Chef der Weissen Arena-Gruppe und Mitglied im NIV-Komitee, sagte im Interview auf die Frage, ob das NIV-Komitee und das Reden über Nachhaltigkeit nichts anderes war als ein Feigenblatt: „Ganz ehrlich gesagt: ja“ (Furter, Reto, Gurtner: „Von Winterspielen habe ich noch nie geschwärmt“, in Die Südostschweiz 5.2.2013).

Der Profit von Graubünden 2022

Am 16.1.2013 lud Graubünden 2022 zur nächsten Veranstaltung, zur „Kraft der olympischen Ringe“. Gilli verwies auf den „riesigen Aufschwung“ durch die Olympischen Winterspiele 1994 in Lillehammer und 2010 in Vanccouver (Schmidt, Andreas, es lebe der Sport, in nzz.ch 17.1.2013).
Hallo Herr Gilli: Was ist mit Albertville 1992, mit dem nach wie vor völlig verschuldeten Nagano 1998, mit Turin 2006, wo gerade die ersten olympischen Anlagen abgerissen werden, ist ja auch schon sechs Jahre her. Und in Vancouver sind Sozialwohnungen abgerissen worden, um das Olympische Dorf zu bauen: Der Bauträger ging pleite, nun muss die Stadt die nahezu unverkäuflichen Eigentumswohnungen selbst verkaufen.
Vergleiche unsere Zusammenstellung: Erfahrungen
Aufgeboten wurden von Graubünden 2022 noch: der Rektor des Sportgymnasiums Davos, der Trainer des Eishockeyclubs Davos (HCD) und ein Snowboard-Olympiasieger.
Wen wundert es, dass sie alle dafür waren.

Kasper steht bereit

Wenn der Kanton Graubünden, St. Moritz und Davos am 3.3.2013 mit Ja stimmen, wird die Kandidaturorganisation in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. FIS-Präsident Kasper würde „gemäß gut informierter Quellen“ dann Verwaltungspräsident der AG.
Kasper ist in St. Moritz geboren. Warum tut er das seiner Heimat an?
Kasper zufolge könnte es sein, „dass die Ehefrau den Ausschlag gebe, weil sie gerne irgendwo shoppen wolle“ (Gian-Franco Kasper ist für Olympia bereit, in suedostschweiz.ch 12.1.2013). „Kaum noch eine Rolle spielt nach Einschätzung von Kasper die Korruption. Das IOC sei – soweit in der heutigen Gesellschaft möglich – korruptionsfrei“ (Ebenda).
Das wird die IOC-Mitglieder Sepp Blatter und Issa Hayatou (Fifa), Hein Verbruggen und Pat McQuaid (UCI) freuen.

„Gigantische Projekte führen zu Riesenpleiten“

Der Artikel zur Konferenz am 16.1.2013 in Chur: hier

Die Präsidentin des Komitees Olympiakritisches Graubünden und SP-Nationalrätin Silva Semadeni: Die Promotoren schmückten das Olympiaprojekt „in penetranter Art und Weise mit schönen Worten, beschwichtigen die nachteiligen Folgen der Spiele und machen wundervolle Versprechungen“; dabei sind Olympische Winterspiele „Megaveranstaltungen, die nicht in unsere Bergtäler hineinpassen.“ Klar ist, dass „die Rechnung von Olympia hauptsächlich von den Steuerzahlenden bezahlt wird“.
Der Geschäftsführer von CIPRA International, Bruno Stephan Walder, bezeichnete die „Nachhaltigkeit“ Olympischer Spiele als „Etikettenschwindel“. Die entstehenden Schulden haben die nächsten Generationen zu tragen.
SP-Großrätin Beatrice Baselgia will „kein Streichkonzert bei Bildung, Kultur und Umwelt, während das IOC und andere Unternehmungen sich an uns bereichern“.
Die Co-Präsidentin der Jungsozialen, Hanna Bay: Graubünden 2022 sei ein „weiteres leeres Versprechen an die Jugend“, die nicht bereit sei, „die Zeche für Träume und Profite einiger weniger zu bezahlen“.
(Alle Zitate: Gegner blasen zum Angriff auf das Bündner Olympiaprojekt, in Die Südostschweiz 17.1.2013, siehe hier).

Semadeni kritisiert Bundespräsident Ueli Maurer

Seit 1.1.2013 ist Ueli Maurer, der Schweizer Minister für Sport, für ein Jahr Schweizer Bundespräsident. Er war und ist einer der rührigsten Promotoren vvon Graubünden 2022. Immer noch wirbt er auf vielen Veranstaltungen dafür. Dazu Silva Semadeni: „Selbstverständlich darf der Bundesrat selber entscheiden, wohin er gehen und was er sagen will. Aber eine Einmischung in eine kantonale Abstimmung verlangt auch ein gewisses Mass. Wenn Herr Maurer aber immer wieder in Graubünden auftritt, es geht ja nicht bloss um den angekündigten Besuch am WEF, finde ich das problematisch“ (Brunner, Franco, „Auch Bundesrat Maurer macht Druck“, in Die Südostschweiz 19.1.2013).
„Vor seiner Nomination als Bundesrat galt Maurer innerhalb der SVP als Vertreter der harten, politisch kompromisslosen Politik des „Zürcher Flügels“. So wurden unter seiner Präsidentschaft die umstrittenen Plakatkampagnen veröffentlicht mit Sujets wie dem Messerstecher, den nach dem Schweizer Pass greifenden braunen Händen, sowie dem schwarzen Schaf, das von der Landesflagge gestossen wird. Im Vorfeld der Bundesratswahl und nach seiner Wahl wurde von verschiedener Seite befürchtet, er würde den Rollenwechsel in eine Kollegialbehörde nicht meistern können. In der Folge musste sich Maurer vorwerfen lassen, die Parteiinteressen über die Landesinteressen zu stellen“ (Wikipedia).

Der Direktor des Bundesamtes für Sport und Vizepräsident von Graubünden 2022, Matthias Remund, bringt eine neue juristische Version: Weil alle Verträge mit dem IOC dem Schweizer Recht unterstehen, seien sie für beide Seiten bindend. „Veränderungen nach dem Abschluss der Verträge bedürfen daher der Zustimmung beider Parteien“ (Olympia 2022: Arbeitsüplätze und Konzeptveränderungen, in suedostschweiz.ch 23.1.2013).
Nun hat das IOC sowohl in Deutschland als auch in Österreich genau diesen Host City Vertrag, die Olympische Charta und ein Dutzend weiterer Verträge durchbekommen. Der Host City Vertrag wurde von Salzburger Juristen als „Knebelvertrag“ bezeichnet. Das dürfte in der Schweiz nicht anders sein.
Was das Bundesamt für Sport bekanntgibt: „Matthias Remund war als Langläufer selbst Spitzensportler und Mitglied verschiedener Leistungskader. Als Trainer und Funktionär war er in verschiedenen Bereichen des Sports tätig“.

Wer soll das bezahlen?

Was, wenn die eine Milliarde Franken vom Bundesrat nicht reicht? Ganz zu schweigen von den noch offenen 300 Millionen Franken, die demnächst mehr oder weniger elegant weggerechnet werden. Und wer zahlt dann? Der Kanton? „Die Präsidentin des Olympia-kritischen Komitees, die SP-Nationalrätin Silva Semadeni, ist darüber besorgt, dass der Kanton einen Drittel seiner Reserven einsetzen will“ (Jankovsky, Peter, „Weisse Spiele“ spalten das Volk, in nzz.ch 17.1.2013).
Nun kam die Finanzkommission des Nationalrates ins Spiel. Sie verwies auf die Finanzierungslücke von 300 Millionen Franken. „Anders als die Olympia-Befürworter im Bündner Abstimmungskampf bisher versprachen, müsste ein allfälliges Defizit nach Auffassung der Finanzkommission vom Kanton Graubünden getragen werden… Der Bund dürfe auf keinen Fall Mehrkosten übernehmen, die das unverrückbare Kostendach von einer Milliarde übersteigen, heißt es“ (Olympia-Finanzierung nur unter Auflagen, in nzz.ch 29.1.2013).
Der SP-Nationalrat Cédric Wermuth sieht den Kanton Graubünden in der Pflicht: „Der Kanton Graubünden und die Austragungsorte müssen für die Kostenüberschreitungen aufkommen. Das muss den Bündnern noch vor der Abstimmung klar gemacht werden“ (Odermatt, Marcel, „Olympia-Rechnung ist falsch“, in Sonntagsblick 27.1.2013; Hervorhebung WZ).

Ende der Bewerbung?

„Wenn der Bund keine Defizitgarantie für Olympische Spiele in Graubünden abgibt, bedeutet dies Abbruch der Übung. Das sagt Finanzdirektorin Barbara Janom Steiner… Der Kanton mit seinen lediglich 200.000 Einwohnern sei nicht in der Lage, eine solche Garantie abzugeben. Dem Kanton würde auch die Legitimation dazu fehlen“ (Keine Olympischen Spiele ohne Garantie, in suedostschweiz.ch 31.1.2013).

Gilli rechnet schön

Umgehend erinnerte Gian Gilli von Graubünden 2022 an „eine Analyse von Graubünden 2022“, dass seit 1994 „vier von fünf Austragungen ihre Durchführungsbudgets ohne Verluste abgeschlossen haben“ (Graubünden 2022 überarbeitet Durchführungskonzept, in www.gr2022.ch 1.2.2013).
Aber Herr Gilli: Das ist doch der uralte Trick, mit zwei oder gar drei olympischen Haushalten zu arbeiten. Das OCOG-Budget (Durchführungsbudget) kommt meist mit einer schwarzen Null aus, weil alles, was hier zu teuer ist, umgeschichtet wird in das Non-OCOG-Budget (Infrastruktur-Bidget). Und hier wird es richtig teuer – für den austragenden Ort bzw. die austragende Nation. Das weiß man doch. Aber ausgerechnet Sie nicht?

Gilli weiter: Bei Graubünden 2022 „können 376 Millionen Franken eingespart werden… Die Durchführung Olympischer Winterspiele ist gut plan- und kalkulierbar“ (Ebenda).
Aber Herr Gilli: 376 Millionen weniger sind doch ein purer Rechentrick – und können und müssen danach wieder aufgeschlagen werden. Und was ist mit Albertville? Nagano? Turin? Vancouver? Sotschi? Dort ist der derzeitige Stand 40 Milliarden Dollar!

Und jetzt Gillis Hammer: „Das Risiko eines Defizits ist aus heutiger Sicht gering. Die Antwort auf die Frage, wer ein allfälliges Defizit übernehmen würde, wird auf politischem Weg gefunden werden. Dass diese Antwort heute noch nicht vorliegt, ist nicht verwunderlich und es stellt auch kein Problem dar: sie muss erst bei der Vergabe der Spiele durch das IOC im Sommer 2015 gegeben werden. Bis spätestens dahin werden wir diese Antwort haben oder aber die Kandidatur zurückziehen“ (Ebenda; Hervorhebung WZ).
Dass die Antwort heute noch nicht vorliegt, ist kein Zufall: In vier Wochen, am 3.3.2013, ist die Abstimmung in Graubünden. Da will doch Graubünden 2022 keinen Ärger. Auch wenn alle Zahlen nach dem 3.3.2013 Makulatur sind und Graubünden die olympische Rechnung zahlen muss.

Die verschwundenen 300 Millionen Franken

Sprecher Christian Gartmann: „Wir werden das Budget um 300 Millionen verbessern“ (Odermatt, Marcel, „Olympia-Rechnung ist falsch“, in Sonntagsblick 27.1.2013). Und so geschah es dann auch.

Früherer Präsident von Graubünden Ferien beim Komitee

Andreas Wieland ist dem Komitee Olympiakritisches Graubünden beigetreten. Er habe auf eine ganze Reihe von Fragen keine Antwort von „Graubünden 2022“ bekommen. Wieland sieht u. a. durch den immensen Geldbedarf der Olympischen Winterspiele 2022 ökonomische Schwierigkeiten in anderen Bereichen, z. B. in der Exportwirtschaft. Der Kanton habe „kaum mehr finanziellen Spielraum“ (Alig, Denise, „Ohne die nötigen Fakten kann ich zu Olympia nicht Ja sagen“, in suedostschweiz.ch 24.1.2013).
400.000-m3-Speicherteich für St. Moritz

Klenkhart & Partner sind österreichische Skigebietsplaner, die auch im Ausland ihre Ski-Großprojekte vorantreiben – z.B. in St. Moritz: „So konnte beispielsweise mit dem Grundsatz der naturnahen und landschaftsgerechten Gestaltung sowie mit den zahlreichen diesbezüglich positiven Referenzen auch der Planungsauftrag für einen 400.000m³ Speicherteich im renommierten St. Moritz in der Schweiz an Land gezogen werden“ (Klenkhart & Partner blicken auf ein erfolgreiches Jahr zurück, in www.seilbahn.net 31.1.2013; Hervorhebung WZ).
Vergleiche hier

Schöne Zitate

Interview im „Bündner Tagblatt“ mit Hansruedi Schiesser und Andreas Wieland vom Komitee Olympiakritisches Graubünden:
Hansruedi Schiesser
Zur NIV-Nachhaltigkeit: „Diese ist grandios. CO2-freie Spiele, das ist großartig. Das kann man gar nicht erfüllen, außer man macht einen Ablasshandel mit Zertifikaten in Senegal und anderswo.“
Zu FIS-Präsident Gian-Franco Kasper– „Solange Leute wie Gian-Franco Kasper, das ist der Sepp Blatter der Ski-fahrenden Nationen, an der Spitze stehen, wird sich nichts ändern.“
Zur Finanzverantwortung: „Es gibt darüber jede Woche eine neue Verantwortungsvariante. Ja, und wir dürfen dann in zehn Jahren auf dem Schuldenberg Ski fahren.“
Zur Trachsel-Gilli-Show: „Wir sind weder rot noch grün. Vielleicht ist der gemeinsame Nenner, dass sich einmal eine Stimme gegen die fleischgewordene Managementunfähigkeit namens Trachsel erheben muss… Trachsel hat ein Heer der bestbezahlten Schweizer Agenturen für die Pro-Kampagne engagiert, zum Beispiel Hirzel Neef Schmid, die als Abzocker der PR-Branche gelten.“
Andreas Wieland
„Wenn ich sehe, wie wenig Leute aus dem Großen Rat sich richtig hinter dieses Thema klemmen, so kommt mir das Ganze wirklich wie eine Gilli-Trachsel-Show vor.“
Zu Studien: „Ich war Mitglied bei der Kandidatur von Sion und hatte den Auftrag, im Rahmen dieser Kandidatur Kommunikation zu betreiben. Oft habe ich das Gefühl, dass Studienverfasser die Praxis gar nicht kennen.“
Zu Kosten: „Die jüngste Studie über Chancen und Risiken zeigt auf, dass das größte Risiko darin besteht, dass die Kosten bei Konzeptänderungen viel größer ausfallen können und das Konzept heute noch gar nicht in jener Korngröße beurteilt werden kann.“
(Alle Zitate: Waser, Norbert, „Das Problem ist der Konkretisierungsgrad“ und „Graubünden muss generalüberholt werden“, in Bündner Tagblatt 25.1.2013).
———————————————————————————————–

IV: Aktuelle Sportsplitter von IOC etc.

– DOSB-Präsident freut sich und hofft. Bach: „Wir freuen uns am Interesse aus Berlin und Hamburg an Sommerspielen 2024“ (Vaitl, Ludwig, DOSB-Präsident will Olympia in Deutschland, in abendzeitung-muenchen.de 1.1.2013). Gleichzeitig hofft Bach „nach Münchens gescheitertem Anlauf für die Winterspiele 2018 auf eine erneute Kandidatur der bayerischen Landeshauptstadt für 2022“ (Ebenda).
Also nochmal 33 Millionen oder mehr – für eine zweite Bewerbung?!

– Russischer Umweltschützer muss flüchten. Der Diplombiologe und Fledermausspezialist Suren Gazaryan kämpfte gegen die Umweltzerstörungen durch die Baumaßnahmen für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi, gegen die Korruption der russischen Machthaber und illegale Bauten in öffentlichen Waldgebieten sowie gegen den Autobahnbau durch den „Chimski-Wald“ bei Moskau. (Vergleiche hierzu das Kapitel zum Autobahnbau bei William J. Dobson, Diktatur 2.0.) Gazaryan wurde des „Hooliganismus“ angeklagt und im Juni 2011 zu drei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hat dann eine weitere Anklage gegen ihn erhoben und ihn zur Fahndung ausgeschrieben. Die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ sieht die Anklage so konstruiert, „um ihn auf bis zu fünf Jahre hinter Gittern und damit zum Schweigen zu bringen“ (Wolff, Reinhard, Umweltschützer sucht Asyl, in taz.de 2.1.2012).
Gazaryan floh kurz vor Weihnachten nach Estland.

– Oslo schwächelt auch. Die Unterstützung durch die Öffentlichkeit für eine Bewerbung „Oslo 2022“ um Olympische Winterspiele 2022 ist weiter gefallen: Nur 42 Prozent der Bewohner von Oslo befürworten eine Bewerbung; 33 Prozent lehnen sie ab und 25 Prozent sind derzeit unentschlossen (Berglund, Nina, Fewer back an Olympics in Oslo: Views and News from Norway, in newsinenglish.no 4.1.2013). Befürchtet werden vor allem die immensen Kosten.
Ausländer, die in Oslo Steuern zahlen, sollen von der Abstimmung ausgeschlossen bleiben. Dafür soll die  Wahl ab 16 Jahren erlaubt werden: Man erhofft sich Zustimmung bei jungen Sportfans.
Die Leiterin der Olympischen Bewerbung,  Eli Grimsby, hingegen schwärmte – wie vor ihr allen anderen Bewerber -, vom Olympischen Erbe, neuen Wohnungen, neuen Sportstätten und einer verbesserten Infrastruktur. Und von den „Erinnerungen, die eine Nation zusammenbinden“ (Ebenda).
Von den Schulden der Nation sagte Grimsby nichts.

– Neues aus Brasilien:
1) Das legendäre Fußballstadion Maracana in Rio de Janeiro wird für die WM 2014 auf Kosten des brasilianischen Steuerzahlers für umgerechnet 350 Millionen Euro umgebaut. Es hat dann nur noch Sitzplätze, 60 neue Bars und 110 Luxuslogen. Der Gouverneur von Rio, Sergio Cabral, will das Maracana privatisieren und für 2,5 Millionen Euro pro Jahr an seinen Förderer, den Multimilliardär Eike Batista übergeben (Upadek, Carsten, Kowasch, Fred, Kurz vor der Räumung, in dradio.de 30.12.2012).).
2) „
Menschenrechtler befürchten, dass die Olympischen Spiele in Rio auf Kosten ärmerer Einwohner gehen. Es entsteht eine Stadt, die im Inneren sicher ist, aber seine Gewalt in die Außenbereiche transportiert“ (Käufer, Tobias, „Olympia für die Reichen“, in faz.net 29.12.2012). Der Theologe Antonio Costa stellte fest: „Am Ende werden wir eine Fläche rund um die Olympia-Schauplätze haben, die Rio von seiner besten Seite zeigt. Die Ober- und die Mittelschicht werden jubeln. Aber die Armen bezahlen mit ihrem Blut für diese Spiele“ (Ebenda).
3) In der brasilianischen Stadt Belo Horizonte wird 2014 bei der Fußball-WM das Halbfinale ausgetragen. Schon jetzt werden Sprachkurse für Prostituierte angeboten. Die Nachfrage ist riesig. In Belo Horizonte gibt es 80.000 Prostituierte (Gratis-Englischkurse für Prostituierte, in sueddeutsche.de 9.1.2013).

– Mit Pfeil und Bogen gegen Fußball-WM. Immer Samstag um fünf Uhr demonstrieren 60 Vertreter von brasilianischen Stämmen in Rio de Janeiro gegen den Abriss des früheren Indianermuseums: Es soll einem Großparkplatz des Maracana-Stadions für die Fußball-WM 2014 weichen. „Rios Governeur will das ehemalige Indio-Museum nun doch nicht abreißen, sondern renovieren“ (Burghardt, Peter, Widerstand mit Pfeil und Bogen, in SZ 30.1.2013). Die Kostensteigerungen für die Renovierung des Maracana-Stadions: 222 Millionen Euro, 296 Millionen Euro, derzeit 344 Millionen Euro… (Ebenda). Am 28. Mai 2013 wird das Stadion der Fifa übergeben. Nach der WM wird es für 2,5 Millionen Euro an den neuen Betreiber vermietet: Das macht eine Verzinsung des staatlich eingesetzten Kapitals von rund 0,7 Prozent.
Die Machbarkeitsstudie wurde von der Firma IMX durchgeführt, die dem reichsten Mann Brasiliens gehört: Eike Batista. Beste Chancen auf die Übernahme des Stadions hat: die Firma IMX.
Der Großparkplatz könnte auch für das Shoppingcenter dienen, das neben dem Stadion errichtet wird. Bauherr: Eike Batista (Lichterbeck, Philipp, Mit Kriegsbemalung gegen Schlagstöcke, in tagesspiegel.de 27.1.2013).

– Die drei olympischen Musketiere für die Olympischen Sommerspiele 2020 sind Istanbul, Madrid und Tokyo. Nur drei Städte: Weniger waren es das letzte Mal 1981 – zwei, Seoul und Nagoya (Hofmann, René, Istanbul, Madrid oder Tokyo, in SZ 8.1.2013). Istanbul und Tokyo liegen in Erdbebengebieten, Madrid ist (mit Spanien) so gut wie bankrott, genauso wie Japan.

Tokyo: Hier wird phantasiert, dass ein Zuschlag für 2020 bei der Entscheidung am 7.9.2013 in Buenos Aires „die Folgen des Tsunami-Traumas vom 11. März 2011 besser heilen“ lasse, so versprach es der Chef der Bewerbung (Ebenda).
Zur Erinnerung: Der Präsident des japanischen NOK, Tsunekazu Takeda, hatte im Hinblick auf die Reaktorkatastrophe von Fukushima gesagt: “Wir brauchen etwas, um die Stimmung in unserem Land wieder
aufzuhellen” (Olympia 2020: Tokio gegen Madrid und Istanbul, in abendzeitung-muenchen.de 24.5.2012). „Die japanische Hauptstadt … versucht, mit einem Trauma zu punkten. Mit dem vom Tsunami, von tausenden Toten und und der Nuklearkatastrophe im Jahr 2011. Heitere Sommerspiele könnten helfen, dieses Trauma zu überwinden, argumentiert das japanische Lager. Doch das IOC könnte sich fragen: Will Olympia Seelenklempner sein? Eher nicht. Genauso wenig wie Konjunkturhelfer“ (Rudde, Bastian, Tokio, Madrid oder Istanbul, in dradio.de 12.1.2013).
Japan ist mit rund 240 Prozent seiner Jahreswirtschaftsleistung verschuldet (zum Vergleich: Griechenland 165 Prozent), die Handelsbilanz ist inzwischen defizitär. Der neue Premierminister Shinzo Abe, bekennender AKW-Fan, will „die nominell unabhängige Notenbank an die Kandare nehmen. Sie soll noch mehr Geld drucken“ (Neidhart, Christoph, Traum von Größe, in SZ  12.1.2013). Die Steuereinnahmen „decken nicht einmal die Hälfte des Staatshaushaltes. Japan lebt auf Pump“ (Neidhart, Christoph, Verrückte Geldpolitik, in SZ 10.1.2013). – „Umgerechnet elf Billionen Euro Schulden haben die japanischen Regierungen in den vergangenen Jahrzehnten angehäuft“ (Seith, Anne, Asiens Griechenland, in Der Spiegel 1/31.12.2012). Und es werden noch mehr: „Am Dienstag (22.1.2013; WZ) hatte die Notenbank erklärt, sie werde unbegrenzt Geld in die Märkte pumpen. Sie will kaufen, was sie kriegen kann: Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und auch Aktien“ (Hulverscheidt, C., Neidhart, C., Zydra, M., King Kong der Kaoitalmärkte, in STZ 23.1.2013).
Bemerkenswert ist auch der viel zu niedrige Budgetansatz von umgerechnet 2,5 Milliarden Euro für Olympische Sommerspiele – und die geringe Zustimmung von 65 Prozent (Voigt, Benedikt, London des Ostens, in tagesspiegel.de 13.1.2013), die wie üblich in dubiosen Umfragen ermittelt wurde.
Madrid: Bürgermeisterin Ana Botella wirbt für die Bewerbung Madrid 2020 mit „ein Traum“. – „Es gibt keine bessere Geldanlage als die Spiele.“ – „In diesem Moment gibt es kein Projekt in Spanien, das so viel Einnahmen und Arbeitsplätze schaffen kann.“ „Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy verspricht seinem Land gar einen ‚unermesslichen Gewinn‘ (Ebenda).
Bemerkenswert auch hier der niedrige Budgetansatz von gerade einmal 1,5 Milliarden Euro – weil die meiste Sportstätten – altbekannte olympische Phrase – schon gebaut seien (Schulze, Ralph, Sparen und spielen, in tagesspiegel.de 13.1.2013).
Die Wirklichkeit: Die Hauptstadt Madrid ist bereits jetzt mit 7,4 Milliarden Euro verschuldet, die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien beträgt 50 Prozent. „Spanien muss angesichts eines tiefen Lochs in der Haushaltskasse Milliarden in der öffentlichen Gesundheitsversorgung, im Bildungsbereich, bei Familienförderung, Arbeitslosengeld, Pflegeleistungen und Renten einsparen“ (Ebenda).
Istanbul: Hier soll ein ganz neuer Stadtteil für die Olympischen Spiele entstehen namens „Yenisehir“ (auf deutsch: Neustadt). Heute weiden dort Kühe zwischen Dörfern (Seibert, Thomas, Auf zwei Erdteilen, in tagesspiegel.de 13.1.2013). Auf 16.000 Hektar soll ein riesiges Stadion und Sportstätten gebaut werden sowie ein Olympisches Dorf für 25.000 Athleten. Dazu kommen eine Autobahn und ein Hochgeschwindigkeitszug in die Innenstadt von Istanbul. Dazu soll ein neuer Flughafen mit bis zu 150 Millionen Menschen pro Jahr entstehen: der größte Flughafen der Welt“ (Ebenda).
Das läuft wahrscheinlich alles unter dem olympischen Ziel „Nachhaltigkeit“ – das CO2-Freirechnen (vulgo Klimaneutralität) dürfte aber ein bißchen schwierig werden. Ein türkisches Öko-Institut kann da sicher helfen…
Dazu sollen mehr als 50 Hotels neu gebaut werden: „rund ein Viertel davon sind Fünfsterne-Herbergen“ (Ebenda; Hervorhebung WZ).
Das hören die IOC-Paten sicher gern.

– Rogges Nachfolger. Denis Oswald, der Präsident des internationalen Ruderverbandes Fisa, warf als erster seinen Hut in den Ring (Oswald tritt an, in SZ 9.1.2013). Weitere werden folgen: Ng Ser Miang (Singapur/IOC-Vizepräsident), Richard Carrion (Puerto Rico/IOC-Schatzmeister), Nawal El Moutawakel (Marokko), Sergej Bubka (Ukraine). Und René Fasel, Präsident des Welteishockey-Verbandes und mit Diktator Alexander Lukaschenko vertraut (vergleiche zu Fasel hier).
Und natürlich Thomas Bach (Deutschland).

– Audi goes olympisch – von vier zu fünf Ringen. Der deutsche Autokonzern Audi ist bis 2016 neuer Ausrüster des IOC. “Der Automobilkonzern stattet die Organisation in Lausanne und internationale Veranstaltungen des IOC aus. Audi ist außerdem Partner der Nationalen Olympischen Komitees in Deutschland, Finnland, Russland und der Schweiz” (Audis für das IOC, in SZ 9.1.2013).

– Pat McQuaid beim IOC und bei der Wada ersetzt: Der UCI-Präsident wurde aus der IOC-Evaluierungskommission für die Olympischen Sommerspiele 2020 herausgenommen. Der arme Mann ist arbeitsüberlastet und konnte sich nicht in den Terminkalender einfinden. Der UCI-Präsident hat zum Ende 2012 auch seinen Sitz im Exekutivkomitee der Wada verloren (UCI president Pat McQuaid replaced on IOC panel, in usatoday.com 23.1.2013).

– IOC fordert Zeitumstellung für Sotschi 2014. Das IOC schrieb im Januar 2013 an den stellvertretenden russischen Premierminister und drängte die russische Regierung zur Wiedereinführung der Winterzeit, um den Zeitunterschied zu Westeuropa von drei auf zwei Stunden zu verkürzen. (Die Winterzeit war erst 2011 unter Präsident Medwedew abgeschaft worden.) Ende Februar 2013 werden auf dem „World Broadcasters Meeting“ die genauen Zeitpläne der Winterspiele vorgestellt. Und die World Broadcasters wollen schließlich zur besten Abendzeit senden und nicht erst um Mitternacht – sonst gibt es Ärger mit den Sponsoren (Twickel, Nikolaus von, Olympic Committee Requests Turning Clocks Back for 2014 Winter Games, in themoscowtimes.com 23.1.2013; Nienhuysen, Frank, Streit um ewigen Sommer in Russland, in SZ 24.1.2013).
– Neue Kostenentwicklung in Sotschi 2014: “Weil sich die russischen Oligarchen dann doch weniger engagierten als zunächst kolportiert, übernimmt der Staat das Gros des auf geschätzt 40 Milliarden Euro angeschwollenen Spiele-Budgets” (Aumüller, Johannes, Putins Planspiele, in SZ 29.1.2013; Hervorhebung WZ).

– Münchner SPD für München 2022: Die Münchner SPD inthronisierte Ende Januar 2013 die mehrfache Paralympics-Goldmedaillengewinnerin Verena Bentele auf einem sicheren Listenplatz für die Stadtratswahl 2013. Laut SPD-Parteichef Hans-Ulrich Pfaffmann „soll Bentele sich auch für eine neue Olympia-Kandidatur einbringen. Der Gesamtvorstand der Münchner SPD habe kürzlich ’nahezu einstimmig‘ beschlossen, dass die Stadt sich nach der gescheiterten Kandidatur für 2018 um die Winterspiele 2022 bewerben solle“ (SPD verspricht Bentele sicheren Listenplatz, in SZ 30.1.2013:
Bei der Bewerbung München 2018 hätte man die Münchner SPD noch als blauäugig oder naiv bewerten können. Ihr Eintreten für eine Bewerbung München 2022 ist verantwortungslos und mutwillig.

– Schwächelt Pyeongchang 2018? Nach Meldungen der Korea Times ist das Alpensia Resort, das Juwel der Bewerbung von Pyeongchang für die Olympischen Winterspiele 2018, in finanziellen Schwierigkeiten und seine Einbeziehung in die olympischen Winterspiele ein Risiko. Zwar versichert der Bewerbungs-Präsident Jin-Sun Kim, dass dies nicht der Fall sei. Die Korea Times berichtete aber im November 2012, dass das Resort mit jährlichen Verlusten von 55 Millionen US-$ nahe am Bankrott sei und unter diesen Umständen die Olympischen Winterspiele nicht beherbergen könne. Das Resort war mit Darlehen und Gemeinde-Anteilen finanziert worden, die nun durch die Wirtschaftskrise untragbare Zinsbelastungen schaffen, welche mit dem laufenden Betrieb nicht erwirtschaftet werden können. Man hatte