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Was kostete Athen 2004 wirklich?
Seit langem hat es der Salzburger Olympiakritiker Willi Rehberg geäußert, nun ist es erwiesen: Die Olympischen Sommerspiele 2004 in Athen trugen entscheidend zum derzeitigen griechischen Staatsdebakel bei. Die Kosten der Spiele werden inzwischen mit 13 Milliarden Euro beziffert – so die offizielle Zahl der Kosten von Athen 2004. Die Spiele wurden vorwiegend über Kredite finanziert. Selbst IOC-Präsident Jacques Rogge stellte kürzlich fest, dass Athen 2004 „bis zu zwei oder drei Prozent“ der griechischen Auslandsschulden
verursacht habe – für 15 Tage griechischer olympischer Party!
„Im Land der Akropolis haben Ruinen eine besondere Bedeutung. Aber die inspirierende Wirkung von verfallenden Stadien, in deren Ecken sich der Müll staut, verrottenden Wasserbecken und bröckelnden Tribünen hält sich in Grenzen“ (Simeoni, Evi, Mahnender Olympia-Schrott, in faz.net 2.1.2011).
„Allein 7 Milliarden wurden in den Neubau von Sportstätten investiert. Anlagen, die heute niemand mehr nutzt. Wo vor ein paar Jahre noch Spitzensportler gegeneinander antraten, sprießt jetzt Unkraut“ (Dalheimer, Peter, Rückschau – Griechenland: Milliardengrab Olympiabauten, www.daserste.de 3.12.2011).
Die griechische Regierung erwägt inzwischen aus Kostengründen deren Abriss. „Dabei müsste man sie gerade jetzt stehen lassen – als Mahnung. Eine Informationsreise für aktuelle Olympiabewerber könnte sich lohnen – zum Beispiel für Delegationen aus Rom, Madrid oder Tokio“ (Evi Simeoni, ebenda).
Siehe auch unten!
Madrid verschuldet sich für 2020
Das olympische Karussell dreht sich – und wird immer teurer.
Die spanische Hauptstadt Madrid hatte sich bereits – jeweils erfolglos – um die Olympischen Sommerspiele 1972, 2012 und 2016 beworben – und für 2016 gegen Rio de Janeiro verloren (das damit dem olympischen Schuldenstrudel entgegensehen kann). Die hohe Verschuldung Madrids (rund 6,4 Milliarden Euro) stammt u. a. von umfangreichen Baumaßnahmen für die olympischen Bewerbungen von 2012 und 2016 (Aznars Frau regiert Madrid, in SZ 28.12.2011). Nun soll der „Pyeongchang-Effekt“ helfen. Sükorea musste sich dreimal bewerben – bis es die Olympischen Winterspiele 2018 erhielt; allein die drei Bewerbungen sollen 150 Millionen Dollar gekostet haben.
Nach den drei vorangegangenen gescheiterten olympischen Bewerbungen Madrids wäre die Bewerbung 2020 also die vierte. Die neue Madrider Bürgermeisterin und Verfechterin Olympischer Spiele in Madrid 2020, Ana Botella ist die Ehefrau des früheren Regierungschefs José Maria Aznar und bezeichnete diesen in ihrer Antrittsrede als ihre „persönliche politische Referenz“. Kein gutes Omen: „Der rechtsgerichtete Regierungschef (1996 bis 2004) war durch seine schrankenlose Baupolitik Hauptinitiator der Immobilienblase“ (Schoepp, Sebastian, Ana Botella, Madrider Bürgermeisterin mit Olympia-Ambitionen, in SZ 31.12.2011).
Das passt ja gut, wo Olympische Spiele ja auch Olympische Immobiliengeschäfte sind.
Botella erklärte Ende Dezember 2011, dass sich Madrid 2020 erneut bewirbt: „Olympia 2020 nimmt unter unseren Zielen einen wichtigen Platz ein“ (Madrid bekräftigt Olympia-Pläne für 2020, in zeitonline 27.12.2011). Botella erzählte das, was auch der DOSB bei der Bewerbung München 2018 in etwa erklärt hatte und was anscheinend zum Standard-EDV-Satzbaustein des IOC für Bewerbungen gehört: „Wir haben die vorgesehenen Einrichtungen zu 80 Prozent fertiggestellt“ (Olympia – 2020-Kandidatur: Madrid hält an Olympia-Kandidatur 2020 fest, in sueddeutsche.de 27.12.2011; Madrid bekräftigt Olympia-Pläne, in rp-online 27.12.2011).
Wie kann sich das hochverschuldete Spanien die teuren olympischen High-Tech-Gladiatorenspiele leisten? Was denken wohl die spanischen Bürger darüber? Aber sie werden natürlich nicht gefragt.
DOSB-Präsident Bach legte Ende Dezember 2011 gleich den nächsten Bewerbungs-Köder für Deutschland aus und lobte neben dem Interesse Hamburgs an Olympischen Sommerspielen das von Berlin: „Wir freuen uns über das große Interesse, das der Regierende Bürgermeister von Berlin geäußert hat“ (Hamburg will auch, in SZ 24,12.2.11).
Bach äußerte sich im Sommer 2011 über Klaus Wowereits olympisches Vorpreschen noch ganz anderes. Aber zu den Aufgaben eines IOC-DOSB-Sportfunktionärs gehört natürlich die Akquirierung von Kandidatenstädten – oder besser: der nächsten Opfer.
Das nächste Desaster wird London 2012.
London 2012/1:
Was kostet die Olympische Sicherheit London 2012?
Die endgültigen Kosten für die Olympische Sicherheit bei den Olympischen Winterspielen in Vancouver 2010 wurde je nach Berechnung mit etwa 700 Millionen Kanadischen Dollar (rund 500 Millionen Euro) angegeben.
Und was gab die Bewerbungsgesellschaft München 2018 als Kosten für Sicherheit an? 33 Millionen Euro – für die privaten Sicherheitskräfte in den Stadien. Denn Polizei, Grenzschutz und Militär „werden ja sowieso bezahlt“, so die offizielle Begründung der absurd niedrigen Summe.
Auch aus diesem Grund können wir froh sein, dass München 2018 nicht stattfindet.
Siehe auch hier.
Die Schätzungen für die Sicherheitskosten der Olympischen Sommerspiele in London 2012 begannen bei 213 Millionen Pfund (etwa 250 Millionen Euro). Anfang Dezember lagen die Kosten für die Sicherheit von London 2012 schon bei 1,1 Milliarden Pfund (ca. 1,3 Milliarden Euro) (London 2012 Olympics: how the costs of delivering the Games have changed, in telegraph.co 5.12.2011; Kirka, Danica, UK auditors warn Olympic budget is on the edge, in Associated Press 5.12.2011).
Der Militäreinsatz: Zunächst war das Londoner Olympische Organisationskomitee LOCOG von 10.000 Sicherheitskräften ausgegangen. Anfang Dezember 2011 war schon von insgesamt 23.700 Sicherheitskräften die Rede, wie in der Pressemitteilung des Britischen Verteidigungsministeriums vom 15.12.2011 aufgeführt wurde: insgesamt 13.500 Militärkräfte, davon 5000 zur Unterstützung der Polizei und ziviler Stellen, 1000 zur logistischen Unterstützung, 3.500 bis 7.500, um die Wettkampfstätten abzusichern, weitere Kräfte für die diversen Events (Olympia – 2012: Olympia-Sicherheitsbudget könnte sich verdoppeln, in sueddeutsche.de 1.12.2011; Olympia – London: Soldaten und Kriegsschiffe sichern Olympia 2012, in sueddeutsche.de 15.12.2011; Military Support to 2012 Olympic Games announced, Britisches Verteidigungsministerium PM 194/2011, 15.12.2011).
Dazu kommen noch die Polizeieinsatzkräfte. Ein Sprecher der Metropolitan Police äußerte, dass London 2012 der größte Einsatz der britischen Polizei in Friedenszeiten sein werde. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums führte dazu aus, der Regierung sei klar, dass es sich um ein Sport- und Kultur-Event handle – und nicht um ein Sicherheits-Event.
Im Januar 2012 hat sich die Zahl des Sicherheitspersonals auf 35.500 gesteigert: 13.500 Militärs, 10.000 Sicherheitskräfte und 12.000 Polizisten (Leithäuser, Johannes, Ein Kriegsschiff für Olympia? in faz.net 12.1.2012; Wilson, Stephen, USOC to resume talks with IOC; 2022 bid on hold, in AP 11.1.2012).
London 2012 erwartet 15.000 Athleten und 20.000 akkreditierte Journalisten, dazu die zahllosen Sportfunktionäre und die Olympische Familie – bar jeder Familienplanung. Die Sicherheitsfrage treibt merkwürdige Blüten: „So soll es britischen Polizisten gelungen sein, erfolgreich eine Bombenattrappe auf das Olympiagelände zu schmuggeln“ (Polizei schmuggelt Bombenattrappe auf Olympiagelände, in spiegelonline 9.1.2012).
Natürlich sind Olympische Spiele inzwischen ein Event mit höchsten Sicherheitsstandards und nur in zweiter Linie ein Sportereignis. Man muss feststellen, dass bei heutigen Olympischen Sommer- und Winterspielen ein militärisches und polizeiliches Aufgebot ohnegleichen eingesetzt wird, sodass die Wettkampfstätten und deren Umgebung zu Hochsicherheitstrakten werden. Dabei werden Überwachungstechniken und -praktiken zum Einsatz kommen, welche die zivilen Rechte der Bürger entscheidend einengen und beschneiden. Deshalb kann man Olympischen Spiele nicht als friedlich oder völkerverbindend darzustellen, wie es das IOC und der DOSB weiterhin tun. Die Gleichung Olympische Spiele = Militärfestspiele stimmt weit mehr.
Vergleiche auch Aktuelles.
London 2012/2: Was kosten die Olympischen Sommerspiele London 2012?
Immer mehr! Für die Olympischen Sommerspiele in London 2012 waren zu Beginn der Planungen 2,37 Milliarden Britische Pfund angesetzt. Im Jahr 2007 rechnete man schon mit 9,3 Milliarden Pfund (Magnay, Jacquelin, London 2012 Olympics: Government defends itself against accusations of gross overspending on Games, in The Telegraph 26.1.2012).
Die damals zuständige Ministerin Tessa Jowell sagte 2008: „Wenn wir gewusst hätten, was wir heute wissen, hätten wir uns dann um die Spiele beworben? Mit Sicherheit nicht“ (Osborne, Alistair, Tessa Jowell: London 2012 Olympics was a mistake in light of recession, in Telegraph.co.uk, 12.11.2008) Inzwischen sind auch auch die 9,3 Milliarden Pfund des Jahres 2007 längst überholt. (Vergleiche unten: London 2012/5: Kosten verzehnfacht)
Wie üblich trickst das LOCOG zwischen den Durchführungskosten der Spiele (OCOG-Budget) und den „Infrastrukturmaßnahmen“ (Non-OCOG-Budget). Offiziell liegt das Durchführungsbudget derzeit immer noch bei 9,3 Milliiarden Pfund; das Non-OCOG-Budget ist wie üblich recht flexibel nach oben.
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Die Kosten für Sicherheit stiegen, wie schon oben erwähnt, von 213 Millionen Pfund auf – derzeit – über eine Milliarde Pfund. Kommentar des britischen Sportministers Hugh Robertson: „We’re just never going to get another moment like this“ („Wir werden einen solchen Augenblick niemals mehr bekommen“; Kirka, Danica, UK auditors warn Olympic budget is on the edge, in Associated Press 5.121011).
Mit dem Moment (drei Wochen) hat Mr. Robertson recht: Aber was für ein teurer Moment!
Kleiner Nebenposten: Die Kosten für das Eröffnungs- und Abschlussspektakel stiegen von 41 auf 81 Millionen Pfund.
Man gönnt sich ja sonst nichts!
Zu allem Überfluss stimmt die Gleichung „mehr olympisches Geld für den Spitzensport = mehr Sportbegeisterung“ gerade nicht (wie übrigens auch an anderen olympischen Austragungsorten festgestellt wurde). Denn gerade durch die irrwitzig hohen Investitionen in die Olympischen Spiele London 2012 verfehlte Großbritannien sein Ziel, viel mehr Menschen für den Breitensport zu bgeistern. Zu Anfang versprachen die Sportfunktionäre eine Million mehr Sporttreibende: Gerade einmal 111.000 zählte der Vorsitzende von Sport England – und dies mit einem immensen Aufwand (Kelso, Paul, London 2012 Olympics: Sport England to miss legacy target as Games fail to inspire youngsters, in The Telegraph 8.12.2011). Andere Quellen sprechen sogar von rückläufigen Zahlen. Und die Zahl der 16 bis 19jährigen, die mindestens dreimal die Woche Sport treiben, ist von 930.400 auf 825.900 gesunken (London 2012 legacy targets dealt blow as youth participation falls, in news.bbc.uk 8.12.2011).
Einen Grund für die sinkende Sportbegeisterung nennt der „Schatten-Sportminister“ Clive Efford: „Diese Regierung war vom ersten Tag an ein Desaster für den Sport – sie hat über 60 Prozent der finanziellen Mittel für den Schulsport gestrichen, und das ist nicht der Weg, um die künftige Teilnahme am Sport zu erhöhen und ein langlebiges Erbe der Olympischen Spiele zu gewährleisten“ (Gibson, Owen, Sport participation numbers fall despite Olympic legacy promises, in The Guardian 8.12.2011).
Das ist nicht verwunderlich: Der Spitzensport entzieht weltweit dem Breitensport die Mittel, und die Bevölkerung wird sportlich abgehängt.
London 2012/3:
Olympia-Delle im Tourismus
Der britische Premier David Cameron jubelte im Vorfeld der Olympischen Spiele 2012 in London: „Die großartigste Show der Welt kommt in eine der großartigsten Städte der Welt“ (Theurer, Marcus, Briten fürchten Olympia-Delle im Tourismus, in faz.net 2.1.2011).
Das Problem ist allerdings, dass wegen dieser „großartigen Show“ – die auch die teuerste Show der Welt ist, viele Touristen nicht kommen werden. Die Vorbuchungen sind drastisch gefallen. Der Geschäftsführer des Europäischen Verbandes der Reiseveranstalter, Tom Jenkins, warnte: „Alle hoffen auf diese unbekannte Spezies des Olympia-Touristen, die das Geld mit vollen Händen ausgibt. Aber in Wahrheit werden 2012 viele Touristen Großbritannien gerade wegen der Spiele meiden“ (Ebenda). Es wird während der zwei Olympia-Wochen mit einem Tourismuseinbruch von 95 Prozent gerechnet. Die Geschäftsführerin des britischen Tourismusverbandes rechnet mit einem Rückgang bis über das Jahr 2012 hinaus.
Damit erleidet London 2012 das selbe Schicksal wie Sydney 2000, Athen 2004 und Peking 2008. Und die mit elf Prozent kräftig aufgestockten Hotelkapazitäten in London werden unausgelastet bleiben.
Laut einer Umfrage der Times waren 40 Prozent der Befragten der Meinung,“die Veranstaltung sei eine Verschwendung von Zeit und Geld“. 70 Prozent der Befragten glaubten, dass die britische Wirtschaft von Olympia profitieren wird (Zaschke, Christian, Das Jahr der Briten, in SZ 3.1.2012).
Aber welche Wirtschaft? Und um welchen Preis?!
Kleines Fazit aus Rio de Janeiro: „Rio ist heute eine der teuersten Städte der Welt. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Sommerspiele zwei Jahre später lösten einen wahren Boom und einen Run auf Häuser und Wohnungen aus“ („Sehr gute Drinkability“, in Der Spiegel 1/31.12.2011).
Gleichzeitig werden die Elendsviertel (Favelas) von der Polizei wegen dieser Sport-Großereignisse geräumt.
Fazit aus den letzten Olympischen Sommerspielen: Sydney (2000) ist ziemlich und Athen (2004) gänzlich pleite. Peking (2008) ist die Hauptstadt einer Parteidiktatur, und China kann die Schuldengelder unkontrolliert verschieben (olympischer Kostenpunkt: 40? 60? 80? Milliarden Dollar). London (2012) wird ein finanzielles Desaster und lag schon 2008 bei rund 20 Milliarden Dollar. Und dann ziehen die olympischen Heuschrecken 2016 weiter nach Rio de Janeiro, wo ähnliches zu erwarten ist. Danach kann es 2020 Tokio treffen, wenn das Fukushima-geplagte Japan das Pech haben sollte, das olympische Opfer zu werden. Oder Madrid oder Rom: auch vom Konkurs bedrohte Großstädte. Hallo Hamburg, Berlin: Geht’s gut?
Und bei Olympischen Winterspielen sieht es oft noch übler aus! Sotschi 2014 liegt bereits bei über 30 Milliarden Dollar. Vergleiche auch Sotschi.
Fazit:
Eigentlich sollte in heutigen Zeiten, wo die desaströsen Erfahrungen mit Bewerbung und Durchführung von Olympischen Sommer- und Winterspielen hinlänglichst bekannt sind, jeder Bürgermeister, der den Hut in den Ring der olympischen Bewerbung wirft, wegen Amtsmißbrauchs abgesetzt werden. Man kann keine marode Stadt mit olympischen (also nachher weitgehend nutzlosen) Milliardeninvestitionen retten, im Gegenteil: Man treibt sie dadurch nur noch tiefer in die ökonomischen und ökologischen Schwierigkeiten.
Nächster Kandidat: St. Moritz mit Davos
Trotz aller bekannter olympischer Pleiten treiben in der Schweiz Swiss Olympic und der im Oktober 2011 abgewählte Alt-Nationalrat Tarzisius Caviezel (FDP) die Bewerbung von St. Moritz und Davos voran. Swiss Olympic hatte im August 2011 der Bündner Kandidatur den Vorzug vor Genf gegeben. Im Dezember 2011 wurde in Anwesenheit von Sportminister Ueli Maurer der Verein „Olympische Winterspiele Graubünden“ gegründet, dessen Präsident Caviezel wurde.
Die üblichen IOC-Standard-Versprechungen aus Lausanne sind – wie bei München 2018 – wieder unterwegs und alle miteinander nicht haltbar. Der Sportdirektor des Vereins, Gian Gilli, berichtete vom „großen Nutzen“ Olympischer Spiele in Graubünden. Er will – selbstverständlich – umweltfreundliche Spiele. Dazu soll nach den Spielen für die Öffentliche Hand kein Schuldenberg zu tragen sein (Gian Gilli: „Derzeit hätte Olympia bei einer Abstimmung wenig Chancen“, in suedostschweiz.ch 5.1.2012). Es sollen Spiele „retour à la nature“ werden, die zu 80 Prozent auf vorhandenen Sportanlagen stattfinden sollen. Der öffentliche Verkehr soll verbessert werden, die Olympischen Dörfer sollen mit erschwinglichen Preisen (!) die Wohnungsnot lindern (Krummenacher, Jörg, Die Bündner Vision für Olympia ohne Größenwahn, in nzz.ch 21.1.2012). Dabei ist die Immobiliensituation hier schon jetzt äußerst dramatisch: In St. Moritz werden Quadratmeterpreise bis zu 59.000 Euro bezahlt (Wohnimmobilien in St. Moritz auf Höhenflug, in SZ 10.2.2012).
36 Millionen Franken (knapp 30 Millionen Euro) sind budgetiert: Je ein Drittel soll durch Sponsoren, durch den Bund und durch den Kanton Graubünden und die Standortgemeinden aufgebracht werden. Vor der Einreichung beim IOC müssen der Bund im März 2012 zustimmen und im Kanton im November 2012 sowie in den Standortgemeinden Volksabstimmungen abgehalten werden. (Zaugg, Klaus, 36 Millionen für einen Olympia-Traum, in www.20min.ch 30.12.2011).Olympia: St. Moritz soll Host City werden, in suedostschweiz.ch 21.12.2011)
Der Kanton Graubünden hatte sich schon 1988 mit 77 Prozent Nein-Stimmen, der Kanton Bern 2002 gegen Olympische Spiele mit 78 Prozent Neinstimmen gegen eine olympische Bewerbung ausgesprochen. Am 25.4.2012 wird das Sportparlament über eine Bewerbung entscheiden, voraussichtlich am 25.11.2012 das Graubündner Stimmvolk. „Es wird eine Knochenarbeit sein, die Leute zu überzeigen“, äußerte der Graubündner Vokswirtschaftsdirektor Hansjörg Trachsel (Krummenacher 21.1.2012; Trachsel war Vizeweltmeister im Bobfahren 1977, Mitglied der Bob-Nationalmannschaft 1974-1980).
Hoffentlich fallen die Graubündner dieses Mal nicht auf die Fallensteller von IOC und Swiss Olympic herein – es würde den Kanton und alle Schweizer finanziell sehr teuer zu stehen kommen.
Subventionsloch Oberhof
25 Millionen Euro hat das Land Thüringen für das Wintersportzentum Oberhof bereitgestellt. 6,6 Millionen Euro fließen in das Biathlon-Stadion, das damit wieder dem Reglement der Internationalen Biathlon-Union (IBU) entspricht. „Damit das Sportzentrum Oberhof nicht zur Provinz wird, müssen dessen Sportentwickler das Angebot für alle verbessern, damit niemand davon läuft. Seit 2009 steht deshalb neben der lauten Biathlon-Arena eine Skihalle. Die verbraucht so viel Energie wie eine kleine Stadt…“ (Kreisl, Volker, Stille am Kanzlersgrund, in SZ 7.1.2012).
Hier trainieren dann im Herbst Langläufer und Biathleten auf Kunstschnee: Den Sportlern ist es egal, woher der Strom kommt.
Diese Halle kostete 16 Millionen Euro. Insgesamt flossen seit dem Fall der Mauer über 70 Millionen Euro in die Oberhofer Sport-Infrastruktur. Dabei verlief offenbar nicht alles sauber.
Oberhofs Bürgermeister Thomas Schulz wurde im Januar 3011 nach Korruptionsermittlungen zu 9000 Euro Geldstrafe verurteilt. Gegen den Leiter des Olympiastützpunktes und langjährigen Organisationschef des Oberhofer Biathlon-Weltcups, Wolfgang Filbrich, wurde ein Korruptionsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit im Februar 2010 gegen Geldstrafe eingestellt. „Im Sommer 2011 trat der einstige DDR-Biathlontrainer und Strippenzieher Filbrich als Organisationschef des Biathlon-Weltcup ins zweite Glied zurück“ (Purschke, Thomas, Geballte räumliche Konzentration, in dradio.de 7.1.2012).
Die 1962 gebaute Oberhofer Großschanze liegt wie die kleine Schanze brach: Sie hat ein veraltetes Profil. Auch die neuen Anlagen werden sehr schnell altern und zum Erhalt und zur „Konkurrenzfähigkeit“ weiterhin viel Geld benötigen.
Sportidole und Lebenslügen
Der Philosoph und Sportkritiker Gunter Gebauer äußerte in einem Interview über die Rolle des Sports Anfang Januar 2012, dass Spitzensport „kaum noch Lebensorientierung“ bietet. Die Bedeutung der Spitzensportler sei vorbei; dies sehe man am Beispiel von Magdalena Neuner, die „aus dem Sport ausscheidet, weil sie genug davon hat, von den Sportfunktionären bei den Olympischen Spielen im Deutschen Haus hin- und hergeschubst und gar nicht ernst genommen zu werden“.
Sport sei per se „am anfälligsten für ökonomisches Denken“. Die oft gebrachte Behauptung, dass die Welt im Sport besser und ein kleines Biotop sei, ist nach Gebauer „die Lebenslüge der Sportverbände“.
Der Sport produziere Idole „am laufenden Band“, und diese Idole halten den ökonomischen Kreislauf in Gang. „Außerdem sind Leute aus der obersten Schichten der Gesellschaft glücklich, wenn Idole ihre Party besuchen“ (Teuffel, Friedhard, „Der Sport hat jede Vorbildwirkung verloren“, Interview mit Gunter Gebauer in tagesspiegel.de 8.1.2012).
Nach Andy Warhol wird jeder ein Star sein – für 15 Minuten. (“In the future, everyone will be world-famous for 15 minutes.”) So ist es im Sport schon lange.
Olympische Verführungen
Am 13.1.2012 wurden in Innsbruck die ersten Olympischen Jugend-Winterspiele eröffnet. Am 13.1.2012 verkündete der Fastfood-Konzern und TOP-Sponsor McDonald’s die Verlängerung des Sponsorenvertrages mit dem IOC bis 2020. Geschätzter Geschäftsumfang: 200 Millionen Dollar (Rüthenauer Andreas, Mitmachzirkus für die Kleinen, in taz.de 13.1.2012).
Das IOC braucht Geld, und das IOC braucht die Jugend, die der alten Herren im IOC überdrüssig geworden iist. Also verjüngt man das Geschäftsmodell und „hat in Innsbruck ein Erziehungslager für heranwachsende Athleten organisiert“ (Rosner, Simon, McOlympia in Innsbruck, in wienerzeitung.at 13.1.2012). Hier werden die Jugendlichen mit den olympischen Werten versorgt: Dazu gehört auch Fastfood von McDonald’s und Süßgetränke von Coca-Cola.
1000 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren aus 70 Nationen kämpfen in sieben Sportarten und 15 Disziplinen um Medaillen. Die Kosten der ersten Olympischen Sommer-Jugendspiele 2010 in Singapur lagen bei hohen 220 Millionen Dollar. „Nur“ 23,7 Millionen Euro sollen die ersten Olympischen Winter-Jugendspiele kosten: Mit einem Minus von acht Millionen Euro wird gerechnet. „Doch auch die bescheidene Variante finden in Tirol nicht alle toll, auch weil einigen Sportvereinen Fördermittel gestrichen wurden, um die Spiele finanzieren zu können“ (Rüthenauer 13.1.2012; Hervorhebung W.Z.).
Volker Kreisl schrieb in der SZ, dass Innsbruck ein Elitetreff ist, „der so tut, als ob er nicht spitze ist… Medaillen werden zwar mit Hymne und allem drum und dran überreicht, aber, zumindest offiziell, nicht gezählt.“ Es bestünde die Gefahr, dass das junge Olympia nur ein Ableger dessen sei, „was das alte längst ist: ein Theater“ (Kreisl, Volker, Theater mit doppeltem Boden, in SZ 13.1.2012).
Marc Heinrich schrieb in der FAZ: „Doch die Frischzellenkur ist in sich noch längst nicht schlüssig, denn sie verzichtet eben nicht auf all die Insignien des großen Sports. Es wird Siegertreppchen geben, Nationalhymnen erklingen für die Gewinner, Fahnen werden gehisst – und ohne Dopingproben geht es selbstverständlich auch bei den Teenagern schon nicht mehr. Nur auf den Medaillenspiegel wird verzichtet. Zumindest offiziell“ (Heinrich, Marc, Frühstück mit Rogge: Junge Küche, volle Kasse, in faz.net 13.1.2012).
Zu den Medaillen äußerte der „Chef de Mission“, Ulf Tippelt: „Wir wollen kein Medaillenzählen veranstalten“ – um gleich zu ergänzen: „Natürlich geht es um Bestleistungen, natürlich kämpfen die Sportler um Medaillen.“ Und: „Die olympischen Jugendspiele sind ein wichtiger Schritt auf der Leiter eines Spitzensportlers“ (Rüthenauer 13.1.2012).
Vergleiche auch hier und im Kritischen Olympischen Lexikon: Olympische Jugendspiele
Die Sport-Risiken steigen
Die kanadische Ski-Freestylerin Sarah Burke gewann viermal den Halfpipe-Titel beim Extremsport-Event X-Games. Sie hatte sich dafür eingesetzt, dass ihre Sportart Ski-Slopestyle in das Programm von X-Games aufgenommen wurde und erstmals 2014 in Sotschi die Freeski-Disziplinen Halfpipe und Slopestyle olympisch wurden (Hahn, Thomas, Eine böse Laune, in SZ 21.1.2012). Am 10.1.2012 stürzte sie beim Training in der Olympia-Halfpipe in Vancouver, landete auf dem Kopf und erlitt schwere Kopfverletzungen (Sarah Burke im Koma, in SZ 12.1.2012; „Kritischer Zustand“, in SZ 13.1.2012). Nach einem Herzstillstand kam es zu „schweren, irreparablen Gehirnschäden“ (Tod von Ski-Freestylerin Burke, in spiegelonline 20.1.2012). Neun Tage später starb sie im Krankenhaus von Salt Lake City.
Ähnliche gefährliche Trends gibt es beim Skicross, einer seit Vancouver 2010 olympischen Disziplin. Die Verletzungen gehen bis zu Querschnittlähmungen. Im Januar 2012 stürzte die Skicrosserin Heidi Zacher bei der Skicross-Weltcup in St. Johann und wurde mit gebrochenem linken Unterschenkel ins Krankenhaus eingeliefert, ebenso der Österreicher Patrick Koller, der eine Gehirnerschütterung mit Schädelprellung davontrug. Die Sportfunktionäre spielten dies wie üblich herunter. „Die Unfälle befeuern die Debatte über das hohe Risiko, das die Fahrer eingehen (Tögel, Ralf, „Ein Fehler, und man ist weg“, in SZ 11.1.2012).
Und solche Sportarten pervertieren auch die Zuschauer. „Ski-Cross ist eine harte Sportart, es fliegen buchstäblich die Fetzen, und man wird den Eindruck nicht los, dass die Zuschauer genau das sehen wollen“ (Eder, Michael, Die Fahrer leiden, die Fans johlen, in faz.net 13.1.2012).
X-Games und Olympische Spiele
Zum höherem Gefahrenpotential tragen immer größere und härtere Halfpipes bei, aber auch der US-Fernsehsender ESPN, der die X-Games veranstaltet und der dazu neigt, „manchen Slopestyle-Kurs für die Action auch mal etwas zu heftig anzulegen“ (Hahn 21.1.2012).
Die Bilder von schweren Stürzen lassen sich anscheinend bestens vermarkten, da das Publikum daran Gefallen findet – eine perverse Entwicklung.
Der Alpindirektor des DSV, Wolfgang Maier, bestätigte, „dass die X-Games mittlerweile eine ernstzunehmende Konkurrenzveranstaltung zu den Olympischen Spielen geworden sind“. Und da das IOC „extrem kapitalorientiert“ sei, mache es Druck, die neuen, noch gefährlicheren Sportarten wie Ski-Cross und Freestyle in sein olympisches Programm zu integrieren: „Die X-Games zeichnen sich durch ein extrem hohes Risiko aus. Je spektakulärer der Sturz, desto besser. Es gibt keine Rücksicht auf Verluste“ (Eder, Michael, „Wir fördern keine Gladiatorenkämpfe“, in faz.net 30.1.2012).
Nicht unerheblicher Nebeneffekt der Freeryder, Slopestyler und Crosser in ihrem Mekka: „Immer mehr Pisten in Laax sehen nicht mehr aus wie Autobahnen, sondern wie Autobahnbaustellen“ (Eberle, Lukas, Neben der Spur, in Spiegel 2/9.1.2012).
Völlig kritiklos hat sich die Olympiapark GmbH Anfang Januar 2012 beim Veranstalter und Rechteinhaber ESPN um die Austragung der „Global Summer X Games“ beworben (München bewirbt sich um X-Games, in SZ 4.1.2012).
Brot und Spiele: Das Geld ruft. Der Trend sowohl bei olympischen Sportarten als auch bei den neuen „Free-“ und Extremsportarten wird härter: Die Unfälle häufen sich unter dem Olympischen Motto: „schneller, höher, stärker“.
Zweite olympische Beförderung droht
Nachdem der DAV-Hauptgeschäftsführer und vehemente Verfechter von München 2018, Thomas Urban, im Dezember 2011 mit dem Chefsessel im Münchner Sportamt belohnt wurde, kam nun die nächste olympische Beförderung. Der ehemalige Leiter der „Fachkommission Umwelt“ bei der Bewerbung München 2018, Stadtrat Boris Schwartz, sollte nun nach rot-grüner Absprache im Januar 2012 zum Kommunalreferent gewählt werden (Hutter, Dominik, „Rot-grüner Selbstbedienungsladen“, in SZ 20.1.2012).
Weitere diesbezügliche Vorschläge: Die Frontfrau München 2018, Katarina Witt sollte dringend das Tourismusamt übernehmen. Bernhard Schwank, Ex-Geschäftsführer München 2018, wäre prädestiniert für die Nachfolge des Münchner Umwelt- und Gesundheitsreferenten. Für Michael Vesper, Ex-Aufsichtsrat München 2018, käme der Posten des Dritten Bürgermeisters infrage. Usw.
Nachtrag: Am 25.1.2012 wurde Schwartz zum – vorläufigen – Kommunalreferenten gewählt. Die Regierung von Oberbayern – und nicht nur diese – bezweifelt, dass Schwartz die vorgeschriebene Qualifikation von entweder Universitätsabschluss oder dreijähriger Tätigkeit in einer Position mit hoher Veantwortung habe. Schwartz hat einen Fachhochschulabschluss, und als „Position mit hoher Verantwortung“ sollen nun seine zwei Jahre und neun Monate als „Chefplaner des Umweltkonzeptes“ von München 2018 gewertet werden (Hutter, Dominik, Referent unter Vorbehalt, in SZ 25.1.2012). „Was vermutlich zählt, ist seine Arbeit für die Münchner Olympiabewerbung… doch spätestens mit seinem Einsatz für Olympia hat er sich die Wertschätzung von Oberbürgermeister Ude erarbeitet“ (Lode, Silke, Anforderung und Wirklichkeit, in SZ 3.4.2012).
Das ist natürlich besonders delikat: Die Bewerbung München 2018 wäre ein ökologisches Desaster geworden, wie Nolympia in vielen Beiträgen nachgewiesen hat. Und ausgerechnet einer der Hauptverantwortlichen dafür soll damit den Nachweis für eine „Position mit hoher Verantwortung“ geliefert haben – in der „personell überschaubaren Olympia-Bewerbungsgesellschaft“ (Hutter).
Nachtrag 2: Im Mai 2012 kündigte die Regierung von Oberbayern an, dass Schwartz nicht die Voraussetzung für einen Referentenposten der Stadt München erfülle (Hutter, Dominik, Lode, Silke, Ohrfeige für Rot-Grün, in sueddeutsche.de 23.5.2012).
Nachtrag 3: Schwartz soll Chef der städtischen Märkte werden und so die notwendige Berufserfahrung zusammenklauben, bevor er dann 2015 nach der Pensionierung des seit 2012 amtierenden Kommunalreferenten selbst dieses Amt einnehmen kann (Neue Option für Boris Schwartz, in SZ 14.6.2012)
Das nennt man Personalpolitik!
Garmisch-Partenkirchner Persilscheine
Im Herbst 2011 wurden schwere Vorwürfe gegen Bürgermeister Thomas Schmid und Mitarbeiter des Bauamtes bezüglich der Kostenexplosion beim Bau der großen Sprungschanze bekannt: Die Bausumme war von 9,1 auf 17,3 Millionen Euro gestiegen. Die Beschuldigten „sollen durch selbst verursachten Zeitdruck sowie Fehler bei der Planung und Auftragsvergabe die Kostenexplosion verursacht haben“ (Streit um Schanzen-Freispruch: Prüfbehörde will erste Ergebnisse vorlegen, in Münchner Merkur 12.1.2012). Ohne die Stellungnahme des Landratsamtes abzuwarten, hatten sich Schmids CSB-Fraktion und Teile der Freien Wähler am 19.10.2011 selbst freigesprochen. Mit knappen 16:14-Stimmen boxten sie einen Gemeindebeschluss durch, in dem stand: „Der Marktgemeinderat stellt fest, dass seitens der Verwaltung und des Bürgermeisters kein Fehlverhalten oder Pflichtverletzungen festzustellen sind“ (Kostenexplosion bei Sprungschanze: Bürgermeister bekommt Rüge für Selbst-Freispruch, in Münchner Merkur 14.1.2012).
Die CSU-Gemeinderatsfraktion ließ daraufhin mit einer Rechtsaufsichtsbeschwerde überprüfen, ob Schmid und seine Stellvertreter Daniela Bittner (CSB) und Hannes Krätz (Freie Wähler) überhaupt selbst mitstimmen durften. Am 13.1.2012 erklärte das Landratsamt, dass Schmid sich nicht selbst hätte freisprechen dürfen. Er „hätte wegen persönlicher Beteiligung von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen werden müssen, weil für ihn mit dem Verzicht auf dienst- und haftungsrechtliche Schritte ein unmittelbarer Vorteil entstehen kann“ (Kostenexplosion bei Sprungschanze: Bürgermeister bekommt Rüge für Selbst-Freispruch, in Münchner Merkur 14.1.2012).
CSU-Fraktionschefin Elisabeth Koch kommentierte das Verhalten Schmids so: „Nicht einmal der Papst erteilt sich selbst die Absolution, unser Bürgermeister schon“ (Effern, Heiner, Zweifelhafte Absolution, in SZ 16.1.2012). Die SPD-Fraktionsvorsitzende Sigrid Meierhofer äußerte: „Das Verhalten ist verwerflich. Der ganze Beschluss ist so ungehörig, dass er schon lächerlich ist“ („Das Verhalten ist verwerflich“, in Münchner Merkur 17.1.2012).
Günter Dolezel, Schlossermeister und vereidigter Sachverständiger für das Metallbauhandwerk der Handwerkskammer München und Oberbayern, besichtigte bei einem Wanderausflug im Januar 2012 die neue Schanze und entdeckte diverse Mängel wie Rost, herausstehende Schrauben und Geländer ohne Feuerverzinkung. Er sprach von „Murks“ und urteilte: „Eigentlich müsste man alles abbauen und neu machen… Die Stahlkonstruktionen sind jetzt schon Schrott“ (Brinkmann, Tanja, Ist die Schanze schon Schrott? in Münchner Merkur 23.1.2012).
Neue Ski-WM gefordert
Dessen ungeachtet forderte der Organisator der sündteuren Ski-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen, Peter Fischer, eine neue WM-Bewerbung des Ortes für 2023: „Sonst fallen wir infrastrukturell wieder in ein Loch wie nach 1978“ (Fellner, Christian, Fischer fordert neue WM-Bewerbung, in Münchner Merkur 21.1.2012).
Das aktuelle Loch, verursacht durch die irrwitzigen Investitionen von über 60 Millionen Euro in den Wintersport – bei gleichzeitiger Schädigung des Sommertourismus -, erwähnt Fischer nicht.
Außerdem, so Fischer, der auch 1. Vorsitzender des Skiclub Garmisch ist, sei Garmisch-Partenkirchen „jetzt ein anderer Ort als vor der WM, viel selbstbewusster“ (Ebenda).
Für die Durchführung des Ski-Weltcups in Kitzbühel werden als Kosten acht Millionen Euro angegeben (Arnu, Titus, Das Leben ist eine Rennstrecke, in SZ 20.1.2012). Die Kosten für die Ski-WM 2011 in Garmisch-Partenkirchen wurden nie völlig offengelegt.
Kein Wort von Fischer zu der hohen Verschuldung des Ortes durch die Ski-WM, keine Problematisierung von dadurch nötigen weiteren Investitionen in den Wintersport, keine Überlegungen zu den weiter gestiegenen Anforderungen der FIS für eine Ski-WM im Jahr 2023. Und: keine Erwähnung der Klimaerwärmung, die schon 2011 die Wettbewerbe stark beeinträchtigt hatte.
DSV will Garmisch-Partenkirchen fallen lassen
Am 25.1.2012, nur wenige Tage vor den vier Weltcup-Rennen in Garmisch-Partenkirchen, äußerte dazu der Präsident des deutschen Skiverbandes (DSV), Alfons Hörmann, der DSV müsse „sehr grundsätzlich diskutieren, ob wir als DSV dauerhaft in Garmisch-Partenkirchen gut aufgehoben sind“ (Holzapfel, Matthias, Verliert Garmisch-Partenkirchen den Ski-Weltcup? in Münchner Merkur 25.1.2012). Man könne schließlich nach Zwiesel oder Ofterschwang ausweichen. Außerdem hat sich der DSV „klar zum Ausbau des Jenners bekannt, wir haben Oberjoch und prüfen ein, zwei weitere Alternativen. Auf Garmisch-Partenkirchen allein können wir uns nicht mehr verlassen“ (Ebenda).
Außerdem hält Hörmann im Ort Garmisch-Partenkirchen „die Gruppe derer, die Sand ins Getriebe streuen wollen, für eine wachsende“. Der Ort müsse „in Worten und Taten dokumentieren, dass er unabdingbar hinter dem Spitzensport“ stehe (Ebenda).
65 Millionen Euro Investitionen der Gemeinde in den Wintersport, welche die Gemeinde in den finanziellen Ruin geführt haben, reichen anscheinend nicht: der DSV fordert dazu noch bedingungsloseren Gehorsam als ohnehin in vorauseilendem gehorsam vom Ort erbracht. Dazu wären mit Sicherheit weitere teure Investitionen nötig.
Als weiteren Kritikpunkt nannte Hörmann, dass die Bayerische Zugspitzbahn AG (BZB) vom Organisationskomitee 30.000 Euro für Tickets der Helfer und Sportler und 50.000 Euro für Parkgebühren und weitere Leistungen der BZB berechnen würde. „Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie sich die Frage der Finanzierung zunehmend auf unsere Seite verschiebt“ (Ebenda).
Das wäre ja noch schöner, wenn der DSV für einen (geringen) Teil der von ihm verursachten immensen Kosten aufkommen müsste: Schließlich ziehen die Sportverbände üblicherweise mit dem Gewinn ab und hinterlassen den Austragungsorten die Kosten und Schulden, siehe Ski-WM 2011.
Bei solchen „Freunden“ braucht man keine Feinde mehr!
Die BZB, eine Aktiengesellschaft, muss jedes Jahr um schwarze Zahlen kämpfen. Ihr Vorstand Peter Huber betonte: „Es sei nicht vordringliche Aufgabe einer AG, mit Gratisleistungen für Weltcuprennen das Vermögen des bestens ausgestatteten Skiclubs Garnisch als Ausrichterverein noch zu vermehren“ (Effern, Heiner, Neudecker, Michael, „Das macht mich und meine Leute mürbe“, in SZ 30.1.2012).
Trotzdem bekräftigte Peter Fischer, der Vorstand eben jenes reichen Skiclubs Garmisch, sich erneut um eine Ski-WM bewerben zu wollen (Holzapfel, Matthias, Zukunft des Ski-Weltcups in Garmisch-Partenkiirchen: Alle an einen Tisch, in Münchner merkur 30.1.2012).
Der Sport-informationsdienst (sid) meldete umgehend und untertänig: „Mehr als 20 Millionen Euro wurden in die alpine Infrastruktur in Garmisch-Partenkirchen gesteckt, ein Großteil des Geldes stammt vom DSV und aus den 40 Millionern Schweizer Franken (derzeit 33 Millionen Euro), die der Internationale Skiverband FIS für die Ausrichtung des alpinen Großereignisses an die Veranstalter überweist“ (Ski-Weltcup in Garmisch: „Man fühlt sich nicht willkommen“, in Münchner Merkur 30.1.2012).
Schlecht erfunden! Die Ski-WM 2011 hatte etwa 31 Millionen Euro gekostet, welche weitgehend vom Steuerzahler zu tragen waren. Es kamen wohl 25 Millionen Euro vom Bund und vom Land Bayern (Oswalt, Stefan, Gegen den WM-Hangover, in nzz.ch 30.1.2012). Der DSV zog hingegen mit einem Reingewinn von fünf Millionen Euro ab!
Vergleiche auch Aktuelles
Bundeswehr-Freiflüge für Sportsoldaten
27. Januar 2012: „Die Sportsoldaten Stephan Keppler (28) und Andreas Sander (22) wurden von ihrem Arbeitgeber aus Garmisch, wo am Wochenende der einzige Heimweltcup der Männer in Abfahrt und Super-G stattfindet, ins Allgäu geflogen. Grund: ein einstündiges Aufwärmtraining vor dem offiziellen Weltcup-Training am Mittag in Garmisch, zu dem die beiden wieder zurückgeflogen wurden… Das Lufttransportgeschwader 61 in Penzing stellte Hubschrauber und Besatzung. Die Kosten dafür waren auf Nachfrage nicht zu erfahren“ (Kornes, Andreas, Bundeswehr fliegt Skiprofis zum Aufwärmtraining, in Augsburger Allgemeine 27.1.2011). Der Leiter der Sportfördergruppe der Bundeswehr in Sonthofen, Georg Kronawitter, begründete den Einsatz so: Es gehöre zum Auftrag der Bundeswehr, „den Spitzensport zu fördern“ Ebenda).
Hubschrauber-Freiflugteilnehmer und Bundeswehr-Sportsoldat Stephan Keppler sagte übrigens zum Garmisch-Partenkirchner Weltcup: „Man fühlt sich nicht willkommen. Sie wollen uns einfach nicht dahaben. Dass sie nicht hinter dem Weltcup stehen, verstehe ich nicht“ (Ski-Weltcup in Garmisch: „Man fühlt sich nicht willkommen“, in Münchner Merkur 30.1.2012).
Dann äußerte Keppler zu den Pistenbedingungen: „Man müsse sich „schämen“ für Garmisch-Partenkirchen… (Ebenda). OK-Leiter Fischer sagte dazu: „Schnee, Regen, Schnee. wir konnten auch nicht zaubern“ (Köhle, Jörg, Brinkmann, Tanja, Peinliche Panne auf der Kandahar-Piste, in Münchner Merkur 30.1.2012).
Besser sollte sich Sportsoldat Keppler schämen, für den kein Klimawandel zu existieren scheint. Man wundert sich langsam nicht mehr, warum diese Art Sportsfreunde nicht mehr so wohlgelitten sind.
Vergleiche auch im Kritischen Olympischen Lexikon: Sportsoldaten
Katar besticht auch olympisch
Im Berliner Martin-Gropius-Bau war eine große Olympia-Doppelausstellung geplant: Olympia antik und Olympia modern. Angesichts der Nazi-Spiele von 1936 wäre Berlin dafür der richtige Ort gewesen. Die Historiker Bernd Sösemann und Christiane Eisenberg, der Sportphilosoph Gunter Gebauer und der Sportsoziologe Thomas Alkemeyer sollten Konzept und Texte liefern. Die dürfen sie nun entsorgen.
Denn „aus finanziellen Gründen“ wird das „Qatar Sports Museums“ Ausstellung und Katalog vorbereiten. Für die Ausstellung ist der deutsche Leiter des Olympia-Museums in Doha, Christian Wacker, zuständig (Vgl. dazu Herrmann, Boris, Ölreiz, in SZ 18.1.2012). Der Leiter des Gropius-Baus, Gereon Sievernich, bestritt im Januar 2012, dass es überhaupt einen Auftrag für die kritischen deutschen Wissenschaftler gegeben habe, wogegen zahlreiche Protokolle der Steuerungsgruppe sprechen (Hessenland, Frank, Olympia für den Emir, in dradio.de 29.1.2012).
Katar hat unter den bekannten skandalösen Umständen die Fußball-WM 2022 zugeschanzt bekommen und will nun auch die Olympischen Sommerspiele 2020. Sheikha Al-Mayassa, die Schwester des Staatschefs Hamad bin Chalifa Al Thani, betreut persönlich die olympische Bewerbung – und sitzt in der Museums-Stiftung.
Gebauer stellte fest, die deutsche Seite „unterwirft sich der Deutung Katars“ (Ebenda). Diese Deutung folgt dem Geld, dem Einfluss und dem Interesse Katars. Man weiß also, was zu erwarten ist: „eine IOC-Schmeichelei“ (Herrmann). Bernd Sösemann stellte fest: „Die Namensliste, die ich gesehen habe, war vorwiegend von Personen bestückt, die dem IOC nahestehen oder mit ihm sogar direkt verbandelt sind“ (Hessenland 29.1.2012).
Die Leitung des Martin-Gropius-Baus, die dem zugestimmt hat, hat die Chance auf kritische Aufarbeitung der olympischen Historie bewusst vertan – oder soll man besser sagen: verkauft?
Die absolute Konformität der künftigen Ausstellung mit den Vorstellungen des IOC muss für Katar absolut gewährleistet sein, um seine olympischen Ziele zu erreichen. Der frühere IOC-Präsident Juan Antonio Samaranch, so er nicht 2001 verstorben wäre, dürfte seine helle Freude an der kommenden Ausstellung im Martin-Gropius-Bau haben, die vermutlich an Belanglosigkeit und Lobhudelei nicht zu überbieten sein wird.
Bereits 1998 beschrieb David A. Yallop in seinem Buch „Wie das Spiel verlorenging – Die korrupten Geschäfte zwischen Fifa und Medien“ der Autor, dass Fifa-Präsident Sepp Blatter im Dezember 1997 heimlich Scheich Hamad bin Chalifa Al Thani in Katar besuchte: Thema war die Finanzierung von Blatters schmutzigem Fifa-Präsidentschaftswahlkampf 1998. Zitat Yallop: „Ich weiß nicht, was Blatter dem Scheich angeboten hat, aber ich wäre nicht schrecklich überrascht, wenn es in naher Zukunft eine Ankündigung der Fifa geben sollte, dass eines der vielen Turniere … in Katar abgehalten werden soll“ (S. 378).
Das war sehr hellsichtig: 2022 bekam Katar unter dubiosen Umständen die Fußball-WM!
Capriccio-Sendung zu Gletschern
Am 19.1.2012 wurde im Bayerischen Fernsehen eine Capriccio-Sendung zum Thema Gletscherschmelze und Schneekanonen gesendet, in der auch Axel Doering und Wolfgang Zängl zu Wort kamen. Zum Text hier.
London 2012/4: „Größter Beschiss“
Der Ticketverkauf für London 2012 begann im April 2011. Da hatten sich viele Frauen Karten besorgt, die erst danach schwanger wurden. Der Ärger für sie kommt jetzt: „Angehende Eltern haben erfahren, dass sie ihre Babys nicht werden mitbringen dürfen, wenn sie für die Winzlinge keine Tickets besitzen“ (Oh Baby, in spiegelonline 25.1.2012). Das Organisationskomitee hatte für Kinder unter einem Jahr Tickets für ein Pfund angeboten – diese sind aber kaum mehr erhältlich.
Eine Hotline von London 2012 gab die Auskunft: „Jeder Besucher der Olympischen Spiele muss ein Ticket haben, egal wie alt er ist.“ Wenn es keine günstigen Karten mehr gibt, müssen die Besucher „den vollen Preis zahlen für jedes Kind, das sie begleitet“ (Ebenda; Babys ohne Ticket müssen draußen bleiben, in sueddeutsche.de 25.1.2012).
Inzwischen nennen Betroffene diesen Verkaufszwang den „größten Beschiss in der Geschichte Londons“.
Das IOC wie es leibt und lebt: geldgierig, unsozial, ignorant.
London 2012/5: Kosten verzehnfacht
Dazu ist im Januar 2012 bekannt geworden, dass sich die Kosten für London 2012 zu den ursprünglich im Juli 2005 angegebenen Kosten nach offiziellen Angaben verfünffacht haben. Die ursprünglich veranschlagten olympischen Kosten von 2,37 Milliarden Pfund hatten schon im Jahr 2007 die Summe von 9,3 Milliarden Pfund erreicht: rund Faktor 4! (Vergleiche oben: London 2012/2: Was kosten die Olympischen Sommerspiele 2012?)
Tatsächlich aber müssen nach Berechnungen von Sky News zu den offiziell genannten 9,3 Milliarden Pfund u. a. noch addiert werden:
– 2,4 Milliarden Pfund für mehr Anti-Doping-Kontrolleure, zusätzliche Gelder für Beschäftigte, höhere Kosten des „Olympischen erbes“ etc.
– 1,131 Milliarden Pfund für Anti-Terror-Maßnahmen
– 4,4 Milliarden Pfund für Sicherheitskosten
– Dazu die Kosten für die britischen Polizeikräfte, die inzwischen mehrheitlich bei den Olympischen Sommerspielen eingesetzt werden
– 6,5 Milliarden Pfund für Verkehrsausbauten
usw.
Das olympische Londoner Organisationskomitee (LOCOG) trickst – wie alle vor ihr – mit dem Durchführungsbudget (OCOGBudget) und dem Non-OCOG-Budget, in dem alle Kosten für Infrastruktur untergebracht wurden, aber auch alles, was nicht in das OCOG-Budget passt. Mal schauen, was die Londoner nach dem olympischen Juli 2012 noch brauchen können. In den anderen Städten war es nicht viel.
Damit liegen nach Sky News die derzeitigen Gesamtkosten weit über 24 Milliarden Pfund (rund 28,8 Milliarden Euro) – und damit beim Zehnfachen der ursprünglichen Kosten!
(Chennaoui, Orla, Hervey, Lia, Sky Investigation: Olympics Bill Tops Pound 12 billion, in news.sky.com 26.1.2012)
Auch aus diesem Grund kann man froh sein, dass München 2018 gescheitert ist!
Der „Olympia-Minister“ Hugh Robertson verbreitete dagegen Ende Januar 2012 die – unhaltbare – Zuversicht, dass die Kostensumme „strikt“ noch bei 9,3 Milliarden Pfund liegen würde. Der Londoner Oberbürgermeister Boris Johnson lobte die Investitionen in Verkehrsprojekte und brachte die übliche, anscheinend fest vom IOC intonierte Floskel: „London 2012 ist eine Investition in unser Land, die wirtschaftliche Vorteile mit sich bringt, die sonst nicht möglich gewesen wären“ (How UK Costs Compare, in news.sky.com 27.1.2012).
Wir werden das nach den Spielen rekapitulieren. Was hätte man nicht Sinnvolleres mit 24 Milliarden Pfund anstellen können, als überholte olympische Gladiatorenspiele?
Und weder einmal: Wieso heben Oberbürgermeister von großen Städten immer noch den Finger, um sich um diese zu bewerben, wo doch inzwischen seit Jahrzehnten bekannt ist, in welchem maroden Zustand ihre Städte nach den Olympischen Spielen sind: wie zum Beispiel Nagano (1998), Athen (2004), Turin (2006), Vancouver (2010) – und bald auch London 2012.
Es gibt übrigens auch in London olympischen Widerstand:
http://www.boycottlondonolympics.com/
http://www.boycottlondon2012.co.uk/
http://www.gamesmonitor.org.uk/
Olympische Sommerspiele 1972 in München als Preistreiber
In London 2012 geschieht derzeit das, was nach den Olympischen Sommerspielen 1972 in München geschah und was an allen Austragungsorten eintritt: „Die Olympischen Spiele 1972 machten die Isar-Metropole weltbekannt. Das Ereignis brachte für die Münchner aber auch Negatives mit sich: Das Preisniveau ist in der Stadt seither weit stärker gestiegen als anderswo“ (Geiger, Eberhard, So teuer wurde München seit olymoia ’72, in Münchner Merkur 27.1.2012).
Von 1972 bis 2011 stiegen die Verbraucherpreise insgesamt um 188 Prozent, der MVV um 390 Prozent, die Wohnungsmieten um 385 Prozent, die Gewerbesteuer um 494 Prozent. Die Verschuldung der Stadt stieg von umgerechnet 125 Millionen Euro auf 1673 Millionen Euro, das macht 1238 Prozent (Ebenda). Dabei sind die Schulden der Beteiligungen noch nicht dazuaddiert. So hat allein der Flughafen München, an dem die Stadt München beteiligt ist, rund 2,5 Milliarden Euro Schulden.
Davon profitiert u. a. die Immobilienbranche, siehe den Zusammenschluss Immo 2018 bei der Bewerbung München 2018. Die Zeche zahlen Mieter und Verbraucher.
Neues vom Sportausschuss des Deutschen Bundestages
Der stellvertretende Vorsitzende des Sportausschusses und FDP-Sportsprecher Joachim Günther war bekennender Fan der Bewerbung München 2018: „Alle sind sehr zuversichtlich, dass Deutschland den Zuschlag bekommen
wird. Olympia in München und Garmisch wäre einfach perfekt“ (Website Joachim Günther).
Günther hatte im Oktober 2011 mit seinem CDU-Kollegen MdB Klaus Riegert (CDU) den Antrag auf nichtöffentliche Sitzungen des Sportausschusses gestellt. Seither müssen Sachverständige von Transparency International, aber auch vom DOSB draußen warten, bis sie vortragen dürfen. Das Medienecho auf den Ausschluss der Öffentlichkeit hatte Günther beleidigt. Auf seiner Homepage stand im Januar 2012: „Pressehetze ignorieren? Ich bin so frei!“
Günther hat eine etwas eigensinnige Art, Pressefreiheit und freie Meinungsäußerung zu werten!
Seine Freiheit fand Günther auf der von ihm angeführten Delegationsreise nach Chile und Brasilien, wo sich er und die Sportkollegen über die Vorbereitungen der Fußball-WM 2014 informieren ließen (Herrmann, Boris, Staunen in Maracana, in SZ 27.1.2012).
FIS-Präsident treibt Schweizer Bewerbung 2022 voran
Der Präsident des internationalen Skiverbandes FIS, IOC-Mitglied Gian-Franco Kasper, will mithelfen, die Olympischen Winterspiele 2022 nach Davos und St. Moritz zu holen. Er will „zurück zum Winter“ und sprach sich gegen die Spiele in Großstädten aus: „We have to go back to normal size, we have to go back to winter“ (World ski chief pushing 2022 bid für St. Moritz, in AP 28.1.2012).
Das wären die ersten Olympischen Spiele, die kleiner würden als die vorigen – unwahrscheinlich angesichts immer mehr Wettbewerbe, immer mehr Sportler, Funktionäre und Journalisten und immer aufwendigerer Fernsehübertragungen. Und Davos und St. Moritz würden durch die Spiele ziemlich großstädtisch – nicht nur für die paar Wochen.
Im November 2012 soll eine Volksabstimmung im Kanton Graubünden stattfinden. Kasper befürchtet eine Allianz von Landwirten, Umweltschützern und Sozialisten. Er sagte dazu: „If they say no, that is the end of it“ (Ebenda).
Hoffentlich nehmen die Graubündner das wörtlich.
Außerdem könnte dadurch in Davos das World Economic Forum nicht abgehalten werden, das danach vielleicht nicht wiederkommen würde.
Kasper rechnet mit Bewerbungskosten von 44 Millionen Dollar (!!!). Er versprach, dass es mit Sicherheit keine White Elephants geben würde.
Das wären die ersten Olympischen Spiele ohne nutzlose künftige Sportbauten.
Kasper verwies auch auf die Olympischen Dörfer und die neuen Eisstadien in St. Moritz und Davos, die für die ortsansässige Bevökerung gebaut würden.
Angesichts der immensen Gesamtkosten würden das vermutlich die teuersten Gebäude, die jemals in der Schweiz errichtet worden wären.
Aktuelle Sportsplitter von IOC, Fifa etc. in Januar 2012
– Der Schweizer Fußballclub FC Sion hatte Ende 2011 auf Veranlassung und Druck der Fifa wegen angeblicher Regelverstöße 36 Punkte abgezogen bekommen. Der Präsident des FC Sion, Christian Constantin hatte den Fifa-Präsidenten Sepp Blatter in der Vergangenheit schon als „Gaddafi des Weltfußballs“ bezeichnet. Er erneuerte Anfang Januar 2012 seine Kritik und bezeichnete die Fifa als „Ansammlung von Gaunern“: „Die Fifa ist ein diktatorisches System, Punkt aus“ („Ansammlung von Gaunern, in Der Spiegel 2/9.1.2012).
– Der ehemalige Fifa-Funktionär Jack Warner aus Trinidad erklärte, dass ihm Fifa-Präsident Blatter die TV-Rechte für die Fußball-WM regelmäßig für symbolische Billigpreise zugeschanzt habe – für die Hilfe in „überaus brutalen“ Wahlkämpfen. So erhielt er 1998 die WM-Rechte für einen Dollar. Die Rechte für 2002 gingen erst für 2,5 Millionen Dollar an den karibischen Fernsehsender CSTN, dann landeten sie durch den Konkurs der Skandalfirma ISL wieder billigst bei Jack Warner, der sie für 4,25 Millionen Dollar weiterverkaufte (Kistner, Thomas, In der karibischen Zange, in SZ 26.1.2012).
Warner präsentierte im Januar 2012 ein Schreiben des Fifa-Generalsektretärs Jerome Valcke: „Hier ist der Vertrag, unterschrieben von P. Das Geschäft ist nicht durch alle üblichen Gremien und Kommissionen gegangen. Daher bitte ich, es vorläufig nicht öffentlich zu machen“ (Kistner, Thomas, „Unterschrieben von P.“, in SZ 14.1.2012).
– Das Champions-League-Finale im Mai 2012 im Stadion München-Fröttmaning kommt die Stadt um dreißig Prozent teurer als die ursprünglich eingeplante eine Million Euro, welche die UEFA erhält. Um etwa 300.000 Euro soll der Spaß teurer werden. Als Grund gab OB Ude im Münchner Presse-Club „verschärfte Sicherheitsvorkehrungen“ an. Der Oberbürgermeister hat mit den Mehrkosten kein Problem, da ein „Vielfaches an Geld hereinkommen“ wird, wenn München das Endspiel ausrichten dürfe (Teures Finale der Champions-League, in SZ 21.1.2012). Der OB vergaß allerdings zu erwähnen, wie und wo dieses Vielfache hereinkommen soll.
– IOC-Präsident Jacques Rogge rief Deutschland Mitte Januar 2012 zu einer erneuten Kandidatur für Olympische Spiele auf. Auch FIS-Präsident Gian-Franco Kasper ermunterte in diese Richtung und hatte angeblich schon mit einer Bewerbung für 2022 gerechnet (IOC-Chef ruft Deutschland zu Olympia-Bewerbung auf, in newsburger.de 18.1.2012)
– Bei der zehnten Anti-Korruptions-Jahreskonferenz im Pariser OECD-Hauptquartier wurde ein Redner aus dem Programm gestrichen: Fifa-Präsident Sepp Blatter (Kistner, Thomas, „Das ist ein Keulenschlag“, in SZ 19.1.2012).
Nicht nur meines Erachtens hätte Blatter viel zum Thema Korruption beitragen können!
– In der Schweiz gibt es eine Parlamentsinitiative des Genfer Abgeordneten Carlo Sommaruga gegen Privatbestechung, die man laut Thomas Kistner auch als „Lex Fifa“ lesen kann: „Bestechung von Privatpersonen soll ein Offizialdelikt werden. Dann müsste der Staatsanwalt schon beim Vorliegen handfester Korruptionshinweise ermitteln, auch bei großen Sportverbänden wie der Fifa oder dem IOC“ (Ebenda). Auch Nationalrat Roland Büchel ist gegen Korruption im Sport aktiv und „rüttelt an Steuerprivilegien und dem laxen Vereinsrecht, das 60 in der Schweiz ansässige Großverbände genießen. Er warnt die Sportlobby vor weiteren Blockaden“ (Ebenda). Vergleiche auch Die Sport-Paläste.
– Die Olympischen Sommerspiele 2012 in London werden Schauplatz der größten Anti-Doping-Aktion der Sportgeschichte. In einem Anti-Doping-Labor mit 4400 Quadratmeter sollen von 1000 Mitarbeitern 6250 Dopingproben untersucht werden (London bereit für größte Anti-Doping-Aktion, in zeitonline 9.1.2012).
Ob es hilft? Und erstaunlich sind auch die wahnwitzigen Dimensionen, die der Spitzen- respektive Spritzensport erreicht hat.
– Blatter mobbt Hoeneß: Der Präsident des FC Bayern, Uli Hoeneß, hatte des öfteren und nur allzu berechtigt Fifa-Präsident Sepp Blatter kritisiert. Nun schlug das Ein-Mann-Fifa-Imperium zurück. Blatter behauptete im Januar 2012 im Kicker, Uli Hoeneß hätte eine entscheidende Mitschuld am Scheitern der Bewerbung Münchens für die Olympischen Winterspiele 2018. Dieser habe im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika „gelästert“, sodass die Afrikaner beschlossen hätten, nicht für München 2018 zu stimmen. Original-Ton Blatter: „Ohne die zwölf afrikanischen Stimmen kriegt man keine Olympischen Spiele“ (Olympia: Blatter gibt Hoeneß die Schuld, in kicker.de 23.1.2012; Blatter: Hoeneß-Mitschuld an Olympia-Scheitern, in Münchner Merkur 23.1.2012).
Interessanterweise bezog sich Blatter auf eine angebliche Aussage des Fifa-Mitglieds und Fifa-Vizepräsidenten Issa Hayatou, der auch Präsident des afrikanischen Fußballverbandes (CAF) ist. Hayatou ist seit 2001 auch IOC-Mitglied und hatte im Jahr 1995 von der Skandalfirma ISL 24.700 Schweizer Franken bekommen, wofür er im Dezember 2011 vom IOC eine Rüge erhielt. IOC-Präsident Rogge sagte dazu: “Das IOC hat bewiesen, dass wir es ernst meinen” und bedauerte gleichzeitig, “Kollegen und Freunde” disziplinieren zu müssen (Weinreich, Jens, Jacques Rogge sagt: “reports are confidential” und “a warning is not a sanction”, Blog 8.12.2011; Milde Strafen für IOC-Top-Funktionäre, in spiegelonline 8.12.2011).
Die grandiose Niederlage von München gegen Pyeongchang am 6.7.2011 in Durban erfolgte mit 63 zu 25 Stimmen. Da fehlten nicht nur die zwölf afrikanischen Stimmen, und Hoeneß als bekennenden Fan von München 2018 trifft daran sicher keine Schuld. Das Ganze ist ein so billiger wie durchsichtiger Rachefeldzug Blatters, der im übrigen 1998 bei einer äußerst dubiosen Wahl mit den afrikanischen Stimmen Fifa-Präsident wurde: Er hatte den Afrikanern die WM in Südafrika schon damals für 2006 versprochen.