Besucherzahl der Website www.nolympia.de
Im Januar 2011 hatte die Website knapp 26.000 Besucher, im Februar knapp 25.000. Insgesamt waren es von März 2010 bis Ende Februar 2011 über 160.000 Besucher.
Die olympische Indoktrinierung der Kinder beginnt
Annecy 2018:
Am 13.1.2011 schrieben die Gemeindeverwaltung von Chamonix, der örtliche Sportclub und die Leitungen der Grundschulen folgenden Brief an die Eltern der Schüler von Chamonix:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
im Rahmen der Bewerbung von Annecy 2018 wird anlässlich des Besuches der Evaluierungskommission eine Veranstaltung der Kinder des Chamonix-Tals stattfinden.
Das geschieht aus Respekt vor den Werten, die von der Bewerbungsgesellschaft vertreten werden (nachhaltige Entwicklung, Glaubwürdigkeit, Gastlichkeit und Kultur der Berge), für die wir uns in Partnerschaft mit unseren Kindern und für Zukunft engagieren.
Ihre Kinder werden an einer organisierten Veranstaltung am Freitag, den 11. Februar 2011 von 10 bis 12 Uhr am Platz Mont-Blanc teilnehmen. Ein T-Shirt mit Logo und ein Imbiss werden den Teilnehmern zur Verfügung gestellt.“
Daraufhin rief das Comité Anti Olympique d’Annecy (CAO) am 4. Februar 2011 zum Widerstand und zur Verweigerung dieser Veranstaltung auf: „Teilen Sie schnellstmöglich den Verantwortlichen der Schulverwaltungen Ihre Entrüstung und Ihren strikten Widerstand gegen die Teilnahme mit. Informieren Sie alle Schülereltern darüber und fordern Sie diese auf, ihre Kinder nicht manipulieren zu lassen.“
Das Comité veröffentlichte auch einen Elternbrief an die Schulverwaltung:
„Aufgrund der vorliegenden Informationen möchte ich Sie informieren, dass ich nicht mit der Teilnahme meines Sohnes bei der geplanten Veranstaltung am 11. Februar 2011 einverstanden bin… Auch wenn diese Notiz nur eine Information und kein Vorschlag sein sollte, ist diese Instrumentalisierung der Kinder durch eine öffentliche Institution unakzeptabel… Es liegt nicht im pädagogischen Interesse, die Kinder stundenlang in der Kälte stehen zu lassen, um die Wagenkolonne der IOC-Evaluierungskommission und der Presse zu empfangen. Ganz im Gegenteil geht dadurch ein halber Tag Unterricht verloren. Außerdem möchte ich Sie daran erinnern, dass Annecy 2018 in der Bevölkerung… eine starke Gegenbewegung hat. Deshalb wird mein Sohn nicht an diesem Vormittag teilnehmen; ich werde ihm in dieser Zeit die Rolle des IOC erklären und wie man eine öffentliche Unterrichtsinstitution und ihr Publikum unterwandern und von ihrem Ziel abbringen kann.“
München 2018:
Falls jemand nun meint, das uns die olympische Indoktrination in Annecy nichts angeht: Bereits seit 4.2.2011 steht olympisches Werbematerial von der Bewerbungsgesellschaft München 2018 auch für deutsche Schulen kostenlos zur Verfügung. Die 113 Seite dicke Broschüre „Lernen von den Spielen“ wurde – bezeichnenderweise – in der BMW-Welt vom bayerischen Staatsminister für Unterricht und Kultus, Ludwig Spaenle zusammen mit Katarina Witt vorgestellt. Die Schrift „soll Schülern und Lehrern Material an die Hand geben, um olympischen Geist, Geschichte und Leistungssport in das Unterrichtsgeschehen zu integrieren“ (Olympische Spiele fürs Klassenzimmer, in SZ 5.2.2011).
Und zum Besuch der Evaluierungskommission des IOC von Ende Februar bis Anfang März 2011 in München, Garmisch-Partenkirchen und Berchtesgaden werden vermutlich auch an diesen Orten Fähnchen schwenkende Schulkinder auf Geheiß des Ministeriums für Unterricht und Kultus die Straßen säumen und vermeintliche olympische Begeisterung signalisieren. Auch die Eltern der Schulkinder im Umkreis von München 2018 werden also das selbe Problem haben wie die Eltern von Annecy 2018 – und vermutlich die Eltern von Pyeongchang 2018.
Die Mobilisierung von deutschen Schulkindern erinnert sehr an autoritäre Regime der jüngeren deutschen Vergangenheit.
Vergleiche auch Aktuelles
München-2018 wirft seinen (Beton-)Schatten
Die Allgäuer Betonfirma Riebel (Umsatz 220 Millionen Euro, neun Betonwerke) gehört zu den „Freunden der Bewerbung“ von München 2018. Anfang Februar 2011 wehrten sich Bürger des Ortes Endlhausen bei Egling gegen die Grundstückssuche von Riebel in ihrem Ort: Der Baukonzern suchte für die bessere Belieferung von Großbaustellen im Süden von München – z.B. für Olympia 2018 – strategisch günstig gelegene Grundstücke. Für die Produktion und Verteilung von 500 Kubikmeter Beton müssten täglich mindestens 50 Mischfahrzeuge und fünf Sattelzüge durch den kleinen Ort fahren (Endlhauser wehren den Anfängen, in merkur-online 3.2.2011; Betonfirma beißt auf Granit, in SZ 4.2.2011).
München 2018 verbaut 200 Tonnen
Stolz wies die Bewerbungsgesellschaft Anfang Februar 2018 auf ihr neuestes Monument hin: ein „überdimensionales Begrüßungstor“ am Autobahnzubringer des Münchner Flughafens, das 16 Meter hoch und 40 Meter breit ist und 200 Tonnen wiegt. Es hat 340 Quadratmeter Werbefläche, wurde eigens für den kurzen Besuch der IOC-Evaluierungskommission errichtet und wird nach am 13. März 2011 wieder abgebaut.
Flughafendirektor Michael Kerkloh äußerte: „Mit dem spektakulären Torbogen auf der Flughafenzufahrt wird dieses olympische Ziel eindrucksvoll in Szene gesetzt“ (PM München 2018, 7.2.2011).
Dazu kommen für die Flugpassagiere Slalomtore auf dem Weg zur Gepäckabgabe, die Bebilderung von Ticket- und Check-in-Counter mit Hinweisen auf olympische Disziplinen.
Der Flughafen München ist „Nationaler Förderer“ von München 2018, befindet sich vollständig im Besitz der Öffentlichen Hand – und ist mit ca. 2,5 Milliarden Euro verschuldet.
Ludwig Hartmann in Berchtesgaden
Am 4.2.2011 veranstaltete die Ortsgruppe Bündnis 90/Die Grünen einen Informationsabend mit MdL Ludwig Hartmann. Dieser betonte, dass es beim Widerstand gegen die Winterspiele 2018 keinesfalls gegen den
Breitensport geht – im Gegenteil. Die wichtigsten Gründe gegen die Bewerbung seien die Knebelverträge des IOC, die zu niedrig angesetzten Kosten wie z.B. für Sicherheit, die unbegrenzten Bürgschaften des
Bayerischen Landtags, die gegen die Haushaltsordnung verstießen. Dazu kommen die 18 Maßnahmen des Umweltkonzeptes, die sich an Allgemeinplätzen orientierten, die verfehlten temporären Planungen in
Schwaiganger für Biathlon und Langlauf und die nötige künstliche Beschneiung.
Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag, Bartl Wimmer, wies auf den notwendigen Bau eines olympischen Dorfes mit 500 bis 600 Betten im Landkreis Berchtesgaden hin, der ungeklärt sei. Ein Hotelbetreiber würde ein Drei- bis Vier-Sterne-Hotel mit 250 bis 300 Betten gegen diverse Gegenleistungen bauen: Das Risiko bliebe aber beim Landkreis. Dazu wurde für 22 Millionen Euro die Bob-und Rodelbahn für den Spitzensport ausgebaut; gleichzeitig werden Geldmittel für den Breitensport gekürzt.
Zur Erinnerung: Wolfgang Staudinger, der Cheftrainer des kanadischen Rodel-Verbandes, bezweifelte Anfang Januar 2011, ob die gerade eben renovierte Bahn den Anforderungen von München 2018 genügen würde: „Für Weltcups und Weltmeisterschaften reicht es, aber für Olympia kann ich sie mir noch nicht vorstellen“ (Mölter, Joachim, Schweben durch die Echowand, in SZ 7.1.2011).
Die Kreisvorsitzende des BN in Berchtesgaden, Rita Poser, befürchtete den massiven Ausbau der Straße entlang der Rodelbahn und berichtete von massiven Sprengungen für den Ausbau von Bob- und Rodelbahn
(Wirtschaftliche und ökologische Risiken angeprangert, in Berchtesgadener Tagblatt 7.2.2011; „Ungereimtheiten und Risiken“, in berchtesgadener-anzeiger.de 8.2.2011).
Die ökologischen Probleme der Bewerbung München 2018 lägen vornehmlich in Garmisch-Partenkirchen, stellte dann Ende Februar 2011 Bartl Wimmer fest und verwies gleichzeitig auf die ökonomischen Probleme Berchtesgadens, des wirtschaftsschwächsten Landkreises Oberbayerns: „Wir diskutieren über ein paar 100 000 Euro für eine Schul- und Breitensportanlage, investieren aber Millionen in die Bobbahn. Diese Güterabwägung ist jenseits von Gut und Böse“ (Effern, Heiner, Am Eiskanal geht alles glatt, in SZ 28.2.2011).
Veranstaltung gegen München 2018 am 8.2.2011
Die Linke veranstaltete am 8.2.2011 im Kulturhaus Neuperlach einen Informationsabend mit Willi Rehberg aus Salzburg und Christian Hierneis, dem Vorsitzenden der BN-Kreisgruppe München, dazu Brigitte Wolf und
Prof. Klaus Weber von „Die Linke“.
München 2018 lädt Sportjournalisten ein
Zum Auftakt der Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen wurden die Sportjournalisten zunächst auf den Olympiaturm, dann nach Garmisch-Partenkirchen gebracht, wo sie mit der Alpspitzbahn die Alpspix-Plattform besichtigen durften und von der
Bewerbungsgesellschaft „präpariert“ wurden, um die Berichterstattung zu beeinflussen, wie Kommunikationschef Jochen Färber festhielt: „Wir wollen, dass sich da keine Fehler über München 2018 einschleichen.“
Der Münchner Grünen-Stadtrat Boris Schwartz, der hauptberuflich bei München 2018 mit der geschönten Darstellung der Umweltfolgen befasst ist, zeigte zum Schluss bunte Powerpoint-Bilder, wie sie bereits im Bid
Book zur Genüge abgedruckt wurden. Er hatte zumindest bei einigen Sportjournalisten Erfolg, von denen einer vorschlug, „ob man denn angesichts der vorgetragenen Fakten diesen ewigen Umweltnörglern nicht
einmal ordentlich Bescheid sagen sollte“ (Effern, Heiner, Lode, Silke, Ein gutes Gefühl für Olympia, in SZ 8.2.2011).
Mit hübschen Powerpoint-Bildchen kann man so manches rechtfertigen. Allerdings werden die Aktivitäten von München 2018 bezüglich der Sportjournalisten gegenüber dem südkoreanischen Pyeongchang ins
Hintertreffen geraten: Dort findet im März 2011 der Internationale Sportjournalistenkongress statt
Ski-WM in Garmisch-Partenkirchen
Vom 8. bis 20. Februar 2011 fand in Garmisch-Partenkirchen die Ski-Weltmeisterschaft statt. 525 Athleten aus 70 Teilnehmerländern waren gemeldet, 1770 Journalisten akkreditiert. 1300 freiwillige Helfer wurden eingesetzt und 11 Wettbewerbe durchgeführt. Bei Olympischen Winterspielen München 2018 wäre mit etwa 50 Wettbewerben im „Schnee-Park“ GaP zu rechnen, also mit fast dem Fünffachen! (www.gap.de, GAP 2011 Programm & Events).
Die „Festspiele im Schnee“ – realistischer: im Kunstschnee -, kosteten mindestens 31 Millionen Euro (Effern, Heiner, Das Warten hat sich gelohnt, in SZ 7.2.2011; Gewaltige Zahlen, in SZ 8.2.2011).
Bei 500 Sportlern würden damit die Kosten bei 64.000 Euro pro Sportler liegen.
Allein der Ausbau des Gudibergs für die WM kostete 6,1 Millionen Euro – davon zahlten Bund und Land 4,1 Millionen Euro. Die Pisten wurden auf 15 Meter verbreitert; neben der Piste wurden Strom- und Wasserleitungen und die Beschneiungsanlagen mit Schneekanonen installiert. Ein neuer Lift führt über 500 Meter Länge und 200 Höhenmeter zum Start – nur für Rennläufer und Funktionäre. „Der Gudiberg ist ein Hochleistungssportgerät, Teil des Bundesleistungsstützpunktes Ski alpin für die Kaderathleten des Deutschen und des Bayerischen Skiverbandes. Den Sportbetrieb am Hang unterstützt der Bund mit 50.000 Euro jährlich“ (Riedel, Katja, Slalom-Spezialist, in SZ 19.2.2011).
Auf dem steilen Berg werden keine Touristen skifahren. Die Millionen in den Bergbausbau und den Lift wurden nur für den Elitesport investiert – für wenige Tage im Jahr.
Der Ort Garmisch-Partenkirchen ist derzeit mit etwa 110 Millionen Euro verschuldet und hat in den letzten Jahren etwa 80 Millionen Euro in den Wintersport investiert. Wir haben dazu unter http://www.goef.de/Olympische Winterspiele 2018 Vergleichsbilder über den Ausbau der Kandahar veröffentlicht.
Selbst ein Beitrag des Bayerischen Rundfunks bezweifelte, ob die hohen Investitionen von Garmisch-Partenkirchen in den Skisport sich jemals auszahlen würden. Dazu warnten Tourismusforscher davor, große Wintersport-Events als Weg aus der Krise anzusehen (Vor Ort – Die Reportage: Garmisch-Partenkirchen vor der Ski-WM, br-online 27.1.20911).
Warm war es in Garmisch-Partenkirchen von Anfang bis Mitte Januar 2011: Es regnete bis 2200 Meter Höhe. Trotz des Dauerbetriebs der Schneekanonen klagte „Chef“-Rennleiter Heinz Mohr: „Momentan ist der Schnee, wie wir sagen, tot“ und verwies auf die „ergänzende Beschneiung“ (Schwer, Alexander, „Gibt es noch genügend Schnee auf der Kandahar?“in merkur-online 18.1.2011).
Dann wurde es nur kurzzeitig kalt und vor der WM wieder warm – mit plus 13 Grad Celsius am 7.2.2011, dem Eröffnungstag. Die mit Wasser präparierten Pisten tauten tagsüber und vereisten nachts. 200 Präparatoren mussten in der Nacht die Pistenverläufe neu präparieren – und ab 6.30 Uhr die Pistenverläufe zur Markierung neu einfärben. Das Klima bereitete der WM durch die niedrige Höhenlage entsprechende Schwierigkeiten: „Hätten sie jedoch auf das Wasser verzichtet, hätte die Sonne den Schnee tagsüber aufgeweicht – und die Piste wäre aller Voraussicht nach schon nach einem Rennen keine WM-taugliche mehr gewesen. Die 49 Starter im Super-Ski hätten sie ganz einfach kaputtgefahren“ (Neudecker, Michael, SZ 9.2.2011). Deshalb schlug der SZ-Journalist vor, den Slogan „Festspiele im Schnee“ zu ändern in „Festspiele auf Eis“. Und die Nürnberger Nachrichten schrieben am 12.2.2011 von den „Festspielen auf Kunsteis“.
Vergleiche auch Aktuelles 1 und Aktuelles 2
Ski-WM-2011-Werbung
Im Vorfeld der WM wurden von der Bewerbungsgesellschaft München 2018 tüchtig Anzeigen geschaltet – wie in der SZ mit Maria Riesch: „Was wäre, wenn 2018 unser Wintermärchen wahr werden könnte?“
Was wäre, wenn es weder Schnee noch künstliche Beschneiung wegen zu hoher Temperaturen gibt? Nur eines ist sicher: München und die anderen Austragungsorte wären – ob mit oder ohne Schnee – pleite und um wertvolle Landschaften – wie in Schwaiganger – ärmer. Denn auch die „temporäre Nutzung“ wird schwere Schäden hinterlassen.
Siemens machte mit „Snow City“ auf dem Wittelsbacher Platz während der Ski-WM kräftig Werbung: Rund 100 Millionen Euro Umsatz macht der Konzern jährlich mit dem Wintersportgeschäft (Fasse, Markus, Höpner, Axel, Hofer, Joachim, Konzerne wetteifern bei der Ski-WM, in Handelsblatt 7.2.2011).
Vergleiche Siemens
Der Autokonzern AUDI ließ in Zeitungsanzeigen einen rätselhaften Techno-Salamander loskrabbeln, verglich das „höchste technische Niveau“ der Ski-Weltelite mit der neuesten Generation AUDI Quattro und warb „für eine überlegene Fahrt vom Start ins Ziel“. Der Energiekonzern Vattenfall warb für seinen Strom: „Unsere Energie erhellt Pisten und Loipen, betreibt Schneekanonen unmd die alpinen Skilifte. Das ist unser Beitrag zur Entwicklung des Wintersports.“ Alle Offiziellen trugen die Bekleidung des finnischen Sponsors HALTI. Und die BayWa schwärmte: „So planen, dass München 2018 ein Gewinn für alle wird – nicht nur für die Athleten.“
München 2018 wäre mit Sicherheit ein Verlust für alle.
Eröffnungsfeier: Wenn die Flakscheinwerfer zur Lasershow werden
Die angeblichen Kosten von 1,6 Millionen Euro – sicher zu niedrig angegeben – wurden zum Großteil vom Etat des Bundesinnenministeriums abgezwackt.
Zur Erinnerung ein früheres Zitat aus meiner Chronologie: „Bundesinnenminister Thomas de Maizière kündigte 1,5 Millionen Euro als ‚Bundeszuschuss für ein Kulturprogramm zur Ski-WM 2011‘ an mit der Begründung, dass die Ski-WM 2011 fünf Monate vor der Entscheidung über die Olympischen Winterspiele 2018 stattfinde: ‚Und nur deshalb sind die Mittel gerechtfertigt und gut.‘
De Maizière sagte auch, dass es keinen Zusammenhang zur gleichzeitigen Streichung von zwei Millionen Euro für den ‚Goldenen Plan Ost‘, einem Förderprogramm für ostdeutsche Sportstätten gebe (Schwer, Alexander, Hohes Niveau auch abseits der Piste, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 27.3.2010).
Zwei Millionen Euro wurden also dem Breitensport in den neuen Bundesländern entzogen und 1,5 Millionen Euro umgeleitet in das Kulturprogramm der Ski-WM 2011.
Zur Eröffnung der Ski-WM kam die Politprominenz: Bundeskanzlerin, Bundesinnenminister, bayerischer Ministerpräsident, etc. etc. – und natürlich auch die Sportprominenz von FIS und DOSB. Die Botschaft der Eröffnungsshow war: Sport ist Politik ist Wirtschaft ist Kunst ist Kultur: alles ist Sport. Von Klimawandel und Nachhaltigkeit sprach niemand mehr: Dabei gehen solche verschwenderischen Sportevents zu Lasten der Umwelt.
Den interessantesten und zugleich vernichtendsten Kommentar zur Eröffnungsfeier lieferte FIS-Präsident Gian-Franco Kasper ab: „Die beste Eröffnungsfeier war damals in Saalbach. Die wurde abgesagt (wegen des Golfkriegs; W.Z.), das war äußerst angenehm und schnell“ (WM-Sprüche, in SZ 21.2.2011).
Die Ski-WM 2011 sollte eine Vorübung und Imagewerbung für „München 2018 – die freundlichen Spiele“ sein. „Freundliche Spiele?“ In Garmisch-Partenkirchen erhielten bereits fünf Olympia-Kritiker Morddrohungen. Freundlich dabei ist nur, dass sich neue, aber durchaus logische Koalitionen bildeten: „Bauern und Grundbesitzer sowie Umweltschützer haben sich … zusammengeschlossen… Die neuen Partner eint als Motiv Heimat- und Naturschutz“ (Effern, Heiner, Neue Freunde, alte Feinde, in SZ 4.2.2011).
Zur WM 2011 erwartete der Ort 125.000 Zuschauer, 2000 Medienvertreter und 8000 Aktive, Betreuer und Funktionäre. Eine Sprecherin des Tourismus-Büros äußerte aber Ende Januar 2011: „Wir sind nicht ausgebucht… Nur bei den Vier-Sterne-Häusern ist es eng. Da wohnen die Offiziellen“ (Winterer, Paul, Ski-Spektakel als Garmischer Visitenkarte, in fnp.de 27.1.2011).
Beim WM-Auftakt waren viele leere Plastiksitzschalen im Fernsehen zu sehen. Die Gäste mit VIP-Ticket zogen dem Skirennen offenbar Champagner und das Heilbutt- und Lachs-Buffet vor – und deutsche Ski-Helden waren nur spärlich vertreten. Tausende Schulkinder wurden in Absprache mit dem Ministerium vom Unterricht befreit, um die Ränge zu füllen (Crone, Philipp, Auf der Ameisenstraße, in SZ 9.2.2011).
Aber die Ränge blieben auch leer, weil die Preise hoch waren: Beim Abfahrtslauf kostete der Stehplatz 55 Euro, der Sitz bis zu 129 Euro (Winterfeldt, Jörg, „Nachher ist man immer schlauer“, in Berliner Zeitung 14.2.2011). Und die Goldene VIP-Card kostete 4000 Euro (Eder, Michael, Super, Es kann besser werden, in faz.net 9.2.2011).
Siegertrophäen aus berufener Herkunft
Ameli Neureuther entwarf die Siegertrophäen der Ski-WM und verwendete dafür ein Modell des Partenkirchner Porzellanmodelleurs Josef Wackerle: Die Neufassung in den roten Garmischer und blauen Partenkirchner Skiclubfarben für Damen und Herren wurde in der Nymphenburger Porzellanmanufaktur hergestellt.
Josef Wackerle (1880 – 1959) kam 1924 an die Münchner Kunstakademie, wo er bis 1950 unterrichtete. 1937 schlug Goebbels Wackerle für den Deutschen Nationalpreis für Kunst und Wissenschaft vor, da er den „Zeitgeschmack“ traf und zahlreiche Kunstwerke für Nazigrößen herstellte und zum 60. Geburtstag 1940 erhielt Wackerle auf Vorschlag von Adolf Hitler die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft. Im August 1944 wurde Wackerle von Hitler höchstpersönlich in die Liste der wichtigsten Bildhauer aufgenommen (Wikipedia; Klee, Ernst, Kulturlexikon zum Dritten Reich, Frankfurt 2009, S. 572f).
Nach dem Krieg arbeitete Wackerle an der Akademie ohne Einschnitte bis 1950 weiter und wurde 1959 in Partenkirchen begraben.
WM-Hully Gully
Im Fanpark am Zielhang des Gudibergs in Garmisch-Partenkirchen spielten während der ganzen WM Coverbands ab 9.30 morgens bis zu den Rennen und ab 15 Uhr bis Mitternacht. In den Nationenhäusern trafen sich die Skiverbände der Schweiz, Österreichs, Deutschlands, Italiens (Crone, Philipp, Zwanzig zu zwei, in SZ 4.2.2011). Dazu trugen die „Zipfi-Zapfe-Buam“ entsprechend wertvolles Liedgut vor.
Der Kurpark wurde mit Imbissbuden, einer Großbühne, Bewirtungszelten und einer AUDI-Vertretung mit zahlreichen AUDI-Modellen bestückt.
Sport-Konkurrenz
Am Wochenende vom 12. und 13.2.2011 fanden bei der Ski-WM die Abfahrtsläufe der Herren und der Damen statt. Der Abfahrtslauf der Herren in Garmisch-Partenkirchen, DER Höhepunkt der WM, war aber nur noch ein Sport-Event unter vielen.
Denn an diesem Wochenende wurden auch noch veranstaltet: der Rennrodel-Weltcup in Paramonowo, der Biathlon-Weltcup in Fort Kent, der Skisprung-Weltcup in Vikkersundbakkens, dazu das Air & Style Festival in München. Dazu lief natürlich die ganze Zeit die deutsche Fußball-Bundesliga etc.: Sportevents ohne Ende, mit zunehmend weniger Beachtung.
Und vom 14. bis 27. Februar 2011 fand die Weltmeisterschaft für Bob- und Skeleton in Schönau am Königssee statt. In deren Verlauf zeigte der „Red Bull Air Race-Weltmeister“ Hannes Arch zum Entsetzen des Bund Naturschutz und vieler Besucher Kunstflugmanöver im Nationalpark, die gegen Auflagen verstießen und ihm eine Anzeige des Luftamtes Südbayern einbrachten. Der Leiter des Nationalparks Berchtesgaden, Michael Vogel, äußerte: „Klar war, dass ein Kunstflug nicht im Gebiet des Nationalparks stattfinden darf“ („Kriegsszenario“ über der Kunsteisbahn, in berchtesgadener-anzeiger.de. 19.3.2011).
Arch berief sich auf begeisterte Zuschauer wie den Münchner OB Ude und München 2018-Marketing-Direktor Stefan Bruckner und will dazu beitragen, dass die Olympischen Spiele 2018 nach München kommen. Zum Protest gegen seine Show im Nationalpark meinte er: „Es gibt halt die großen Interessensgruppen, und ein paar kleine…“ (Heininger, Manfred, Empörung nach Kunstflug-Show von Hannes Arch, in krone.at 27.3.2011).
Der normale Sport-Skill einer Bob-WM reicht nicht mehr: Zum Event braucht es noch Spektakuläreres wie einen „Red-Bull-Air-Racer“!
Die Sicherheit, die Funktionäre und die Sportler
Angesichts der vereisten, rasanten Kandahar-Piste warnte FIS-Renndirektor Günter Hujara die „kleinen“ Nationen vor den Gefahren des dortigen Abfahrtslaufs und spottete: „Die Strecke holt die Fahrer aus ihrer Wohlfühloase raus, das Runterfahren wird zum Kampf, die Fahrer hassen das“ (Kneer, Christoph, Geschüttelt, nicht gerührt, in SZ 11.2.2011).
Insgesamt wurden 36 (!) Kilometer Fangnetze an der Kandahar installiert (Schweikle, Johannes, Schneien darf es nicht, in zeit.de 17.2.2011)
Hujara lieferte gleichzeitig einen Zusammenhang zur Wetterlage: „Angesichts der Tagestemperaturen im Plusbereich sei es erforderlich gewesen, die Piste so hart wie möglich zu präparieren“ (Renndirektor warnt „kleine“ Nationen vor Kandahar, in merkur-online.de 9.2.2011).
Die Olympischen Winterspiele 2018 würden weitere sieben Jahre später stattfinden – mit hoher Wahrscheinlichkeit unter noch extremeren Bedingungen!
Die Ski-Rennfahrer nannten die Präparierung der Kandahar „Schwachsinn“, „unverständlich und unnötig gefährlich“ (Kritik an der „Kandahar“-Abfahrt, in Handelsblatt.com 10.2.2011). Lindsay Vonn, Didier Cuche und Bode Miller kritisierten die Strecke und ihre Präparierung. Cuche sagte: „Ich finde, dass die ganze Sicherheitsdiskussion nach den schweren Stürzen in Kitzbühel und Chamonix eigentlich lächerlich war im Vergleich zu dem, was wir jetzt hier bei der Weltmeisterschaft fahren müssen“ („Diese Strecke ist Schwachsinn“, in SZ 11.2.2011). Ivica Kostelic ließ den Abfahrtslauf aus und fuhr stattdessen ans Meer.
Interessanterweise äußerte Christian Neureuther zum Thema Sicherheit folgendes: Er habe seinen Sohn Felix nach dem furchtbaren Grugger-Sturz in Kitzbühel angerufen und ihm gesagt: „Felix, ich bin heilfroh, dass du keine Abfahrt fährst “ (Michael Eder, Interview in: faz.net 9.2.2011).
Gian-Franco Kasper und die Sicherheit
Kasper äußerte im Interview zur Abreise von Kostelic: „Kostelic sprach davon, dass 99 Prozent der Fahrer mit der Kandahar-Piste unzufrieden seien. Das ist doch immer so. Der Einzige, der zufrieden ist, ist der Sieger: Die anderen brauchen ja einen Grund, warum sie nicht gewonnen haben“ und unterstellte ihm, es brächte ihm „eine Medaille in der Super-Kombination weniger Prämien ein als bei den anderen Rennen.“
Kasper zum Termindruck: „Wir müssen aber jedes Wochenende unsere Rennen durchführen, das steht außer Frage. Sonst springen andere Veranstalter ein, und die Fahrer nehmen dort teil.“
Zum Teamwettbewerb und warum die Skifahrer so viel Mühe damit haben:
„Sie sind Egoisten, vor allem aber wollen sie nichts Neues“ (Alle Zitate: Schmid, Andreas W., „Wir sind hier schließlich an einer WM“, in Berner Zeitung 11.2.2011)
Alter Männer bestimmen die Bedingungen und gefährden junge Menschen.
Kasper zum „Rest“-Risiko: „Risikolos wird der Schisport nur sein, wenn wir das Tempo auf null reduzieren.“
Zum Preisgeld: „Hier gibt es 100.000 Franken pro WM-Wettbewerb… Wenn schon, dann müsste man jeder Weltmeisterin und jedem Weltmeister eine Million geben. Denn 40.000 Franken für den WM-Titel sind fast lächerlich, das gibt es im Weltcup bei jedem kleinen Damenslalom“ („Risikolos ist Schisport nur bei Tempo Null“, in kleinezeitung.at 13.2.2011).
Kasper zur Aktualität der Kandahar im Jahr 2018: „Wenn man heute entscheiden müsste, würde man natürlich ja sagen. Wir wissen aber nie genau, wo unser Sport hingeht in sieben Jahren“ („Mit deutscher Gründlichkeit“, in SZ 21.2.2011).
Aufschlußreich war eine Bemerkung Kaspers zur Olympiabewerbung bei der Ski-WM: „Ich habe hier ein lustiges Erlebnis gehabt: Eine ältere Dame auf der Straße hat mich fast umarmt, hat gesagt: Ich gratuliere, eine wunderbare Weltmeisterschaft, aber tun’s mir einen Gefallen – keine Olympischen Spiele!“ („Mit deutscher Gründlichkeit“, in SZ 21.2.2011)
Und noch aufschlussreicher war Kaspers Bemerkung eine Woche später bei der Nordischen WM in Oslo: „Wir sind froh, dass wir jetzt wieder zurück im Schnee sind. Bei der letzten WM hatten wir ja nicht viel davon“ (Spruch des Tages, Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 24.2.2011)
Vorläufiges Fazit der Ski-WM 2011
– In der WM-Zeit fuhren – wie schon vorher befürchtet – so gut wie keine Skifahrer auf der Zugspitze, obwohl die Gemeinde schon früh informiert hatte, dass der normale Skibetrieb dort von der WM nicht betroffen sei (Skibetrieb in Garmisch läuft trotz WM normal, in SZ 7.2.2011). Der kaufmännische Vorstand der Bayerischen Zugspitzbahn, Peter Theimer, sagte: „Allein auf der Zugspitze haben wir im Vergleich zum Vorjahr die Hälfte der Gäste verloren. Die Leute haben den Ort während der WM gemieden“ (Pritzl, Tassilo, Schneebänder auf braunen Wiesen, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 19.3.2011). Der Tourismus-Direktor Peter Ries verkündete für den Februar 2011 einen Rückgang von zwölf Prozent (Trotz Ski-WM: Schlechte Tourismus-Zahlen im Februar, in merkur-online.de 25.3.2011).
– Der Kartenverkauf verlief stockend. Vom ersten Wettkampftag an blieben viele blaue Plastiksitze der VIPs leer, die lieber in die VIP-Zelte gingen. Auffällig viele Schulkinder füllten die Besucherreihen: Das bayerische Kultusministerium gab schulfrei. Auch der Abfahrtslauf der Damen war nicht wirklich gut besucht: „Das Stadion am Ziel hat 11.500 Plätze, aber es ist nur halb voll. Bei den teuren Sitzplätzen in der Mitte, von denen viele an die VIPs vergeben sind, klaffen große Lücken. Die Veranstalter reagieren: Sie füllen die leeren Plätze mit Helfern“. Deshalb „sieht man statt der dunkelblauen Plastiksitze die hellblauen Jacken der Freiwilligen“ (Schweikle, Johannes, Schneien darf es nicht, in zeit.de 17.2.2011)
Das haben der FC Bayern und andere Spitzenclubs vorgemacht: Die VIPs interessieren sich immer weniger für Gekicke oder Skilauf, sondern vor allem für den Event: Das ist eine weitere Tendenz, den Sport zu kommerzialisieren und zu destruieren.
– Die „Festspiele im Schnee“ wurden zu „Festspielen auf Kunstschnee“, bzw. wie die Neue Züricher Zeitung schrieb, zu „Testspielen im Klee“. Insbesondere die starke Vereisung, die wegen der Plustemperaturen nötig erschien, dass gestreute „Brezn-Salz“, die extra hineinpräparierten Buckel und der „Freie Fall“ gerieten in die Kritik. Auch da, wo die Bäume die Strecke beschatten – wie im Abschnitt „Hölle“ -, ist die Piste zu eisig.
Heisst das für die Zukunft: weitere Abholzungen?
– Zwei Bronze-Medaillen für Riesch, ansonsten rangierten die deutschen Skisportler eher unter „ferner liefen“.
– Die Polizei übte mit 200 Beamten, Überwachungskameras und Hubschrauber für München 2018.
Spiegelonline fasste die Kritik so zusammen: „Weltklasse-Skiläufer, die öffentlich über schlechte Pisten schimpften oder lieber regenerierten, als beim vermeintlichen Höhepunkt der Wintersport-Saison zu fahren. Die Krankheitsgeschichte der Athetinnen, allen voran Maria Riesch und Lindsey Vonn, deren PR-Offensive auch Kolleginnen nervten. Zeitmess-Anlagen, die tagelang nicht richtig funktionierten und Zuschauer im Stadion und an den Bildschirmen verwirrten. Und Ticketpreise von bis zu 129 Euro“ (Winter, Sebastian, Zwischen Achselzucken und Athletennerv, in spiegelonline 20.2.2011).
– Die Hotels im Umland waren kaum belegt; die Zimmer im Ort waren schlechter gebucht als im Februar 2010. Die Taxifahrer zogen eine negative Bilanz – nicht zuletzt wegen der vielen kostenlosen Shuttle-Busse der Gemeinde und deren Sonderzufahrtsrechten (Taxi-Fahrer ziehen negative Ski-WM-Bilanz, in radio-oberland 24.2.2011).
– Die Einzelhändler klagten über niedrige Umsätze (Pawlovsky, Julia, Fußgängerzone voll – Einzelhandel profitiert kaum, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 14.2.2011; Riedel, Katja, Zimmer frrei, in sueddeutsche.de 15.2.2011; Pfaffinger, Christian, Die Weltgeisterstadt, in Abendzeitung 16.2.2011)
Tourismus-Direktor Peter Ries wusste aber von anderen Orten: „Nach der WM hat schlagartig ein Run eingesetzt“ )Hoenig, Andreas, GAP hofft auf Imagegewinn: Schreckt Ski-WM Gäste ab? in merkur-online 16.2.2011).
Dieser Run kam danach nicht.
– Die Pflanzungen des Kurparks werden wohl durch den Einsatz von Planieraupen plus Party-Bühne und provisorischem AUDI-Autohaus zwei Jahre brauchen, um wieder zum alten Zustand zu gelangen.
– Vom 7.2. bis 20.2.2011 übertrugen ARD insgesamt 14 Stunden 10 Minuten, ZDF 14 Stunden 15 Minuten und der BR 5 Stunden 55 Minuten: Insgesamt waren dies 34 Stunden und 20 Minuten Übertragungszeit in den Öffentlich-Rechtlichen, die dafür sicher teuer bezahlten – aus öffentlich-rechtlichen Pflichtgebühren! (Recherche: Wolfgang Zängl, Gloria Görgner)
– Die WM hatte ein positives finanzielles Ergebnis, von dem allerdings trotz ihrer hohen Kosten nicht die Gemeinde, sondern der Skiverband profitierte, wie DSV-Präsident Alfons Hörmann betonte: „Der Gewinn fließt vollständig in die Leistungssport-Förderung“ (Schwer, Alexander, Sport vor Politik, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 25.2.2011).
Die alte Verteilung: Steuerzahler und öffentliche Körperschaften zahlen an den Elitensport.
Es gab auch eine Protestaktion der Jugendorganisation des Bund Naturschutz: „König Ludwig tadelt GAP“ durfte zwar nicht wie geplant ablaufen, weil das Landratsamt keine Erlaubnis gegeben hatte. König Ludwig musste allein auftreten, begleitet von Streifenwagen und Beamten in Zivil. Das Volk, vulgo Publikum, spendete Beifall: „Weiter so!“ – „Gut, dass wenigstens einer das sagt.“ – „Kämpfen soll die Jugend um ihre Zukunft.“ (König Ludwig tadelt GAP, in jbn.de 10.2.2011; Effern, Heiner, Der Kini muss draußen bleiben, in SZ 11.2.2011)
Mountain Wilderness enthüllte am 13.2.2011 bei der Damenabfahrt im Zielraum ein Transparent mit der Aufschrift: „GAP 2011 – Weltmeister im Abholzen“ und verwies damit auf die umfangreichen, von der FIS geforderten Abholzungen – zum Teil unter Umgehung der gesetzlichen Regelungen (PM 16.2.2011).
Nolympia agierte bewusst nicht während der WM gegen München 2018. Ludwig Hartmann äußerte: „Uns geht es darum, mit unserem ‚Nein‘ zu Olympia die Steuerzahler zu schützen und nicht den WM-Besuchern den Spaß zu verderben“ („Bach diskreditiert sich“, in news.de 15.2.2011). „Es macht keinen Sinn, wenn in Garmisch-Partenkirchen Glamour verbreitet wird und wir Protestplakate in die Höhe halten“, sagte Axel Doering (Strauss, Hans, WM im Blick, Olympia im Sinn, in mainpost.de 6.2.2011). Allerdings werde man eine gründliche Bilanz der Ski-WM ziehen.
Und die Sport-Konkurrenz blieb groß: So fand u. a. vom 18. bis 27.2.2011 am Königssee die Bob- und Skeleton-WM statt.
Klimaforscher warnt vor Olympischen Winterspielen ohne Schnee
Prof. Hartmut Graßl, der Vorsitzende des bayerischen Klimarats, warnte anläßlich der Ski-WM vor dem Schneemangel im Jahr 2018 in Garmisch-Partenkirchen. „Die Wahrscheinlichkeit schneefreier Hänge nimmt zu.“ Nach einer OECD-Studie werden 36 der 39 dort aufgeführten Wintersportgebiete langfristig verschwinden. (Klimaforscher warnt vor Schneemangel bei Olympia 2018, in merkur-online 12.2.2011).
„Das Klima wird ihnen mit immer höherer Wahrscheinlichkeit einen Strich durch die Rechnung machen. Es ist ja schon jetzt praktisch alles auf Kunstschnee“ (nuernberger-nachrichten 12.2.2011).
Vergleiche Klimawandel
Der Umwelt-Chef im Organisationskomitees der Ski-WM 2011, Tobias Lienemann, hatte eine klimafreundliche WM angekündigt, musste dann aber doch feststellen, dass diese nicht zu schaffen war (Auf verlorenen Pisten, in SZ 17.2.2011).
Das gilt auch für die Olympischen Winterspielen 2018 – egal, an welchem der drei Orte sie stattfinden werden.
In muenchen-business-on.de stand im Artikel „Milde Temperaturen während der Ski-WM heizen Diskussion weiter an“ am 18-2.2011: „Weiße Kunstschneestreifen in grünbrauner Landschaft sind nicht die Bilder vom Wintermärchen, das die Marketingstrategen in die Welt tragen wollen.“ Und Lars Müller-Appenzeller schrieb am 19.2.2011 in der „Neuen Westfälischen“zum Thema „Schnulz im Sulz“: „Doch, doch, in Garmisch-Partenkirchen findet derzeit tatsächlich eine Wintersportveranstaltung statt. Wenngleich böse Zungen behaupten, der Frühjahrsschnee auf den WM-Pisten werde nur noch von der blauen Lebensmittelfarbe zusammengehalten. Die Helfer berichten, dass die Schneehöhe auf den Pisten pro Tag fünf Zentimeter abnimmt. Gut, dass die WM in zehn Zentimetern zu Ende geht – die Sache ging gerade noch mal gut.“
Das schneefreie Schwaiganger am 14. Februar haben wir hier dargestellt.
Schwaiganger-Planungen
À propos Schwaiganger: Falls München 2018 den Zuschlag erhält, würde dies an Spitzentagen bis zu 42.00 Besucher auf dem staatlichen Pferdegestüt bedeuten. Ein Stadion für die Langlauf-Wettbewerbe mit 4.000 Sitz- und 16.000 Stehplätzen und ein Stadion für die Biathlon-Wettbewerbe mit 7.000 Sitz- und 15.000 Stehplätzen würden temporär für 27 Millionen Euro errichtet. Die Zahl der Stellplätze wird nicht öffentlich diskutiert; 7.000 werden von der Bewerbungsgesellschaft aber nicht dementiert (Bis zu 42.000 Olympia-Fans pro Tag, in merkur-online 22.2.2011).
10,5 Hektar würden künstlich beschneit werden – mit 42.000 Kubikmeter Wasser aus einem 7,6 Kilometer langen Leitungsnetz bis zur 1,75 Kilometer entfernten Loisach. Dazu wären Beschneiteiche nötig, die natürlich wiederum gekühlt werden müssten.
Vergleiche wiederum Schwaiganger
0,17 Hektar Wald (1700 Quadratmeter) müssten gerodet werden. Die wertvolle, natürliche, nacheiszeitliche Landschaft, die in Schwaiganger mutwillig zerstört würde, soll laut Bewerbungsunterlagen nach den paar Wettkampftagen „in den ursprünglichen Zustand“ rückgebaut werden: Dies ist nicht möglich: Erhebliche Landschaftsschäden werden in jedem Fall bleiben. Der Murnauer Grünen-Sprecher Hans Kohl äußerte dazu: „Hier wird mit unvernünftigen Planungen nicht nur Geld zum Fenster rausgeworfen, sondern wertvolles Gelände zerstört, auch dann, wenn die Rede von rein temporär ist“ (Angst vor Goldenem Kalb Olympia, in merkur-online 22.2.2011)
Vergleiche auch temporär
Teures Olympisches Erbe Olympiapark
„Die Olympiapark GmbH ist seit 1972 ein Zuschussbetrieb. Im Jahr 2009 etwa flossen 12,6 Millionen Euro aus der Staatskasse“ (Patzig, Johannes, Olympiapark: Sanierung für 200 Millionen? in merkur-online 1.2.2011).
Jetzt muss der Olympiapark in München bis 2017 – wieder einmal – grundlegend saniert werden. Im März 2010 lagen die Kosten hierfür bei 170 Millionen Euro. Jetzt, im Februar 2011, werden sie schon mit 193 bzw. 200 Millionen Euro angegeben. Die Olympiahalle sollte zunächst 30, jetzt 98 Millionen Euro kosten, das Olympiastadion 40 Millionen Euro. Darin ist noch nicht das Zeltdach enthalten, das bis spätestens 2021 saniert werden muss und weitere 78 Millionen Euro kosten wird (Bock, Willi, 30 Millionen Euro mehr: Olympiapark wird noch viel teurer, in Abendzeitung 6.2.2011) (Lode, Silke, Teures Erbstück Olympiapark, in SZ 9.2.2011).
Seit dem Auszug des FC Bayern ergeht es dem Olympiastadion „wie den anderen großen Hallen und wie so vielen olympischen Vermächtnissen: Sie modern, rosten und verfallen so eilig vor sich hin, dass ein Restaurationskommando wohl hauptberuflich hier arbeiten könnte… 2008 kam die Olympiapark GmbH auf einen Deckungsgrad von 72 Prozent. Jeden Besucher des Parks subventionierte die Kommune mit 3,56 Euro“ (Winterfeldt, Jörg, Das größte Recycling der Geschichte, in Berliner Zeitung 17.2.2011).
Trotz dieser Defizite wurde die Olympiapark GmbH von OB Ude als Sponsor von München 2018 zwangsverpflichtet.
Es kommt also in jedem Fall billiger, das „Olympische Erbe“ gar nicht anzutreten. Denn mit der Bewerbung und dem Zuschlag zu München 2018 kämen weitere olympische Bauten mit künftigen Sanierungskosten auf die Stadt zu.
DOSB-Präsident Bach greift Nolympia an
Während Nolympia vornehme Zurückhaltung während der Ski-WM 2011 übte, nutzte Bach die Pressepräsenz und griff Nolympia an. Die Kritiker würden „ideologisiert und mit falschen Fakten“ arbeiten. Im Brief an alle IOC-Mitglieder würden „in Teilen falsche Behauptungen aufgestellt“. MdL Ludwig Hartmann und die Grundstückseigner malten „Schreckensszenarien an die Wand, als würde der gesamte Waldbestand in Garmisch-Partenkirchen gerodet“; stattdessen werde nur eine Fläche von der Größe eines Fußballfeldes versiegelt.
Außerdem monierte er, dass er und das zweite deutsche IOC-Mitglied, Claudia Bokel, diesen Brief nicht erhalten hätten.
Dann bediente sich Bach Meinungsumfragen, um sein Demokratieverständnis zu erklären: „Mehrheitsentscheidungen müssen respektiert werden, das entspricht unserer demokratischen Kultur. Man darf aber nicht erlauben, dass Einzelinteressen die Mehrheitsentscheidungen torpedieren“ (München 2018: DOSB-Präsident Bach greift „NOlympia“ an, in merkur-online 13.2.2011; Hervorhebung W.Z.).
Bach ist Jurist: Von daher ist es noch verwunderlicher, dass er – auf vermeintliche Mehrheiten gestützt – , die Enteignung der Bauern und Grundeigentümer indirekt anregt. Außerdem negiert er das demokratische Recht auf Widerspruch und Kritik und negiert dass Recht auf Berufsausübung der Landwirtschaft, die hier schon jahrhundertelang ausgeübt wird.
Zudem ist Bachs Kritrik auch aus einem weiteren Grund erstaunlich. Er bezieht sivch vor allem auf die Daten und Fakten, die Nolympia veröffentlicht hat. Und diese sind fast ausschließlich den Bewerbungsunterlagen entnommen.
Ludwig Hartmann bemerkte dazu: „Bach diskreditiert sich doch selbst, wenn er solche haltlosen Behauptungen aufstellt. Und es zeigt letztlich auch, wie dünn der DOSB argumentativ aufgestellt ist“ (Vorwürfe des Sportbund-Chefs: Olympia-Gegner wehren sich, in tz-online 15.2.2011). Mindestens einer seiner drei Briefe an Jacques Rogge sei von diesem an die Bewerbungsgesellschaft weitergeleitet worden: Hartmann hatte von dort nie eine Antwort erhalten (München-Gegner: „Bach diskreditiert sich“, in welt.de 15.2.2011; „Nie eine Antwort“, in SZ 16.2.2011).
Der Vorsitzende der bayerischen Grünen, Dieter Janecek, kritisierte die „haltlosen Ausfälle von Bach“, welche „eine Tradition an Ignoranz und Arroganz der Bewerbungsgesellschaft“ im Umgang mit Kritikern fortsetze. Außerdem zitierte Janecek die Neue Züricher Zeitung mit den „Testspielen im Klee“ in Anspielung auf die „Festspiele im Schnee“ (Effern, Heiner, Das Imperium schlägt zurück, in SZ 14.2.2011; DOSB-Präsident greift Kritiker an, in focus.de 13.2.2011).
Münchner Mieter Magazin: His Master’s Voice
Die Vorsitzende des Münchner Mietervereins, Beate Zurek, lobte im Vorwort des Münchner Mieter Magazins Nr. 1/2011 1300 neue Mietwohnungen: „Ich drücke der Bewerbung fest die Daumen- gerade auch aus der Sicht der Mieterinnen und Mieter.“
Wenn es so läuft wie bisher bei Olympischen Spielen, erhöhen sich die Immobilien- und die Mietpreise drastisch. Wenn es so läuft wie in Vanvouver 2010, dann geht auch noch die Baufirma bankrott, aus geplanten 25 Prozent Sozial- und Mietwohnungen wird nichts. Im ehemaligen Olympischen Dorf in Vancouver erwiesen sich die nach den Spielen angebotenen Eigentumswohnungen als weitgehend unverkäuflich, wodurch die Stadt Schulden von fast einer Milliarde kanadischer Dollar anhäufte (Siehe 18 Gründe: Vancouver). Wenn es ganz dumm läuft, würde das Olympische Dorf in München zur Gated Community mit einem großen Zaun – und wäre kein öffentlicher Park mehr wie jetzt. Die vorgelegten prämierten Pläne mit den olympischen Hochhäusern deuten dies bereits an.
Zurek räumte dem Geschäftsführer der Bewerbungsgesellschaft, Jürgen Bühl, vier Seiten ein, der kräftig für München 2018 Werbung machen durfte mit den üblichen, inzwischen hinlänglich bekannten unwahren Angaben. Zwei Beispiele:
– „Zudem muss nicht einmal ein halber Hektar Land für die alpinen und nordischen Sportstätten neu erschlossen werden“ (S. 5).
Dazu hat die BN-Kreisgruppe München und die GÖF ausführlich Stellung hier genommen.
– „Darüber hinaus lässt der Siegerentwurf 95 Prozent des als ’sehr erhaltenswert eingestuften Baumbestandes unberührt“ (S. 7).
Das wären bei 108 „sehr erhaltenswerten Bäumen“ etwa sechs Bäume. Leider verschweigt Herr Bühl, dass laut Architekturbeschreibung 80 Prozent der 1594 von der LH München als „erhaltenswert“ klassifizierten Bäume gefällt werden müssten: also mindestens 1275 erhaltenswerte Bäume (Quelle: Referat für Stadtplanung und Bauordnung, Planungswettbewerb Olympisches Dorf und Mediendorf, Baumbilanz, 28.9.2010; competitionline, 1. Preis Olympic Village, ID 43278)
Am 16.2.2011 wurden dann in der Ausstellung „Planen für München 2018“ die Wettbewerbsergebnisse des Olympischen Dorfes vorgestellt.
Interessant in vielerlei Hinsicht ist in diesem Zusammenhang eine Meldung über die Baustellen der Olympischen Sommerspiele 2012 in London: Die Gesamtkosten wurden anfangs auf 3,9 Milliarden Euro geschätzt und liegen inzwischen bei 19 Milliarden Euro. Allein das Organisationsbudget LOCOG liegt nun bei 11 Milliarden Euro und wird weiter steigen. Der britische Rechnungshof diagnostizierte Probleme wie in Vancouver 2010: „Aufgrund nicht absehbarer Risiken die Spiele betreffend kann es keine Sicherheit geben, dass die Kosten im gesteckten Rahmen bleiben… Probleme mit der Deckung des Olympia-Etats sieht die Behörde besonders beim Verkauf der Wohnungen des Olympischen Dorfes…“ (Olympia 2012 in London droht Budgetüberschreitung, AFP 16.2.2011).
Umweltverbände auch in Annecy 2018 ausgetreten
Am 16.2.2011 trat CIPRA France aus dem „Komitee für nachhaltige Entwicklung und Umwelt der Kandidatur von Annecy für die Olympischen Spiele 2018“ aus.
CIPRA Frankreich hat sich „gegen eine Politik der leeren Wörter ausgesprochen und versucht, deutlich zu machen, dass es Olympische Spiele in Hochsavoyen nicht um jeden Preis geben darf“. CIPRA Frankreich gelangte zu dem Schluss, „dass wir uns und anderen etwas vormachen, wenn wir in einem beratenden Komitee sitzen, das kein Mitspracherecht hat“.
Das Komitee wurde nicht zum abschliessenden Bewerbungsdossier gehört, das beim IOC eingereicht wurde. „Während die ursprüngliche Bewerbung von Annecy die Nutzung bereits bestehender Sportanlagen vorsah, mussten wir feststellen, dass im endgültigen Projekt davon keine Rede mehr war. Eigens für die Olympischen Spiele sollen sieben neue Anlagen für die Eiswettbewerbe errichtet werden. Das ist eine enorme Verschwendung, die wir nicht akzeptieren können und die in Krisenzeiten wie diesen besonders empörend ist“. (Quelle: CIPRA express, Februar 2011
In einem offenen Brief an die Evaluationskommission des IOC warnten France Nature Environnement, Fédération Rhône Alpes de Protection de la Nature (FRAPNA) und CIPRA Frankreich vor den absehbaren Auswirkungen der Grossveranstaltung: „“Die Folgen der Olympischen Spiele für die Umwelt werden in den Bewerbungsunterlagen weitgehend unterschätzt.”
Quellen: www.cipra.org/fr/CIPRA/cipra-france/presse (en), www.lemonde.fr/sport/article/2011/02/07 (fr)
Damit gehen die Austritte von Naturschutz- und Umweltgruppen aus der olympischen Bewerbung 2018 auch in Frankreich weiter. In Deutschland haben die Umweltverbände Bund Naturschutz (Juni 2009), Mountain Wilderness (Juni 2009), CIPRA Deutschland, der Verein zum Schutz der Bergwelt (Oktober 2009) und der Deutsche Naturschutzring (September 2010) die Fachkommission Umwelt der Bewerbungsgesellschaft München 2018 aus guten Gründen verlassen – also fast alle maßgeblichen Umweltverbände.
Sowohl in Frankreich als auch in Deutschland ist die Einstellung der Unterstützung durch die Umweltverbände logisch und konsequent, da die Mitarbeit in der Bewerbung nur die Chance für den Zuschlag erhöhen soll und die Umwelt-Kommissionen lediglich eine Feigenblatt- und Alibifunktion hatten: Sie sollten die gravierenden Eingriffe in die Natur legitimieren, waren aber an den wirklichen Entscheidungen nie beteiligt.
Vergleiche auch Annecy.
IOC-Evaluierungskommission besucht Annecy
Präsident Nicolas Sarkozy war anwesend, als die 14köpfige Evaluierungskommission unter der Leitung von Gunilla Lindberg Anfang Februar 2011 in Annecy eintraf. Die französische Bewerbung hatte zwischendurch nicht einmal mehr Geld für die Flugtickets nach Durban, wo am 6.7.2011 die Vergabe stattfindet und wurde zwischenzeitlich mit 2,5 Millionen Euro auf 21 Millionen finanziell aufgepäppelt. Lindberg erklärte umgehend die Bewerbung von Annecy für „stark verbessert“
Allerdings fielen die Chancen wieder, weil der französischen Sportministerin Chantal Jouanno ein Fauxpas unterlief: „Falls wir verlieren, bewerben wir uns wahrscheinlich um die Sommerspiele“ (Maskenball und Muskelspiele, in SZ 26.2.2011).
IOC-Evaluierungskommission besucht Pyeongchang
Die 14köpfige IOC-Evaluierungskommission traf Mitte Februar 2011 in Pyeongchang ein und begutachtete den Kandidaten vom 15.2. bis 18.2.2011. 1300 Bewohner säumten die Straßen und begrüßten die Delegation mit Fahnen und Plakaten und den Masken der IOC-Mitglieder. 2018 südkoreanische Sänger sangen den Abba-Song „I have a dream“ – zur Freude der Leiterin der IOC-Evaluierungskommission und Schwedin Gunilla Lindberg (Bereit für den Olympia-Test, in merkur-online 14.2.2011; IOC Visits Gangneung Coastal Cluster of PyeongChang 2018 Bid, in gamesbids.com 18.2.2011). Der Staatspräsident und der Premierminister nahmen sich viel Zeit; selbst die Opposition erschien. Die Zustimmungsraten in der Provinz Gangwon wurden mit 93 Prozent angegeben; allerdings war der Zeitungsverband ein Sponsor der Bewerbung (Maskenball und Muskelspiele, in SZ 26.2.2011).
Es ist merkwürdig, warum gerade die Printmedien sich häufig zum Erfüllungsgehilfen olympischer Bewerbungen machen!
Der Botschafter für die Spiele, Jin Sun Kim, der auch schon die Bewerbungen 2010 und 2014 geleitet hatte, erklärte der IOC-Kommission die Entwicklung der Pläne in den letzten zehn Jahren (PyeongChang 2018 Promises Compact Plan and Safe Venues On Day One of IOC Visit, in gamesbids.com 16.2.2011). Der Präsident des koreanischen Olympischen Komitees ist Park Yong-Sung, siehe Kritisches Olympisches Lexikon.
Alles schien für Pyeongchang zu sprechen, wo es sogar einen Meter geschneit hatte: die Unterstützung durch die Politik, der dritte Bewerbungsversuch, die bereits vorhandenen Sportstätten, die wirklich kurzen Wege. Ein Londoner Sportjournalist sagte: „They simply keep their promises“ (Kemnitzer, Sebastian, München zittert sich ins Finale, in stern.de 5.3.2011)
Und Jens Weinreich schrieb: „… Pyeongchang hat seine Führung im Olympia-Wettbewerb deutlich gefestigt… Die Südkoreaner haben seit einem Jahrzehnt alle Versprechen gehalten“ (Weinreich, Jens, Der Favorit, in dradio.de 19.2.2011; Pyeongchang in der Poleposition, in fr-online 20.2.2011).
Maria Riesch und ihre wahren Freunde
Im April 2011 heiratete Maria Riesch Marcus Höfl, ihren Manager. Er ist der Sohn des ehemaligen Eisschnelllauftrainers Herbert Höfl und hat eine typische sportaffine Karriere. Über Verbindungen des Vaters zu Adidas lernte Marcus Höfl Franz Beckenbauer kennen. Dietrich Mateschitz holte Höfl in die USA und machte ihn zum Fußballbeauftragten seiner Firma Red Bull. 2002 wurde Höfl Assistent von Beckenbauer (Neudecker, Michael, Ein Leben in der Mixed Zone, in SZ 16.4.2011).
In einem Interview verriet Marcus Höfl, die zwei Vermarktungsstrategien: „Das eine ist Maria persönlich, das andere ist der Verband. Das Persönliche ist meine direkte Zuständigkeit, das haben wir auf drei Säulen aufgebaut: Sport, dann den Bereich Bodenständigkeit/Familie, der Maria sehr wichtig ist und den Bereich Mode – und in jedem Bereich haben wir gute Partner gefunden. Das Wichtigste ist dabei die Authentizität.“
Die Partner der Bereiche Ausrüstung sind Head, Lange, Dainese. „Im Bereich Familie ist es die Sparkasse, Müller Milch und vor allem Milka.“ Im Mode/Fashion-Bereich sind die Partner Rodenstock, Hublot und demnächst Bogner. (Alle Zitate: Das macht Maria viel Spass, in Abendzeitung 15.2.2011)
„Marcus Höfl beschreitet einen schmalen Grat, die Grenze zwischen Vermarktung und Übersättigung ist oft fließend“ (Neudecker 16.4.2011).
Bei anderen Sport-Werbeträgern wird es nicht viel anders aussehen. Sie werden vermarktet, so teuer und so lange es geht: bis sie wegen Verschleiß aus dem Markt genommen werden müssen und jüngere Sport-Werbeträger einsteigen.
Vancouver-2010-Opfer
Nach den Olympischen Winterspielen im Februar 2010 wurden im Olympiaort Whistler zwischen 50 und 100 Huskies erschossen. Die Schlittenhunde waren von den zwei Touristikunternehmen Outdoor Adventures Whistler und Howling Dogs angeschafft worden, um Touristen während der Olympischen Spiele im Schlitten zu befördern. Nach den Spielen gab es für die Hunde in der „schwachen Saison“ keine Verwendung mehr, und so wurden sie zwischen dem 21. und 23. April 2010 erschossen.
Ein Tierarzt weigerte sich, die gesunden Hunde einzuschläfern. Der Mann, der sie umbrachte, hatte sie zuvor großgezogen. Er erschoss sie vor den Augen der anderen Hunde, die ihn deshalb mehrmals angriffen und bissen. Bekannt wurde der Vorfall, weil der Mann danach unter psychischen Problemen litt und sein „posttraumatisches Stressyndrom“ als Arbeitserkrankung anerkennen lassen wollte.
Die Medien bezeichneten die Ermordung der Hunde als „Schande für Kanada“ (Braune, Gerd, 100 Huskies hingerichtet, in Stuttgarter Zeitung 16.2.2011).
Neues von Bürgermeister Schmid
Am 17.2.2011 erzählte der Garmisch-Partenkirchner Bürgermeister Thomas Schmid dem Münchner Merkur, dass die Zugspitzbahn inzwischen von den roten in die schwarzen Zahlen geführt werden konnte. Zu den deutlich sichtbaren Lücken auf den Tribünen bei der Ski-WM sagte Schmid, diese seien nur während der Woche leer geblieben.
Auf die Frage nach den Kritikern sagte Schmid: „Die Fundamentalisten wird man überhaupt nicht mit irgendeiner Erfahrung überzeugen können, aber es gibt viele, die sagen: Ja, ich bin für die WM, ich bin auch für Olympia, aber ist das nicht vielleicht doch ein bisschen groß, ist der Verkehr zu viel für uns? Und denen konnte die Sorge ganz klar genommen werden.“
Zu der völlig ungelösten Grundstücksfrage im Fall München 2018 äußerte Schmid: „95 Prozent der benötigten Flächen, die wir für Olympia brauchen, haben wir vertraglich gesichert. Das ist ein ganz dicker Stapel von Verträgen, die wir in der Kommune von den Grundstückseigentümern bekommen haben… Somit sind wir eigentlich durch und haben die Olympischen Winterspiele und Paralympics von den Grundstücken her gesichert.“
Und zum Besuch der IOC-Evaluierungskommission sagte Schmid: „Gern präsentieren wir den Stapel an Grundstücksverträgen, der nachweist, dass wir alles gesichert haben.“
(Alle Zitate: Thomas Schmid: Olympia-Grundstücke praktisch gesichert, in merkur-online 17.2.2011; Riedel, Katja, „Fünf Prozent der Grundstücke fehlen“, in SZ 18.2.2011)
Ob der Bürgermeister das selbst glaubt? Rechtsanwalt Seitz äußerte kürzlich, dass nur zwei Grundeigentümer unterschrieben hätten – und zwar schon im Herbst 2010! Vergleiche auch Garmisch-Partenkirchen.
Die Polizei wird olympisiert
Am 23.2.2011 stellte der bayerische Innenminister Herrmann den neuen München-2018-Aufkleber für 1400 Polizeifahrzeuge vor.
Die Polizeigewerkschaften forderten umgehend: „Diese Kommerzwerbung muss herunter von unseren Polizeiwagen!“ Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Jürgen Ascherl, betonte: „Wir sind einfach gegen jede kommerzielle Werbung auf unseren Einsatzwagen. Und Olympia ist nichts anderes als eine Kommerzveranstaltung… Wir werden hier als Werbeträger instrumentalisiert, und dann noch für etwas, das bei der Bevölkerung mehr als umstritten ist.“ Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Carsten Lindemann, sagte: „Wir als Polizei haben als neutrale Einrichtung ein hohes Ansehen bei der Bevölkerung. Da schaden uns diese Aufkleber, weil Olympia ja ein umstrittenes Thema ist. Es gibt auch viele Polizisten, die gegen diese Veranstaltung sind“ (Alle Zitate: Geier, Armin, Polizei gegen Werbung: Ärger ums Oly-Papperl, in tz-online 24.2.2011; Kemnitzer, Sebastian, Jetzt mit Blaulicht werben, in taz.de 1.3.2011).
Innenminister Herrmann bestritt, dass es sich bei München 2018 um eine Privatangelegenheit handelte – Bundespräsident, Bundeskanzlerin, Ministerpräsident etc. seien schließlich dafür – und rügte den Landesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Hermann Benker, der „die Bedeutung dieser Olympischen Spiele für Deutschland und Bayern nicht erkannt“ habe (PM 68/11 Bayerisches Staatsministerium des Innern, 28.2.2011).
MdL Ludwig Hartmann und MdL Susanna Tausendfreund von Bündnis 90/Die Grünen stellten am 28.2.2011 eine schriftliche Anfrage an die Staatsregierung. Sie wollten u. a. wissen, wie oft in der Vergangenheit Polizeiautos für Werbezwecke verwendet wurden, welche Art von Werbung auf den Autos angebracht wurde, ob es schon einmal seitens der Polizei dagegen Protest gab und ob jemals eine Großveranstaltung wie Olympische Winterspiele auf Polizeiautos beworben wurden. Hartmann interessierte insbesondere die Grenze: „Setzt man die Logik des Innenministers fort, wäre es nur eine Frage der Zeit, bis Polizeiautos mit Werbeaufklebern für längere AKW-Laufzeiten oder die dritte Startbahn auf Streife geschickt werden“ (PM Bündnis 90/Die Grünen 28.2.2011: Polizeifahrzeuge als rollende Litfass-Säulen).
Falls München 2018 käme und damit die allgemeine Verschuldung noch schneller steigen böte sich doch als neue Einnahmequelle des Innenministeriums an, Polizeifahrzeuge ähnlich wie die Athleten mit Werbung zu bepflastern und dies jahreszeitlich getimt – z. B. im Winter mit Bogner und im Sommer mit Adidas…
Auf knapp 1400 Polizeifahrzeugen seien die Aufkleber angebracht, antwortete Hermann Mitte April 2011: „Eine erfolgreiche Bewerbung ist von hohem staatlichen Interesse, weil u.a. wichtige Impulse und Chancen für Wachstum und Beschäftigung zu erwarten sind. Deshalb unterstütze ich als Mitglied der Staastsregierung mit den Aufklebern ‚Olympia 2018‘ die Bewerbung ausdrücklich.“ Sodann verstieg sich Herrmann zu der bewusst unwahren Aussage: „Weder von Seiten der Polizeibeschäftigten noch von Berufsvertretungen gab es bisher Kritik an der Anbringung von Image- und Werbeaussagen auf bayerischen Polizeifahrzeugen“ (Kemnitzer, Sebastian, Staatsaufgabe Olympia, in taz.de 26.4.2011).
Start des Bürgerbegehrens in Garmisch-Partenkirchen
Das Bündnis NOlympia hatte bis zur Ski-WM 2011 bereits 13.000 Unterschriften gegen die Bewerbung gesammelt, davon 3000 aus Garmisch-Partenkirchen. Nach der Ski-WM 2011 startete zwei Tage danach das Bürgerbegehren. Am 22.2.2011 begann die Verteilung der Unterschriftenlisten und des Begleitbriefs sowie die Information der Presse. Dazu wurden die vorliegenden Adressen angeschrieben. „Keine Olympischen Winterspiele in Garmisch-Partenkirchen! Gegen den Ausverkauf unserer Heimat!“ lautete das Motto des Bürgerbegehrens. Die Ski-WM bestand aus 11 Wettbewerben; bei Olympische Winterspiele 2018 würden mindestens 55 Wettbewerbe im „Schnee-Park“ GaP stattfinden, also fast fünfmal so viel.
Die gefundene Fragestellung bestand schließlich darin, mit einem Bürgerbegehren die rechtliche Zulässigkeit der unterschriebenen Verträge überprüfen zu lassen: Falls das Bürgerbegehren erfolgreich ist, soll der Verfassungsrechtler Prof. Heinrich Amadeus Wolff die IOC-Verträge überprüfen. Nachdem Bund, Land und Gemeinden alle Verträge plus fast 50 Bürgschaften für das IOC abgegeben haben, erschien die rechtliche Überprüfung der Verträge notwendig und für das Bürgerbegehren gangbar.
Vergleiche hierzu Aktuelles 1 und Aktuelles 2
Prof. Wolf war sechs Jahre in München Hochschullehrer und hält speziell den Verweis auf Schweizer Recht für einen „Knackpunkt“: „Ich selbst bin darüber ein bisschen verwundert, weil derjenige, der das Recht erlassen kann, sagt, ich nehme nicht das, was von mir selbst stammt und was von meiner Bevölkerung demokratisch legitimiert wurde, sondern eine andere Rechtsordnung. Das finde ich spannend, und deshalb ist es für mich auch ein interessantes Gutachten… Es kommt darauf an, wie weitreichend diese Änderungen sind. Eine Kommune darf sich nicht vollständig unterwerfen und zum Sklaven machen“ („Eine Kommune darf sich nicht zum Sklaven machen“, in SZ 24.2.2011).
Für die Zulassung werden die Stimmen von acht Prozent der Einwohner benötigt, also etwa 1700 Unterschriften. Beim eigentlichem Bürgerentscheid reicht die einfache Mehrheit, sofern es sich dabei um mindestens 20 Prozent der Stimmberechtigten handelt (Frei, Andreas, Abfahrt für das Bürgerbegehren, in Augsburger Allgemeine Zeitung 23.2.2011).
Der Vertreter der Grundeigentümer, Ignaz Streitel, lobte die Ski-WM als „eine gute Sache“. Die WM sei für das enge Loisach-Tal gerade noch verkraftbar, aber Winterspiele „wären eine Katastrophe für uns“ (Brinkmann, Tanja, Jetzt sind die Bürger gefordert, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 23.2.2011). Deshalb wolle Streitel alles tun, um dem Bürgerbegehren zum Erfolg zu verhelfen.
Axel Doering bemerkte zum späten Zeitpunkt des Begehrens: „Von Anfang an haben nämlich die Bewerber sich bemüht, dass sie Verträge abgeschlossen haben, die ein Bürgerbegehren erschweren oder aus ihrer Sicht auch unmöglich gemacht haben, denn du darfst mit einem Bürgerbegehren nicht zum Vertragsbruch aufrufen…“ („NOlympia“ bringt Bürgerbegehren gegen Spielei in Garmisch ein, in dradio.de 22.2.2011).
Der Münchner Oberbürgermeister Ude gab sich dagegen „fassungslos“: „Ich empfinde es als kurios, so viele Jahre abzuwarten und jetzt plötzlich zu sagen: April, April!“ (Olympia-Gegner machen Ude „fassungslos“, in focus.de 22.2.2011). Es gehe den Olympiagegnern „offenbar nur darum, Sand ins Getriebe zu streuen“ (Fahrenholz, Peter, Effern, Heiner, „Das Obskurste, was mir je untergekommen ist“, in SZ 23.2.2011).
Zunächst hatten die Befürworter der Bewerbung gesagt: „Viel zu früh für ein Bürgerbegehren!“ Dann wehrten sie sich vehement gegen ein Bürger- bzw. Ratsbegehren in Garmisch-Partenkirchen. Schließlich peitschten sie die geheimen Verträge mit dem IOC durch, um danach zu spotten: „Viel zu spät für ein Bürgerbegehren!“ Und nun war der Münchner OB fassungslos – allerdings nicht lange, da seine Juristen und die der Bayerischen Staatskanzlei umgehend an einem Entwurf für ein Gegen-Bürgerbegehren arbeiteten.
Die Zielsetzung laufe laut Ude auf die „völlige Entmachtung des Gemeinderates“ hinaus. Ude provozierte auch hier wie üblich: „Anstelle der Bürgerbeteiligung soll eine externe Ein-Mann-Diktatur