Webseite-Besucher
Im Juli 2014 besuchten 25.999 Internet-Nutzer unsere Nolympia-Webseite. Von Februar 2010 bis einschließlich Juli 2014 hatten wir damit 953.723 Besucher. Wir bedanken uns für das immer noch anhaltende Interesse.
Neu unter „Aktuelles“: Der Fifa-Geld-Kunstrasen; Quo vadis, Öko-Institut?; Gericht entscheidet gegen Sudelfeld
Ziemlich frisch im Kritischen Olympischen Lexikon:
Hamburg-Berlin 2024 – Zur deutschen Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024: bis 6/2014: hier; 7-8/2014: hier; ab 9/2014: hier(wird laufend aktualisiert)
Was ein Gaskonzern und Sport, Oligarchen und Putin miteinander zu tun haben. Gazprom-Chronik (1): bis 31.12.2012: hier; Gazprom-Chronik (2) 1/2013 – 8/2014: hier; Gasprom-Chronik (3): ab 9/2014: hier. Wird laufend aktualisiert.
Rachimow, Gafur; Rotenberg, Arkadij, Boris; Makarow, Igor; Host Broadcasting Services (HBS)
In eigener Sache
Die Webseite und ihre Informationen stehen allen zur Verfügung, um die tatsächlichen Hintergründe im Spitzensport und seinem Umfeld aufzuzeigen und zu beschreiben. Ich bemühe mich meinerseits, korrekt zu zitieren und Quellen anzugeben. Umgekehrt wäre es fair, dass auch die Nolympia-Webseite als Quelle in den Artikeln von Journalisten angegeben wird.
Dr. Wolfgang Zängl
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Zitate des Monats
Formel-1-Boss Bernie Ecclestone zu seinem 100-Millionen-Dollar–Deal mit dem Münchner Gericht: „Eigentlich finde ich dieses kapitalistische System gut“ („Ich finde dieses kapitalistische System gut“, in spiegelonline 6.8.2014).
Markus Mohler in der NZZ zum Ecclestone-Freikauf: „Wenn Bestimmungen des Straf- und Strafprozessrechts erlauben, sich einfach freizukaufen, ist dies als pures ‚Checkbuch-Strafunrecht‘ zu bezeichnen“ (Mohler, Markus, Dankt auch Deutschland als Rechtsstaat ab? in nzz.ch 6.8.2014; siehe unter VI).
Der damalige stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Wowereit am 12.9.1996 im Berliner Abgeordnetenhaus zur Aufarbeitung der gescheiterten Bewerbung Berlin 2000: „Die vom Rechnungshof nachgewiesenen Verstöße gegen das Haushaltsrecht durch die Senatskanzlei und den Zuwendungsempfänger, aber viel mehr noch der grenzenlose Dilettantismus der Olympia GmbH zum Schaden Berlins lassen die Entscheidung des IOC, Sydney den Zuschlag für die Olympischen Spiele zu erteilen, im nachhinein als den größten Glücksfall für die Stadt Berlin erscheinen“ (zitiert nach: Bund der Steuerzahler Berlin e.V., 8.8.2014).
Die griechische Zeitung Imerisia zu den Olympischen Sommerspielen Athen 2004: „Zusammen mit der olympischen Flamme wurde jede Hoffnung auf eine Verwertung der olympischen Infrastruktur gelöscht. Und statt die Sportstätten den Bürgern anzuvertrauen, wurden sie sich selbst überlassen“ (zitiert nach: Schlötzer, Christiane, Ruinen für die Ewigkeit, in SZ 9.8.2014; siehe unter I).
Der Journalist Torsten Haselbauer über den Verfall der olympischen Bauten von Athen 2004: „Griechenland verbuchte für die Spiele Ausgaben von über neun Milliarden Euro. Eine bis dahin olympische Rekordsumme und so etwas wie der Anfang vom vorläufigen Ende Griechenlands“ (zitiert nach: Kalfopoulos, Kostas, Post-olympische Gleichgültigkeit, in nzz.ch 19.8.2014).
Sabine Beikler zur Abstimmung in Berlin: „Eine Ja-Nein-Frage („Wollen Sie Olympische und Paralympische Spiele in Berlin?“) wird es laut Sportsenator Frank Henkel wohl nicht geben. Derzeit arbeitet der Senat an ‚klugen Lösungen‘ zur Einbeziehung der Bevölkerung“ (Beikler, Sabine, Ja oder Nein – das ist nicht die Frage, in tagesspiegel.de 19.8.2014).
Judith Demba, NOlympia Berlin, Geschäftsführerin der NaturFreunde Berlin, formulierte in der taz ihre Vorstellung: “Unser Ziel ist es, dass die Mitgliederversammlung des DOSB beschließt, dass sich weder Berlin noch Hamburg für die Spiele bewerben” (Rada, Uwe, Die Wiederkehr der Judith Demba, in taz.de 25.8.2014).
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Die Gliederung im August 2014 sieht so aus:
I: Nachrichten von Olympischen Spielen und dem IOC
II: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den Sportverbänden
III: Aktuell aus München und Bayern
IV: Zur DOSB-Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024 in Hamburg oder Berlin
V: Allgemeine Nachrichten
VI: Sport-Millionen und -Millionäre
VII: Aktuelle Fußball-Sportsplitter von Fifa, Uefa etc.
VIII: Doping-News
IX: Die Sportsender ARD/ZDF
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I: Nachrichten von Olympischen Spielen und dem IOC
– Olympisches Erbe der Sommerspiele Athen 2004. Hellinikon, ein Gelände dreimal so groß wie Monaco, war der alte Flughafen von Athen (Hallo Berlin: an Tegel denken!). Hier wurden die Wettkampfstätten für Athen 2004 gebaut. „Hellikon heute: Das sind hohes Gras und wilde Hunde, halbverfallene Gebäude, von Guerilla-Gärtnern gepflanzte Olivenbäume, dazu eine Behelfsklinik für verarmte Athener“ (Schlötzer, Christiane, Ruinen für die Ewigkeit, in SZ 9.8.2014). Dann passierten die Attentate vom 11.9.2001, die Islamisten-Anschläge vom 15. und 20. November 2003 in Istanbul und das U-Bahn-Attentat in Madrid im März 2004. Das hatte auch Auswirkungen auf die Sicherheitskosten für Athen 2004: „Mit 1,2 Milliarden Euro verschlang allein das Sicherheitsbudget für Athen viermal so viel wie das für Sydney vier Jahre zuvor – und mehr als die gesamten Spiele von München 1972“ (Ebenda). Auch die Zukunft des olympischen Dorfes mit 2292 Wohnungen ist ungewiss: „Inzwischen wurde die Sozialwohnungsagentur OEK aufgelöst, die 10.000 Bewohner blieben im Ungewissen. Teile des Dorfes sind verlassen, zur Geisterstadt verkommen, Läden sind verwaist. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln sind die weit abgelegenen einstigen Sportlerherbergen nur mühsam zu erreichen“ (Ebenda). – Das Gelände „sieht wie eine Geisterstadt aus, bestenfalls erinnert es an verlassene Filmkulissen. Einzig die Basketballhalle ist noch intakt, der Rest ergibt ein tristes Bild von 600 Hektar Größe: verlassene Gebäude und Sportstätten, alte Hangars und öde Rollfelder“ (Kalfopoulos, Kostas, Post-olympische Gleichgültigkeit, in nzz.ch 19.8.2014).
Hier sind Fotos von Athener Sportstätten – gebaut vor nur zehn Jahren: Olympische Ruinen
– Oslo 2022: immer unbeliebter. Die Zeitung Nordlys in Tromso hat vom Forschungsinstitut InFact eine Befragung über die Bewerbung Olympische Winterspiele Oslo 2022 erstellen lassen. Gerade einmal 32 Prozent der Norweger sind dafür, 10,4 Prozent sind unentschieden und 57,6 Prozent sind dagegen. In Nord-Norwegen sind sogar 80 Prozent dagegen, in West-Norwegen 64 Prozent. Selbst in Oslo sind 50 Prozent dagegen und nur 44,4 Prozent dafür. Für Oslo 2022 wird mit sechs Milliarden Dollar Kosten gerechnet. „Die Unterstützer behaupten weiterhin, da Norwegen eine Wintersportnation ist, muss es sich auch um Olympische Winterspiele bewerben. Aber Norwegen hat schon zweimal Olympische Winterspiele gehabt, und andere, viel größere Wintersportnationen wie die Schweiz, Deutschland und Schweden sehen in dieser Hinsicht keinerlei Verpflichtung, weil sie angesichts der damit verbundenen Kosten schon ausgestiegen sind“ (Berglund, Nina, Only three of 10 back an Olympics, in newsinenglish.no 8.8.2014). Gleichzeitig stellte der Kulturredakteur von Nordlys, Lasse Jangas, der für Sport zuständigen norwegischen Kulturministerin Thorhild Widvey die Frage, warum sie dem IOC beim Besuch von IOC-Präsident Thomas Bach Besuch im Mai 2014 umfassende Zusagen gemacht habe (Hei, Thorhild – hvorfor vil du gi IOC både bankkortet og koden? Hallo Thorhild, warum haben Sie Kreditkarte plus Geheimzahl an das IOC gegeben? in nettovisen.no.nyheter 6.8.2014; Widvey anklages for knefall overfor IOC, http://www.vg.no/sport 5.8.2014). – „Die Veröffentlichung der letzten Umfrage fiel zusammen mit der Bestätigung, dass Norwegens Kultur- und Sportministerin Thorhild Widvey zugestimmt hat, dass die norwegische Bewerbung mit der Olympischen Charta übereinstimmen wird – dies hat sie anfangs stets abgelehnt. (…) In diesem Zusammenhang bedeutet die Entscheidung von Widvey eine Kehrtwendung zu ihren anfänglichen Äußerungen, dass die Bewerbung ein reines Projekt Norwegens sein würde, bei der das Land eine komplette Kontrolle über alle Ausgaben erhalten solle“ (Butler, Nick, Fears grow over Oslo 2022 bid as public opposition in Norway continues to mount, in insidethegames.biz 8.8.2014; Übersetzung WZ).
Auf einem Foto vom Mai 2014 ist die Sportministerin mit Bach und einem Fußball (?) zu sehen. Was so ein Besuch eines IOC-Präsidenten doch so alles bewirkt…
Die Bewerbungsleiterin von Oslo 2022, Eli Grimsby, blieb bisher immer noch „sehr optimistisch“: „Ich sage ständig, dass das IOC besser ist als sein Ruf“ (Butler, Nick, „Norwegians love to debate“ claims Oslo 2022 chief executive as remains confident over Government support for bid, in insidethegames.biz 19.8.2014).
– Parteijugend gegen Oslo 2022. Nur eine Jugendorganisation der norwegischen Parteien ist für Oslo 2022: die der Konservativen Partei. Alle anderen Jugendorganisationen – von der Arbeiterpartei, der Fortschrittspartei, den Liberalen, den christlichen Demokraten, der Zentrumspartei, den Grünen und den Sozialistischen Linken – sind gegen Oslo 2022. Die Direktorin des Bewerbungskomitees Oslo 2022, Eli Grimsby, hatte immer behauptet dass die Mehrheit der jungen Norweger unter 30 für die Spiele seien. „Nun liefert das Votum der Parteienjugend „den neuesten Sargnagel“ für Oslo 2022 (Berglund, Nina, Party Youth also reject Oslo OL, in newsinengish.no 12.8.2014).
– Dubai tritt an. Nach Katar 2022 der nächste Klima-Schocker: Dubai will sich in den nächsten acht Jahren um Olympische Sommerspiele bewerben (immerhin nicht um Winterspiele!). „Das Emirat hat schon zwei große Turniere in den Sportarten Tennis und Golf, dazu das Dubai World Cup Horse Race und ein internationales Rugby Board World Sevens Series“ (Butler, Nick, Dubai to launch bid for olympics „within the next eight years“, claims leading official, in insidethegames.biz 7.8.2014). Ali Omar, der Direktor von Dubai Sports Council, kündigte die Bewerbung in den nächsten acht Jahren an, da eine Olympische Bewerbung das ultimative Ziel Dubais sei (Ebenda).
– Rio 2016: Most expensive Games forever? Christopher Gaffney, US-Geograph und Gastprofessor für Städtebau an der Universidade Federal Fluminense in Rio zur ARD-Recherche-Redaktion Sport: „Wir erwarten Kosten für Olympia von 14 bis 20 Milliarden US-Dollar. Aber es gibt keine Transparenz. Und wir wissen einfach nicht, wie viel die Spiele am Ende kosten werden. Aber die Verwirrung über das Budget wird absichtlich erzeugt. Schon bei den Panamerikanischen Spielen 2007 in Rio de Janeiro wurde das Budget am Ende zehnfach überschritten. Für Olympia sind jetzt zum Teil dieselben Leute wieder am Werk. Und wenn es wieder so läuft, könnte es eines der teuersten Spiele überhaupt werden“ (PM Experten rechnen mit Kostenexplosion bei Rio 2016, in swr, 8.8.2014; Hervorhebung WZ). – Alberto Murray Neto, Rechtsanwalt aus São Paulo und ehemaliges Mitglied des Nationalen Olympischen Komitees Brasiliens (COB): „Die enorme Verzögerung beim Bau der Sportstätten ist auch eine Finanzstrategie der Organisatoren. Weil, wenn es schnell gehen muss und nur noch wenig Zeit bleibt, ist es vom Gesetz her möglich, auf öffentliche Ausschreibungen zu verzichten. Und dann beauftragen sie Freunde, die Sportstätten zu bauen, und die Kosten steigen in die Höhe. Und es passiert, was bei den Panamerikanischen Spielen passiert ist“ (Ebenda).
– Kleiner Nachtrag zum Olympischen Dorf London 2012: Das Olympische Dorf sollte zunächst vom australischen Immobilienentwickler Lend Lease gebaut werden: Als sich dieser zurückzog, musste der Staat einspringen. Das Olympische Dorf kostete 1,1 Milliarden Pfund. Am 11.8.2011 kaufte das Konsortium der Immobilienfirma Delancey und des Immobilieninvestors Quatari Diar den Großteil des Olympischen Dorfes plus sechs angrenzende Grundstücke mit der Möglichkeit von weiteren 2.000 Wohnungen. 1.439 Wohnungen des Olympischen Dorfes wurden nach den Spielen zu frei finanziertem Wohnungsbau. Die andere Hälfte des Olympischen Dorfes mit 1.379 Wohnungen war bereits für 268 Millionen Pfund an das Gemeinschaftsunternehmen Triathlon Homes verkauft worden. Damit machte der Staat bzw. der Steuerzahler einen Verlust von 275 Millionen Pfund (Goh, Brenda, London Olympic Village sold for 557 million Pounds – ODA, in reuters.com 12.8.2014; vergleiche auch den Aufsatz von Boykoff unter “Aktuelles” über die wahren Kosten von London 2012). Der Staatsminister für Kultur, Olympische Spiele, Medien und Sport, Jeremy Hunt, äußerte dazu: „Das ist ein fantastisches Geschäft, das dem Steuerzahler einen großen Teil zurückgibt und zeigt, wie wir das Erbe der Olympischen Spiele in London sichern“ (Goh 12.8.2014).
Der pure Zynismus.
Kommentar von Tom Wilkinson im Guardian: „Im Park wird nun das frühere Olympischen Dorf – das nach den Spielen für einen Schleuderpreis an Kataris verkauft wurde -, komischerweise East Village genannt. Es ist ein steriles Raster von Wohnblocks, die von eingezäunte Innenhöfen umgeben sind. Einige der Gebäude sind mit gegossenen Platten verkleidet, welche Szenen der Elgin Marbles zeigen (Mussolini hätte vermutlich zugestimmt, aber würden Szenen aus Olympia besser passen?)“ (Wilkinson, Tom, Olympic afterlife: the real legacy of the London Games for Stratford, in theguardian.com 8.8.2014). Als Elgin Marbles werden jene Skulpturen und Fragmente bezeichnet, die Lord Elgin von Bauten der Akropolis von Athen herausbrechen ließ und später an das British Museum verkaufte. Sie umfassen Teile des Panathenäen-Frieses, einige Metopen sowie Stücke vom Ost- und Westgiebel des Parthenon (Wikipedia).
– Finanzielles Fundament von Tokio 2020 schwankt. „Japans Wirtschaft ist im zweiten Quartal 2014 um 6,8 Prozent eingebrochen. (…) Der Grundgedanke von Abenomics, dem Rezept des Premiers zur Sanierung von Japan, ist simpel: Wenn das Land mit neu gedrucktem Geld überschwemmt wird und man den Leuten einredet, es gehe endlich aufwärts, besonders auch ausländischen Anlegern, dann hellt sich die Stimmung schon auf. Zumal die Regierung zugleich enorme Summen in Großprojekte pumpt, etwa in die Verbarrikadierung Hunderter Kilometer Küste mit Beton für einen Tsunami-Schutz, von dem die meisten Experten sagen, er tauge nichts. (…) Erstmals seit drei Jahrzehnten hat Japan in einem ersten Halbjahr überdies nicht nur eine defizitäre Handelsbilanz, sondern (…) auch eine negative Zahlungsbilanz. So kann es nicht weitergehen. Der japanische Staat ist mit 245 Prozent von Nippons Jahreswirtschaftsleistung verschuldet. Ein Viertel des Staatsbudgets gehen in den Schuldendienst. Manche Experten halten Japan längst für insolvent“ (Neidhart, Christoph, Abenomics ist gescheitert, in SZ 14.8.2014).
Gute Voraussetzungen, um Milliarden Euro in die olympischen Gladiatorenspiele Tokio 2022 zu versenken!
– Olympisches Wachstum. Die 2. Olympischen Jugendspiele 2014 in Nanjing/China warteten auf u. a. mit Golf, Rugby, Inline-Skating, Wushu. „Ganz modern ist auch der Fackellauf der Spiele. Die Fackel wird nämlich virtuell durchs Internet weitergereicht“ (Rawohl, Astrid, Hollmann, Frank, „Olympiareife Sportstätten und Schattenseiten“, in deutschlandfunk.de 10.8.2014). „Eine Art kindgerechte Version der großen Spiele soll Jugend-Olympia sein, damit die Starter im Alter zwischen 14 und 18 nicht gleich verfeuert werden. (…) Das IOC ist die Vermarktungs-Agentur der olympischen Ringe, es sucht Personal und Kundschaft für die Show von morgen. (…) Und auch die schönen Reden von Freundschaft und Fairplay dürfen nicht davon ablenken, dass in Nanjing eine Elite am Start ist, die längst drinsteckt in einer durchgetakteten Leistungssportmühle“ (Hahn, Thomas, Talente für die Marketing-Mühle, in SZ 21.8.2014).
Der Präsident des französischen Olympischen Komitees, Denis Masseglia, hat angesichts der Olympischen Jugendspiele 2014 in Nanjing mit fast 3.800 Jungsportlern Befürchtungen geäußert, dass Olympische Jugendspiele das Niveau und Ausmaß von Olympischen Spielen erreichen würden. Er ist besorgt, dass die Jugendspiele ihre originäre Idee verlassen hätten. Masseglia: „Wir können nicht gut das Ausmaß kritisieren, das die Organisatoren von Nanjing 2014 gewählt haben, aber gleichzeitig müssen wir uns fragen, ob es das wert ist“ (Butler, Nick, French Olympic chief concerned over impact of lage-scale nature of Nanjing 2014, in insidethegames.biz. 20.8.2014; Hervorhebung WZ).
So ist das im olympischen Business: Größer, pompöser, teurer.
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II: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den Sportverbänden
– Temporäres Schwimmen. Vom 13. bis 24.8.2014 fand in Berlin die Schwimm-EM statt. Im Radsportstadion Velodrom wurde ein temporäres Schwimmbecken aufgebaut mit 2,5 Millionen Liter Wasser. Da täglich 200 Liter Wasser verdampfen, muss die Halle auf 27 Grad Celsius vorgewärmt werden, um Schwitzwasser zu vermeiden. Ein Grund für die temporäre Nutzung einer Radsporthalle als Schwimmhalle: Die daneben liegende Schwimmhalle hat nur 4.000 Plätze und wurde vom Europäischen Schwimmverband als zu klein für eine Schwimm-EM befunden (Hilgert, Ole, Schwimmen statt Radfahren, in rbb-online.de 7.8.2014t). Das Velodrom hat 5.000 Sitzplätze: dafür der Aufwand! „Schwimm-Europameisterschaften pflegen im allgemeinen Angebot größerer Sportwettkämpfe eher als Ladenhüter betrachtet zu werden. (…) Glücklich für den Schwimmverband fügt sich, dass die Stadt gerade vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) mehr oder weniger diskret in eine neue Olympiabewerbung getrieben wird. (…) Allerdings würde es sich gut machen, wenn die EM zumindest keine Schreckensmeldungen nach sich zöge. Der Aufwand mit dem Becken im Fahrradstadion hat nämlich seinen Preis. Über den genauen Etat schweigen die Organisatoren lieber“ (Winterfeldt, Jörg, Rost, Susanne, Schwimm-EM mit Fehlstart am Stadtrand, in berliner-zeitung.de 11.8.2014). – „Übernächste Woche soll dann wieder alles besenrein übergeben werden, damit Carmen Nebel kommen kann“ (Herrmann, Boris, Eckig im Runden, in SZ 16.8.2014).
Der Hintergrund: „Inzwischen besteht der europäische Schwimmverband LEN im EM-Vergabeverfahren aber auf mindestens 4.500 Zuschauerplätzen. (…) Von den offiziell 4.500 Plätzen ist wohl mindestens die Hälfte für Athleten, Funktionäre, Sponsoren, Ehrengäste und Medienschaffende reserviert“ (Ebenda). Zu den Finanzen sagte die Präsidentin des Deutschen Schwimmverbandes, Christa Thiel: „Solch eine Veranstaltung ist nur mit Subventionen des Senats möglich“ (Ebenda). Dessen Zuwendung wurde angeblich von 2,5 auf 3,6 Millionen Euro erhöht. „Andererseits, was soll der Geiz? Berlin bringt sich gerade für eine neuerliche Olympiabewerbung in Stellung“ (Ebenda).
Die dreieinhalb Millionen Euro Zuschuss von Berlin scheinen doch kaum etwas auszumachen: bei Berlins Schuldenstand von 60 Milliarden Euro und maroden Schul-Schwimmbecken.
– Zirkus Leichtathletik-EM August 2018 in Zürich. Aus dem Fazit von Thomas Hahn in der SZ: „Gerade die EM in Zürich hat gezeigt, wohin das führt, wenn man vor lauter Selbstzweck die größeren Zusammenhänge aus dem Blick verliert. Mit dem Doping-Problem braucht man da gar nicht anzufangen, das ist so ungelöst wie immer. (…) Aber auch sonst gerät bei manchen Leichtathletik-Machern die Basis aus dem Blick. Es fällt einfach schwer, eine EM gut zu finde, deren Ticketpreise so hoch sind, dass kaum einer hinfahren will. Deren supermoderne Kunststoffbahn sich bei Regen als zu rutschig herausstellt“ (Hahn, Thomas, Grenzen im Zirkus, in SZ 18.8.2014).
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III: Aktuell aus München und Bayern
– „Teures Olympia-Erbe“. So betitelte die SZ ihren Beitrag zur Ruder-Regattastrecke in Oberschleißheim. Das 42 Jahre alte Bauwerk der Olympischen Sommerspiele München 2022 ist ziemlich marode: Die Sanierung soll 40 Millionen Euro kosten. Das Bundesland Bayern stieg 1993, der Bund 2011 bei der Finanzierung aus. Der jährliche Unterhalt kostet zwischen 400.000 und 450.000 Euro (Winter, Sebastian, Teures Olympia-Erbe, in SZ 1.8.2014). Der Ruder-Spitzensport läuft woanders: „Die Kaderschmieden stehen derzeit in Dortmund, Berlin und Hamburg (Winter, Sebastian, Leuchtturmprojekte statt Schattenexistenz, in SZ 1.8.2014).
Das ist nicht der einzige „White Elephant“ von München 1972! Allein für die Sanierung des Olympiaparks werden für die nächsten 15 Jahre fast eine halbe Milliarde Euro nötig. Deshalb erhebt sich schon die Frage, wie viele Jahrzehnte diese enorm teure Erbpflege noch stattfinden soll – oder ob nicht ein Abriss die bessere Lösung wäre.
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IV: Hamburg-Berin 2024: Zur DOSB-Bewerbung um Olympische Sommerspiele 2024 in Hamburg oder Berlin (wird laufend aktualisiert)
bis Juni 2014: hier; ab Juli 2014: hier
Gute Informationen unter: nolympia-hamburg.de
– NOlympia Berlin hat sich getroffen. „Am Donnerstag haben sich mehrere linke, soziale und ökologische Gruppen zum Bündnis NOlympia zusammengeschlossen. Sie wollen die von Rot-Schwarz geplante Bewerbung für Olympische und Paralympische Sommerspiele 2024 oder 2028 verhindern, weil sie sie für Geldverschwendung halten. Die Naturfreunde und die Grüne Liga hatten das Gründungstreffen organisiert“ (Schulz, Bert, Olympiagegner bilden ein Team, in taz.de 1.8.2014). Aus der Gründungsmitteilung: „Berlin braucht sozialen Wohnungsbau, kein olympisches Dorf“ (Ebenda; siehe unten).“ Dabei sind derzeit NaturFreunde, Grüne Liga, Naturschutzbund, die Lateinamerika Nachrichten, die Abgeordnetenfraktion DIE LINKE, Roter Stern Berlin 2012, FDCL Forschungs- und Dokumentationszentrum.
Die Grünen waren bei der gescheiterten Bewerbung Berlin 2000 bei den Gegnern. „Diesmal sei die Fraktion jedoch ’nicht auf dem Kurs dahin‘, sagte Fraktionssprecherin Antje Kapek der taz“ (Ebenda). Zum Artikel in der taz: hier und im Neuen Deutschland: hier.
Siehe auch: Hamburg-Berlin 2024 und Berlin 2024
Unsere Webseite www.nolympia.de hatte durch die Berliner Aktivitäten am 1.8.2014 4.852 Besucher!
– Aus der Presseerklärung von NOlympia Berlin, 31.7.2014:
• Berlin braucht eine ökologische Stadtplanung, keine weitere Versiegelung von Flächen für Olympia
• Berlin braucht eine vielfältige Stadtstruktur, nicht noch mehr Prestigeprojekte
• Berlin braucht sozialen Wohnungsbau, kein Olympisches Dorf
• Berlin braucht mehr und gute Anlagen für den Breitensport, keine gigantischen Großsporthallen
• Berlin braucht keine einseitige Ausrichtung auf den Leistungssport, sondern auf die Entwicklung des Sports in seiner Vielfalt
• Berlin braucht Transparenz und demokratische Teilhabe – keine undurchsichtigen Host-City-Verträge
• Berlin braucht Investitionen in die soziale Infrastruktur und keine Neuverschuldung für Olympia
– „Kein Olympia für die Hauptstadt“ – Aus der PM von Grüne Liga Berlin und NABU Berlin, 5.8.2014
„Die bislang bekannten vertraglichen Vereinbarungen anderer Olympiastandorte haben den beiden Naturschutzverbänden deutlich gemacht, dass weder Naturschutz, noch Transparenz oder Mitbestimmung eine Rolle spielen, wenn das IOC seine Forderungen an die Stadtentwicklung stellt. Die Umsetzung der potenziellen Planungen ist Aufgabe der Senatsverwaltung. In den letzten Jahren wurde aber gerade die Abteilung personell und finanziell ausgedünnt, die bei Bebauungen die kontrollierende Behörde im Bereich Natur- und Artenschutz ist. Derzeit sieht man sich dort beispielsweise nicht mehr dazu in der Lage, die Kernkompetenzen, wie die Ausweisung von gemeldeten beziehungsweise die Pflege von bestehenden Schutzgebieten, zu erfüllen. Eine umfangreiche planerische Begleitung der Olympiabewerbung sehen daher sowohl NABU Berlin als auch GRÜNE LIGA Berlin nicht gewährleistet.“
– Online-Abstimmung Berlin 2024: 58 Prozent dagegen. Stand der Online-Abstimmung in der Berliner Zeitung mit fast 10.000 Teilnehmern am 4.8.2014: 58 Prozent dagegen, 35 Prozent dafür, 7 Prozent “egal” (“Berlin, Finger weg von Olympia!” in berliner-zeitung.de 4.8.2014). Zum Ergebnis: hier
Eine Befragung des Forsa-Instituts von 1003 Berlinern im Auftrag der Berliner Zeitung ergab 52 Prozent Zustimmung und 46 Prozent Ablehnung. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Ramona Pop, „warnte den Senat, sich mit knappen Mehrheiten zufriedenzugeben. Die Berliner seien skeptisch, ob der Senat ein solches Großprojekt überhaupt stemmen könne“ (Berlin in Olympia-Frage gespalten, in sueddeutsche.de 8.8.2014).
– Berliner Bär vom IOC verhaftet. Rund 40 Mitglieder von NOlympia Berlin führten am 12.8.2014 am Neptunbrunnen eine Aktion durch. Motto eines Spruchbandes: “Lieber wat Jutet statt Olympia” (Beikler, Sabine, Aktivisten demonstrieren gegen IOC und Senat, in tagesspiegel.de 11.8.2014). Drei als IOC-Mitglieder verkleidete Olympiagegner fuhren im Auto vor, legten den braunen Berliner Bär in olympische Ketten und fuhren ihn fort. Judith Demba (DIE LINKE, NaturFreunde) stellte fest: “Es gibt in Berlin keine Olympiabegeisterung” (Ebenda). – “Mit den Olympischen Spielen setzt Berlin die falschen Prioritäten. Die Stadt sollte ihre marode Infrastruktur sanieren und besser Geld für zusätzliche Schwimmlehrer ausgeben, anstatt 60 Millionen Euro in eine Bewerbung zu stecken” (Startschuss für NOlympia, in neues-deutschland.de 12.8.2014).
Demba äußerte sich auch zum Diskussionspapier des BUND Berlin: “Ich finde die Idee naiv. Berlin hätte es ja gar nicht in der Hand, wie die Spiele ablaufen und was dafür gebaut wird. Das bestimmt ja das Olympische Komitee” (Bombosch, Frederik, Protest gegen Olympia-Bewegung, in berliner-zeitung.de 11.8.2014). Demba sah auch für den olympischen Widerstand in Berlin mit inzwischen acht Initiativen eine positive Zukunft: “Wir sind mehr geworden, und wenn der Sommer vorbei ist, werden wir noch mehr. Berlin braucht vieles, aber keine Olympiabewerbung” (Rada, Uwe, Wie das IOC den Bären fängt, in taz.de 11.8.2014). Am gleichen Tag wie die Kundgebung von NOlympia, am 12.8.2014, beschloss die rot-schwarze Regierung die Abgabe des DOSB-Bewerbungsbogens. Demba: “Entgegen allen Beteuerungen wurden bisher weder die Bevölkerung noch das Parlament gefragt” (Ebenda).
Vorsichtshalber…
Bilder von der Aktion: hier
– Hamburg-2022-Fan Wolfgang Maennig recycelt. Der Goldmedaillengewinner im Ruder-Achter 1988 Wolfgang Maennig gab der dpa im Juli 2014 ein Interview (“IOC muss sich Bewerberstädten anpassen”, in mittelhessen.de 8.7.2014). Das ziemlich deckungsgleiche Interview lieferte er am 4.8.2014 in der FAZ ab (Deutschland ist dran! in faz.net 4.8.2014).
– Hamburg 2024 und Berlin 2024: Olympische Begeisterung von oben. Aus einem Beitrag von Johannes Aumüller und Thomas Kistner in der SZ: „Dabei ist die Bevölkerung in den Städten viel zurückhaltender als ihre politische Führung. Die Skepsis gegenüber dem IOC ist nicht kleiner geworden… die Vorbehalte gegenüber dem IOC sind in Deutschland so groß wie in anderen westlichen Demokratien. In einer Ende Juli veröffentlichten Umfrage unter Hamburger Bürgern fanden mehr als 70 Prozent, die Ausrichtung sei zur teuer und die Stadt solle lieber in andere Projekte investieren. In beiden Städten sind ja jüngere Bau- und Finanzdesaster dauerpräsent: in Berlin der Flughafen, in Hamburg die Elbphilharmonie“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, 2024, 2028 oder lieber 2032? in SZ 7.8.2014; Hervorhebung WZ).
– Veranstaltung von Nolympia Hamburg. Aus der Einladung zur Veranstaltung am 14.8.2014: „Die Handelskammer hat gerufen und die Politik macht sich auf den Weg. Erneut steht eine Bewerbung der Hansestadt Hamburg für Olympische Spiele auf der Tagesordnung. So wie es derzeit aussieht, soll mit der Bürgerschaftswahl im Februar 2015 ein Referendum durchgeführt werden, bei dem die Hamburger_innen entscheiden sollen, ob sie für oder gegen eine solche Bewerbung sind. Allerdings: Noch gibt es dafür nicht einmal die rechtlichen Voraussetzungen. Obwohl der Senat im Auftrag der Bürgerschaftsfraktionen von SPD, CDU, FDP und Grünen derzeit erst „ergebnisoffen“ eine solche Bewerbung prüfen soll, sind sich einige schon darüber im Klaren, dass eine solche Bewerbung eine „Jahrhundert-Chance“ (CDU) für Hamburg ist, und es “großartige Chancen für unsere Stadt, nicht nur sportlich, sondern vor allem auch stadtentwicklungspolitisch” gibt (SPD-Senator Neumann). Die Pläne der letzten Olympia-Bewerbung werden derzeit aus den Kellern geholt, entstaubt und aktualisiert. (…) Klar ist: Olympische Spiele in Hamburg würden gravierende Auswirkungen haben. Die Gefahren, dass schon heute bestehende Entwicklungen (Mieterhöhungen, Verdrängung, Budgetkürzungen bei kleinen sozialen und kulturellen Projekte, etc…) weiter eskalieren, sind groß. Deshalb sollten wir uns einmischen.“
Die Veranstaltung findet statt am Donnerstag, 14.8.2014 um 19.30 im großen Saal der W3 im Nernstweg 34.
– Die Handelskammer: eine alte Bekannte. „Olympia, Volksentscheide, Seilbahnen. Überall hat die Hamburger Handelskammer ihre Finger drin. Bislang konnte sie schalten und walten, wie sie wollte und die Politik in nahezu allen Belangen vor sich her treiben. Dafür sorgt z.B. auch der Umstand, dass es eine Zwangsmitgliedschaft für Betriebe und Unternehmen gibt, verbunden mit entsprechenden Beiträgen. 170.000 Zwangs-Mitglieder hat die Handelskammer Hamburg dadurch und allein Rücklagen von geschätzten 50 Millionen Euro. Nun gibt es erstmals eine Opposition im Plenum. “Die Kammer sind Wir” zog im Frühjahr mit 12 VertreterInnen in dieses Gremium ein. Nun gibt es Streit und Auseinandersetzungen in dem sonst so harmonischen Kreis. Und es gibt mehr Öffentlichkeit, denn die Oppositionellen bloggen über ihre Auseinandersetzungen zur Reform der Handelskammer. Über Seilbahnen, Olympia und einiges mehr. Mehr darüber auf ‚umweltFAIRaendern.de‘ unter diesem Link“ (Seifert, Dirk, Macht und Millionen: Hamburgs Handelskammer, in www.nolympia-hamburg.de 14.98.-2014).
Anmerkung von nolympia.de: Auch in München war die hiesige Industrie- und Handelskammer München und Oberbayern treibende Kraft der Bewerbung München 2022. Der Zwangsmitgliedschaft kann man sich als Firma nur durch Verlegung des Firmensitzes entziehen, also quasi gar nicht. Derzeit laufen vor hohen Gerichten Klagen gegen die Zwangsmitgliedschaft.
– Wieviel Sportstätten braucht Hamburg 2024 wirklich: neu und gebraucht?
1) „Nach den internen Berechnungen muss Hamburg lediglich fünf Standorte neu errichten, fünf weitere – etwa für Beachvolleyball oder Bogenschießen – würden nach den Spielen wieder abgebaut. Vier Sportstätten müssten saniert werden, 16 sind bereits vorhanden und wären kurzfristig nutzbar“ (Veit, Sven-Michael, Stadt, Land, Spiele, in taz.de 12.8.2014).
2) „16 der mindestens 30 benötigten Sportstandorte sind in Hamburg bereits vorhanden, vier müssten vollständig saniert, fünf temporär errichtet und fünf – wie das Olympiastadion (70.000 Plätze), das teuerste Projekt – neu gebaut werden“ (Grünberg, Rainer, Hamburgs Pläne für Olympia werden konkreter, in welt.de 13.8.2014).
3) „31 der 35 für Olympia benötigten Stätten gibt es schon“ (Heike, Frank, Hamburg ist Berlin schon einen Schritt weiter, in tagesspiegel.de 14.8.2014).
4) „30 der erforderlichen 35 Sportstätten sind in Hamburg und im Umland bereits vorhanden“(Lorenz, Markus, Sieben Milliarden Euro für Olympia, in weser-kurier 14.8.2014).
5) Der Hamburger Sportsenator Michael Neumann (SPD): „Von 41 erforderlichen Sportstätten haben wir bereits 35“ (Goy, Martina, Lauterbach, Jörn, „Olympia geht alle etwas an“, in Die Welt 17.8.2014).
Scheint ja eine wahnsinnig professionelle Bewerbung zu werden! Woher weiß eigentlich Hamburg 2024 im Jahr 2014, welche Sportarten und Disziplinen sich das IOC bis dahin ausdenkt? Und welche Kriterien es an diese Sportstätten anlegt? Denn das IOC darf einseitig auch nach Vertragsunterzeichnung alles umplanen, siehe Host City Contract.
Kleiner Tipp aus dem DOSB-Fragenkatalog für die Bewerbung 2024 des unersetzbaren Büros Albert Speer & Partner, Frankfurt: Als Durchschnittswerte der Bewerberstädte 2020 werden dort insgesamt 26 Wettkampfstätten angegeben; bestehend 18, geplant 4, zusätzlich 8, temporär 6 (8.7.2014, S. 18).
– „Aus München wenig gelernt“. Vom DOSB gewollter olympischer Zeitdruck: Ende Mai 2014 hat der DOSB seinen Fragebogen an Hamburg und Berlin versandt. Den beiden (hochverschuldeten) Städten bleiben genau drei Monate Zeit, diese Fragen zu beantworten. Im Dezember 2014 stimmt der DOSB darüber ab, welche Stadt es treffen wird mit 2024. „Hamburg hat einen Bürgerentscheid für Mai 2015 angekündigt. In Berlin ist man sich über die Art der Bürgerbeteiligung noch uneins. Was zum einen an den gesetzlichen Grundlagen, aber wohl auch an den Erfahrungen des Senats mit der Berliner Bevölkerung rundum das Tempelhofer Feld liegt. Aus München scheint man also wenig gelernt zu haben“ (Kempe, Robert, Keine guten Aussichten, in deutschlandfunk.de 17.8.2014).
– Ein grüner Denkfehler. Die Sportpolitikern von Bündnis 90/Die Grünen, Anja Schillhaneck, forderte, dass im Prozess der Meinungsbildung um Berlin 2024 auch die Gegner von Olympia gehört werden müssten (Treichel, Thorkit, Wowereit fordert Bürgerbefragung zu Olympia, in berliner-zeitung.de 24.8.2014). Sie äußerte berechtigte Zweifel am Reformwillen des IOC, folgerte dann aber: „Intransparente Spiele und Knebelverträge für die Stadt wird es mit uns nicht geben“ (Beikler, Sabine, Die Transparenzoffensive des Senats, in tagesspiegel.de 23.8.2014).
Ohne Host City Contract = IOC-Knebelvertrag wird es keine Olympischen Spiele geben: So einfach ist das. Meine drei Standardsätze zur Reformwilligkeit des IOC: 1) Eher hört die NSA auf, in Deutschland zu spionieren, als dass sich das IOC reformiert. 2) Eher führt Deutschland ein Tempolimit auf Autobahnen ein, als dass sich das IOC reformiert. 3) Eher wird Wladimir Putin ein bisschen demokratisch, als dass sich das IOC reformiert.
Noch eine Bemerkung zum IOC: Es ist nicht einfach nur eine Franchise-Organisation für sein Produkt Olympische Spiele. Übersehen wird oft, dass das IOC längst die von Putin gerühmte „vertikale Demokratie“ (früher auch Führerprinzip genannt) im weltweiten Sport eingeführt hat: Vertikal und stramm vom IOC in Lausanne über den DOSB aus bis hinunter in den letzten deutschen Sportverein ist der Sport streng hierarchisch durchorganisiert. Mit Demokratie hat das internationale Sportgeschehen schon längst nichts mehr zu tun.
Vergleiche: Die Sport-Demokratur
– Billige Berliner Bewerbung. Der Berliner Sportsenator Frank Henkel nannte erneut die Summe von 50 Millionen Euro für die Bewerbung und die – völlig illusionäre – Summe von „etwa zwei Milliarden Euro“ für die Ausrichtung von Berlin 2024 (Olympia-Bewerbung kostet 50 Millionen, in berliner-zeitung.de 20.-8.2014). Der Berliner Bundestagsabgeordnete Swen Schulz (SPD) forderte eine finanzielle Unterstützung des Bundes für Berlin 2024 von rund 50 Prozent der Kosten (Beikler, Sabine, Keine Spiele ohne Unterstützung des Bundes, in tagesspiegel.de 21.8.2014).
Hallo Herr Henkel: Hier kommt Nachhilfe von ProProjekt / Albert Speer und Partner, dem DOSB-Partner beim Fragebogen vom 8.7.2014, den Sie ja kennen sollten. AS&P hat die Budgets der drei Bewerber um Olympische Sommerspiele 2020 zusammengestellt. Als Gesamtbudget der drei Summen OCOG-Budget, NON-OCOG-Budget und Incremental Costs ergaben sich für Istanbul 25,2 Milliarden Dollar, Tokio 10,1 Milliarden Dollar und Madrid 7,2 Milliarden Dollar. Das sind die OFFIZIELLEN Kosten – da sind noch keine Kostenüberschreitungen mit dem Faktor drei bis zehn dabei, wie bei Olympischen Spielen inzwischen üblich!
Damit sollte Schluss sein mit lächerlichen „rund 2 Milliarden Euro“!
– NOlympia Hamburg: 13 Fragen zur (N)Olympia-Bewerbung – an den Hamburger Senat und den DOSB: hier
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V: Allgemeine Nachrichten
– Schach-Krieg. Der frühere Schach-Weltmeister Garri Kasparow wollte Präsident des Schach-Weltverbandes FIDE werden. Derzeitiger Amtsinhaber ist seit 1995 Kirsan Iljumschinow (*1962), früherer Präsident der russischen Teilrepublik Kalmückien (1993 bis 2010). „Anfang Oktober 2005 bot er seinen Rücktritt an, wurde aber von Wladimir Putin für eine weitere vierjährige Amtszeit nominiert. (…) Im Juni 2011 zeigte er sich während des Bürgerkriegs in Libyen bei einer Schachpartie mit Diktator Muammar al-Gaddafi“ (Wikipedia). – „Iljumschinow zeigte sich als FIDE-Präsident mit Diktatoren wie Saddam Hussein und Baschar Assad. Von Gaddafi hat er sogar eine FIDE-Weltmeisterschaft in Libyen sponsorn lassen. Heute kommt der größte Einfluss aus Russland. (…) Wie Garri Kasparow in einem Interview (…) sagte, wird über Iljumschonows Gedeih und Verderb im Kreml längst entschieden. ‚Er hängt völlig vom Putin-Regime ab. Ohne Geld aus Moskau gäbe es keinen Wahlkampf'“ (Löffler, Stefan, Putins (Schach-)Rochaden in deutschlandfunk.de 10.8.2014). Nun hat Putin ein Motiv, Kasparow zu verhindern, der seit Jahren zu seinen Kritikern zählt.
„Demokratie“ im Schach: In der FIDE herrscht – wie in der Fifa, im Internationalen Handballverband und vielen anderen Sportverbänden der Sport-Demokratur das Prinzip: ein Land, eine Stimme. „Bei früheren FIDE-Wahlen haben Delegierte ihre Stimmzettel mit dem Mobiltelefon abfotografiert oder mit präparierten Stiften angekreuzt – mutmaßlich, um mit einem Beweismittel ihr Schmiergeld abholen zu können“ (Ebenda).
Schon im Vorfeld war klar: Kasparow wird nicht Präsident werden. Die nächste Schach-WM findet im November 2014 im russischen Sotschi statt, und Putin will keinen Präsidenten Kasparow; auch der frühere Schach-Weltmeister Anatolij Karpow (sitzt für Putins Partei „Einiges Russland“ in der Duma) ist dagegen (Vgl. Aumüller, Johannes, Schlammschlacht in der Schachwelt, in SZ 2.8.2014).
Am Sport hängt, zum Sport drängt die ganze Welt…
Außerdem hat Kasparow einen neuen (kroatischen) Pass beantragt: „Sein russischer Reisepass hätte bald erneuert werden müssen, ‚und ich weiß genau, dass ich keinen neuen bekommen hätte'“ (Ebenda).
Vielleicht sollte Zar Putin doch die Möglichkeit in Betracht ziehen, allen russischen Bürger, die gegen ihn sind, die russische Staatsbürgerschaft zu entziehen.
Bei der Abstimmung im norwegischen Tromso erhielt Iljumschinow 110 Stimmen, Kasparow 61 (Kasparow verliert, in SZ 12.8.2014). Kommentar von Johannes Aumüller in der SZ: Der Wahlkampf um das Präsidentenamt war „extrem politisiert und sein Ausgang für die Mächtigen in Russland bis hinauf in den Kreml interessant: hier der radikale Putin-Kritiker Kasparow, dort der gemeinhin als Kreml-nah geltende Iljumschinow (…) Selbst die Krim-Krise war in der Auseinandersetzung ein Thema, und welche politische Bedeutung der Abstimmung beiwohnte, offenbarte nach der Wahl Andrej Filatow, Transport-Oligarch, Iljumschinow-Unterstützer und Chef des russischen Schachverbandes, in einem Gespräch mit Itar-Tass. Dieser Sieg zeuge davon, dass Russland nicht isoliert sei“ (Aumüller, Johannes, Brauche Stimmen, verspreche 20 Millionen Dollar, in SZ 13.8.2014). Kasparow versprach zehn Millionen Dollar für die FIDE, Iljumschinow versprach 20 Millionen Dollar. „Und wer kontrolliert in den nächsten Wochen schon den Eingang von 20 Millionen Dollar?“ (Ebenda).
– Spätfolgen Sotschi 2014: „Der vor den Olympischen Spielen in Sotschi festgenommene Umweltschützer Jewgenij Witischko befindet sich aus Protest gegen seine Haftbedingungen im Hungerstreik. Das teilte die Umweltorganisation ‚Ökologische Wacht im Nordkaukasus‘ (EWNC) mit, zu deren Führungsspitze Witischko gehörte, bevor er im vergangenen Dezember zu drei Jahren Lagerhaft verurteilt wurde. Nach Angaben der EWNC protestiert Witischko damit gegen die Isolationshaft, der er seit drei Tagen ausgesetzt sei, weil er Essen in einer Tasche aufbewahrt habe. (…) Gemeinsam mit Suren Gasarjan, der inzwischen in Estland im Exil lebt, war er im Juni 2012 zu drei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden, weil sie im November 2011 nördlich von Sotschi Graffiti auf einen Bauzaun in einem Wald gesprüht haben sollen. Die Videoaufnahme, die beweisen sollte, dass sie die Täter waren, wurde weder dem Gericht noch der Verteidigung gezeigt. Gasarjan emigrierte, Witischkos Bewährungsstrafe wurde vor den Olympischen Spielen wegen eines angeblichen Verstoßes gegen die Auflagen in eine Haftstrafe umgewandelt. Anfang Februar 2014, vor Beginn der Spiele in Sotschi, war Witischko dann wegen Fluchens in der Öffentlichkeit zu einer kurzen Haft von 15 Tagen verurteilt und inhaftiert worden“ (Becker, Christoph, Witischko im Hungerstreik, in faz.net 4.8.2014).
Gehört zu diesem Thema:
– Ecodefense vor Gericht. Am 25.8.2014 steht die noch zu Sowjetzeiten gegründete Umweltgruppe in Kaliningrad vor Gericht: Der NGO wird vorgeworfen, gegen das „Auslandsagenten-Gesetz“ von 2012 verstoßen zu haben: Alle Organisationen, die Geld aus dem Ausland erhalten und „politisch aktiv“ sind, müssen sich registrieren lassen und werden schärfer überwacht. „Eine Gesetzesänderung von Juni 2014 erlaubt die Zwangsregistrierung von Nichtregierungsorganisationen als ‚Auslandsagenten'“ (Balser, Markus, Kurzer Prozess, in SZ 19.8.2014). Ecodefense untersuchte dubiose Atomgeschäfte, wandte sich gegen Atommülltransporte und warnte vor einem geplanten AKW in Kaliningrad. Der Prozess dient zur Repression von Umweltgruppen im Putin-Russland und die mögliche Geldbuße zur finanziellen Schädigung (Ebenda).
– Frühfolgen Krim-Annektierung. Drei ukrainische Fußballklubs auf der Krim spielten in der ukrainischen Liga: Sewastopol, Simferopol und Jalta. Dann annektierte Russland völkerrechtswidrig die Krim – und wollte die ehemals ukrainischen Klubs in der Division Süd der zweiten russischen Liga spielen lassen. Nun musste von Uefa und Fifa getrickst werden: damit sie nicht als erste die Annektierung legitimiert hätten. Dazu kommt, dass „Russland in den großen Föderationen längst massiven Einfluss hat, in den Vorständen sitzen enge Vertraute von Wladimir Putin und der staatlich kontrollierte Konzern Gazprom hat mit Fifa wie Uefa üppige Sponsorenverträge unterzeichnet“ (Aumüller, Johannes, Neue Perle, in SZ 4.8.2014). So sitzt Putins Sportminister Witalij Mutko im Exekutivkomitee der Fifa. Trickreich gingen die russischen Sportfunktionäre vor: „Schritt eins: Im Juni gaben sich die Klubs neue Namen und offizielle neue Strukturen. FK Sewastopol heißt jetzt SKChF Sewastopol, der Klub der Stadt Simferopol firmiert nun nicht mehr unter Tawrija, sondern unter TSK, und in Jalta existiert nach einer einjährigen Pause wieder ein Vereins namens Schemtschuschina (Perle). Schritt zwei: Diese drei Klubs hat der russische Verband auf seiner Sitzung Ende der vergangenen Woche in die Division Süd der zweiten russischen Liga gesteckt. Schritt drei: Wie sich nun Beobachter in Russland erzählen, sollen die Mannschaften von der Krim offiziell in den ein paar Hundert Kilometern entfernt liegenden russischen Städten Krasnodar und Rostow registriert werden. Und Schritt vier verkündete am Wochenende Sewastopols Präsident Alexander Krasilnikow: ‚Unsere Heimspiele bestreiten wir in Sewastopol’“ (Ebenda).
„Faktisch handelt es sich beim Übertritt der Klubs um einen Verbandswechsel, zu dem auch die Ukraine ihre Zustimmung hätte geben müssen – das tat sie aus politischen Gründen selbstredend nicht“ (Aumüller, Johannes, Lieber in Putins Nähe, in sueddeutsche.de). – Und was taten Fifa und Uefa? Nichts. „Doch gegen das mächtige Russland kam nichts, nicht einmal eine Pseudo-Geldstrafe. (…) Die Atmosphäre, in der eine so wohlgefällige Behandlung gedeiht, haben Putin und seine Strippenzieher in den vergangenen Jahren geschaffen. In der Uefa wie in der Fifa sitzen im Vorstand enge Vertraute des russischen Staatspräsidenten, beide Verbände haben mit dem staatlich kontrollierten Konzern Gazprom lukrative Sponsorenverträge abgeschlossen“ (Aumüller, Johannes, Lieber in Putins Nähe, in sueddeutsche.de 12.8.2014). – „Gazprom ist bereits Hauptsponsor der Uefa Champions League. Putins Kumpel Sergej Fursenko, Mitglied der berüchtigten Datschen-Kooperative in Sankt Petersburg, sitzt im Uefa-Vorstand und hat als Gazprom-Beauftragter die WM-Bewerbung 2018 betreut. Ein weiterer Adlatus Putins, der seinen Chef ebenfalls seit St. Petersburger Zeiten Anfang der Neunzigerjahre begleitet, sitzt im Fifa-Exekutivkomitee: Russlands Sportminister Witali Mutko“ (Weinreich, Jens, Wohlfeile Forderungen ohne Folgen, in spiegelonline 24.7.2014).
Damit könnte Putin behaupten, dass die Fifa die völkerrechtswidrige Annektierung der Krim anerkenne. Der Sport ist unpolitisch…
„Paragraf 84 der Fifa-Charta besagt, dass es für einen Verbandswechsel oder Spiele eines Klubs auf dem Territorium eines anderen Verbandes die Zustimmung beider Seiten brauche, zudem das Okay von Uefa und Fifa. Erfüllt war keine der drei Bedingungen, als Simferopol, Sewastopol und Jalta am Dienstag im russischen Pokal antraten. Im Gegenteil. Ukraines Verband geht offiziell gegen die Annexion vor, er drängt auf Sanktionen und die Korrektur der regelwidrigen Übernahme. (…) Die Fifa erklärte, erst einmal sei die Uefa am Zug. Doch zugleich wird in hohen Fußballkreisen auf ein Treffen von Fifa-Chef Sepp Blatter mit Wladimir hingefiebert“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Zaghaft gegen die Rambo-Stratege, in SZ 16.8.2014; Hervorhebung WZ). Es war für das Wochenende 16./17.8. geplant und führt wieder „zur Frage, ob die Fifa ihre WM 2018 in einem Land ausrichten kann, das vor den Augen der Welt zentrale Fifa-Regeln bricht“ (Ebenda).
Das „Ergebnis“ war eher, dass die Fifa eine Reduzierung der Spielorte von elf auf neun anstrebt (Russland soll Austragungsorte reduzieren, in spiegelonline 19.8.2014). Kaum ein Wort zur Krim-Problematik. „Blatter sprach nicht nur mit Putin, sondern auch mit Witalij Mutko, der zugleich russischer Sportminister, Präsident des Organisationskomitees der Fußball-WM 2018 sowie Mitglied des Fifa-Vorstandes ist“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Blatter trifft Putin, in SZ 19.8.2014). Laut Russland sei der ukrainische Fußball-Verband schuld: „Wiederholt habe dieser das Angebot über ein Gespräch zwischen allen vier beteiligten Parteien platzen lassen“ (Ebenda). Dazu wirkt das Sponsoren-Engagement von Gazprom bei Fifa und Uefa sicherlich konfliktverhindernd. „Doch Fifa und Uefa wissen, dass sie nun auch unter massiver Beobachtung der Politik stehen“ (Ebenda). Der ukrainische Fußballverband FFU schließt eine Zustimmung zu Spielen der Krim-Klubs kategorisch aus und sammelt im Gegenzug Geld zur Unterstützung der ukrainischen Soldaten. Nun scheint es seitens der Uefa zu Sanktionen gegenüber den russischen Teams zu kommen. Damit kann Blatter nicht „als eine Art Friedensstifter in Europas aufgewühltem Osten“ auftreten (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Auf der Krim schwelt ein Fußballkonflikt, in sueddeutsche.de 20.8.2014). Am 20.8.2014 spielten die drei Klubs von der Krim dann ihre ersten Spiele im russischen Ligabetrieb (Uefa in Zugzwang, in SZ 22.8.2014). Blatter ist bei Freund Putin „in der Russland-Frage abgetaucht. (…) Ein geregelter Spielbetrieb mit Krim-Teams in Russland wäre gleichbedeutend mit einer Anerkennung der Annektierung. (…) Sollten die Krim-Teams am Ligabetrieb teilnehmen, will die Uefa als ersten Schritt die Resultate nicht anerkennen“ (Kistner, Thomas, Die WM 2018 steht auf dem Spiel, in deutschlandfunk.de 20.8.2014).
Sportfreund Putin kann sich mit Sicherheit auf die Sportfreunde Blatter und Platini verlassen: Nichts wird geschehen.
– Krimannektierung, Sport und Völkerrecht. Dem Sport- und Völkerrechtler Prof. Christoph Vedder von der Universität Augsburg zufolge hätte die Fifa den Verbandswechsel verbieten müssen: „Wenn es unter 84 fällt und die Zustimmung nicht vorliegt, was der Fall ist, dann ist das ein Verstoß, ein ganz klarer Verstoß, für den dann der russische Verband, der verstoßen hat – der ukrainische hat nicht verstoßen, weil er nichts tun kann – sanktioniert werden müsste. (…) Suspendierung heißt, dass die Mitgliedschaftsrechte des russischen Verbands ausgesetzt sind, vor allem, und das kann dann auch weh tun, die Teilnahme russischer Vereine an europäischen Wettbewerben, Champions-League, UEFA Cup und ähnliches. Ein suspendierter Verband kann selbstverständlich auch keine Weltmeisterschaft ausrichten“ (Maus, Andreas, Kempe, Robert, 1:0 für Russland – Putin und die Fifa, in wdr.de 21.8.2014). Andreas Maus und Robert Kempe folgern weiter: „Keine WM, Sanktionen gegen Russland, doch nicht unter besten Freunden. Joseph Blatter und Vladimir Putin. Zwei Männer mit Sinn fürs ganz große Geschäft. Gazprom, der russische Energiegigant – er ist Putins geostrategisches Machtinstrument, auch beim Fußball. Der Konzern ist ab 2015 einer der Hauptsponsoren der FIFA. Und die WM 2018 verspricht für alle Milliardengeschäfte. Und die sind für die FIFA offenbar wichtiger als das bisschen Völkerrecht“ (Ebenda).
– Ende einer Präsidentschaft. Prinzessin Haya von Jordanien wird nach zwei Amtsperioden nicht mehr als Präsidentin des Reitsport-Weltverbandes FEI antreten. Die Prinzessin ist die Zweitfrau des Scheich von Abu Dhabi, dem Weltrekordhalter im Distanzreiten. Entsprechende Vorfälle in den Ställen des Scheichs mit gedopten oder misshandelten Pferden wurden vielfach bekannt. Für Hayas Amtszeitverlängerung hätten die Statuten der FEI geändert werden müssen. „2013 hatten jedoch rund 100 FEI-Mitgliedsnationen (75 Prozent) eine Petition unterzeichnet, in der Prinzessin Haya zum Bleiben aufgefordert wurde“ (SID, Prinzessin hört auf, in SZ 13.8.2014).
Prinzessin Haya nannte die schwierige Situation im Nahen Osten als einen der Gründe für ihren Amtsabschied.
Vergleiche auch im Kritischen Olympischen Lexikon: Pferde-Sport
– Russische Filialen von TOP-Sponsor McDonald’s geschlossen. Noch ein pikanter Einsatz für Fifa-Präsident Sepp Blatter: Der TOP-Sponsor des IOC (Sotschi 2014) und der Fifa (Fußball-WM 2018 in Russland), McDonald’s, betreibt mehr als 400 Filialen in Russland und begann 1990 mit einem Trick: „McDonald’s Kanada gründete ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Moskauer Stadtverwaltung, die 51 Prozent der Anteile hielt. Formell gesehen war Moskwa-McDonald’s damit ein sowjetisches Staatsunternehmen“ (Hans, Julian, Der Westen schmeckt nicht, in SZ 22.8.2014). Nach der Annektierung der Krim kündigte die US-Regierung Strafen für US-Unternehmen an, die sich weiterhin auf der Krim engagieren: Daraufhin schloss McDonald’s die dortigen Filialen. Nun ließ der Kreml am 20.8.2014 McDonald’s von der Verbraucherschutzorganisation Rospotrebnadsordie ersten vier russischen Filialen im Rahmen der Sanktionen von der Putin-Regierung schließen: ausgerechnet aus Hygienegründen. Der Pizza-Kettenbesitzer Fjodor Owtschinnikow: „Wenn wir McDonald’s wegen Verstoßes gegen die Standards schließen, dann können wir die ganze Gastrobranche im Land zumachen“ (Ebenda).
Und was wird mit dem Fifa-TOP-Sponsor McDonald’s bei der WM 2018?
– Der Sport und Kriegs-Führer. Judoka Wladimir Putin schickte tausende Soldaten völkerrechtswidrig zum Kämpfen in die Ostukraine. Zeitgleich fand vom 25. bis 31.8.2014 im russischen Tscheljabinsk die Judo-WM statt.
Der Sport ist unpolitisch…
– Aus der Gazprom-Chronik (2): Bundesregierung genehmigt Übernahme von RWE DEA durch russischen Oligarchen. RWE darf seine Tochter DEA für rund fünf Milliarden Euro an die Investmentfirma “Letter One” von Milliardär Michail Friedman verkaufen. Das beschloss die Bundesregierung am 22.8.2014. Friedman (50) wird auf 18 Milliarden Dollar Vermögen geschätzt und “gehört zu den einflussreichsten russischen Industriellen mit besten Verbindungen in Regierungszirkel” (Balser 23.8.2014). RWE ist hochverschuldet. “RWE-Chef hatte bis zuletzt in Berlin auf höchster Ebene für den Verkauf geworben” (Ebenda). Als Grund gibt der RWE-Konzern die Energiewende an: Nur war RWE schon vor der Energiewende aufgrund einer haarsträubenden Einkaufspolitik und hohen Verlusten im Ausland mit 40 Milliarden Euro verschuldet.
Mit dem Verkauf von DEA gehen rund 20 Prozent der deutschen Gasförderung, 25 Prozent der deutschen Ölforderung und mehrere Erdgasspeicher in russische Hände über (Ebenda). “‘Das Ministerium hat den Erwerb der RWE DEA durch das Unternehmen Letter One intensiv geprüft und keine Einwände erhoben’, sagte Wirtschafts-Staatsekretär Stefan Kapferer. (…) RWE DEA erkundet und beutet weltweit Öl- und Gasvorkommen aus und hält Anteile an rund 190 Öl- und Gaslizenzen in Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika” (Ebenda).
Es wurde auch noch intensiv geprüft! Bravo! Weiter so! Besten Dank! Wie kann man so einfältig sein???
Am gleichen Tag übernahm der russische Ölkonzern Rosneft “rund 30 Prozent am Ölförderer North Atlantic Drilling aus Norwegen. Teil des Pakets: 150 Bohranlagen” (Ebenda).
War da nicht irgend was? Sanktionen oder so? Und im Kreml sitzen Putin und seine Oligarchen – alle im internationalen Sportbusiness bei IOC, Fifa etc. bestens vernetzt – und lachen sich über die deutsche Regierung tot…
– Gericht entscheidet gegen Natur: Sudelfeld-Ausbau für Speicherbecken und 250 Schneekanonen genehmigt. Am 25.8.2014 beerdigte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) – wie schon so oft in den letzten Jahrzehnten – den Naturschutz. Der VGH wies den Antrag des DAV und des BN auf Beschluss eines Baustopps zurück: „Das öffentliche Interesse und das Interesse der Bergbahnbetreiberin am Fortschreiten der Baumaßnahmen überwiege, begründete das Gericht seine Entscheidung. (…) Die Verwaltungsrichter argumentierten, dass die Gewährleistung von Schneesicherheit für das Gebiet wichtig ist. Am Sudelfeld sei man vom Tourismus abhängig, somit sei das geplante Projekt auch für den Erhalt und die Förderung der Wirtschaftskraft und von Arbeitsplätzen nötig“ (Sudelfeld-Ausbau geht weiter, in sueddeutsche.de 25.8.2014). – „In der Summe hat der VGH die Argumentation der Naturschutzverbände Stück für Stück als unzutreffend klassifiziert“ (Krehl, Daniel, Niederschlag zur Unzeit, in merkur-online 27.8.2014).
Das hat der VGH im Zeitraum von zig Jahren auch bei der Isental-Autobahn (im Bau) und vielen anderen Projekten so gemacht.
Damit darf das größte Speicherbecken in den bayerischen Alpen mit über 150.000 Kubikmetern gebaut werden – für 250 neue Schneekanonen und Beschneilanzen (Schneekanonen dürfen weiter gebaut werden, in merkur-online 25.8.2014).
Schon jetzt wendet sich der Wanderer mit Grausen…
Zum Beitrag Sudelfeld unter „Aktuelles“: hier
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VI: Sport-Millionen und -Millionäre
– Segeln à la Milliardär. Der America’s Cup ist inzwischen der Larry-Ellison-Cup: Milliardär Ellison (Oracle) bestimmt seit Jahren die Regeln. Kaum jemand bekommt die nötigen 80 bis 100 Millionen Euro für eine Erfolg versprechende Teilnahme zusammen. Ellison endet einen weiteren Trick an: Er darf als letzter Gewinner den Austragungsort bestimmen – und benennt ihn nicht, damit die Gegner keine Sponsoren bekommen. „Zwischen San Diego und Bermuda wollen sich die Cup-Macher erst im Oktober entscheiden. (…) Welches Unternehmen unterstützt eine Segelmannschaft mit vielen Millionen Euro, wenn nicht einmal der Austragungsort bekannt ist?“ (Petz, Ingo, Arme Gegner, in SZ 1.8.2014). Bis 8.8.2014 müssen die Konkurrenten ihre Teilnahme erklären: ins Ungewisse.
Reich sein bedeutet oft auch: lächerlich sein – und feige.
– Fifa-Pate Grondona gestorben. Der Argentinier Julio Grondona (*1931,†30.7.2014) bestimmte Jahrzehnte den argentinischen Fußballverband. „Als Günstling der argentinischen Militärdiktatur war er 1979, nach dem WM-Erfolg beim Heimturnier, an die Afa-Spitze bef