August 2010
Bewerbungsgesellschaft 2018
Willy Bogner stellte einen Werbeplan vor: Fernsehspots sollten für Fanpakete, olympische T-Shirts, Jacken, Regenschirme und Ballonfahrten werben. Wie viel Geld hereinkommen soll, wusste Jochen Färber, der Sprecher von München 2018 nicht: Es ginge darum, „mit den Merchandising-Artikeln die Menschen bei der Bewerbung mitzunehmen“.
Bogner sagte auch: „Jetzt bist es Aufgabe der Marktgemeinde, die Grundstücke zu sichern. Die Bewerbungsgesellschaft kann keine Verträge abschließen.“ Der Rathaussprecher sah dies dagegen als Aufgabe der Staatsregierung, der Bewerbungsgesellschaft und der Gemeinde.
Der FC Bayern trat in der Allianz-Arena zu einem Fußballspiel gegen eine Auswahl prominenter Wintersportler an.
Staatskanzlei-Minister Schneider reiste diverse Male nach Garmisch-Partenkirchen und besuchte u. a. die Eröffnung der 60. Festwoche des Volkstrachtenvereins Garmisch und das Bataillonsfest der Werdenfelser Gebirgsschützen.
(Bogner will Bürger anpumpen, in sueddeutsche.de 1.8.2010; Fanartikel für Olympia, in SZ 2.8.2010; Holzapfel, Matthias, Olympia: Wirbel um Bogner-Interview, in merkur-online.de 3.8.2010; Van Gaal gegen Bogner, in SZ 5.8.2010)
Der Versicherungskonzern Allianz wurde Anfang August 2010 mit drei Millionen Euro neuer „Nationaler Förderer“ der Bewerbung. (Hutter, Dominik, Allianz-Konzern unterstützt Olympia-Bewerbung, in SZ 10.8.2010; PM München 2018 9.8.2010)
Ende August 2010 wurden Arena One, Munich Marriott Hotel, Medienfabrik Gütersloh, Otto Beisheim, Picture Management und die Baufirma Riebel neue „Freunde der Bewerbung“ für etwa 30.000 Euro. Diese rangieren in der Sponsorenhierarchie unter den „Nationalen Förderern“ (um drei Millionen Euro) und den „Nationalen Ausstattern“ (um 300.000 Euro).
Vom „Nationalen Förderer“ BMW übernahm Willy Bogner einen BMW ActiveHybrid X6. Das Gefährt oder besser „Geschoß“ hat 485 PS, 780 Newtonmeter, 236 km/h, 85 l Tankinhalt, 2.525 kg Gewicht, in der Grundausstattung 102.900 Euro.
Bogner sagte, damit ließen sich „Umweltfreundlichkeit, Ästhetik, Effizienz, Dynamik und Fahrspaß perfekt vereinen“.
Damit ist der BMW X6, dieser gelungene Crossover aus Müllcontainer und Panzer das genaue Abbild der Bewerbung München 2018: Greenwashing und Ignoranz pur.
Aber die Sponsoren wollen natürlich der Bewerbungsgesellschaft ihre Waren und Dienstleistungen aufdrängen: Und die 33 Millionen Euro der Bewerbungsgesellschaft München 2018 müssen schließlich irgendwie verbraucht werden.
München 1972
Die Historiker Christopher Young und Kay Schiller beschrieben im Buch „The 1972 Munich Olympics and the Making of Modern Germany“, wie München die Spiele erhielt. (Berkeley, Los Angeles, London 2010)
Young vertrat in einem Interview die These, „dass man sich des Konzepts von 1936 bewusst bediente. Einheitliches Design, einheitliche Farben – die Nazis wussten, wie man visuell die Spiele rüberbringt.“ Young stellte auch fest: „Die Kandidatur für Olympia 1972 war vom Zeitgeist getragen. Die derzeitige ist es nicht“ (Ide, Robert, „Die Nazis wussten, wie man die Spiele rüberbringt, in zeitonline 29.8.2010). Die Farbgestaltung stammte allerdings vom Designer Otl Aicher, der ein dezidierter Gegner der Nazis war und mit Inge Scholl verheiratet war.
Vieles von den Nazi-Spielen 1936 wurde übernommen, einiges uminterpretiert. Die Spiele sollten das Bild des „modernen Deutschland“ vermitteln. Die rechte Hand des NOK-Präsidenten Willi Daume war Guido von Mengden, ein hoher NS-Sportfunktionär. (Siehe Kritisches Olympisches Lexikon: Daume, Willi) Die Witwe des Reichssportführers Karl Ritter von Halt (Kritisches Olympisches Lexikon) reiste auf Kosten Münchens nach Rom, um auf die altbekannten Kameraden vom IOC einzuwirken (Vgl. Bielicki, Jan, Gewinnen ist alles, in SZ 29.11.2010).
Die Bundesregierung leistete Marokko „Entwicklungshilfe“ über 194 Millionen Mark, wodurch auch Tunesien, Senegal und Ägypten für München votierten. 500.000 Mark flossen an afrikanische Athleten. Daume übergab in Nigeria eine Million Mark für den Bau einer Tartanbahn.
Anfang 2010 widersprach der ehemalige Oberbürgermeister Hans-Jochen Vogel der These, München habe „dank der Olympischen Spiele 1972 auch endlich eine U-Bahn bekommen“. Die Vorentscheidungen erfolgten lang vor der Bewerbung Münchens, und der erste Spatenstich war am 1.2.1965 – elf Monate vor der Bewerbung. (U-Bahn auch ohne Olympia, in SZ 9.8.2010)
München 1972 kam viermal so teuer wie geplant, nämlich statt 520 Millionen Mark 1,972 Milliarden Mark (Vgl. auch Gernandt, Michael, Eine Stadt fängt Feuer, in SZ 5.10.2010). Der Faktor vier dürfte auch bei München 2018 realistisch sein, wo die Kosten derzeit mit drei Milliarden Euro angegeben werden.
In jedem Fall war die Stimmung anders. „München 1972, das waren die ‚Wir-Spiele’. Das waren nicht nur die Athleten, das war die gesamte Gesellschaft“, schwärmte der ehemalige Speerwerfer Klaus Wolfermann. Manfred Schnelldorfer urteilte über München 2018, dass „die Bevölkerung zu weit weg“ ist. Erhard Keller stellte fest: „Früher waren wir echte Amateure, da haben mir wildfremde Menschen aus ganz Bayern im Monat zehn Mark geschickt als Sporthilfe… Heute sagt jeder: Der verdient ja Millionen.“ („Da muss der Zacken aus der Krone raus“, in SZ 7.8.2010).
Nicht ohne Absicht wurde dann im September 2010 vom Institut der Bayerischen Geschichte, dem Haus der Bayerischen Geschichte und dem Hauptstaatsarchiv die Ausstellung “Olympische Spiele 1972 in München” eröffnet: Sie soll die atuelle Bewerbung unterstützen. (Görl, Wolfgang, Vorwärts in die Vergangenheit, in SZ 28.9.2010)
Grüne Stadträte pro Olympische Spiele
Die Grünen-Stadträtinnen Sabine Krieger (Kuratorium München 2018) und Jutta Koller stellten die Website Olympija.de ins Netz. Die Aktion sei eine Antwort auf NOlympia. Krieger: Zum Teil werden da schlicht Unwahrheiten verbreitet“ (Wörmann, Caroline, Münchner Merkur, 4.8.2010). Sie wollten den Skeptikern beweisen, dass die Vorteile wie der Bau neuer Wohnungen im Olympischen Dorf die Nachteile bei weitem überwiegen würden.
Dort wären 2.630 Bäume in Gefahr, siehe später.Und auch der Erfinder des Garmisch-Partenkirchener Kleinklimas, Prof. Wolfgang Seiler, darf als Zeuge nicht fehlen, dass ausgerechnet im kleinen Werdenfelser Tal kein Klimawandel stattfindet.
„Auf ihrer Seite versuchen sie, die Argumente der Gegner manchmal auch mit dünnen Argumenten zu entkräften, wie: Die Schneekanonen seien eh da“ (Bock, Willi, Öko-Spiele? NolympiJa! In Abendzeitung 4.8.2010). Ludwig Hartmann kommentierte: „Da hätte ich mir mehr erwartet.“ (Hutter, Dominik, Grüne gegen Grüne, in SZ 4.8.2010)
Die Stadtratsfraktion Die Grünen – Rosa Liste feierte die neue Website (PM Pressestelle 3.8.2010). Die SPD-Landtagsfraktion begrüßte ebenfalls Olympija-Homepage. Der sportpolitische Sprecher der SPD, MdL Harald Güller forderte die Grüne Claudia Roth (Kuratorium München 2018) auf, auf die Grünen Landtagsabgeordneten einzuwirken, „damit diese ihre Giftspritzen gegen das bayerische Sympathieprojekt endlich in den Müll werfen“ (PM 5.8.2010).
Gleichzeitig sprach sich die Jugendorganisation des BUND gegen München 2018 und für die Nolympia-Initiative aus.
In der SZ vom 4.8.2010 fand ein Streitgespräch zwischen dem grünen MdL Ludwig Hartmann und dem DOSB-Generaldirektor Michael Vesper (Mitglied der Grünen Partei) statt.
Hartmann: „Das Tal bei Garmisch-Partenkirchen ist für so ein Großereignis viel zu klein.“
Vesper: „In Garmisch sind kaum Eingriffe nötig, das ist beste Ökologie.“
Kennt der Mann eigentlich die Pläne?
Hartmann zu Schwaiganger: „Das sind alles Flächen auf 650 Meter Höhe! Das ist doch ökologischer und ökonomischer Wahnsinn…“
Vesper: „Es wird garantiert, dass alles zurückgebaut wird. Die Bauern, die Flächen zur Verfügung stellen, kriegen sie so wieder, wie sie sie abgegeben haben.“
Es spricht der Landwirtschaftsfachmann Vesper.
Hartmann: „Am Ende steht der Steuerzahler gerade, wenn es Finanzprobleme gibt. Wir reden ja nicht von einem Maisfeld, sondern von Grünland, das über Jahrzehnte so entstanden ist.“
Vesper: „Straßen oder die Ertüchtigung der Bahnlinie zwischen München und Garmisch werden natürlich aus öffentlichen Mitteln gezahlt. Das wird ein Teil des olympischen Erbes sein.“
Dieses olympische Erbe ja nicht antreten: Die Autobahn-Ausbauten und Autobahn-Tunnels kostet Milliarden, und die Bahnfahrt zwischen München und GaP würde sich gerade einmal um eine Viertelstunde verkürzen.
Hartmann: „Dass die Garmischer diese Verkehrsprojekte wollen, kann ich nicht nachvollziehen. Was die Hoteliers angeht: 60 Prozent der Übernachtungen finden im Sommer statt. Und diese Gäste vergraule ich. Denn die Touristen wollen Kulturlandschaft sehen, keine Baustellen.“
Vesper: „Es muss doch fast nichts gebaut werden.“
Kennt der Mann eigentlich die Pläne?
Hartmann: „Das Olympische Dorf muss gebaut werden, das Sub Media Center, die Parkplätze, die Infrastruktur, die Halfpipe, neue Hotels.“
Die ausweichende Antwort Vesper: „Ich habe den Eindruck, dass die Hotellerie für ein paar neue Impulse durchaus offen ist.“
Und so weiter…
Vesper nimmt die Rolle des beinharten Verfechters von München 2018 ein, der wie üblich mit normierten und standardisierten Pseudoargumenten und Sprechblasen des DOSB arbeitet: grünste Spiele, olympisches Erbe, Nachhaltigkeit etc.
Der bayerische Grünen-Vorsitzende Dieter Janecek zitierte derweil den Bayern Gerhard Polt: „Was man liebt, betoniert man nicht“ und stellte fest: „Diese Bewerbung ist bereits eine Blamage für uns in Bayern.“ („Was man liebt, betoniert man doch nicht“, in focus.de 4.8.2010)
Kritisches Olympisches Lexikon
Das im Juli 2010 ans Netz gegangene Kritische Olympische Lexikon mit fast 100 Begriffen aus der Sportwelt wurde von Sportinsider als „akribisch“ gelobt: „Eine unbedingte Leselektüre für jeden mündigen Bürger“ (sportinsider 3.8.2010).
Bund Naturschutz
Am 11.8.2010 organisierten BN und GÖF in Garmisch-Partenkirchen eine Pressekonferenz. „Olympische Winterspiele im Zeitalter des Klimawandels in engen Gebirgstälern sind ein Anachronismus“, äußerte BN-Vorsitzender Prof. Hubert Weiger und sprach sich gegen „medial inszenierte kommerzialisierte Megaevents“ aus.
Die fehlende Transparenz der Bewerbungsgesellschaft führte Axel Doering vom BN Garmisch-Partenkirchen darauf zurück, „dass eine Offenlegung aller Planungen mit allen Nebenanlagen schon sehr viel früher einen Aufschrei verursacht hätte“. Nach wie vor gibt es keine Gesamtplanung; ungeklärt sind die Standorte von Snow Village, Media Village, von 16.000 Parkplätzen, 800 Bus-Parkplätzen, die Bewältigung des Verkehrs etc. Doering warnte vor dem, Problem der Verstädterung von GaP.
Dort hatte der BN in kurzer Zeit über 3000 Unterschriften in Bayern gesammelt, davon 1800 aus Garmisch-Partenkirchen und drohte mit dem Mittel des Bürgerbegehrens. Dazu wurde der Rückzug der Bewerbung gefordert.
Von Christian Hierneis/BN-Vorsitzender München und mir wurde auch auf die drohenden Zerstörungen in München hingewiesen. Unverständnis riefen auch die Aussagen der Bewerbungsgesellschaft 2018 hervor, angesichts der ökologischen und ökonomischen Probleme die Spiele als „grün“ und nachhaltig zu verkaufen.
(Weiger: „Heimatliebe statt Patriotismus“, in SZ 12.8.2010; BN fordert Rückzug der Bewerbung, in suedkurier.de 12.8.2010; Reinbold, Peter, Olympia 2018: Bund Naturschutz fährt schwerstes Geschütz auf, in merkur-online 118.2010; PM BN 11.8.2010)
Kati Witt übernimmt
Die Kuratoriums-Vorsitzende von München 2018, Kati Witt drohte Mitte August 2018: „Ich werde mich mehr für Deutschland einbringen.“ Sie berichtete über Gespräche bei den Olympischen Jugendspielen mit IOC-Mitgliedern, die Näheres über die Probleme in Garmisch-Partenkirchen wissen wollten. (Kati Witt soll Olympia-Gegnern Paroli bieten, in merkur-online 19.8.2010)
Witt lobte „die Konzeption der gelungenen Planung von Sportstätten, Infrastruktur und Umwelt als hervorragend“ und kritisierte Bogner für dessen Vorpreschen in der Budget-Frage sowie für den Umgang mit. (Witt zu Olympia 2018: International positiv, dpa 14.8.2010) Später kommentierte Witt die Garmisch-Partenkirchner Konflikte mit den Worten: „Der Ton macht die Musik. Ich wäre auch sauer, wenn man nicht mir gesprochen hätte.“ (Frommann, Stefan, „München punktet für Olympia mit seinen Stärken“, Interview mit Kati Witt in welt-online 15.8.2010; Witt über Kritik an München.-2018.-Chef Bogner, in focus.de 14.8.2010; Kerber, Matthias, NOLympia und die Wut der Bauern, Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 26.8.2010)
Spätestens hier deutete sich das Ende der Ära Bogner an.
Vergleiche auch: http://www.nolympia.de/2010/09/von-willy-bogner-zu-kati-witt/
Garmisch-Partenkirchen
SPD und CSU konnten sich Anfang August 2010 ein Ratsbegehren vorstellen. „Es kann nicht sein, dass 30 auf Zeit gewählte Mandatsträger eine solche Zukunftsfrage für den Ort alleine entscheiden“, sagte CSU-Fraktionsvorsitzende und Rechtsanwältin Elisabeth Koch. Juristisch sei ein Ratsbegehren trotz aller Verträge zulässig. CSB-Fraktionschef Peter Samstag stellte fest, dass der Ort durch ein Bürgerbegehren nicht mehr gespalten werden könne: „Das ist schon passiert“ (Holzapfel, Matthias, Olympia: Doch ein Ratsbegehren? in merkur-online 3.8.2010; Mehr Demut erwünscht, in SZ 4.8.2010)
BN-Kreisvorsitzender Axel Doering berichtete von 4000 Unterschriften plus 1500 Online-Stimmen, davon mehr als 2200Stimmen aus Garmisch-Partenkirchen. Der BN habe „von Anfang an gesagt, dass die Winterspiele ein so großes Projekt sind, dass die Garmisch-Partenkirchner selbst über die Bewerbung entscheiden sollten“ (Sebald, Christian, Bürger sollen Votum abgeben, in SZ 19.8.2010).
Der Kommunikationsdirektor von München 2018, Jochen Färber äußerte zu einem möglichen Bürgerbegehren: „Das ist keine Wirkliche Überraschung für uns, darum beunruhigt es uns auch nicht“ (Bürgerbegehren gegen „München 2018“, in zeitonline 18.8.2010).
Im „aktuellen Bürgermeisterbrief“ vom August 2010 (mit dem Signet „München 2018 – Candidate City“) erfolgte das übliche Gesundbeten der Folgen von München 2018. Die Verkehrsmaßnahmen werden alle vom Bund getragen. Sollte es im OCOG-Budget ein Defizit geben, werde es von Bund, Freistaat und Stadt München getragen. Das Media-Village wird auf drei Standorte in GaP verteilt.
Das ist inzwischen längst wieder überholt.
Im „Idealfall“ sollen neu gebaut werden: ein neues Kongresshotel, eine Multifunktionale Halle, ein Feriendorf in der „Touristischen Sonderzone“, ein Hotel am Mühlanger und 100 Wohnungen am Wannerweg. „Für die Olympischen Winterspiele und Paralympics würden rund 1 % der landwirtschaftlichen Gesamtflächen des Ortes vorübergehend benötigt.“
Das pflegt die Bewerbungsgesellschaft mantraartig zu wiederholen: dass nämlich kaum Grund benötigt geschweige den bebaut werden muss. Wie es hinterher dann tatsächlich aussieht, lässt sich an früheren Olympiaorten bewundern.
Von 18 Grundeigentümern stellten bis August gerade zwei ihr Land zur Verfügung.
Das hochtönende Projekt „Natur, Kulturerbe und Bildung – Gemeinsames Handeln in der Olympiaregion“ würde sieben Millionen Euro kosten, die aus nationalen und europäischen Fördertöpfen kommen sollen. Dazu ist auch noch ein „Zentrum für Nachhaltigkeit“ geplant, in dem während der Spiele das Medienzentrum hausen soll und das 25 Millionen Euro kosten würde.
Der Ort Garmisch-Partenkirchen wird systematisch mit Geld zugekleistert, wie im Verlauf dieses Sommers noch zu sehen sein wird: ein Fall von aktiver Bestechung durch Staatsregierung und – im Fall von Defizitübernahme – auch der LH München.
Die Mission von Staatskanzlei-Chef Schneider wurde vor der Presse als Riesenerfolg dargestellt, als ob die Staatsregierung mit Grundeigentümern erfolgreich verhandelt hätte: Dabei hatte Schneider lediglich mit Vereinen verhandelt, die nur bedingt zuständig sind: Mit dem Anwalt der Grundbesitzer sprach er dagegen nicht. (Kemnitzer, Sebastian, Garmisch rebelliert gegen Olympia, in stern.de 10.8.2010)
Gleichzeitig nahm der soziale Unfrieden weiter zu. In der Nacht zum 7.8. wurde am Pkw der Grundstückseigentümerin Anna-Maria Reindl die Windschutzscheibe eingeschlagen; sie stellte Anzeige gegen Unbekannt. Auf die beiden Maskottchen der Ski-WM 2011 am südlichen Ende des Farchanter Tunnels wurden Hitler-Bärchen aufgemalt und „Fuck Olympia“ gepinselt. (Olympia-Gegnerin das Auto beschädigt, in SZ 7.8.2010; Brinkmann, Tanja, Ga und Pa mit Hitler-Bärtchen, in merkur-online 13.8.2010)
Der olympische Frieden wirft seinen Unfrieden voraus.
Da von 18 vom Snow-Village betroffenen Grundeigentümern nur zwei Grundstücke dafür zur Verfügung stellen wollten, wurde das Athletendorf in die Höhe geplant und auf ein Bahngelände verschoben. Bürgermeister Schmid hatte letztlich über Eigentum verfügt, das ihm nicht zur Verfügung stand. (Rosner, Maik, Dabeisein ist für Garmisch nicht alles, in Mittelbayerische Zeitung 13.8.2010)
Deshalb schlossen sich 167 von München 2018 betroffenen Grundeigentümer Ende Juli 2010 vorsorglich zusammen und nahmen sich einen Anwalt, der ihre Interessen vertreten sollte, da sie keine Lust mehr hatten, mit Bürgermeister Schmid oder der Bewerbungsgesellschaft zu sprechen. (Effern, Heiner, Riedel, Katja, Sebald, Christian, Garmischer Grundstückspuzzle, in SZ 11.8.2010)
Im Oktober meldeten sich die Eigentümer erneut zu Wort und verwiesen die Staatsregierung auf den Kontakt über ihren Rechtsanwalt Ludwig Seitz von der Münchner Kanzlei Labbé und Partner. (Zähes Ringen um Flächen fürs Snow-Village, in merkur-online 13.8.2010)
Vergleiche: http://www.nolympia.de/2010/10/gemeinderat-von-garmisch-partenkirchen-ignoriert-die-grundbesitzer/
Schwaiganger
„Schweigen um Schwaiganger“ betitelte merkur-online die Meldung vom 14.8.2010: Die Bewerbungsgesellschaft will den Medien keine Infos mehr übermitteln, bevor mit Betroffenen gesprochen wurde.
Das klingt nach Lernprozess, ist es aber nicht: München 2018 äußerte sich zwar nicht mehr zu Schwaiganger, informierte aber nicht im geringsten die Betroffenen, die als Grund für den Informationsstopp herhalten mussten. Ganz wie gewohnt.
Die Planer seien nicht einmal soweit, Unterlagen an die Bewerbungsgesellschaft herauszugeben, erklärte Pressesprecher Jürgen Färber.
Der Murnauer CSU-Politiker Wolfgang Köglmayr kritisierte die häppchenweise Bekanntgabe von Details. Der Murnauer Bürgermeister Michael Rapp (CSU) gab bekannt, das er viele Informationen erst aus der Zeitung erfahre.
Bach beneidet die Jugendlichen
DOSB-Präsident Thomas Bach repräsentierte bei den Olympischen Jugendspielen 2010 in Singapur. Eine Journalistin der FAZ fragte ihn, ob die Münchner Bewerbung ein „unangenehmes Thema“ sei. Bach antwortete: „Im Gegenteil – sehr angenehm. Es gibt so viel Positives zu berichten… Im IOC sieht man das große Bild… Und den Beitrag, den München und Garmisch-Partenkirchen leisten können für die Weiterentwicklung der Winterspiele.“
Sofern man München und Garmisch-Partenkirchen nach den Spielen noch wieder erkennen kann.
Auf die Frage nach den über 2000 Unterschriften gegen die Bewerbung antwortete er: „2000 Unterschriften nach zwei oder drei Wochen, von denen man nicht einmal weiß, woher die kommen. Und auf der anderen Seite 70 Prozent Zustimmung durch eine unabhängige Meinungsumfrage.“
Die bis dato 2200 Stimmen sind anhand der Adressen exakt nachprüfbar, ganz im Gegensatz zu den 70 Prozent „Zustimmung“: Die „unabhängige Meinungsumfrage“ wurde durch ein vom Sport-Informationsdienst regelmäßig beauftragtes Institut ermittelt, dessen Befragte zu über 70 Prozent Sportbegeisterte sind!
(Vgl. auch: www.nolympia.de/2010/08/von-mehrheiten-und-minderheiten/ und
www.nolympia.de/2010/09/vorsicht-mit-statistiken-die-man-nicht-selbst-gefalscht-hat/)
Zu den genannten Kosten der Olympischen Jugendspiele von 400 Millionen Dollar sagte Bach: „Ich kenne die Zahlen nicht. Und das ist auch nicht mein Thema, denn das sind Investitionen in die Zukunft der Olympischen Spiele und der olympischen Jugend. Besser kann man kaum investieren.“
Der Mann kann natürlich nicht auf die Idee kommen, dass man mit den riesigen Summen wahrlich besseres vollbringen kann, als verwöhnte Spitzensportler global auf das Motto „höher, schneller, weiter“ zu trimmen, wobei die Athleten fast zwangsläufig immer häufiger mit diversen Chemikalien in Verbindung kommen und im Alter einige Probleme mit ihrem geschundenen Körper haben. Oder leer stehende High-Tech-Sportstätten zu produzieren, die nie wieder jemand braucht. Oder temporäre Sportstätten wie in München 2018 geplant, wo deren Anteil schon bei 30 Prozent liegt.
Der Chemiekonzern Dow Chemical, der im Vietnam-Krieg das Waldentlaubungsgift Agent Orange und den Kampfstoff Napalm produziert hatte, übernahm 2001 die Chemiefirma Union Carbide, die für die Katastrophe von Bhopal verantwortlich war. Dow Chemical weigerte sich, den Opfern weitere Entschädigungen zu zahlen, wurde aber Anfang August 2008 TOP-Sponsor des IOC. In Zusammenhang mit den Opfern des Chemiekatastrophe in Bhopal sagte Bach: „Zu glauben, dass sich 40 Jahre nach Agent Orange der Konzern Dow Chemical durch die Olympischen Ringe von einem schlechten Image befreien möchte – das halte ich für abwegig.“ (Simeoni, Evi, Interview mit Thomas Bach in faz.net 9.8.2010)
Das kann man auch so verstehen, dass nicht einmal Dow Chemical heutzutage durch die fünf in reichlich Misskredit geratenen Ringe noch einen Imagegewinn einfahren kann.
Die Olympischen Jugendspiele 2010 in Singapur wurden auch zur Lobbyarbeit für 2018 genutzt. Die größte Delegation stellten die Südkoreaner (Pyeongchang!). Der Präsident des Ski-Weltverbandes, Gian-Franco Kasper sprach von einer Kandidatur von St. Moritz 2022: „Aber nur, wenn die Spiele nicht nach München gehen“. (Weinreich, Jens, Die Stunde der Lobbyisten, in Frankfurter Rundschau 18.8.2010Olympia 2018: eine Wasserstandsmeldung und ein nervöser Bewerber, Blog 20.8.2010; Wie München IOC-Vize Bach in die Bredouille bringt, in ftd.de 18.8.2010).
Die Zielpersonen des IOC residierten im Fünf-Sterne-Hotel Ritz, die deutsche Delegation mit Bach, Witt, Bogner und dem Rest im Fünf-Sterne-Hotel Mandarin Oriental
Für Sportfunktionäre ist nur das Beste gut genug – bis bald im Oktober in Acapulco zum Vorsingen!
Bewerbungsgesellschaft München 2018
98 aktive und ehemalige Olympioniken hatte die Bewerbungsgesellschaft (zwangsweise?) bis Anfang August 2010 als Olympia-Botschafter rekrutiert. Diese Botschafter waren nun nicht recht glücklich, da sie nicht unbedingt gebraucht wurden. „Bei Veranstaltungen stehst du nur rum. Keiner weiß, was er zu tun hat, du bist vorher kein bisschen informiert, von der Bewerbungsgesellschaft ist vor Ort nichts zu hören und nichts zu sehen“ („Da muss der Zacken aus der Krone raus“, in SZ 7.8.2010).
Auch bei den Münchner Vereinen galt die Verbindung zwischen Breitensport und Bewerbung als schwach. Die Vereine fühlten sich übergangen und nicht eingebunden (das wurden sie dann im Oktober unverzüglich und repressiv, siehe später!)
(Lode, Silke, Krügel, Christian, „Es fehlt ein Schlachtplan für den Sieg“, in SZ 7.8.2010; Liebmann, Andreas, Lode, Silke, Schlechte Verbindung, in SZ 7.8.2010)
Maria Riesch: hilf
Die Doppel-Olympiasiegerin ist Botschafterin von München 2018 und wurde von Willy Bogner in der vergangenen Woche zu mehr Einsatz aufgefordert. Die Bewerbungsgesellschaft sah vor, dass Riesch bei Bauern und Grundeigentümern in Garmisch-Partenkirchen vermittelt.
Riesch wollte Mitte August 2010 mit dem Vermitteln beginnen, war da allerdings zum Training in Neuseeland, danach in Chile.
Maria Riesch ist Beamte des einfachen Zolldienstes in der Bundeszollverwaltung, also Sportsoldatin.
Vergleiche dazu: http://www.nolympia.de/2010/08/olympia-maria-riesch-bietet-vermittlung-an-sz-16-8-2010/
Ex post Vancouver
Vergleiche auch: 18 Gründe: Erfahrungen
Das Olympische Dorf wurde größtenteils in Eigentumswohnungen umgewandelt (vor den Spielen sollten es noch Sozialwohnungen werden). Das „Richmond Oval“, wo die Eisschnelllauf-Wettbewerbe auf Hightech-Bahn ausgetragen wurden, ist jetzt ein Fitness- und Sportzentrum.
Das OCOG-Budget lag bei umgerechnet 1,15 Milliarden Euro und wäre ohne Ausnahme-Zuschüsse des IOC defizitär gewesen. Die Sicherheitskosten stiegen von 175 auf etwa 900 Millionen kanadische Dollar. Die Autobahn zwischen Vancouver und Whistler kostete 600 Millionen Dollar, die S-Bahn vom Flughafen in die Innenstadt zwei Milliarden und das Kongresszentrum in Vancouver 600 Millionen: Kosten, die im Non-OCOG-Budget verschwanden und die ausschließlich aus Steuermitteln beglichen wurden.
Der Premierminister verkündete eine neue Steuer, die den Spielen geschuldet ist.
Eine Abgeordnete der Opposition im Provinzparlament sagte: „Wir werden niemals die Antwort bekommen, wie teuer die Spiele für den Steuerzahler wirklich waren.“
Im Februar 2010 wurden 1,25 Millionen Passagiere am Flughafen Vancouver gezählt: im Februar 2008 waren es 1,35 Millionen. (Braune, Gerd, Ein gemischtes Vermächtnis, in Frankfurter Rundschau 8.8.2010; Kögel, Annette, Ehlert, Franziska, Olympischer Funkenschlag, in Der Tagesspiegel 11.8.2010)
Im „normalen“ Jahr 2008 kamen mehr Gäste in Vancouver an als im Olympischen Jahr 2010!
Nolympia München
Am 17.8.2010 traf sich Nolympia München zum ersten Mal, damit auch umweltbewusste Münchner Bürger ihren Unmut über die drohende ökologische und ökonomische Bedrohung äußern können. Betroffen sind vor allem das Bundeswehrgelände.
Für Christian Hierneis vom BN München war klar, dass der Widerstand wachsen wird: „Denn den meisten Bewohnerinnen und Bewohnern ist noch gar nicht bewusst, was München erwartet – das werden wir aufdecken.“
Die Vorsitzende der Grünen Jugend München schrieb in der PM: „Es zeigt sich, dass der Widerstand in München angekommen ist.“ Nolympia wird einen Stand auf „Streetlife“ machen. Am 6. Oktober (Bid Book-Abstimmung im Münchner Rathaus) wird eine Demo auf dem Marienplatz geplant. (PM Grüne Jugend München 18.8.2010) Bekanntlich halten alle elf Grünen Münchner Stadträte eisern am Olympiakurs fest – neben den Stadträten von CSU, SPD und FDP.
(„NOlympia“ auch in München gegründet, in SZ 19.8.2010)
Vergleiche dazu auch: http://www.nolympia.de/2010/09/olympia-planungen-in-munchen/
Der Park der Bundeswehr
Der Bund Naturschutz München und die GÖF organisierten Mitte August 2010 eine Baumkartierung auf dem Bundeswehrgelände im Süden des bestehenden Olympiaparks: Erfasst wurden 471 Bäume, von denen 373 (80%) der Baumschutzverordnung von München mit 80 cm Umfang unterliegen. 281 Bäume hatten mindestens 100 cm, 123 Bäume mindestens 150 und 48 Bäume mehr als 200 cm Umfang. Insgesamt wurde der Anteil der gefährdeten Bäume auf 1.500 – 2.000 geschätzt, die auf dem überplanten Gelände von Media Village und Olympischem Dorf nebst „Funktionsflächen“ bedroht wären. Später ergab eine Baumbilanz der Stadtverwaltung, dass es sich sogar um 2.630 Bäume handelt.
Der überwiegende Teil dieser Bäume unterliegt also der Baumschutzverordnung. Ihr Sinn besteht darin, wertvollen Baumbestand zu erhalten. Dies wird hier von der Stadt selbst unterlaufen. Denn es ist nicht vorstellbar, dass ein Großteil der Bäume erhalten werden kann, wenn hier nach den olympischen Plänen gebaut wird.
Ersatzpflanzungen, die von Bewerberseite sicherlich versprochen werden, können über Jahrzehnte hinweg die Ökosystemleistungen großer und alter Bäume (Frischluft, Kühlung, Staubbindung, Lebensraum für tausende Lebewesen) nicht ersetzen. München ist mit fast 44,3% Versiegelung die am stärksten versiegelte Großstadt Deutschlands. Durch die Überbauung der Freiflächen wird der Versiegelungsgrad weiter ansteigen.“
Vergleiche dazu das Hintergrundpapier für München unter Aktuelles:
http://www.nolympia.de/2010/09/olympia-planungen-in-munchen/ und
Am 20. August 2010 organisierte Nolympia dann eine Pressekonferenz auf dem Bundeswehrgelände im Süden des bestehenden Olympiaparks. Da hier das Olympische Dorf entstehen soll, muss gleichzeitig Ersatz für die lockere Bebauung der Bundeswehrverwaltung (völlig intakte Gebäude aus den siebziger Jahren) geschaffen werden (ca. 120 Millionen Euro). Dazu ist ein Mediendorf am Leonrodplatz geplant, temporäre Hallen auf dem Gelände der Zentralen Hochschulsportanlage etc.
Die Planungen würden den Abriss sämtlicher Bundeswehrgebäude, eines großen Wohngebäudes und u. a. das Ende des Tollwood-Festivals und des Theaterzeltes Das Schloss sowie den Umzug der Montessori-Schule bedeuten.
Damit wäre in München die Situation entstanden, dass eine vielfältig genutzte, öffentliche Parkanlage mit wertvollem Baumbestand umgewandelt wird in eine (teuere) Eigentumswohnanlage, deren Zugang nicht mehr möglich sein würde.
Mit der Errichtung des neuen Olympischen Dorfes will die Stadt München die städtischen Wohnungsbaugesellschaften GWG und Gewofag beauftragen. Interessanterweise steht in der Pressemitteilung der Bewerbungsgesellschaft, es sollen die rund 880 Wohnungen dem Münchner Wohnungsmarkt „mit einem überwiegenden Anteil an Mietwohnungsbau zur Verfügung“ (Stadt klärt organisatorische Fragen, München 2018, PM 17.8.2010; vgl. auch Hutter, Dominik, Olympiabauten in eigener Regie, in SZ 18.8.2010)
Die geplanten Wohnungen des Olympischen Dorfes sollen nach 2018 als Mietwohnungen zur Verfügung stehen: Wie die Erfahrung mit Vancouver 2010 und anderen Orten von Olympischen Winterspielen zeigt, war die finanzielle Situation dort nach den Spielen so verheerend, dass der Wohnraum schließlich als Eigentumswohnungen verkauft wurde.
Gigant Ude versprach den Münchner Bürgern: „Als Aufsichtsratsvorsitzender aller beteiligten Gesellschaften – SWM und OMG, GEWOFAG und GWG – werde ich eine reibungslose Kommunikation gewährleisten“ (PM 17.8.2010).
Und noch eine Jubelmeldung: Eine Milliarde Euro soll in München investiert werden. (Bock, Willi, Knebelverträge für die Winterspiele, in Abendzeitung 17.8.2010)
Beim üblichen Faktor vier – mindestens – wären das schon 4 Milliarden, und die Gesamtkosten würden bei 12 Milliarden Euro liegen. Wetten?
Ex ante Sotschi
Vergleiche Kritisches Olympisches Lexikon: Sotschi
Die Olympischen Winterspiele 2014 könnten bei 41 Milliarden Dollar landen. Zwischendurch waren die Sotschi-Spiele richtig in Gefahr.
Bedingt durch Bestechungen und Schmiergelder kostete ein 50-Kilometer-Abschnitt der neuen Autobahn fast acht Milliarden Dollar. Ein Mafiaboss, der als Immobilienmakler tätig war, wurde Ende Oktober mitten in Sotschi erschossen. Und Milliarden Dollar sind einfach verschwunden.
Die subtropische Lage von Sotschi lässt für 2014 das Schlimmste befürchten. Putin hat laut dem früheren Vize-Regierungschef Nemtsov einen der wenigen Plätze in Russland gefunden, wo es im Winter keinen Schnee gibt. Und sowohl Terrorismus als auch rigoroses Durchgreifen gegen militante Islamisten drohen.
Deshalb schrieb der Autor Michael Smyth: „Ihr denkt, ihr seid durch unsere Olympischen Winterspiele abgebrannt, Steuerzahler von British Columbia? Zählt euch noch zu den Glücklichen!“
(Smyth, Michael, Olympic Bill nothing compared to Sochi’s, in theprovince.com 29.8.2010)
Garmischer Gefeilsche
Staatskanzlei-Chef Schneider verhandelte mit Vertretern der Garmisch-Partenkirchner Interessensgemeinschaft aus neun Vereinen und Verbänden – ohne Bürgermeister Schmid.
“Plan B“: Schneider flog in die USA, um im amerikanischen Verteidigungsministerium über Nutzungsmöglichkeiten des Golfplatzes in Burgrain zu verhandeln.
„Plan C“: Er sah ein deutlich verkleinertes „Snow-Village“ am Eisstadion und ein ausgelagertes Mediendorf vor. Grundstücke würden dann noch an den Sportstätten und an der Kandahar-Abfahrt gebraucht. Die „grüne Lunge“ soll erhalten bleiben.
CSU und SPD in Garmisch-Partenkirchen forderten nach wie vor ein Ratsbegehren.
(Kinast, Florian, „Keinen Quadratmeter für Olympia ergeben“, in Abendzeitung 21.8.2010; „Garmisch muss veredelt werden“, in Münchner Merkur 21.8.2010; Gefeilsche im Olympia: Alternativen geprüft, in Abendzeitung 29.8.2010; Deutschländer, Christian, Staatskanzlei: „Plan C“ soll Olympia-Bewerbung retten, in merkur-online 28.8.2010; Verhandlungen in Washington, in SZ 30.8.2010; Dürr, Michael, Im Pentagon: Schneider bettelt für Olympia 2018 um diesen Golfplatz, in tz-online 30.8.2010)
Nachdem das Biosphären-Reservat sang- und klanglos untergegangen war und von dem so glanzlosen wie aufgeblasenen Projekt „Natur, Kulturerbe und Bildung“ abgelöst werden sollte, wurde nun auch die „Universität für Nachhaltigkeit“ zu einem „Zentrum für Nachhaltigkeit“ eingedampft. Immerhin soll ihr Bau noch 20 bis 25 Millionen Euro kosten. „Hochschule der Lüfte“ betitelte ein Artikel in der SZ das Geschehen. (Effern, Heiner, Riedel, Katja, SZ 21.8.2010)
Am 20.8.2010 veröffentlichte das SZ-Magazin Fotos von Bauern, die ihr Land nicht hergeben möchten: Bilder von Anton Hornsteiner und Johann Gamsler, Josef Sailer, Karl Angermaier, Theo Geyer und Frau Agnes mit Hund Buschi und Josef Glatz. (Gesichter des Widerstands, in SZ-Magazin 20.8.2010)
DAV-BergTour
Mitte August stellte der DAV ein „Leitprojekt“ des Umweltkonzeptes vor: BergTour 2018 – Nachhaltige Bergsport- und Tourismusentwicklung. Neben vielem ökologischem Blabla („Ziel ist es, die einzigartige Kultur- und Naturlandschaften der Projektregionen als wertvollstes touristisches Kapital künftigen Generationen zu erhalten“, S. 2) geht es vor allem um die weitere Förderung und Zunahme diverser Trendsportarten wie Mountainbiking, Inline-Skating, Freeriden, Drachen- und Gleitschirmfliegen etc. Diese Aet von Bergsport wird per se als umweltfreundlich eingestuft: Die negativen Implikationen werden beiseite geschoben. Letztlich sollen die Besucherzahlen in den Alpen weiter gesteigert werden.
Diese „BergTour“ soll nichts verhindern, sondern alles ermöglichen. Zitat: „Beim Bau sonstiger touristischer Infrastrukturen wie z.B. Funparks, muss die Natur- und Landschaftsverträglichkeit sichergestellt sein“ (S. 5)
Die acht Millionen Euro, welche das Programm kostet, sollen im olympischen OCOG-Budget eingestellt werden.
Gleichzeitig erhob sich Kritik an der Unterstützung von München 2018 durch den DAV. Franz Mettal vom DAV Bad Tölz sah mehrere Punkte des Grundsatzprogramms in Widerspruch, z.B.:
„Sportveranstaltungen sollen in den Alpen nur in Gebieten durchgeführt werden, die bereits über geeignete Einrichtungen verfügen… (Teil III, 5.5)
„Beschneiungsanlagen sollen nur zur Beseitigung örtlich begrenzter Gefahrenstellen eingesetzt werden. (Teil III, 5.4)
„Der Neubau von Fernstraßen oder regionalen Straßen für den touristischen Verkehr ist nicht mehr vertretbar… (Teil III, 8.2.)
„Keinesfalls dürfen die Alpen als bloße Kulisse für die immer vielfältigeren Abenteuersportarten betrachtet werden.“ (Teil I, 7.)
Die DAV-Hauptversammlung wird dann am 30.10.20210 in Osnabrück beschließen, dass das Grundsatzprogramm bzw. die Leitlinien geändert werden sollen. So einfach geht das.
Vorerst kein Geld vom Bund
Bundesinnenminister Thomas de Maizière teilte mit, dass sich der Bund nicht an den Bewerbungskosten beteiligen werde. Bundesmittel seien nie angeboten und auch nie angefordert worden.
Bergsteiger Reinhold Messner äußerte angesichts des Umgangs mit den Garmisch-Partenkirchner Landwirten, er selbst würde als betroffener Bauer „keinen Quadratmeter für die Spiele hergeben“. Er warnte vor der Situation wie in Turin und anderen Austragungsorten, wo „die gesamte Infrastruktur nutzlos herumsteht“.
(De Maizière: Keine Bundesmittel für 2018-Bewerbung, in merkur-online 20.8.2010; Bewerbung ohne Geld vom Bund, in SZ 21.8.2010; Noch ein Dämpfer für Olympia-Bewerbung, in Augsburger Allgemeine 21.8.2010)
Morddrohungen
Der stellvertretende Garmisch-Partenkirchner BN-Kreisgruppenvorsitzende Andreas Keller fand am 23.8.2010 ein anonymes Schreiben in seinem Briefkasten, in dem unter anderem stand:
„Sehr geehrter Herr Keller, ich möchte euch Schlaumeiers, Dörings und Schumann von den ganz schlauen Grünen nur bescheid sagen, den Abschluß dieses Volksbegehrens Überlebt ihr drei nicht. Ich habe in meiner Berufslaufbahn nur mit Schusswaffen zu tun, meine Stärke ist Scharfschuss und diese Übung werde ich Euch Präsentieren, sobald ihr euer Vorhaben erfolgreich abgeschlossen habt…“
(Mit „Schumann“ war sehr wahrscheinlich MdL Ludwig Hartmann gemeint.)
Axel Doering schrieb in einer PM vom 24.8.2010: „Wie verzweifelt müssen manche Olympiafreunde sein, das sie den Pfad einer sachlichen Auseinandersetzung verlassen und zu solchen Mitteln greifen.“ Er forderte erneut, die Olympiabewerbung zu beenden, da sie Garmisch-Partenkirchen keinen dauerhaften Nutzen, sondern nur Belastungen und zunehmend Zwietracht bringe.
(Noch-)Bewerbungschef Willy Bogner war sich sicher, dass die Morddrohung nicht von Olympiaanhängern stammte und sagte: „Olympia ist eine Friedensbewegung.“
Wenn man sich die Situation im DAV, bei den Münchner Grünen und in Garmisch-Partenkirchen ansieht, muss man dies bezweifeln: überall Unfriede und Zwietracht. Dazu noch später.
(PM BN Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen, 24.8.2010; Reinbold, Peter, Morddrohung gegen Olympia-2018-Gegner Axel Doering, in merkur-online 24.8.2010; Effern, Heiner, Morddrohungen in Garmisch, in SZ 26.8.2010; Kerber, Matthias, Morddrohungen gegen Garmischer Olympia-Gegner, in Abendzeitung 25.8.2010; Kemnitzer, Sebastian, Olympia-Gegner erhalten wirre Morddrohungen, in stern.de 27.8.2010)
Nolympia München
Am 31.8.2010 traf sich das Netzwerk Nolympia München, bestehend aus Vertretern von Grünen, Linkspartei und ÖDP sowie Bund Naturschutz, der Gesellschaft für Ökologische Forschung und anderen. Die Arbeit an einem Papier, das die negativen Folgen der Bewerbung 2018 speziell für München aufzeigen soll, wurde fortgesetzt. Das Netzwerk will außerdem einen Infostand auf dem Streetlife-Festival am 11. und 12.9.2010 organisieren. (Olympiagegner sehen sich im Aufwind, in SZ 3.9.2010)