Webseite-Besucher
Im März 2014 besuchten 26.345 Internet-Nutzer unsere Nolympia-Webseite. Von Februar 2010 bis einschließlich März 2014 hatten wir damit 856.008 Besucher. Wir bedanken uns für das anhaltende Interesse.
Immer noch aktuell:
Kritisches Olympisches Lexikon: Red Bull, Almaty 2022
CIPRA fordert Olympiafreie Alpen
Putin: Krieg und Spiele
Oslo 2022 – Bewerben oder nicht bewerben: hier
Wie die Sport-Demokratur funktioniert: hier
In eigener Sache
Die Webseite und ihre Informationen stehen allen zur Verfügung, um die tatsächlichen Hintergründe im Sport aufzuzeigen und zu beschreiben. Ich bemühe mich meinerseits, korrekt zu zitieren und Quellen anzugeben. Umgekehrt wäre es fair, dass auch die Nolympia-Webseite als Quelle in den Artikeln von Journalisten angegeben wird.
Dr. Wolfgang Zängl
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Die Gliederung im April 2014 sieht so aus:
I: Nachrichten von Olympischen Spielen und dem IOC
II: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den Sportverbänden
III: Aktuell aus München und Bayern
IV: Allgemeine Nachrichten
V: Sport-Millionen und -Millionäre
VI: Aktuelle Fußball-Sportsplitter von Fifa, Uefa etc.
VII: Doping-News
VIII: Die Sportsender ARD/ZDF
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Zitate des Monats
Prof. Helmut Digel, ehemaliger Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes, zum Thema Vergabe von Sport-Großereignissen in Diktaturen: „Den Organisationen des Sports ist durchaus auch zukünftig zu empfehlen, sportliche Ereignisse in Ländern durchzuführen, in denen die Menschenrechte mit Füßen getreten werden“ (Digel, Helmut, Der Sport ist ein Politikum, in DOSB-Presse 14/1.4.2014; vermutlich ist der Beitrag kein Aprilscherz?).
Diego Silva, brasilianischer Ex-Fußballspieler: „Die Fifa lässt sich die WM in Brasilien mit Millionen von Steuergeldern finanzieren. Mit Geld, das in unserem Land an allen Ecken und Enden fehlt“ (Das Fußball-Imperium – Die Geschäfte der Fifa, in zdf.de 2.4.2014).
Andrej Kryukow, Exekutivmitglied des Kasachischen Olympischen Komitees zur Bewerbung des Diktators Nursultan Nasarbajew, Kasachstan um Olympische Winterspiele 2022: „Eine Umfrage ist nicht nötig, hier gibt es keine Stimme gegen die Bewerbung“ (Simeoni, Evi, „Der Gigantismus frisst uns auf“, in faz.net 14.4.2014).
Evi Simeoni in der FAZ: „Zyniker sagen, man brauche nur zwei Dinge, um ein sportliches Großereignis zu gewinnen: Öl und einen Diktator. Das stimmt zwar nicht immer. Aber immer öfter“ (Simeoni, Evi, „Der Gigantismus frisst uns auf“, in faz.net 14.4.2014).
Simon Jenkins zu Olympischen Sommerspielen Rio 2016: „Bei jeder Stadt, die Milliarden Dollar für eine Zwei-Wochen-Party zum Fenster hinaus werfen kann und gleichzeitig ihren öffentlichen Dienst nicht in Ordnung bringt – wie es in Rio der Fall ist -, liegt die politische Führung ernsthaft falsch“ (Jenkins, Simon, The World Cup and Olympics threaten to overwhelm Rio – yet there is time to create a sensation out of desaster, in The Guardian 23.4.2014).
Die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Katrin Göring-Eckardt, zum geplanten Besuch von Schalke 04 bei Wladimir Putin: „Der Besuch im Kreml ist kein Sightseeing-Termin, sondern ein politischer und wirtschaftlicher Günstlingsbesuch beim Autokraten“ (Selldorf, Philipp, „Günstlingsbesuch beim Autokraten“, in SZ 25.4.2014; siehe unter VI).
Der Vorsitzende der (inzwischen aufgelösten) Fifa-Governance-Kommission, Mark Pieth über Sepp Blatter: „Die Dritte Welt frisst ihm aus der Hand. Er ist die Reinkarnation dessen, was viele von zu Hause kennen: die starke Leitfigur“ (Röhn, Tim, „Die Dritte Welt frisst Blatter aus der Hand“, in Die Welt 28.4.2014).
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I: Nachrichten von Olympischen Spielen und dem IOC
– Achtung IOC, Fifa, Ecclestone: Turkmenistan nicht vergessen! „Turkmenistan ist reich an Bodenschätzen wie Öl und Gas, aber arm an internationaler Bedeutung. Das zu ändern lässt sich der zentralasiatische Wüstenstaat sehr viel kosten: Für sechs Milliarden Dollar entsteht in der Hauptstadt Aschgabat ein Sportkomplex der Superlative. Rund um ein bereits existierendes Stadion mit 35 000 Plätzen werden auf 157 Hektar zahlreiche Arenen hochgezogen, darunter ein Wassersportzentrum, eine Tennisanlage, Fußballplätze, zwei Allzweckhallen, ein Medienzentrum, ein Luxushotel und ein Athletendorf für 12 000 Sportler. Das Baumaterial wird vor allem aus Europa herangeschafft, Lastwagen haben dafür bislang eine Gesamtstrecke von mehr als 40 Millionen Kilometern zurückgelegt. 2017 trägt Turkmenistan die Asian Indoor and Martial Arts Games aus, das erste Sport-Großereignis in der Geschichte des seit 1991 eigenständigen Landes. Weitere sollen folgen. Wie groß Turkmenistans Ambitionen sind, verdeutlicht der Name des Projekts: Ashgabat Olympic Complex. (…) In Turkmenistan herrscht Präsident Gurbanguly Berdymuchammedow autoritär, Menschenrechte werden systematisch missachtet, die Massenmedien unterliegen der Zensur“ (Asiens Ambitionen, in Der Spiegel 14/31.3.2014; Hervorhebung WZ).
– Schwachstellen-Bewerbungen 2022. Der Boston Globe listete die Schwachstellen der derzeit fünf Bewerber für Olympische Winterspiele 2022 auf. „Wenn Borats Heimatland Kasachstan als Führender der Bewerbung 2022 gilt, weiß man, dass es ein schwaches Feld ist“ (Powers, John, Bid cities for 2022 Winter Games all have flaws, in bostonglobe.com 1.4.2014). Lviv/Ukraine könnte Teil eines geteilten Landes werden: Das Bewerbungsbüro ist derzeit geschlossen, das Budget wurde um 30 Prozent gekürzt. Krakau müsste die Alpin-Wettbewerbe nach Jasna/Slowakei auslagern: Ein Zwei-Länderkonzept mag das IOC nicht. Peking 2022 – als Gastgeber der Olympischen Sommerspiele von 2008 – ist 120 Kilometer von dem Wintersportort Zhangjiakou entfernt und hat gravierende Probleme mit der Luftverschmutzung. Dazu finden die Olympischen Winterspiele 2018 (Pyeongchang) und die Olympischen Sommerspiele 2020 (Tokio) in Asien statt. Oslo/Norwegen hat beträchtlichen öffentlichen Widerstand und zögert angesichts der Kosten von Sotschi 2014 von 50 Milliarden US-Dollar, die finanziellen Garantien zu unterschreiben (Ebenda; Simeoni, Evi, „Der Gigantismus frisst uns auf“, in faz.net 14.4.2014; „Wir werden die Krise überstehen“, in faz-net 14.4.2014).)
– Auch über Krakau 2022 wird abgestimmt. Im März 2014 reichte die polnische Stadt Krakau ihre Bewerbung für Olympische Winterspiele 2022 ein. Nun kündigte deren Bürgermeister einen Volksentscheid an, da ein lokaler Konsens äußerst wichtig sei. Dieser soll am 25.5.2014 parallel zur Europawahl stattfinden, um eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen (SID, Olympia-Bewerber Krakau will nachträglichen Volksentscheid, in handelsblatt.com 28.3.2014; Krakow councillors back Winter Olympics referendum, in thenews.pl 2.4.2014). Die Kommunikationsmanagerin Paulina Guzik trat nach nur zwei Monaten im Amt zurück (Butler, Nick, Kraków 2022 communications chief steps down as bad week ends on another sour note, in www.insidethegames.biz 28.3.2014). Die Kosten werden mit (wie üblich völlig unrealistischen, weil viel zu niedrigen) 1,4 Milliarden Euro angegeben. Die Bewerbung läuft unter „Krakau 2022“: Die alpinen Wettbewerbe würden beidseits der Hohen Tatra in Zakopane und im slowakischen Jasna ausgetragen. Der Krakauer Bürgermeister dringt darauf, dass die Kosten auch vom IOC, dem polnischen Staat und den regionalen Stellen auf beiden Seiten der Hohen Tatra übernommen werden (Anderson, Gary, Kraków Mayor calls for referendum on 2022 Winter Olympics and Paralympics, in insidethegames.biz 25.3.2014).
Die Abstimmung findet sechs Wochen vor der Entscheidung des IOC-Exekutivkomitees über die Kandidatur 2022 am 8.7. oder 9.7.2014 statt (Butler, Nick, Kraków 2022 „confident“ as referendum to decide). Vorsitzender der IOC-Evaluierungskommission ist der Präsident des russischen NOK, Alexander Schukow: Er ist Putin-Vertrauter, war russischer Vize-Ministerpräsident, war im Aufsichtsrat der staatlichen Sberbank (Sotschi-2014-Geldlieferant) und ist stellvertretender Duma-Vorsitzender (Wikipedia) – s.u..
Abgestimmt wird – taktisch geschickt – parallel über die Fragen, ob Krakau eine U-Bahn, mehr Radwege und mehr Videoüberwachung möchte. Bürgermeister Jacek Majchrowski ist sich seiner Sache sehr sicher, da Abstimmungen im Vorfeld eine Zustimmung von 87 Prozent ergaben. „Dies scheint aber nicht der Fall zu sein, wenn man mit den Bewohnern spricht“ (Pacult, Rose, Sunday conversations in Kraków: A voice against Poland’s bid for the future winter Olympic Games, in depauliaonline.com 26.3.2014). Demonstrationen gegen Krakau 2022 fanden schon statt; 6.500 Bewohner haben bereits die Petition für ein Referendum unterschrieben (Ebenda).
Sehr geehrter Herr Bürgermeister: Ihr Kollege in München hat sich bei der Abstimmung über München 2022 am 10.11.2013 bereits tüchtig verschätzt – 4 : 0 gegen München 2022! Wie viel Geld will die Pro-Seite in die Abstimmung pumpen?
– Krakau-Vorsitzende zurückgetreten. Die Vorsitzende des Krakauer Bewerbungskomitees um Olympische Winterspiele 2022, Jagna Marczulajtis-Walczak, trat am 12.4.2014 wegen Schmiergeld-Vorwürfen zurück: „… sie sieht sich als Opfer einer Schmierenkampagne der polnischen Medien. Zudem würde die Olympiabewerbung in der Öffentlichkeit nur negativ dargestellt“ (Kreuzer, Heinz-Peter, Unruhe bei Bewerbern Lemberg und Krakau, in deutschlandfunk.de 17.4.2014). Während sie auf der SportAccord-Sitzung im türkischen Belek war, soll ihr Ehemann Andrzej Walczak sich mit Journalisten getroffen haben und ihnen Geld für eine poisitive Berichterstattung über Krakau 2022 angeboten haben. Jagna Marczulajtis-Walczak bezeichnete sich als unschuldig und war zunächst sehr stolz, den polnischen Premierminister, die Regierung, das Parlament und die örtlichen Regierungen hinter dem Projekt gesammelt zu haben (Shirinian, Zjan, Kraków 2022 Olympic bid President resigns over „smear campaign“, in insidethegames.biz 12.4.2014; SID, Chefin tritt zurück, in SZ 14.4.014).
– IOC rutscht nach Osten. IOC-Präsident Bach besetzt seine IOC-Kommissionen neu. „Der Weg führt nach Osten, in die arabische Welt, aber auch in die fernöstliche und nach Russland. Die Vertreter von Europa und Amerika spielen nur eine untergeordnete Rolle“ (Aumüller, Johannes, Trend nach Osten, in SZ 3.4.2014).
„Too much democracy?“
Bachs Inthronisierer, der kuwaitische Scheich Al-Sabah, darf wieder den Posten „Kommission für olympische Solidarität“ übernehmen – und fast 500 Millionen US-Dollar relativ freihändig in der IOC-Sportwelt verteilen. „Bemerkenswert ist zudem, dass ausgerechnet der Russe Alexander Schukow, ein langjähriger Vertrauter von Wladimir Putin, die Evaluierungskommission für die Winterspiele 2022 übernimmt“ (Ebenda; siehe oben und unten).
– Putin-Kumpel steigt auf. Unter Putin war Alexander Schukow von 2004 bis 2011 stellvertretender Ministerpräsident, dann Vorsitzender des Organisationskomitees von Sotschi 2014. Im September 2013 wurde er (viertes russisches) Mitglied des IOC. Erst kürzlich kritisierte Schukow die Legitimität der neuen ukrainischen Regierung als „zweifelhaft“ und rechtfertigte Russlands Annexion der Krim (Butler, Nick, Appointment of Putin ally to head IOC Evaluation Commission adds controversy to 2022 Olympic race, in insidethegames.biz 2.4.2014).
– Noch mehr Sport: noch mehr Brot und Spiele. Der IOC-Präsidentenmacher aus Kuwait, Scheich Al-Sabah, ist auch Präsident der ANOC, dem Zusammenschluss aller Nationaler Olympischer Komitees. Al-Sabah hat sich mit der SportAccord, der Vereinigung von 205 Internationalen Sportverbänden und mit IOC-Präsident Thomas Bach geeinigt, dass 2015 die ersten „World Beach Games“ stattfinden werden. Bach will koordinieren, „wie das Format in den Kalender“ passt (Hungermann, Jens, Kannibalismus am Strand, in welt.de 3.4.2014).
– DOSB plant Olympische Spiele. Auf der DOSB-Klausurtagung am 3. – 4.4.2014 in St. Johann bei Mainz beschloss das Präsidium des DOSB, Olympische Spiele nach Deutschland zu holen. Das DOSB-Gremium machte klar, „dass das Projekt Olympia nicht eine Frage des Ob, sondern allein des Wann und des Wie sei“ (DOSB-Präsidium verabschiedete in seiner Sitzung Grundsatzbeschluss, PM 4.4.2014).
Der Wille des Staates als Haupt-Geldgeber der Olympischen Spiele bleibt hier als Entscheidungsinstanz explizit unerwähnt.
Die vier verlorenen Bürgerentscheide im November 2013 zur Bewerbung München 2022 hätten gezeigt, dass eine olympische Bewerbung kein „Selbstläufer“ sei. Deshalb will der DOSB „Vertreter/innen der Zivilgesellschaft sowie aus Wirtschaft, Politik und Wissenschaft zu einem kontinuierlichen Dialog über die Zukunft von Sportgroßveranstaltungen in Deutschland einladen“ (DOSB, Beschluss auf der 67. Sitzung des DOSB, 4.4.2014). Der DOSB freut sich über das Interesse von Berlin und Hamburg.
Die DOSB-Lobbyisten möchten, dass beide Städte zuerst in einen millionenteuren Wettbewerb für 2024 gegeneinander antreten zu lassen. Dann soll eine der beiden deutschen Städte für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag (50 bis 60 Millionen Euro wird für die Bewerbung angesetzt) gegen die anderen Bewerberstädte antreten: Diese deutsche Bewerbung wird sich dann schnell im IOC-Sumpf verlieren: zum Beispiel gegen Putins Heimatstadt St. Petersburg, die ziemlich sicher für 2024 antreten wird (da könnte Putin gerade noch nach inzwischen vier Amtsperioden als Präsident eröffnen). Und dann soll diese deutsche Stadt gleich wieder für 2028 antreten – weil man ja “schon fast alles” habe. Und dann gleich wieder für 2028 verliert – und dann ein drittes Mal antreten soll – weil Pyeongchang auch dreimal angetreten ist, bis es die Olympischen Winterspiele 2018 erhalten hat.
Olympische Sommerspiele sind nicht „besser“ als Olympische Winterspiele: Das IOC bleibt zu jeder Zeit das IOC, die olympische Geldmaschine ist sommers wie winters in Gang, und die Gigantomanie wächst mit jeder neuen Bewerbung – für den Sommer wie für den Winter.
Hamburg 2024 baut vor. Der Hamburger Innen- und Sportsenator Michael Neumann (SPD) treibt Hamburgs mögliche Bewerbung für Olympische Sommerspiele 2022 voran – in Verbund mit DOSB-Präsident Alfons Hörmann. „Bei einem Geheimtreffen in Hamburg hat der DOSB-Präsident dem Sportsenator vorigen Sonntag seine Vorstellungen erläutert“ (Lorenz, Markus, Olympia in Hamburg? Bürger sollen entscheiden, in shz.de 18.4.2014; Hervorhebung WZ).Mitte Dezember 2014 entscheidet der DOSB, ob man sich um Sommerspiele 2024 oder 2028 bewerben will.
Das will man natürlich, auch wenn die Bewerbung völlig aussichtslos ist: Das IOC mit dem deutschen Präsidenten Thomas Bach will natürlich jede Menge Zählkandidaten, damit Interesse am Milliardenspiel signalisiert wird.
Als Interessent gilt auch Berlin. DOSB-Präsident Hörmann berichtete im Hamburger Abendblatt im Interview mit dem Redakteur und strikten Olympiabefürworter Rainer Grünberg die Geschichte eines angeblichen Taxifahrers, der vor dem Fahrgast Hörmann ungefragt von Olympischen Spielen in Hamburg schwärmte. (Ob diese Story stimmt, ist fragwürdig; zumindest wäre sie nicht gut erfunden.) Hörmann hält Hamburg neben Berlin als „international siegfähig“ (Grünberg, Rainer, Leoni, Achim, Olympia-Chef sieht gute Chancen für Hamburger Bewerbung, in abendblatt.de 15.4.2014). Grünberg rührte bereits kräftig die Werbetrommel: „Das größte Sportfest der Welt wäre in der Lage, Hamburg zu wecken, weltweit bekannter und zukunftsfähig zu machen“ (Grünberg, Rainer, Olympia-Bewerbung: Gold für Hamburg! in abendblatt.de 16.4.2014). Neumanns Sprecher Frank Reschreiter äußerte keck: „Wir machen den bisherigen Olympia-Gigantismus jedenfalls nicht mit“ (Lorenz 18.4.2014).
Leere Versprechungen, Herr Reschreiter: Damit wird Hamburg vom IOC sofort aussortiert.
Eine Kandidatur muss vom DOSB bis Ende November 2015 beim IOC eingereicht werden. Zuvor suchte sich in Hamburg Senator Michael Neumann seine Befürworter in Parteien und Lobbygruppen zusammen: „weil ein solches Projekt nur zu stemmen ist, wenn alle Hamburger von ihm überzeugt sind und mit Begeisterung dahinterstehen“ (Fahrplan für Bewerbung, in welt.de 7.4.2014).
Hallo Herr Senator: Die Immobilienwirtschaft nicht vergessen – die ist immer versessen auf Olympische Spiele!
Und schon lockt man mit „bezahlbarem Wohnraum“, einer Brücke über die Elbe und dem Bau einer U-Bahn nach Harburg (Ebenda).
Was eben so versprochen wird vor einer Bewerbung. In der Realität steigen beim Zuschlag für Olympische Spiele Mieten und Immobilienpreise, der Öffentliche Verkehr wird nur unwesentlich gefördert – und alle Maßnahmen könnten ohne Olympische Spiele wesentlich kostengünstiger realisiert werden.
Ob wohl in Hamburg die Bürger gefragt werden? „Nicht zuletzt der Volksentscheid vergangenen November in München und Umgebung gegen Winterspiele 2022 in der Region haben Politik und Sportbund im höchsten Maße sensibilisiert, die Argumente der Olympiagegner sehr ernst zu nehmen“ (Ebenda). Am 15.2.2015 könnte parallel zur Bürgerschaftswahl ein Referendum stattfinden. „In der Hamburger Bürgerschaft sind Referenden gar nicht vorgesehen, in einem parlamentarischen Kraftakt müsste die Bürgerschaft deshalb kurzfristig eine ‚Lex Olympia‘ beschließen. (…) Die Oppositionsparteien CDU und FDP würden da wohl mitmachen. CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich will ‚eine parteiübergreifende Zusammenarbeit für den Traum von Olympia‘, die Grünen überlegen noch“ (Veit, Sven-Michael, Volk soll Spiele wollen, in taz.de 15.4.2014). DOSB-Generaldirektor Vesper bearbeitet die Hamburger Grünen deshalb seit längerem.
Hallo, ihr Hamburger Olympia-Befürworter: Der „Traum von Olympia“ würde auch für Hamburg ein Alptraum!
Vergleiche hierzuu das Gutachten von Prof. Gerrit Manssen zum Host City Contract: hier
Von der Verbindung mit den Wahlen zur Bürgerschaft versprechen sich die Strategen von CDUSPDFDP ein hinreichendes Plus-Votum. Da die Gegner besser mobilisieren – siehe die Abstimmungen gegen Graubünden 2022 am 3.3.2013 und gegen München 2022 am 10.11.2013 – will man die Wahlen zusammenlegen, um auch Befürworter zu erreichen. Das ist vermutlich auch eine zentrale Empfehlung des IOC, um lästigen Bürgerbegehren zu begegnen. Deshalb findet das Referendum zu Krakau 2022 am 25.5.2014 statt: parallel zur Europawahl – Und das Referendum in Hamburg soll mit der Bürgerschaftswahl organisiert werden – mit stadtstaatlichem Anstrich.
– Kritik von „Die Linke“. Der sportpolitische Sprecher der Hamburger Fraktion Die Linke, Mehmet Yildiz: „Obwohl der Senat mit einer vollmundigen Dekadenstrategie an den Start gegangen ist, kriegt er es nicht einmal hin, rechtzeitig einen groben Plan zur Sicherung von Sport- und Bewegungsflächen vorzulegen. Und während mehr und mehr allgemein zugängliche Sportstätten verfallen, kungelt der Sportsenator mit Olympia-Funktionären hinter verschlossenen Türen und in Edelrestaurants über eine Olympia-Bewerbung Hamburgs. Statt um größenwahnsinnige Projekte wie eine Olympia-Bewerbung, die Hamburg in die Insolvenz treiben könnte, sollte Neumann sich um die Förderung des Sports im Sinne aller Hamburgerinnen und Hamburger kümmern“ (Die Linke, PM Senat verschleppt Konzept zur Sicherung von Sportflächen, Hamburg 14.4.2014).
– Oslo 2022 baut ab. Eine Umfrage der Zeitung „Klassekampen“ Anfang April 2014 unter 1000 Norwegern ergab eine Ablehnung von knapp 60 Prozent gegen Olympische Winterspiele 2022 in Oslo – nur knapp 35 Prozent waren dafür. „Laut der Umfrage hat jetzt noch nicht einmal in der Hauptstadt die Mehrheit der Menschen Lust auf Olympia“ (Norweger gegen Olympia, in faz.net 7.4.2014).
– Amerikanische Städte werden in Bewerbung 2024 getrieben. Das amerikanische Nationale Olympische Komitee (USOC) hat den 35 größten Städten der USA einen Brief gesandt, um Interesse an den Olympischen Sommerspielen 2024 zu wecken. Als engere Wahl gelten San Fransisco, Los Angeles, Boston, Dallas, Philadelphia, Washington D.C. und San Diego. Nach der Pleite bei der US-Bewerbung mit New York für 2012 und Chikago für 2016 sagte USOC-Vorsitzender Larry Probst ganz ungeniert: „Wir haben von vielen IOC-Mitgliedern viel Ermutigung für eine US-Bewerbung gehört“ (Olympics-USOC trying to narrow potential 2024 candidates, in reuters.com 8.4.2014).
Völker hört die IOC-Signale und bewerbt euch zum Segen der olympischen Bewegung! Eine Bewerbung für Sommerspiele liegt derzeit zwischen 50 und 100 Millionen Euro…
– Boston mag nicht. Die Webseite nobostonolympics.org versucht, eine Bewerbung Bostons um Olympische Spiele verhindern. Sie formulieren das Ziel so: „No Boston Olympics – By and for Bostonians who think there just might be better ways to invest public resources than on a three-week party.“ – „Keine Olympischen Spiele in Boston – von und für Boston-Bewohner, die meinen, dass es bessere Möglichkeiten gibt, öffentliche Gelder zu investieren, als eine Drei-Wochen-Party.“
– Der Witz des Monats. Der Präsident und Hauptgeschäftsführer von Sotschi 2014, Dmitry Chernyshenko, zog „Bilanz“: „Der geschätzte Betriebsgewinn des Organisationskomitees liegt in der Höhe von 102 Millionen Euro und wird zur Förderung des Breitensports in unserem Land verwendet“ (Goddard, Emily, Sochi 2014 posts 5 billion ruble profit, in insidethegames.biz 7.4.2014). Selbst der Sport-Informationsdienst nannte dies ein „trügerisches Plus“ (SID, trügerisches Plus, in sueddeutsche.de 9.4.2014).
Leider ist diese verlogene Bilanz nicht lustig. Die Kosten für Sotschi 2014 wurden schon im Februar 2014 auf über 40 Milliarden Euro geschätzt. Und der Nutzen der Putin-Einweg-Spiele für den Breitensport geht gegen Null.
– Sommersport im Winter. Der seit September 2013 amtierende Präsident des Welt-Radsportverbandes UCI, Brian Cookson, schlug vor, aufgrund des dichten Programms bei Olympischen Sommerspielen Disziplinen wie Radfahren, Judo und Badminton in den Rahmen der Olympischen Winterspiele unterzubringen: „Das Problem ist, dass die Sommerspiele zu groß sind. Es gibt zu viele Wettbewerbe und zu viele Athleten“ (Wintermann gegen Sommersport, in faz.net 10.4.2014). Cookson wurde umgehend vom Sport-Accord-Präsidenten Marius Vizer gerügt und musste sich dafür entschuldigen, für andere Sportarten gesprochen zu haben (Butler, Nick, Cookson apologizes to Vizer for suggesting judo should be switched to Winter Olympics, in insidethegames.biz 9.4.2014). IOC-Mitglied und FIS-Präsident Gian-Franco Kaspar, der auch Präsident der Vereinigung der Olympischen Wintersportverbände (AIOWF) ist, war ebenfalls „zu 100 Prozent dagegen“.
Wo doch schon die Winterspiele viel zu groß sind…
– Zu viele verletzte Slopestyler. Der Vorsitzende der wissenschaftlichen Aktivitäten des IOC, Lars Engebretsen, stellte fest, dass es bei Sotschi 2014 die meisten Verletzten bei den Slopestyle-Wettbewerben mit Ski und Snowboard gegeben hat. „Dieser Sport sollte sich ändern, ansonsten sollten wir ihn nicht haben“ (Kritik an Slopestyle, in SZ 14.4.2014).
Aber wegen der hohen Risiken und dem „Thrill“ beim Publikum wurde Slopestyle ja erst zur olympischen Disziplin!
– US-TV-Einnahmen sprudeln dank Sotschi. Der US-Sender NBC hat durch die Übertragung der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi seiner Konzernmutter Comcast einen Gewinnschub gebracht. „Die NBC-Einnahmen kletterten im ersten Quartal 2014 um fast drei Viertel auf 2,6 Milliarden Dollar, wie Comcast, der größte Kabelnetz-Betreiber in den USA, mitteilte. (…) Comcast will derzeit den Branchenzweiten in den USA, Time Warner Cable, für gut 45 Milliarden Dollar übernehmen“ (Olympia spült Geld in amerikanische Kassen, in n-tv.de 22.4.2014). – Comcast ist gerade dabei, sich Time Warner Cable (TWC) für 45,2 Milliarden Dollar einzuverleiben: TWC ist der zweitgrößte US-Anbieter von Kabelfernsehen (Schmieder, Jürgen, Genau! in SZ.30.4.2014).
– Rückblick auf London 2012 von Simon Jenkins: „Die IOC-Plutokraten kommen an wie besuchende Prinzchen, die es seit langem gewohnt sind, auf Kosten anderer zu leben. In London verlangten und bekamen sie exklusive Limousinen-Spuren (Olympic lanes; WZ) bis hin zu Harrods (exklusives Londoner Kaufhaus; WZ), und die Ampeln wurden auf Grün gestellt, wenn sie zu ihren Wettkampfstätten fuhren. Sie buchten ganze Luxushotels und verkauften dann die nicht benötigten Suiten zu Dumpingpreisen, als es zu spät war, diese neu zu vermieten. Ihre Sponsoren verlangten die Entfernung konkurrierender Werbung an den Wettkampfstätten (sogar auf der Toilettenausrüstung). Sie erwarteten 40.000 präsente Sicherheitsleute bzw. die vierfache Zahl der Athleten für sich, um die ‚Olympische Familie‘ zu schützen. (…) Gute 95 Prozent des Budgets von modernen Olympischen Spielen gehen nicht in den Sport, sondern werden für Stahl, Beton, Ziegel und Granatwerfer ausgegeben… ‚Stararchitekten‘ schlagen immer wildere Stadien vor, die, wie inzwischen jeder weiß, zwei- bis dreimal teurer kommen als ihre Schätzungen“ (Jenkins, Simon, The World Cup and Olympics threaten to overwhelm Rio – yet there is time to create a sensation out of desaster, in The Guardian 23.4.2014).
Und die, wie man weiß, als White Elephants nach den Spielen meist ungenutzt verfallen…
– Rio 2016 hat noch gar nicht mit dem Bauen angefangen. Die Vereinigung der Olympischen Sommersportarten (ASOIF) traf sich im türkischen Badeort Belek. Die Verbandspräsidenten kamen mit dem IOC-Exekutivkomitee zu einer Krisensitzung über die Olympischen Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro zusammen. Die Vorbereitungen laufen extrem schlecht. „Mit dem Bau von Deodoro, einem der beiden olympischen Hauptkomplexe, wurde noch nicht einmal begonnen. Dort sollen Wettkämpfe in acht Sportarten ausgetragen werden: Rugby, Hockey, BMX-Radfahren und Mountainbike, Kanuslalom, Pferdesport, Moderner Fünfkampf, Schießen und Vorrundenspiele im Basketball. Auch nach den löchrigen Rechnungen des hilflosen Organisationskomitees werden einige Anlagen erst im Februar oder gar März 2016 fertig – Testwettkämpfe sind dann kaum mehr möglich. Die Segler, die jetzt schon in der Guanabara-Bucht trainieren, monieren beängstigende Wasserverschmutzung. Der Golfkurs müsste schon im Dezember eingesät werden. Die Ruderer beklagen tote Fische auf einer verkommenen Lagune. Der Clou: Bis jetzt ist nicht einmal geklärt, welche Kosten jede der drei betroffenen politischen Ebenen übernehmen muss. Alle sind frustriert, weil Treffen mit den Organisatoren ständig verschoben werden. Und wenn sie stattfinden, werden immer wieder die gleichen Worte gewechselt, dafür Fragen nach Transport und Unterbringung nicht beantwortet“ (Simeoni, Evi, Dramatische Verzögerung gefährdet Olympia, in faz.net 9.4.2014). Der Gouverneur von Rio, Sergio Cabral führte die Bewerbung an und trat zurück. Die Präsidentin der städtischen Olympiagesellschaft, Maria Silvia Bastos Marquez, trat ebenfalls zurück (Ebenda).
Und umso später die Bauten fertig werden, umso größer der „Pfusch am Bau“ – und umso höher die Kosten für den brasilianischen Staat und damit immer weniger Geld für öffentliche Aufgaben wie Schulen, Gesundheitswesen, Verkehrsinfrastruktur, Soziales.
Brasilien: Von „The Hunger Games“ zu „The Hunger World Cup bis „The Hunger Olympic Games“…
„Ein Spaziergang am Olympiapark bestätigt die Befürchtungen, dass den Spielen ein ähnliches Last-Minute-Procedere droht wie bei der WM. Präsident Thomas Bach setzte einen Krisenmanager ein“ (Käufer, Tobias, Fifa und IOC rügen Brasilien, in faz.net 13.4.2014). – „Internationale Sportverbände machen sich Sorgen um Rennbahnen und Stadien: Die Bauarbeiten seien in Verzug, einige hätten noch nicht einmal begonnen. (…) dramatisch sieht die Lage in den beiden Olympiaparks in den Stadtteilen Barra und Deodoro aus. (…) In Deodora im dicht besiedelten Norden der Stadt sind die Bauarbeiten noch nicht einmal ausgeschrieben“ (Behn, Andreas, Zwischen Sandwüste und Kloake, in taz.de 14.4.2014).
Rios Bürgermeister Eduardo Paes: „Wir sind kein Land, das die Möglichkeit hat, Unsummen von öffentlichen Geldern auszugeben, um die Forderungen der internationalen Verbände zu erfüllen“ (Käufer 13.4.2014).
Das sagt einer der obersten und glühendsten Befürworter von Fußball-WM 2014 und Rio 2016: Und da ist er früh dran mit seiner Einschätzung: In etwas mehr als zwei Jahren soll Rio 2016 eröffnet werden!
Paes monierte die sich stets erhöhenden Forderungen des IOC. So will der Präsident des Internationalen Tennisverbandes, Francesco Ricci Bitti, ein Tennis-Stadion mit 20.000 Plätzen, das nach Paes nie sinnvoll nachgenutzt werden könnte. Paes: „Wir werden keine glamourösen Stadien bauen, die ‚Weiße Elephanten‘ werden wie das Pekinger ‚Vogelnest'“(Azzoni, Tales, Rio mayor says he won’t bow to sports federations, in apnews.com 25.4.2014). Bitti äußerte, Brasilien sei kein Land wie China, wo die Leute rund um die Uhr gearbeitet haben. Dazu Dan Wetzel: „Ja, China, wo die Regierung ganze Nachbarschaften mit dem Bulldozer zerstört hat, Bewohner vertrieb, Arbeitskräfte und die Umwelt missbrauchte und unzählige Gebäude baute, die nun ungenutzt sind und Staub ansammeln. (…) Das IOC verlangt völlig übertriebene Strukturen und Ausgaben, die nur noch ein schwer bewaffneter Diktator oder ein kommunistisches Regime schultern kann. Als Resutat gehen dem IOC (und der Fifa) langsam die finanziell vorsichtigen und etablierten Länder aus, die nicht Ja zu allem sagen“ (Wetzel, Dan IOC griping about Rio’s preparation for 2016 Games, and, well, isn’t that a surprise, in Yahoo Sports 30.4.2014).
„Das Problem sind allerdings weniger mangelnde Planungen als Korruption und Misswirtschaft. Die meisten Bauten kosten doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt, viele Politiker und Staatsangestellte verdienen mit. Und nahezu alle Bauvorhaben werden von gerade mal vier großen Bauunternehmen ausgeführt“ (Behn 14.4.2014). Und so wird alles noch teurer: Rio 2014 wird mindestens 36,7 Milliarden Reais kosten, umgerechnet 11,9 Milliarden Euro (Olympia 2016 kostet mindestens 11,9 Milliarden Euro, in sueddeutsche.de 17.4.2014).
Das wird nicht reichen. Die brasilianische Bevölkerung zahlt zuerst die sauteure Fußball-WM 2014 mit zumeist überflüssigen und nutzlosen Großstadien und und dann Rio 2016.
Die Kosten von Rio 2016 setzt Thomas Kistner in der SZ ins Verhältnis: „Das Jahresbudget für den 20-Millionen-Einwohner-Moloch Sao Paulo betrug 2013 rund 13,5 Milliarden Euro. Wenn eine der größten Städte der Welt für ein Jahr inklusive Schuldendienst kaum mehr aufwendet als Rio für eine zweiwöchige Sport-Sause, zerbrechen die Relationen – für diese Erkenntnis muss man kein Wutbürger sein“ (Kistner, Thomas, Alles wird verschoben, in SZ 26.4.2014; Hervorhebung WZ).
– Brasilianischer Ober-Olympionike. Der Chef des brasilianischen NOK ist seit 1995 Carlos Arthur Nuzman (*1942), ein Anwalt und früherer Volleyball-Spieler. Er führte die Bewerbung Rio 2016 an und leitet auch das Organisationskomitee Rio 2016. Aber nicht nur das: Er mischt bei der Sportlotterie mit, ist Ehrenmitglied im IOC und war von 1975 bis 1995 Präsident des brasilianischen Volleyballverbandes (Kistner, Thomas, Alles wird verschoben, in SZ 26.4.2014; Wikipedia). Er war in den Datenklau des OK Rio 2016 beim Olympia-Komitee Locog verwickelt, nach dem zwölf Mitarbeiter im Herbst 2013 die Rio-2016-Kampagne verlassen mussten (Kistner 26.4.2014). Staatspräsidentin Dilma Rousseff vermeidet inzwischen – wie mit dem Fifa-Mann Ricardo Teixeira – den Kontakt mit Nuzman: „Als sie Nuzman letztmals traf, soll der Chefolympier gar geheult haben: Die Staatschefin hatte den Ärmsten in gebotener Schärfe auf diverse Korruptionsdelikte angesprochen“ (Ebenda).
– Rio 2016 hoffnungslos hinten. In The Guardian berichtete Simon Jenkins, dass die olympischen Bauten von Rio zu zehn Prozent fertig seien: Bei London 2012 waren es zur selben Zeit davor 60 Prozent (Jenkins, Simon, The World Cup and Olympics threaten to overwhelm Rio – yet there is time to create a sensation out of desaster, in The Guardian 23.4.2014).
– Rios „Olympisches Erbe“. Simon Jenkins in The Guardian: „Das Erbe des Erbes ist bittere Enttäuschung… Aktivisten des ‘Popular Committee for the World Cup and Olympics’ behaupten, dass mehr als 170.000 Menschen aus ihren Häusern vertrieben wurden. Rio mag vielleicht nicht den Rekord von Peking bezüglich Vertreibung schlagen, wo 2008 von 1,5 Millionen umgesiedelten Menschen die Rede war, aber die Zahl hier steigt schnell” (Jenkins, Simon, The World Cup and Olympics threaten to overwhelm Rio – yet there is time to create a sensation out of desaster, in The Guardian 23.4.2014).
– Simon Jenkins zur IOC-Geldverschwendung: „Jeder Besucher von Rio steht rätselnd vor der Naivität, mit der den Übertreibungen des IPC geglaubt wurde. Es gibt keinen Midas-Effekt bei Groß-Sportereignissen, nur hohe Kosten. Eine aufwendige Eröffnungs- und Abschlusszeremonie, einige Goldmedaillen für die Gastgeber und eine annehmbare Werbung können einen vergänglichen Wohlfühl-Effekt hervorrufen, wie in Barcelona und London geschehen. Aber selbst wenn die Kosten lähmend wirken wie in Athen, erklärten die IOC-Verkäufer einen „Gewinn an Ruhm, Ansehen und künftigen Tourismus. (…) Bei jeder Stadt, die Milliarden Dollar für eine Zwei-Wochen-Party zum Fenster hinaus werfen kann und gleichzeitig ihren öffentlichen Dienst nicht in Ordnung bringt – wie es in Rio der Fall ist -, liegt die politische Führung ernsthaft falsch“ (Jenkins, Simon, The World Cup and Olympics threaten to overwhelm Rio – yet there is time to create a sensation out of desaster, in The Guardian 23.4.2014).
– IOC rügt Rio de Janeiro. IOC-Vizepräsident John Coates kritisierte Ende April 2014 die Rio-2016-Organisatoren: Die Vorbereitungen für 2016 seien „die schlechtesten, die ich je gesehen habe“ (IOC erhöht den Druck, in SZ 30.4.2014). Das Schlimmste für die „Olympische Familie“: Es fehlen 3000 zugesagte Betten – wahrscheinlich in der Luxusklasse. An den Stränden für die Dusziplinen Segeln, Marathon-Schwimmen und Triathlon stinkt es: Nach einem Bericht der New York Times werden nur 35 Prozent des Abwassers von Rio gereinigt (Wetzel, Dan IOC griping about Rio’s preparation for 2016 Games, and, well, isn’t that a surprise, in Yahoo Sports 30.4.2014).
– Norwegisches NOK stellt dem IOC Bedingungen. In einem sieben Seiten Papier an das IOC stellte das NOK folgende Bedingungen: Das IOC muss die Rechte der Arbeiter in Zusammenarbeit mit den internationalen Arbeiterorganisationen gewährleisten. Transparenz und Respekt für Menschenrechte müssen gewährleistet werden. Anti-Doping und Wettbetrug müssen bekämpft werden. Das norwegische NOK geht nicht ungeschickt vor, um die Bewerbung doch noch zu retten: Es hat mit den vier wichtigsten Gewerkschaften eine Vereinbarung unterzeichnet, dass die allgemeinen Menschenrechte bei der Planung der Olympischen und Paralympischen Spiele berücksichtigt werden müssen (Shirinian, Zjan, Future Olympic host must adhere to Charter, says Norway in Agenda 2020 submission, in insidethegames.bioz 21.4.2014).
Almaty und die Diktatur Kasachstan machen es dem IOC aber wesentlich einfacher- siehe unten.
– 2022: Diktatur Kasachstan liegt vorn! Bei die Wahl des Austragungsortes der Olympischen Winterspiele 2022 liegt Diktator Nursultan Nasarbajew vorn: „Favorit jedenfalls ist Almaty in der ehemaligen Sowjetrepublik Kasachstan, einem Land, das nicht nur reiche Ölquellen besitzt, sondern noch viele andere Bodenschätze, und das von Präsident Nursultan Nasarbajew mit strenger Hand und geringem Interesse an Menschenrechten regiert wird. Folglich wirbt Almaty mit finanzieller und politischer ‚Stabilität‘, genau wie das IOC es braucht. Nur mit dem Image der Olympier könnte es bei der Wahl von Almaty schwierig werden, und das hat in letzter Zeit sowieso schon schwer gelitten“ (Simeoni, Evi, „Der Gigantismus frisst uns auf“, in faz.net 14.4.2014). Bezeichnenderweise stellte Andrej Kryukow, Exekutivmitglied des Kasachischen Olympischen Komitees zur Bewerbung um Olympische Winterspiele 2022, fest: “Eine Umfrage ist nicht nötig, hier gibt es keine Stimme gegen die Bewerbung” (Simeoni, Evi, “Der Gigantismus frisst uns auf”, in faz.net 14.4.2014; Hervorhebung WZ). Dazu leitet der Putin-Freund Alexander Schukow (Zhukow) die IOC-Evaluierungskommission für die Bewerbung 2022. Näheres unter Kritisches Olympisches Lexikon: Almaty 2022
Wer wird die Olympischen Winterspiele 2022 wohl bekommen? Das hat das Bach-IOC mit der Wahl von Alexander Schukow schon entschieden – eine perfekte Vorab-Schiebung.
– Kasachischer Diktator zuversichtlich für 2022. Nursultan Nasarbajew hält die Vergabe nach Almaty für wahrscheinlich. Dazu der Generalsekretär des NOK von Kasachstan, Major Akhmetzhan Yesimov: Nasarbajews Worte „sind die höchste politische Unterstützung, die wir bekommen können“ (Shirinian, Zjan, Key decision made as Almaty 2022 give progress update, in insidethegames.biz 21.4.2014). – Der Vorsitzende der Agentur für Sport und Körperkultur Kasachstan, Yessentayev: „Wir haben auf allen Regierungsebenen Unterstützung, und die Sportgemeinschaft Kasachstans unterstützt uns auch“ (Ebenda). Besonders apart seine Bemerkung zur Diktatur Kasachstan: Falls Almaty „Candidate City“ wird, „werden wir nicht nur versuchen, eine hervorragende technische Bewerbung zu liefern, sondern würden auch der Olympischen Familie zeigen, dass Kasachstan ein sehr offenes und freundliches Land ist“ (Ebenda).
Sehr wahrscheinlich fällt der „Olympischen Familie“ gar nicht auf, dass sie in Kasachstan in einer Diktatur zu Gast sind.
Vergleiche: IOC und Diktaturen; Oligarchen-Sport
– UNO-Partner IOC! Das IOC hat es endlich geschafft – Thomas Bach erklärte: „Das IOC und das Sekretariat der Vereinten Nationen treffen ein historisches Abkommen, um durch Sport die Welt zu verbessern“ (Becker, Christoph, Die Weltverbesserer, in faz.net 29.4.2014).
Richtigstellung: Durch den IOC-Sport verschlechtert sich die Welt eindeutig, siehe unten.
33 Menschenrechtsorganisationen kommentierten am 28.4.2014 das Abkommen UNO-IOC. Amnesty International, Human Rights Watch und andere erinnerten an die Menschenrechtsverletzungen der Putin-Regierung „und forderten das IOC dringend auf, sich zu reformieren“ (Ebenda).
– „Goldman Prize“ für russischen Umweltschützer. Suren Gasarjan von der Umweltwacht Nordkaukasus war aktiv gegen die Umweltschäden durch Sotschi 2014 und musste Russland verlassen. Er bekam nun den „Goldman Prize“, den „Grünen Nobelpreis“, weil er sich „der Korruption der Regierung und der illegalen Ausbeutung der Naturschutzgebete am Schwarzen Meer“ widersetzte (Ebenda).
Rückblick: „Aktuell bekannt gewordene Fälle sind die von Suren Gasarjan und Jewgeni Witischko. Unser Vorstand Suren Gasarjan sah sich gezwungen Russland zu verlassen und lebt heute in Estland. Für den verurteilten Jewgeni Witischko hat Amnesty International vor wenigen Tagen eine Solidaritätskampagne gestartet” (Henneberger, Kathrin, “Die Kompensation ist ein Bluff”, in klimaretter.info 7.2.2014).
Hallo, UNO: Ihr neuer Kooperationspartner IOC ist für diese Umweltzerstörungen und die Verletzungen von Menschenrechten hauptursächlich verantwortlich. Die Kooperation mit dem IOC widerspricht deshalb in aller Deutlichkeit wesentlichen Vorgaben der UNO!
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II: Aktuelle Sportsplitter von DOSB und den Sportverbänden
– Vesper wertet sich auf. Das DOSB-Präsidium wird auf der Mitgliederversammlung im Dezember 2014 eine Strukturreform vorschlagen: „Das (ehrenamtliche) Präsidium wandelt sich in eine Art Aufsichtsrat um, das derzeit fünf Mitglieder umfassende (hauptamtliche) Direktorium um Generaldirektor Michael Vesper wird zum geschäftsführenden Vorstand aufgewertet. (…) Einer der mutmaßlichen Hauptprofiteure der Reform wäre Michael Vesper, der vom Generaldirektor zum Chef des geschäftsführenden Vorstandes aufsteigen könnte. (…) Allerdings verdient der Grünen-Politiker in seinem Amt gut – nach bisher nicht dementierten Berichten mehr als 300 000 Euro jährlich –, und ein hauptamtlicher und gut bezahlter Präsident wäre dem Sport nur schwer zu vermitteln gewesen. Auch nach der jetzt angedachten Strukturreform würde es keinen hauptamtlichen Präsidenten geben, aber einen Posten, der dem doch schon etwas näher käme“ (Aumüller, Johannes, Rochaden an der Spitze, in SZ 9.4.2014; Hervorhebung WZ). Für diese Strukturreform sind auf der Mitgliederversammlung eine Satzungsänderung und deshalb 75 Prozent Zustimmung erforderlich (Hecker, Anno, Bekommt der DOSB einen hauptamtlichen Vorstand? in faz.net 7.4.2014).
– DOSB-Generaldirektor steht über dem Recht. Die DOSB-Methode mit der Schiedsgerichtsbarkeit des Sports wurde mit tatkräftiger Mithilfe seines ehemaligen Präsidenten Thomas Bach entwickelt: „Zentrales Element ist die Schiedsvereinbarung, die jeder Athlet, will er an Wettkämpfen teilnehmen, unterzeichnen muss. Er erkennt damit an, dass in Streitfällen mit dem Verband kein ordentliches Gericht zuständig ist, sondern die Sportgerichte bis hin zum obersten Sportsgerichtshof Cas in Lausanne“ (Aumüller, Johannes, Kistner, Thomas, Weiter so! in SZ 19.4.2014). Das Bundesministerium des Innern wiederum macht eine Sportforderung davon abhängig, dass der Athlet diese Schiedsgerichtsvereinbarungen unterzeichnet hat. DLV-Präsident Clemens Prokop hält dies für „unglücklich“ (Reinsch, Michael, Der Preis des Rechtsstaates? in faz.net 16.4.2014).
Nun hat im Februar 2014 das Landgericht München I im Prozess von Claudia Pechstein dagegen geurteilt: „Die Schiedsvereinbarung sei rechtswidrig, weil sie ja nicht freiwillig, sondern unter Zwang zustande kommt. Heißt im Umkehrschluss: Der Athlet darf von nun an wählen, ob er lieber die Sport- oder ordentliche Gerichte anruft“ (Aumüller, Kistner in SZ 19.4.2014). das passt nun den DOSB-Oberen nicht. deshalb hat DOSB-Generaldirektor Michael Vesper Anfang April 2014 ein Rundschreiben an die Sportverbände geschickt. „Tenor: Ignoriert einfach das Urteil des Landgerichts und macht weiter wie bisher; das decke sich mit der ‚unter Juristen herrschenden Meinung'“ (Ebenda. Das wird doch nicht zufällig die Meinung des DOSB-Haus- und Hofjuristen Matthias Jahn sein!).
Sportjuristen widersprachen umgehend Vesper und beurteilten dessen Rundschreiben als „unausgewogen und teils irreführend“ (Ebenda). Somit besteht für die Sportverbände ein Dilemma: „Auf der einen Seite das glasklare Diktum eines deutschen Gerichts zu den Schiedsvereinbarungen – auf der anderen der Deutsche Olympische Sportverband (DOSB), der ihnen empfiehlt, dieses Urteil zu ignorieren. (…) Sportjuristen erwarten, dass sich immer mehr Verbände und ihre juristischen Vertreter die sture Haltung von DOSB und BMI (Bundesministerium des Innern; WZ) nicht lange bieten lassen“ (Ebenda). – „Mehrere Verbände wehren sich gegen Vespers schriftliche Aufforderung, das Urteil des Landgerichts München vom Ende Februar de facto zu ignorieren“ (Reinsch in faz.net 16.4.2014).
Wir, der DOSB, sind der Sport – und haben immer Recht. Auch wenn es dabei nicht demokratisch zugeht…
– Oberhof (I): ohne Schnee und ohne Kunstschnee. Die „Tour de Ski“ der Langläufer wird 2015 nicht in Oberhof gastieren. Die FIS hatte kritisiert, dass dieses Jahr nicht genug Schneereserven gebunkert worden waren. „Der Veranstalter WSRO Skisport GmbH setzt vor allem auf den Bau eines Multifunktionsgebäudes und eines Wasserreservoirs für Schneekanonen, um die Forderungen der FIS in Zukunft erfüllen zu können“ (Tour de Ski macht Bogen um schneearmes Oberhof, in mdr.de 15.4.2014; Hervorhebung WZ).
Hallo Oberhof und FIS (I), schon gehört: Der Klimawandel hat längst eingesetzt.
– Oberhof (II): Viel Geld für Schanzen im „Kanzlergrund“: Erst wurde die Normalschanze (HS 100) komplett saniert, dann die Großschanze (HS 140) statt für sieben schließlich für zwölf Millionen Euro umgebaut. „Inzwischen gibt es einen Aufsprung für beide Bakken, gemeinsame Beschneiungs- und Beregnungsanlagen“ (Modernste Schanze der Welt nährt Thüringens Skisprung-Hoffnungen, in thueringer-allgemeine.de 15.4.2014).
– Winterberg ohne Winter? Vom 23.2. bis 8.3.2015 wird auf der Bobbahn in Winterberg (668 m. ü. N.) im Hochsauerlandkreis die Bob- und Skeleton-WM ausgetragen. Der Aufwand ist beträchtlich. Die 1,6 Kilometer lange Strecke ist in 46 Segmente eingeteilt; die Kältetechnik regelt jedes Segment separat. Die Kühlung erfolgt mit 40 Tonnen Ammoniak: Pro Saison werden 1.100.000 Kilowattstunden Strom benötigt (Heße, Christina, Winterberg bereitet sich auf Bob- und Skeleton-WM 2015 vor, in derwesten.de 24.4.2014).
Nicht vergessen: Von weltweit gerade einmal 17 Bob- und Rodelbahnen gibt es allein in Deutschland vier: Bobbahn Altenberg, Kombinierte Kunsteisbahn am Königssee, Rennrodelbahn Oberhof und Bobbahn Winterberg.
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III: Aktuell aus München und Bayern
– Münchner Olympiapark macht mit FIS-Rennen weiter. Der MünchnerÖDP-Stadtrat Tobias Ruff hatte in einem Antrag gefordert, dass nach dem Ski-Weltcup-Rennen „Parallelslalom“ 2011 und 2013 und den wegen Schneemangels ausgefallenen Rennen 2012 und 2014 künftig auf den Ski-Kommerz im Olympiapark verzichtet wird. Darauf erklärte die Olympiapark München GmbH (OMG), sie wolle „als Veranstalter an Skirennen, Biathlonwettbewerben und anderen Wintersportereignissen im Olympiapark auf alle Fälle festhalten. (…) Dass, wie im Antrag zu lesen ist, durch massive Erdbewegungen und Eingriffe am Grund des Olympiasees Nährstoffe mobilisiert worden seien, stimme nicht, denn der Boden sei aus Asphalt“ (Weltcup auf dem Olympiaberg, in SZ 15.4.2014).
– Deutscher Skiverband optimistisch. Der DSV hat seinen Veranstaltungskalender für die Saison 2014/2015 präsentiert. Darin enthalten: 1.1.2015: München, Parallelslalom; 28.2./1.3.2015: Garmisch-Partenkirchen, Herren; 7./8.3.2015: Garmisch-Partenkirchen Damen (DSV, Prall gefüllter Veranstaltungskalender in der Saison 2014/15, deutscherskiverband.de 14.4.2014). Das wird abzuwarten sein: In der Saison 2013/2014 mussten diese Veranstaltungen wegen Schneemangels abgesagt werden.
– OB Ude unermüdlich bis zum Schluss. Von Anfang an war der – jetzt Ex – OB von München, Christian Ude hinter dem parkähnlichen Gelände der Bundeswehr an der Dachauerstraße her. Hier sollte, dafür reserviert vom Staat, für die Bewerbungen München 2018 und München 2022 das Olympische Dorf inform von 17 hässlichen Hochhäusern entstehen – und dafür über 1600 schützenswerte Bäume gefällt werden. Am 10.11.2013 sagten die Bürger viermal Nein zur Bewerbung München 2022. Was machte Ude? Unermüdlich mit dem Totschlagargument „Wohnungsbau“ für die Immobilienwirtschaft unterwegs schrieb er am 17.12.2013 an Angela Merkel und bat sie, diese Fläche „nun dem Münchner Wohnungsmarkt zur Verfügung zu stellen“ (Mehr Platz für Münchens Zukunft, in SZ 4.4.2014). Den inhaltsgleichen Brief schrieb Ude an Bayerns Ministerpräsidenten Horst Seehofer – von dem will er Flächen des Freistaates an der nahen Schwere-Reiter-Straße (Ebenda).
Ehrliche Stadtplanung gibt es in München schon lange nicht mehr, nur Zuzugs- und Wachstumsplanung. Ein Beispiel: Kaum meldet sich die deutsche Microsoft-Zentrale in Unterschleißheim, dass sie neue Baulichkeiten benötigt, stellt das Münchner Rathaus sofort ein Grundstück in Schwabing zur Verfügung – für Microsoft und seine 1300 Arbeitsplätze. So wird Wohnungsbau ad absurdum geführt!
– Bayerische Alpenzerstörung I: Skigebiet Jenner. Der Bund Naturschutz (BN) in Bayern informierte bei einer Pressekonferenz über die Zerstörung des Erholungsgebietes am Jenner durch geplante Aufrüstungen im Skigebiet mit weiteren Beschneiungssystemen, künstlichen Speicherbecken, Pistenumbauten, Skiliften und weitere „Attraktionen“. Gerade im Klimawandel, sagte BN-Vorsitzender Prof. Hubert Weiger, seien diese geplanten Ausbauten „kurzsichtig und wegen der unvermeidbaren Schädigungen der empfindlichen Bergnatur für nicht vertretbar“; „es werden immer neue Gründe gefunden, warum noch ein Skilift errichtet werden muss. (…) Zuletzt war es ein neuer Vierersessellift am Krautkaser für das DSV-Trainingszentrum. (…) 2012 wurde der Plan zur Errichtung des DSV-Trainingszentrums und weiterer Beschneiungsanlagen auf dem Krautkaserfeld eingereicht. Hinzu kamen noch die Anlage einer Buckelpiste und einer Boardercrossstrecke. (…) Da auch mit der aufgerüsteten Beschneiung nicht alle Pisten ausreichend beschneit werden können, ist zu befürchten, dass eine weitere Nachrüstung mit einem Speicherbecken für notwendig erklärt wird. Außerdem ist noch eine Rodelbahn von der Mittelstation ins Tal vorgesehen, die im Sommer als Mountainbikestrecke genutzt werden kann. Und auf der Bergstation soll eine spektakuläre Sommer- und Winteraussichtsplattform errichtet werden“ (BN, Vom Naturschutzgebiet zum Erlebnisberg, PM 15.4.2014). Der BN fordert stattdessen Investitionen in den nachhaltigen, sanften Tourismus.
– Bayerische Alpenzerstörung II: Sudelfeld. Last-Minute-Aktion des Noch-Landrats Jakob Kreidl (CSU), der durch seine Geburtstagsfeier für 120.000 Euro, Plagiats-Promotion etc. so auffiel, dass er von der CSU selbst aus der Kommunalwahl im März 2014 zurückgezogen wurde: Er ist gerade noch bis 17.4.2014 im Amt, und seine Verwaltung genehmigte wenige Tage vor seinem Abtritt den Ausbau des Skigebietes Sudelfeld. Er hatte die Rückendeckung der CSU: „Schon bei einer Anhörung im Landtag habe die CSU-Fraktion voll hinter der weiteren Erschließung des Skigebietes gestanden“ (Naturschützer nennen Sudelfeld-Ausbau „skandalös, in sueddeutsche.de 15.4.2014). Das Sudelfeld ist Teil des Landschaftsschutzgebietes „Oberstes Leitzachtal“ und soll – im Zeitalter der Klimaerwärmung – groß mit Beschneiung, Speicherbecken etc. ausgebaut werden. Das „überwiegende öffentliche Interesse“, das das Landratsamt Miesbach mit Kreidl (noch) an der Spitze feststellt, ist das Interesse von den Privatleuten und Eigentümern der Bergbahn Sudelfeld GmbH, Egid Stadler (33 Prozent), Helmut Waller (33 Prozent) und Johann Zehetmaier (1 Prozent) sowie der Gemeinde Bayrischzell (33 Prozent). Praktischerweise hat Egid Stadler seit 5.5.2014 eine neue Rolle: als 2. Bürgermeister von Bayrischzell werden sich die Bauarbeiten sicher noch problemloser vorantreiben lassen.
Auf Hängen zwischen nur 800 und 1563 m ü. NN soll die größte Beschneiungsanlage Bayerns gebaut werden. Laut Planung soll ein Speicherbecken an der Walleralm von 230 mal 140 Metern mit 175.000 Kubikmetern Wasser fassen. Im Endausbau will man 300 Schneekanonen und Kunstschneeerzeugern und die Steigerung der Beschneiung von derzeit 20 Hektar auf bis zu 71 Hektar erreichen (Walter, Dirk, 300 Schneekanonen fürs Sudelfeld, in Münchner Merkur 15.4.2014. Im Genehmigungsbescheid stehen 155.000 Kubikmeter: Wie hoch ist der Speicher nun wirklich?). Die Staumauer des Beschneiteiches misst an der höchsten Stelle 38 Meter (Skigebiet am Sudelfeld darf ausgebaut werden, in SZ 15.4.2014).
Unbegreiflich ist der geplante Ausbau am Sudelfeld: Selbst Garmisch-Partenkirchen musste dieses Jahr zum wiederholten Male sowohl das Damen- wie das Herren- Weltcup-Rennen absagen – wegen Schneemangels. Trotz der massiven Aufrüstung mit Schneekanonen. Das Classic-Skigebiet in Garmisch-Partenkirchen liegt höher als das Sudelfeld und die Skipisten verlaufen vor allem auf Nordhängen. Aber die aufwendige Beschneitechnik ist dem Klimawandel auch in Garmisch-Partenkirchen nicht mehr gewachsen – auch Kunstschnee braucht Minusgrade.
Der Ausbau am Sudelfeld wird auf 45 Millionen Euro geschätzt, davon sollen 15 Millionen Euro aus staatlichen Zuschüssen kommen. Stadler zu den Fördermitteln aus der Staatskasse: „Wir hoffen auf 30 Prozent“ (sueddeutsche.de 15.4.2014).
Ganz unverständlich vom neuen Landrat Wolfgang Rzehak (Grüne): Er bewerte den Ausbau des Sudelfeldes politisch anders als die Behörde, er „gehe aber davon aus, dass das Vorhaben ‚auch nach meinem Amtsantritt‘ rein rechtlich nicht zu beanstanden gewesen wäre“ (Walter 15.4.2014). – „Wolfgang Rezhak von den Grünen ließ wissen, dass das Vorhaben auch nach seinem Amtsantritt nicht anders hätte bewertet werden können“ (Protest gegen Sudelfeld-Ausbau, in SZ 16.4.2014). – „Auch wenn ich das Projekt politisch anders bewerte, habe ich keinen Zweifel daran, dass alles nach Recht und Gesetz gelaufen ist“ (Hank, Stephan, Pflöcke für den Speicherteich gesetzt, in Münchner Merkur 15.4.2014).
Das geht ja gut los mit dem neuen grünen Landrat. Da wird sich der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bayerischen Landtag, Sprecher des Nolympia-Netzwerkes und aktiver Kämpfer gegen Beschneiungsanlagen in den Bayerischen Alpen, MdL Ludwig Hartmann, aber freuen.
Denn nun kann sich der Sprecher der Bergbahn Sudelfeld GmbH, Egid Stadler, der sofort ankündigte, mit den Arbeiten beginnen zu wollen, noch darauf berufen, dass auch der Nachfolger von Skandal-Kreidl das Projekt durchwinken wird. Umgehend rückten bereits Messtrupps am Sudelfeld an, die Einrichtung der Baustelle begann bereits, die Ausschreibung der Bauarbeiten ist gelaufen. das Skigebiet soll bereits in der Saison 2014/15 Geld hereinspülen.
Der Bund Naturschutz in Bayernund andere Umweltverbände beabsichtigen, Rechtsmittel einzulegen – mit aufschiebender Wirkung. Ein Vertreter des BN äußerte: „Da peitscht ein Landrat, der wegen seiner völlig überzogenen Geburtstagsfeier und anderer Affären abgewählt worden ist, in den letzten Tagen seiner Amtszeit dieses umstrittene Projekt durch“ (sueddeutsche.de 15.4.2014). Richard Mergner, BN-Landesbeauftragter: „Wir halten die torschlusspanikartige Genehmigung noch in der Amtszeit des Skandal-Landrats Kreidl selbst für skandalös. (…) Wir prüfen eine Klage gegen die Genehmigung“ (Effern, Heiner, Das Sudelfeld wird Buddelfeld, in SZ 26.4.2014).
Vielleicht fällt ja für Ex-Landrat Jakob Kreidl (CSU) noch ein Austragspösterl bei der Bergbahn Sudelfeld GmbH ab.
Auch der Deutsche Alpenverein (DAV) „ist bestürzt darüber, dass das Landratsamt Miesbach die Genehmigung für die Beschneiungsanlage am Sudelfeld samt riesigem Speicherbecken erteilt hat“ (DAV, PM Keine Steuergelder für dieses fragwürdige Vorhaben, München 15.4.2014). DAV-Vizepräsident Ludwig Wucherpfennig: „Wir bedauern diese Entscheidung sehr. Das ist ein herber Rückschlag für den Naturschutz und das falsche Signal für die Tourismusentwicklung in Bayern“ (Walter, Dirk, „Ein herber Rückschlag für den Naturschutz, in Münchner Merkur 16.4.2014). MdL Florian von Brunn (SPD) fragte am 17.4.2014 bei der bayerischen Staatsregierung zum „Ausbau des Skigebietes Sudelfeld mit Beschneiungsanlagen“ nach – u. a. bezüglich Eingriffe in Schutzgebiete, Natur- und Artenschutz, Wasserhaushalt und Energieverbrauch (Bayern SPD 17.4.2014). Eine Entscheidung über die Klage der Naturschutzverbände fällt nach der Präsidiumssitzung des DAV am 8.5.2014.
Vergleiche auch auf der GÖF-Webseite: Beschneiung Sudelfeld
– Abschied vom alpinen Wintersport in Bayern. Aus einem Kommentar von Ernest Lang im BR: „Und selbst Garmisch-Partenkirchen, der renommierteste Wintersportort in Bayern, musste heuer zum wiederholten Male ein Weltcup-Rennen absagen, aus Schneemangel – trotz der massiven Aufrüstung mit Schneekanonen. Auch wenn die Vorstellung schwer fällt: Es heißt mittelfristig Abschied zu nehmen vom alpinen Wintersport in Bayern“ (Lang, Ernest, Mit Schneekanonen gegen den Klimawandel, in Bayern 2 19.4.2014).
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IV: Allgemeine Nachrichten
– Gazpromi Merkel. Die offizielle Haltung der Merkel-Regierung: Die gesamte deutsche Energiepolitik muss neu betrachtet werden, um die Abhängigkeit von russischen Lieferungen zu senken. Merkel beklagte die „zum Teil sehr hohe Abhängigkeit“ von russischer Energie in der EU. Was tatsächlich geschieht: Vor zwei Wochen wurde die Übernahme der RWE-Tochter DEA durch den russischen Oligarchen Michail Fridman beschlossen. Die Merkel-Regierung schätzt dies als unproblematisch ein: „Man sehe keinen Anlass, den bereits beschlossenen Verkauf des größten deutschen Erdgasspeichers sowie eines Großteils des deutschen Gashandelsgeschäfts an die Russen zu unterbinden, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium“ (Merkels Gasblase, in Der Spiegel 14/31.3.2014).
– Holt Gazprom die verlorenen Sotschi-Milliarden von der Ukraine? Der russische Staatskonzern Gazprom hat Milliarden für Putins Olympische Winterspiele 2014 aufbringen müssen. Nun fordert Gazprom-Chef Alexej Miller von der Ukraine die Erstattung des gesamten Rabatts der letzten vier Jahre in Höhe von 8,3 Milliarden Euro zurück: „… erstmals mischt sich der Staatskonzern Gazprom damit ganz offen in die politische Auseinandersetzung um die Krim ein: Als Grund nannte Miller die Aufhebung eines Abkommens zur Nutzung eines Flottenstützpunktes durch Moskau nach der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim“ (Balser, Markus, In der Hand von Moskau, in SZ 7.4.2014). – „Wegen der Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim sei das Abkommen hinfällig“ (Gazprom will weitere 8,3 Milliarden von der Ukraine, in spiegelonline 5.4.2014).
Das ist nun mal eine wirklich „schlüssige“ Argumentation, Herr Miller! Russland annektiert völkerrechtswidrig