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Film-Tip: The Hunger Games (Die Tribute von Panem)
Der Film über einen fiktiven Nachfolgestaat der USA ist eine apokalyptische Mischung aus Die Truman Show und dem Dschungelcamp, könnte aber auch als eine Neuauflage der Gladiatorenspiele im alten Rom oder als krude Fortentwicklung des Systems Olympische Spiele gesehen werden. 12 verarmte Distrikte des USA-Nachfolgers Panem (Panem et circenses, Brot und Spiele) müssen jedes Jahr je einen männlichen und weiblichen Jugendlichen zwischen 12 und 18 als Unterwerfungsakt in die reiche, protzige Hauptstadt Kapitol schicken: Dort sollen sie in einer Pseudowildnis ums Überleben kämpfen, und nur der letzte Überlebende ist Sieger. Zynisch werden die zwölf Mädchen und Jungen von Zehntausenden Zuschauer beklatscht und bejubelt – einschließlich der späteren tödlichen Kämpfe. Schließlich ziehen die Zwangsgladiatoren in Pferdewagen ein in den „Palast der Faschisten“ (Markus Keuschnigg, Die Presse, Wien). Und im nächsten Jahr werden die nächsten Spiele stattfinden.
Der Todeskampf wird bis zum Ende minutiös und lückenlos in die Hauptstadt und die zwölf Distrikte übertragen – als Jahresevent. Showmaster und Spielleiter, Trainer und Kampfrichter sind in hoher Anzahl vertreten. Dazu wird um das Geld der Sponsoren heftig gebuhlt, welche die Hungerspiele finanziell unterstützen.
Trotz verhaltener Kritik bleibt der Film systemimmanent und stellt die Herrschaftsverhältnisse nicht infrage. Wenige Reiche unterdrücken mit vielen Sicherheitskräfte die verarmte Bevölkerung. Es handelt sich um eine Allegorie auf „The One Percent“ der Bevölkerung, die in Amerika mehr als 40 Prozent des Vermögens kontrollieren. Aus diesem Grund war ein Slogan der Occupy-Bewegung „We are the 99 percent“ – Wir sind die 99 Prozent (vgl. Steinberger, Petra, Heldin – nicht nur für einen Tag, in SZ 17.4.2012).
Olympischer Fechter nicht mehr Präsident
Der Fecht-Olympiasieger von 1968 und 1972 und Fecht-Weltmeister 1970 und 1971, Pál Schmitt, musste am 2. April 2012 als ungarischer Präsident zurücktreten. Und das ging so:
Pál Schmitt studierte an der Karl-Marx-Wirtschaftsuniversität in Budapest, wurde 1983 Mitglied des IOC und war dort von 1995 bis 1999 Vizepräsident. Von 1990 bis 2010 war er Präsident des ungarischen Olympischen Komitees. Seit 2003 ist er Mitglied der Fidesz-Partei des rechtspopulistischen Viktor Orbán. Bei der ungarischen Parlamentswahl 2009 erhielt er auf der Fidesz-Liste ein Mandat und wurde am 29.6.2012 zum ungarischen Staatspräsidenten gewählt. „Schmitt unterzeichnete in 20 Monaten ohne Widerrede mehr als 360 Gesetze“ (Wikipedia). Er „wurde zu einer Art Staatsnotar für die Gesetzgebungsprojekte Orbáns“ und galt als „Meister aller Verhältnisse“ (Olt, Reinhard, Pál Schmitts letztes Gefecht, in fasz.net 2.4.2012). „Er gilt als willfähriger Umsetzer der rasanten politischen Reformen der Regierung und hat in den vergangenen zwei Jahren anstandslos Hunderte Gesetze unterzeichnet“ (Kahlweit, Cathrin, „Schmitt, pack deine Koffer“, in SZ 2.4.2012), als „Marionette der Regierung“ (Willkommener Rücktritt, in SZ 3.4.2012).
Deshalb wurde er ja Präsident.
Am 11.1.2012 wurde bekannt, dass Schmitt 200 von 215 Seiten seiner 1992 eingereichten und mit „Summa cum laude“ bewerteten Doktorarbeit aus einer 1987 auf französisch verfassten Studie des bulgarischen Sportwissenschaftlers Nikolaj Gjorgijew und aus Arbeiten des deutschen Sportsoziologen Klaus Heinemann kopiert hat. Alle Abgeordneten der Fidesz-Partei bekamen nach dem Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe eine SMS, „sich zu der Plagiatsaffäre in den Medien nicht zu äußern“ (Kahlweit, Cathrin, Titel weg, Amt weg, in SZ 3.4.2012).
Am 29.3.2012 erkannte der Senat der Budapester Semmelweis-Universität mit 33 zu 4 Stimmen Schmitt den Doktortitel ab. Der rechte Ministerpräsident Orbán hatte noch erklärt: „Wenn er sich entschieden hat, für seine Wahrheit zu kämpfen, dann kann ihm niemand das Recht dazu nehmen“ (Präsident unter Druck, in SZ 31.3.2012; Ungarns Präsident tritt nach Plagiatsaffäre zurück, in spiegelonline 2.4.2012; Pal Schmitt muss Konsequenzen des IOC fürchten, in focus.de 2.4.2012; Wikipedia).
Die Affinität zwischen autoritärem Denken und Sport bzw. Sportfunktionären ist mit dem Fall Schmitt erneut evident geworden.
Schmitt drohte an, erneut eine Dissertation zu verfassen: nämlich über „Sport und Nachhaltigkeit“ (Kahlweit, SZ 3.4.2012).
Das passt!
Vergleiche auch zu Sport, IOC und Diktatoren im Kritischen Olympischen Lexikon hier.
XXIV. Olympische Winterspiele Graubünden 2022
So heißt der Förderverein für Olympische Winterspiele in St. Moritz und Davos. Sein Direktor ist Gian Gilli, der auch Sportdirektor von Swiss Olympic ist. Eine Machbarkeitsstudie sollte am 30.3.2012 der Bündner Regierung zur verfügung gestellt werden: Sie war nicht fertig geworden. 70 Personen arbeiten laut Gilli am Konzept; die Kosten der Kandidatur lägen bei 36 Millionen Schweizer Franken (Jürgensen, Nadine, Der olympische Funke muss überspringen, in nzz.ch 30.3.2012).
Derzeit.
„Viel hängt davon ab,, ob sich die Bevölkerung begeistern lässt“ (Ebenda). Vielleicht wurde deshalb die Volksabstimmung im Kanton Graubünden verschoben, die ursprünglich am 25.11.2012 stattfinden sollte. Sie ist jetzt auf den 3. März 2013 angesetzt (Abstimmung erst am 3. März 2013, in suedostschweiz.chg 7.4.2012).
London 2012/12: nachhaltig?
Kleine Auswahl, was alles nach den Olympischen Spielen 2012 in London wieder ab- oder rückgebaut wird:
– das Olympische Stadion wird von 80.000 Plätzen auf 25.000 rückgebaut;
– das Aquatic Center mit 50-Meter-Becken wird von 17.500 Zuschauerplätzen auf 2500 reduziert;
– die zusätzliche Brücke am nördlichen Haupteingang für die olympischen Besucher-Massen wird abgebaut;
– die Basketball-Arena soll abgebaut und eventuell weiterverwendet werden
– das 29.000 Quadratmeter große Mediencenter für 20.000 Berichterstatter wird abgebaut;
etc. (Menden, Alexander, Die grünsten Spiele, die es je gab, in SZ 1.4.2012).
Der fahrlässige Umgang mit den Begriffen Grüne Spiele und Nachhaltigkeit wird hier wieder klar: Es geht nur um Greenwashing, denn warum Aufbau und Rückbau in diesen Größenordnungen kann nicht nachhaltig sein.
Das alles für nur zweieinhalb Wochen Olympische Party. Wer nicht hingeht, ist selber schuld. Oder er hat, wie es der Sprecher des LOCOG, Ben Hurley, nannte: „das Gefühl, dass man eine große Party verpasst hat“ (Ebenda).
Die olympische Party dauert keine drei Wochen; von ihr profitieren nur wenige. Aber die immensen Kosten – derzeit laut Sky TV 24 Milliarden Pfund – müssen auf Jahrzehnte von den britischen Bürgern abbezahlt werden.
In diesem Zusammenhang ist interessant, dass sich die Bevölkerung anscheinend doch nicht so einfach für dumm verkaufen lässt. Eine Befragung ausgerechnet im Auftrag des IOC-TOP-Sponsors General Electric (GE) vom September 2011 ergab, dass gerade einmal fünf Prozent der UK-Verbraucher an einen grünen Leumund oder eine Reduzierung der Umweltbelastung durch London 2012 glauben. Nur zwölf Prozent der Briten glauben an ein nachhaltiges Olympisches Erbe – wofür haben eigentlich Umweltexperten diverser Öko-Institute den Olympischen Spielen 2012 in London ein grünes Zeugnis ausgestellt? (Vergleiche: „Wir-berechnen-alles-Institute).
GE was not amused, da die eigenen Produkte damit bezüglich Umweltfreundlichkeit unglaubwürdig würden (London Olympics fail to convince public of sustainability legacy, in greenbusiness.co 9.3.2012).
Zu den wahren Kosten von London 2012 vergleiche den Artikel von Jules Boykoff im Guardian vom 4.4.2012 unter Aktuelles, dazu „Has London 2012 been greenwashed“ im Guardian vom 22.4.2012.
Der ruinierte Event America’s Cup
Die nächste Sportdisziplin wird im Größenwahn ruiniert. Der 1851 gegründete Segelwettbewerb America’s Cup wurde in den letzten Jahre vom US-Milliardär Larry Ellison dominiert. Der fünftreichste Mann der Welt gewann 2010 mit hohem Material-, Geld- und Menscheneinsatz die Trophäe und lässt sich deren Verteidigung im Jahr 2013 geschätzte 300 Millionen Dollar kosten. Nun wird der Cup fernsehtauglich umgebaut: mit der sündteuren Katamaranklasse AC 72 (40 Meter hohe und 260 Quadratmeter große Flügel als Segel) und geplantem immensen Einsatz von Sponsoren. Statt der erwarteten 32 Millionen US-Dollar konnten aber nur 11 Millionen eingesammelt werden: Daraufhin entließ Ellison 28 Mitarbeiter der „America’s Cup Event Authority“. „Der America’s Cup könnte ohne weitere Sponsoren zum Millionengrab werden“ (Petz, Ingo, Millionengrab im Meer, in SZ 4.4.2012; Vorbei an Alcatraz, in SZ 31.3.2012).
Die Regatta soll vor Los Angeles stattfinden. Ursprünglich waren 86 Millionen US-Dollar vorgesehen; nun soll der Event schon 163 Millionen kosten, wovon die klamme Stadt zunächst rund 52 Millionen tragen sollte, später 22 Millionen. Es sollen 1,2 Millionen Zuschauer kommen und einen Umsatz von einer Milliarde generieren. „Allerdings ist sehr zweifelhaft, dass der America’s Cup im nächsten Jahr tatsächlich zu dem Großereignis wird, das es mit Olympischen Spielen oder Fußball-Weltmeisterschaften aufnehmen kann – das war Ellisons Traum“ (Ebenda).
Biathlon wird noch teurer
Der Staat finanziert die Biathlonanlagen – wie bei der WM in Ruhpolding mit 16,4 Millionen Euro. Und die Biathlon-Sportverbände ziehen mit dem Gewinnen ab. Die International Biathlon Union (IBU) hatte 1993 noch einen Etat von umgerechnet 400.000 Euro: 2012 verfügte sie über 12 bis 15 Millionen Euro (Rehm, Holger, Der Kampf um die Biathlon-Rechte, in spiegelonline 2.4.2012)..
Das Geld kommt auch über die Fernsehrechte herein, und hier zahlen vor allem die Öffentlich-Rechtlichen Sender. Deren Zusammenschluss, die European Broadcasting Union (EBU), überweist jährlich etwa zwölf Millionen Euro an die IBU. Vergleiche Die Sport-Sender.
Die Verträge laufen nach der Saison 2013/2014 aus. Eine Reihe von Sportmarketinghändlern würde sich gern zwischen Sportverband und Sender drängen und mitverdienen, u. a. der Sportrechtehänder Infront. Dessen CEO und Präsident ist Philippe Blatter, ein Neffe des Fifa-Präsidenten Sepp Blatter. Die Fifa hat mit Infront die Fußball-WM in Südafrika vermarktet und zog mit rund vier Milliarden US-Dollar Profit ab, während Südafrika auf Kosten von vier Milliarden US-Dollar sitzen blieb.
Neues aus Erfurt
Die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in dem vom Bundesinnenministerium mitfinanzierten Blut-Dopingfall Erfurt werden nicht vor Mai 2012 abgeschlossen. Sportverbände forderten eine Klärung bis zu den Olympischen Spielen 2012 in London. „Wie darüber im traditionell sport- und medaillenaffinen Bundesinnenministerium gedacht wird, bedarf keiner gesonderten Erwähnung, so kurz vor einem nationallen Großauftritt“ (Kistner, Thomas, Druck vor Olympia, in SZ 4.4.2012; Ermittlungen bis Mai, in SZ 4.4.2012).
Da ließen sich die Sportfunktionäre etwas Neues einfallen, siehe weiter unten.
Hamburg riskiert neue Milliarden-Verschuldung
für Olympische Sommerspiele 2024, 2028 oder 2032! Der erste Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) sprach sich Anfang April 2012 für eine olympische Bewerbung der Hansestadt aus, die bei der Bewerbung 2012 gegen Leipzig unterlegen war. Die „Zukunftskommission Sport“ betreibt seit geraumer Zeit Lobbyarbeit für Sport-Großereignisse wie Universiaden und Olympische Spiele. In der Kommission sitzen u. a. Vertreter des Sportamtes, der Handelskammer (die IHK war bei München 2018 auch deutlich vertreten), des Olympiastützpunktes und des Hamburger Sportbundes; den Ausschuss leitet der Geschäftsführer von Hamburg Wasser, Michael Beckereit, ein ehemaliger Segelweltmeister und Vorstandsmitglied der Deutschen Sporthilfe (Grünberg, Rainer, Meyer-Odewald, Jens, Sportstadt Hamburg, in Hamburger Abendblatt 7.4.2012; Sporthilfe-Vorstand wieder komplett, in sporthilfe.de 5.11.2001).
Also die üblichen Verdächtigen…
Die örtliche Presse läuft sich schon warm und gibt falsche Vorgaben: „München und Barcelona haben ihren Aufstieg und ihren heutigen Wohlstand den Spielen zu verdanken… Aus makroökonomischer Sicht wäre es deshalb am sinnvollsten für Deutschland, Olympische Spiele in Hamburg auszutragen – und nicht in Berlin“ (Grünberg, Rainer, Bürgermeister Scholz will die Spiele – weil Hamburg profitieren könnte, in Hamburger Abendblatt 7.4.2012).
Der Bund der Steuerzahler gibt Hamburgs aktuelle Schulden mit fast 26 Milliarden Euro an. Die Kosten der Olympischen Sommerspiele London 2012 haben sich laut Sky TV mit derzeit 24 Milliarden Pfund fast verzehnfacht. Der Kosten-Multiplikatorfaktor in Hamburg wäre mit Sicherheit ein ähnlicher.
Doch Neues von den Schnurbäumen vom Münchner Marienhof?
Die Münchner Abendzeitung (AZ) hatte schon im Jahr 2011 versucht, das Schicksal bzw. den Zustand der 38 Schnurbäume zu eruieren, die OB Ude im Juni 2011 auf dem Marienhof hatte ausgraben und in die städtische Baumschule in Allach bringen lassen. Man erinnere sich: Die Entscheidung gegen München 2018 und damit der zweiten S-Bahn-Stammstrecke standen da noch kurz bevor. (Vergleiche: Vom Marienhof zum Christian-Ude-Hof)
Im April 2012 machte die AZ einen zweiten Versuch, beim Baureferat etwas über den Zustand der Bäume zu erfahren. Die Bäume seien in einem guten Zustand, erfuhr die AZ – und bekam ein Foto „aus den Sommer-/Herbstmonaten 2011“ angeboten, Als die AZ die Bäume besichtigen wollte, war die Antwort: „Die Besichtigung der Bäume ist leider nicht möglich, da sich diese auf einem teils nicht verkehrsgesicherten Betriebsgelände befinden, das nicht öffentlich zugänglich ist“ (Huber, Rudolf, Geheimsache Schnurbäume, in abendzeitung-muenchen.de 10.4.2012).
Als die AZ das Baureferat um ein aktuelles Foto bat, wurde auch dies abgelehnt: Die Bäume hätten jetzt keine Blätter. Der Marienhof-Architekt Stephan Braunfels äußerte: „Die Schnurbäume sind hin“ (Ebenda).
Pekinger White Elephants
2008 fanden die Olympischen Sommerspiele in Peking statt. Geschätzte 60 Milliarden US-Dollar ließ sich das chinesische Regime die Spiele kosten. Und das IOC gouttierte dies.
Nun schreibt man das Jahr 2012, und nicht einmal vier Jahre später sieht es nach einem Bericht im Spiegel in Peking so aus:
– Das Olympiastadion ist 333 Meter lang, 294 Meter breit und 69 Meter hoch und soll umgerechnet 350 Millionen Euro gekostet haben: „Heute wird in dem Stadion sporadisch Fußball gespielt, manchmal finden Konzerte statt, es war auch schon Platz für einen Winter-Wunderland-Themenpark“ (Unkraut auf der Tribüne, in Der Spiegel 16/16.4.2012).
– Die Beachvolleyball-Arena: „eine Ruine“ (Ebenda).
– Der Kajak-Parkurs: „ein ausgetrockneter Kanal“ (Ebenda).
– Die BMX-Strecke: „ein mit Unkraut überwichertes Feld samt verwitterter Tribüne“ (Ebenda).
So sieht das Olympische Erbe in Wirklichkeit aus!
London 2012/13: Man gönnt sich ja sonst nichts!
In der Bewerbung für 2012 hatten die Londoner Organisatoren geschrieben: „Jeder Sektor der Wirtschaft wird von den Olympischen Spielen profitieren“ (Kaiser, Tina, Britannien auf dem Weg ins Olympia-Desaster, in welt.de 16.4.2012). Davon ist kaum etwas übrig geblieben: Langfristig wird London 2012 nach Meinung von Ökonomen keinen Einfluss auf Wachstum und Beschäftigung haben. Die Arbeitslosigkeit liegt mit 8,4 Prozent so hoch wie seit 1996 nicht mehr, ebenso die Jugendarbeitslosigkeit (Ebenda). Der „normale“ Tourismus wird durch London 2012 extrem zurückgehen – so wie an allen Austragungsorten Olympischer Spiele.
Und es wird weiter alles kräftig teurer. Wie schon erwähnt begannen die Kalkulationen mit 2,4 Milliarden Pfund und liegen nun laut Sky TV bei 24 Milliarden Pfund: Das wäre der Faktor 10.
Notlagen ohne Ende in Großbritannien – und dann 24 Milliarden Pfund und mehr für drei Wochen olympische Party. Eigentlich unvorstellbar, dass den olympischen IOC-Heuschrecken das alles zur Verfügung gestellt wird.
Das Olympische Dorf sollte zunächst vom australischen Immobilienentwickler Lend Lease gebaut werden: Als sich dieser zurückzog, musste der Staat einspringen. Dann kaufte das Konsortium der Immobilienfirma Delancey und des Immobilieninvestors QuatariDiar den Großteil des Olympischen Dorfes: Der Staat bzw. der Steuerzahler machte dabei einen Verlust von 275 Millionen Pfund (Ebenda; vergleiche auch den Aufsatz von Boykoff unter „Aktuelles“ über die wahren Kosten von London 2012).
Für nicht wenige Bewohner Londons bedeuten die Olympischen Bauten den Verlust ihres Zuhauses: Für sie bleibt nach der Zwangssanierung von Ostlondon kein Wohnraum mehr, weil er abgerissen oder zu teuer wurde. „Schöne neue Welt? Im Londoner East End, dem alten Arbeiterbezirk, ist in den vergangenen Jahren ein pompöser Olympiapark entstanden. Und einiges ist auch verschwunden. Zum Beispiel die ehemaligen Bewohner“ (Klimke, Barbara, Vertrieben im Namen Olympias, in fr-online 27.3.2012). Die Londoner Mieten stiegen durch die Olympischen Spiele noch weiter, die Armut blieb, und die Arbeitslosigkeit liegt hier bei 14,7 Prozent – doppelt so hoch wie im Landesdurchschnitt (Ebenda).
Und der Funfaktor verteuert weiter. Nicht ohne Hintergrund hat der Londoner Bürgermeister Boris Johnson den Zeitraum der Spiele vom 27. Juli bis 12. August zum „Spaß-Epizentrum des Universums“ erklärt. Die 17 olympischen Tage werden allerdings die teuerste Party der Welt.
„Großbritanniens Premierminister David Cameron hat die Olympischen Spiele endgültig zur Chefsache erklärt. Persönlich verdoppelte er im Januar das Budget der Eröffnungs- und Abschlusszeremonie für die diesjährigen Sommerspiele in London auf 81 Millionen Pfund (98 Millionen Euro). Das Land dürfe schließlich die Chance nicht verpassen, sich der Welt im besten Licht zu präsentieren, begründete der Premier… Von dem ursprünglichen Plan, die Veranstaltung möglichst bescheiden zu halten, ist keine Rede mehr“ (Kaiser, Tina, Großbritannien auf dem Weg ins Olympia-Desaster, in welt.de 16.4.2012; Hervorhebung W.Z.).
Cameron handelte „nach Gutsherrenart“: Demokratie sieht anders aus. Aber die Sportdemokratur setzt eben neue Regeln: ihre Regeln.
Der „Zeremonienmeister“ der Eröffnungs- und Schlussfeier ist Filmregisseur Danny Boyle: Er verpflichtete 10.000 Freiwillige. „Eröffnen soll die Zeremonie Europas größte Glocke, die Boyle an der Kopfseite des Stadions anbringen lassen will. ‚Wir wollen, dass die Menschen diese Glocke für Hunderte von Jahren hören‘, sagt der Regisseur“ (Ebenda).
Das klingt fatal nach der großen Olympischen Glocke im Glockenturm von Berlin 1936; vgl. im Kritischen Olympischen Lexikon: Sommerspiele Berlin 1936!
Madrider Olympische Milliarden
Aus der Chronologie vom Februar 2012: Spanien ist in einer ebenso schlechten finanziellen Situation wie Italien. Und Madrid ist derzeit mit 6,4 Milliarden Euro verschuldet. Treibende Kraft der spanischen Olympia-Bewerbung ist IOC-Mitglied Juan Antonio Samaranch junior – der Senior Juan Antonio Samaranch war 21 Jahre IOC-Präsident. Also bewirbt sich Madrid offiziell um 2020 (Cáceres, Javier, Alles für Olympia, in SZ 21.2.2012).
Ergänzung im April 2012:
Der spanische Staat muss im Haushalt 27 Milliarden Euro einsparen und 12 Milliarden Euro mehr einnehmen. Bürgermeisterin von Madrid ist seit Dezember 2011 Ana Botella, die Ehefrau des früheren rechtskonservativen Premierminister José María Aznar. Ihr Vorgänger betrieb zusammen mit Samaranch junior die beiden vergeblichen teuren Bewerbungen um Olympische Sommerspiele 2012 und 2016. Trotz Madrids 6,4 Milliarden Euro Schulden will Botella eine dritte olympische Bewerbung Madrids. „Die neue Bürgermeisterin will die Olympia-Bewerbung 2020 weiterführen, das Gros der teuren Infrastruktur sei ja schon gebaut, sagt sie, und eine Gesellschaft brauche nun mal Träume“ (Zuber, Helene, Senore Botellas Kampf, in Der Spiegel 14/2.4.2012).
Das Argument „alles vorhanden“ kommt einem nicht erst seit der Bewerbung München 2018 sehr vertraut vor: Es ist stets unwahr. Und die Träume, von der Senora Botella spricht, kosten eine zweistellige Milliardensumme, siehe London 2012.
Wieder einmal: es ist schwer zu verstehen, dass sich immer noch Bürgermeister finden, die ihren Finger heben, wenn die olympischen Heuschrecken ihre Spiele vergeben: Es ist ja seit Jahrzehnten alles über die negativen Folgen für die olympischen Austragungsorte bekannt.
Damit kommen wir doch gleich zur nächsten geplanten Bewerbung Münchens:
Verspäteter Aprilscherz: München 2022/2026
Aus dem Münchner Rathaus und aus dem Münchner Olympiapark wurde am 15.4.2012 ein verspäteter Aprilscherz in die Welt gesetzt: München bewerbe sich um Olympische Winterspiele 2022 bzw. 2026. Der Geschäftsführer des Olympiaparks, Ralph Huber, teilte in einem Interview mit dem Focus mit, dass OB Ude und er gerade ein Bewerbungskonzept erarbeiten würden (München plant wohl doch neue Olympiabewerbung, in br.de 15.4.2012; München kämpft erneut um Olympia, in Münchner Merkur 16.4.2012).
Erstaunlich, was OB Ude alles gleichzeitig bewältigt: Kandidatur um den Posten des bayerischen Ministerpräsidenten, Vorkämpfer für die 3. Startbahn am Münchner Flughafen, Vorarbeiter einer Bewerbung München 2022/2026… Dabei ist er nicht zuletzt noch Münchner Oberbürgermeister.
Nun ist die Olympiapark GmbH (Pächter der Münchner Stadtwerke) auch ohne München 2022/2026 schon in
ziemlichen finanziellen Schwierigkeiten: Die dort geplanten Bau- und Sanierungsmaßnahmen von 2007 bis 2021 werden auf fast 400 Millionen Euro geschätzt (Lenders, Julia, Millionen für die Oly-Halle, in abendzeitung-muenchen.de 16.4.2012).
Huber berichtete, dass der Flughafen München (derzeit 2,5 Milliarden Euro Schulden) und die Messe München (eine von Udes Zwangsverpflichteten bei München 2018 und auch nicht gerade finanziell gut gepolstert) sowie mehrere Großkonzernen zu den Beteiligten gehörten. Genannt werden Lufthansa, BMW, Allianz und Siemens.
Selbst beim DOSB war man über diesen neuerlichen Olympia-Vorstoß überrascht, um nicht zu sagen verärgert. Der Ex-Geschäftsführer von München 2018, Bernhard Schwank, äußerte: „Spekulationen heute helfen nicht weiter – im Gegenteil“ (Haslauer, Andreas, Dabei sein ist alles! in focus 16.4.2012).
Die Bewerbungsfrist endet im Herbst 2013, genau dann, wenn DOSB-Präsident Bach IOC-Präsident werden will. Beides geht nicht. Oje…
OB Ude ruderte umgehend olympisch zurück: Es werde an keinem Bewerbungskonzept gearbeitet. Es würden auch keine Sponsoren gesucht. „Falsch sei auch der in den Berichten erweckte Eindruck, man befinde sich schon auf der Suche nach Sponsoren für eine Bewerbung und erwarte baldige gute Nachrichten“ (Olympia-Fans planen Auftritt in London, in SZ 16.4.2012).
Scheint ja eine super Nummer zu werden, München 2022/2026! Siehe auch die Antwort von Bach weiter unten.
Obwohl Nolympia den verzweifelten Versuch einer neuerlichen Bewerbung nicht versteht, würden wir natürlich auch diese neuerliche Bewerbung wieder kritisch begleiten!
Was der Bundesinnenminister erzählt
Im Interview vom 18.4.2012 mit dem Bundesminister des Inneren, Hans-Peter Friedrich stellte sport1.de in Zusammenhang mit München 2018 fest: „Nun plant die bayerische Landeshauptstadt einen zweiten Anlauf“ („Es wird wieder Olympische Spiele in Deutschland geben“, in sport1.de 18.4.2012). Friedrich entgegnete: „Es ist nur eine Frage der Zeit, wann sich eine deutsche Stadt wieder für Olympia bewirbt. Und ich bin sicher: Es wird wieder Olympische und Paralympische Spiele in Deutschland geben.“
Friedrich weiter: „Sie werden hierzulande nicht viele große Sportveranstaltungen finden, bei denen nicht ein Politiker anwesend ist und seine Solidarität mit dem Sport unter Beweis stellt.“
Friedrich bestätigte auch die Zahl von 155 Millionen Euro, die jährlich in den Sport fließen. Zu den Sportsoldaten äußerte Friedrich: „Darüber hinaus unterstützen wir den Leistungssport, indem wir jungen Spitzensportlern bei der Bundepolizei, bei der Bundeswehr und beim Zoll eine berufliche Perspektive für die Zeit nach ihrer Sportkarriere bieten.“
Friedrich unterschlägt hier bewusst, dass die Sportsoldaten während ihrer aktiven Zeit als Sportler gefördert werden und nicht als Polizisten, Soldaten oder Zollbeamte arbeiten müssen.
Zur Sicherheit in den Fußballstadien sagte Friedrich: „In der vergangenen Saison haben die Polizisten von Bund und Ländern rund 2,3 Millionen Arbeitsstunden rund um Fußballspiele geleistet – eine riesige Zahl.“
Die 2,3 Millionen Arbeitsstunden wurden von den kommerziellen Fußballvereinen in keinster Weise finanziell vergütet: Die Kosten übernimmt wie stets der Staat bzw. die Steuerzahler.
Der Spiegel gibt die jährlichen Kosten der Polizeieinsätze der Fußball-Bundesliga mit 150 Millionen Euro an – und die Kostenbeteiligung der Vereine an den Polizeieinsätzen mit null Euro. „Zum Vergleich: Gebühr, die ein Sitzblockierer in Stuttgart für das Wegtragen durch Polizeibeamte bezahlen muss: bis zu 80 €“ (Spiegel 17/23.4.2012, S. 69).
GaP bezahlt, DSV kassiert
Im April 2012 reiste der Präsident des Deutschen Skiverbandes (DSV), Alfons Hörmann, zum Präsidenten des Internationalen Skiverbandes (FIS), Gian-Franco Kasper, um über die Zukunft des Ski-Weltcups in Garmisch-Partenkirchen zu sprechen. (Vergleiche zur Vorgeschichte hier.) Hörmann: „Wie positionieren wir den Ort in der Zukunft?“ Er forderte: „Am Ende müssen wir zu einer professionellen, ordentlichen und nach allen internationalen Maßstäben sachgerechten Finanzierungsstruktur kommen.“ (Holzapfel, Matthias, Gemeinderat muss entscheiden: Wie viel ist Garmisch-Partenkirchen der Ski-Weltcup wert? in Münchner Merkur 16.4.2012).
Die Internationalen Maßstäbe sind folgende: Die Kosten werden sozialisiert und die Gewinne privatisiert.
Umgehend beriet der Gemeinderat am 18.4.2012 über die „endgültige Förderhöhe für die beiden Weltcup-Wochenenden 2012“ und über die Förderungen der Rennen bis 2016. Hörmann/DSV nahm an der Sitzung persönlich teil und forderte eine klare Positionierung des Ortes: Ansonsten werde es dort im nächsten Winter „definitiv keine Weltcups und damit auch keine Weltmeisterschaften mehr geben“ (Ski-Weltcup bleibt in Garmisch, in SZ 20.4.2012).
Abgesehen von den damit vermutlich erfolgten Vertragsbrüchen könnte man dieses Vorgehen durchaus als Erpressung bezeichnen.
Eilig stimmten umgehend 28 von 29 Gemeinderäten zu, weiterzuzahlen – Hörmann nannte dies ein „Traumergebnis“ (Effern Heiner, Garmisch-Partenkirchen bleibt erste Wahl, in SZ 21.4.2012):
– Die Gemeinde überweist jährlich bis zu 450.000 Euro an die Bayerische Zugspitzbahn (BZB) für Beschneiung, Sach- und Transportleistungen und Erlösausfälle durch den Ski-Weltcup sowie 30.000 Euro für Tickets. Allein die Beschneiung kostete 2012 pro Kubikmeter 4,39 Euro; das macht über 200.000 Euro für 46.500 Kubikmeter Kunstschnee (Holzapfel, Matthias, Über 1,7 Millionen Euro für vier Rennen, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 16.4.2012).
– Der Skiclub Garmisch bezahlt ab 2013 keine Unkosten an die BZB – weil die Jugendförderung darunter leiden würde.
– Die Gemeinde hat damit ab 2013 bis zu 480.000 Euro und ab 2015 sogar 530.000 Euro aufzubringen.
– Der DSV bezahlt für 2012 bis 2014 jeweils 50.000 Euro; danach werden Sponsoren gesucht und Marketingmaßnahmen ergriffen – oder die Gemeinde muss wiederum einspringen (Holzapfel, Matthias, Gemeinde sichert bis zu 530.000 Euro zu, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 16.4.2012; Ski-Weltcup in Garmisch-Partenkirchen: So sieht das Finanzkonzept aus, in Münchner Merkur, 16.4.2012).
Die Ausrichtung der vier Skirennen 2013 bis 2016 kostet die Gemeinde also insgesamt fast 1,719 Millionen Euro (Holzapfel, Matthias, Über 1,7 Millionen Euro für vier Rennen, in Garmisch-Partenkirchner Tagblatt 16.4.2012) – bei sich weiter verschlechternden Schnee- und Beschneiungsverhältnissen durch den Klimawandel.
Fazit: In die Ski-WM 2011 investierten Garmisch-Partenkirchen und seine staatlichen Partner 31 Millionen Euro. <span style="font-style: normal; mso-bidi-font-style:
italic;“ lang=“FR“>Der Deutsche Skiverband (DSV) zog nach dieser Ski-WM mit fünf Millionen Euro Einnahmen ab. Die DSV-Begründung: Das Geld wird für die Jugendförderung eingesetzt.
Für den Ski-Weltcup trägt die Marktgemeinde Garmisch-Partenkirchen ebenfalls die Kosten. Der DSV dürfte auch hier mit einem beträchtlichen Gewinn abziehen.
Einig waren sich DSV-Präsident Hörmann und der Vorsitzende des Skiclub Garmisch, Peter Fischer, dass sich der DSV bei der FIS für Slalom-Rennen am Gudiberg einsetzt, die bislang bis 2016 im Terminplan stehen (Holzapfel, Matthias, Klares Bekenntnis zum Weltcup, in Münchner merkur 19.4.2012).
Der Skiclub Garmisch hatte noch ein alpines Bonbon vorbereitet: In seinem Auftrag ermittelte das Institut IFM Sport, dass die vier Weltcup-Rennen 5,27 Millionen Euro wert seien (So viel sind vier Weltcup-Rennen wert, in Münchner Merkur 23.54.2012). Nur merkwürdig, dass die Übernachtungszahlen im unbedeutenden Jahr 2007
genauso hoch waren wie im bedeutenden WM-Jahr 2011 (Effern 21.4.2012).
Vielleicht kann die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen die 5,27 Millionen Euro Werthaltigkeit gegen ihre im Winter 2010/2011 auf 110 Millionen Euro bezifferten Schulden verrechnen…
Noch eine Meldung zum Thema zur selben Zeit: Die Industrie- und Handelskammer, das Bayerische Institut für Angewandte Umweltforschung und die Ludwig-Maximilians-Universität in München stellten in Garmisch-Partenkirchen eine Studie zum Klimawandel vor. „So soll in der Region Garmisch-Partenkirchen ab den 2030er Jahren neben den Durchschnitts-Temperaturen im Winter auch die Zahl der Tage mit über 30 Grad von jetzt null bis zwei auf acht steigen: Der Wintertourismus wird durch den Klimawandel Probleme bekommen (Pawlovsky, Julia, Temperaturen wie in Verona, in Münchner Merkur 19.4.2012).
Ausbeschneit!
Motorsport in der Bahrain-Diktatur
Das Königreich Bahrain ist ein Inselstaat mit rund 750 Quadratkilometern im Persischen Golf. Es hat eine schiitische Mehrheit, wird aber von einer sunnitischen Herrscherfamilie regiert. Im März 2011 gab es Massenproteste gegen die Unterdrückung der Schiiten mit „mehr als 40 Toten, Massenverhaftungen, Folterungen und der Entlassung von Regimekritikern“ (Formel 1 fährt in Bahrain, in SZ 14.4.2012). König Hamad bin Isa al-Khalifa konnte sich nur mit Hilfe von 1200 Soldaten aus Saudi-Arabien an der Macht halten (Zekri, Sonja, Hunger nach Freiheit, in SZ 12.4.2012). Seit 2004 findet im Bahrain International Circuit ein Formel-1-Rennen statt. Der Grand Prix sollte trotz der aktuellen Proteste in Bahrain auch dieses Jahr dort stattfinden: Termin war der 22. April.
Der Menschenrechtsaktivist Abdelhadi al-Chawadscha war am 17.4.2012 seit 69 Tagen im Hungerstreik. Er forderte im Frühling 2011 demokratische Reformen: „Das Königshaus antwortete auf seine Weise: Polizisten schlugen ihn bewusstlos und zerrten ihn aus der Wohnung. Zurück blieb eine Blutlache auf dem Fußboden. Chawadscha wurde wenig später wegen ‚Organisierung und Führung einer terroristischen Organisation zu lebenslanger Haft verurteilt. Internationale Forderungen, ihn freizulassen, ignorierte das Könighaus“ (Obermaier, Frederik, Abdehhadi al-Chawadscha, Regimekritiker im Hungerstreik gegen Bahrains Könighaus, in SZ 17.4.2012). Bei Protesten gegen die Formel 1 wurde sein Foto gezeigt.
Der Generalsekretär von AI Deutschland äußerte zum Grand Prix: „Amnesty International rät der Formel 1, Bahrain weiträumig zu umfahren. 2011 ist es dort zu schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen gekommen. Mindestens 47 Menschen, die friedlich demonstrierten, sind getötet worden… Viele Demonstranten sind heute noch in Haft.Und bis heute gibt es bei Protestaktionen immer wieder Tote und Verletzte. Eine Absage des Rennens wäre ein Signal, dass die Lage weiter besorgniserregend ist“ (Hofmann, René, „Weiträumig umfahren“, in SZ 12.4.2012). Ärzte ohne Grenzen berichteten, dass die aktuell verletzten Demonstranten kaum noch staaliche Krankenhäuser in Anspruch nehmen: „aus Angst, dort diskriminiert, schikaniert, und absichtlich schlecht behandelt zu werden“ (Sender meiden Bahrain, in SZ 16.4.2012). Joe Stork von Human Rights Watch äußerte zum Grand Prix in Bahrain: „Für mich ist das ein schreckliches Klima, um ein festliches Sportereignis stattfinden zu lassen“ (Formel 1 fährt in Bahrain, in SZ 14.4.2012). Amnesty International verurteilte die Vorgänge in Bahrain in einem aktuellen Bericht vom April 2012 heftig.
Aber der Nahe Osten ist ein wichtiger Markt für Autohersteller und Sponsoren. Da werden die Bedenken gegenüber autoritären Regimen und Diktaturen von den Motorsport-Funktionären rasch beiseite geschoben. Der Präsident des Automobilweltverbandes FIA, Jean Todt, formulierte dies vermeintlich pragmatisch: „Das Rennen wird so stattfinden. Es steht so im Kalender. Die FIA ist eine Sportorganisation. Wir interessieren uns für den Sport“ (Sender meiden Bahrain, in SZ 16.4.2012).
Originalton Eccelestone: „Wir mischen uns nicht in Politik oder Religion ein. Wir gehen dorthin“ (Brümmer, Elmar, „Wir gehen dorthin“, in SZ 13.4.2012). Es sei nicht die Aufgabe der Formel 1, „zu entscheiden, wie die Leute ihr Land führen“ (Sender meiden Bahrain, in SZ 16.4.2012).
René Hofmann schrieb dazu in der SZ: „Angesichts von Tränengaswolken und Bildern von angeschossenen Kindern ist es mehr als zynisch, wenn Formel-1-Vermarkter Bernie Ecclestone behauptet, in Bahrain gehe es demokratischer zu als in manch anderen Ländern. Und alles sei ruhig und friedlich“ (Hofmann, René, Tod und Spiele, in SZ 14.4.2012).
Das ist ein weiterer Beweis für die Affinität von Internationalen Sportverbänden und autoritären Regimes und Diktaturen.Vergleiche im Kritischen Olympischen Lexikon IOC und Diktaturen: hier
Das Werbeplakat für den Grand Prix in Bahrain April 2012 zeigte einige Helden des Motorsports und hat den passenden Text: „The Battle Begins“! Die Schlacht beginnt (Brümmer, Elmar, Allenthalben Alarmbereitschaft, in SZ 20.4.2012). Am 21.4.2012 wurde nach Zusammenstößen ein Demonstrant tot aufgefunden (Erster Toter bei Protesten in Bahrain, in spiegelonline 21.4.2012).
Am Sonntag, den 22.4.2012 wurde dann – unter größten Sicherheitsvorkehrungen – das Rennen durchgeführt. Die Besucher feierten die Rennfahrer. Die Motorjournalisten berichteten brav über den Rennverlauf. Die Fernsehsender übertrugen stundenlang. Ecclestone bekam Millionen überwiesen. Business as usual…
Vergleiche auch den aktualisierten Bahrain-Beitrag unter Aktuelles sowie aus dem Kritischen Olympischen Lexikon: Motorsport und Formel-1-Gelder sowie Event
Formel 1 arabisch?
René Hofmann hat in der SZ eine interessante Zusammenstellung über die Besitzverhältnisse in der Formel 1 zusammengestellt (Hofmann, René, Der Königssohn investiert, in SZ 19.4.2012). „Eine der treibenden Kräfte hinter dem Projekt war stets Kronprinz Salman bin Hamad Al-Chalifa“ (Ebenda).
150 Millionen Dollar hat die Rennstrecke gekostet, die zu hundert Prozent dem Konzern Mumtalakat gehört.. Dieser wurde 2006 auf Veranlassung von König Hamad bin Isa al-Khalifa gegründet. 2010 beteiligte sich der Konzern an der McLaren Group, der das gleichnamige Formel-1-Team gehört. Derzeit hält Mumtalakat vermutlich 50 Prozent. Als Ergebnis äußerte der Chef des McLaren-Teams, Martin Whitmarsh dann – wenig überraschend -, dass McLaren zum Grand Prix in Bahrain 2012 stehe.
Weitere arabische Beteiligungen: Der Formel-1-Rennstall Williams hat ein Technologiezentrum im Emirat Katar. Die Investmenfirma Aabar aus Abu Dhabi war bis Mitte April 2012 nach eigenen Angaben ein „maßgeblicher Anteilseigner“ des 2009 formierten Mercedes-Teams; Niki Lauda wirbt für das Unternehmen seit September 2011. Aabar ist auch an der Falcon Private Bank beteiligt, die das Formel-1-Team Toro Rosso sponsort. Ferrari kooperierte mit der Mumbada Development Co. des Emirats Abu Dhabi, wo auch ein Ferrari-Freizeitpark gebaut wurde.
Die Vereinigten Emirate und Bahrain haben – im Gegensatz zu Deutschland – einen Sitz im World Motor Sport Council. Ein Königssohn aus Bahrain ist für den weltweiten Kartsport zuständig, ein anderer ist Partner bei ART Grand Prix, einem Team der Nachwuchs-Rennfahrer, dem auch Nicolas Todt angehört. Dessen Vater Jean Todt ist FIA-Präsident und natürlich auch ein Fürsprecher des Grand Prix in Bahrain 2012.
Wem gehört die Welt? Den Ländern, die über Öl- und Erdgasvorkommen verfügen und denen Probleme wie Klimaerwärmung und zu Ende gehende fossile Rohstoffe egal sind und den Automobilkonzernen und Sponsoren. Sie setzen mit Aktivitäten im Motor-„Sport“ völlig falsche Signale. Und die Motorsport-Sportfunktionäre ignorieren die Gewalttätigkeit des Bahrain-Regimes und machen nicht einmal den Versuch, die Einhaltung von Menschenrechten einzufordern. Geld regiert die Welt…
Katar-Sport
Katar ist inzwischen aufgrund der Erdöl- und Erdgasvorkommen das reichste Land der Welt mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 98.000 Dollar (Smoltczyk, Zand). Katar ist keine Demokratie: Der Emir ernennt die Beratende Versammlung, und es gibt kein Wahlrecht. 1996 gründete Scheich Hamad bin Chalifa Al Thani den Fernsehsender al-Dschasira, auf den er unter anderem seine Macht stützt.
Auch Katar war an der Niederschlagung des Aufstandes in Bahrain beteiligt. „Amnesty International spricht von Auspeitschungen und der Ausbeutung ausländischer Arbeitsmigranten. Der strenge Islam wahhabitischer Prägung ist auch in Katar Staatsreligion. Über die Niederschlagung der Protestbewegung im Königreich Bahrain, an der sich auch Katar beteiligte, wurde von al-Dschasira erst gar nicht berichtet“ (Ebenda).
Deshalb kann man an dieser Stelle auch einen Blick auf die erstaunlichen Sportaktivitäten von Katar werfen. Denn das Sport-Engagement des autoritärem Emirats Katar und seines Scheichs ist äußert auffällig:
– Katar unterstützte Sepp Blatter bei dessen Wahl zum Fifa-Präsidenten. Blatter besuchte im Dezember 1997 heimlich Scheich Hamad bin Chalifa Al Thani in Katar: Thema war die Finanzierung von Blatters zwielichtigem Fifa-Präsidentschaftswahlkampf 1998. “Ich weiß nicht, was Blatter dem Scheich angeboten hat, aber ich wäre nicht schrecklich überrascht, wenn es in naher Zukunft eine Ankündigung der Fifa geben sollte, dass eines der vielen Turniere … in Katar abgehalten werden soll” (Yallop, David A., Wie das Spiel verloren ging, München-Düsseldorf 1998, S. 378).
– Katar richtete die Asienspiele 2006 in seiner Hauptstadt Doha aus – mit 45 Nationen, 9520 Sportlern, 39 Sportarten und 46 Disziplinen.
– Katar bewarb sich mit vergeblich um Olympische Sommerspiele 2016.
– In Doha fand im Mai 2012 der Auftakt der Wettkampfserie „Diamond League“ des Leichtathletik-Welt-Verbandes IAAF statt.
– Katar richtet die Handball-WM 2015 aus.
– Katar schloss einen Werbevertrag mit dem FC Barcelona ab: Bis 2016 fließen insgesamt 165 Millionen Euro an den Fußballclub – für den Trikot-Aufdruck „Qatar Foundation“. Damit ist das Barcelona-Trikot das teuerste der Welt (Busse, Ritzer 28.4.2012).
– Katar bewirbt sich mit Doha um Olympische Sommerspiele 2020.
– Katar bekam den Zuschlag für die Fußball-WM 2022. Das Frankfurter Architekturbüro Albert Speer & Partner lieferte dafür den erfolgreichen Masterplan für die Fußball-WM 2022 in Katar (gekühlte Fußballstadien bei Außentemperaturen von plus 45 Celsius!). Eingeplant wird auch die Konstruktion von Sitzplatz-reduzierbaren und komplett abbaubaren Fußballstadien; vgl. hier.
– Katar baute und organisierte das „Qatar Olympia and Sports Museum“.
– Katar finanziert die Ausstellung „Olympia, Kult und Spiele“ im Berliner Gropius-Bau. Die anfangs kritisch geplante Ausstellung wird nun Olympia-freundlich: Die ursprünglich damit betrauten fünf Wissenschaftler werden von der Direktion hinauskomplimentiert. Es übernimmt der Direktor des „Qatar Olympia and Sports Museum“. “Der Eindruck, dass es sich bei der Ausstellung “Mythos Olympia – Kult und Spiele” um ein Projekt handelt, bei dem mit 30 Prozent Finanzierung durch den Bund in Wirklichkeit die Olympia-Bewerbung des Emirats Katar unterstützt wird, wurde heute nicht ausgeräumt. Er hat sich noch verstärkt” (Hessenland, Frank, Nicht auf Medaillenkurs, in dradio.de 13.2.2012). Für die Berliner ausstellung wird der Zeitraum 1896 bis heute ganz gestrichen und erst in Katar und Athen gezeigt.
– Katar kauft für 25 Millionen Euro den spanischen Fußball-Erstligisten FC Malaga.
– Katar kaufte sich im Frühjahr 2011 für einen zweistelligen Millionenbetrag in den französischen Fußballclub Paris Saint-Germain ein.
– Der Formel-1-Rennstall Williams hat ein Technologiezentrum im Emirat Katar.
– Eine Immobilienfirma aus Katar kaufte das Olympische Dorf von London 2012. Verlust für den britischen Steuerzahler: 275 Millionen Pfund.
Quellen:
Aktuelle Chronologie
Busse, Caspar, Ritzer, Uwe, 200 cm2 auf der Brust, in SZ 28.4.2012
FC Malaga an Katar-Scheich verkauft, in focus.de 17.6.2010
Hahn, Thomas, Vorhang auf für die Überführten, in SZ 10.5.2012
Hessenland, Frank, Nicht auf Medaillenkurs, in dradio.de 13.2.2012).
Smoltczyk, Alexander, Zand, Bernhard, Flüssige Diplomatie, in Der Spiegel 11/12.3.2012
Wikipedia
Yallop, David A., Wie das Spiel verlorenging – Die korrupten Geschäfte zwischen Fifa und den Medien, Düsseldorf 1998
Vergleiche wiederum im Kritischen Olympischen Lexikon: Katar-Sport; IOC und Diktaturen: hier
Das totale Fernsehen
„Es soll tatsächlich noch Tage geben, an denen kein Fußball im Fernsehen läuft. Viele können es aber nicht mehr sein. In dieser Woche folgte dem Bundesliga-Samstag der Bundesliga-Sonntag, dem sich der Zweitliga-Montag, der Champions-League-Dienstag sowie der Champions-League-Mittwoch anschlossen. Via Europa-League-Donnerstag und Bundesliga-Freitag geht es dann am Bundesliga-Samstag wieder von vorne los“ (Herrmann, Boris, Die Kunst der Verknappung, in SZ 20.4.2012).
Bach düpiert Münchner Olympia-Freunde
Die Freunde von München 2022 oder 2026 bekamen nach ihrer anscheinend nicht mit dem DOSB abgesprochenen Vorwärtsattacke umgehend vom DOSB eins auf den Deckel: Präsident Bach äußerte, eine Olympia-Bewerbung Münchens für 2022 oder 2026 sei vorerst ausgeschlossen (Bach: Olympia 2026 nicht in München, in SZ 21.4.2012; Keine Münchner Olympia-Bewerbung für 22 & 26, in spox.com 20.4.2012).
OB Ude gab sich beleidigt. Über das Aus für München 2022 bestünde Einverständnis. Über München 2026 sei aber noch nicht miteinander geredet worden (Verwunderung über Nein zu Olympia, in sueddeutsche.de 23.4.2012).
Die Münchner CSU zog einige Tage später nach: Am 27.4.2012 brachte der CSU-Stadtrat Mario Schmidbauer einen Antrag „Bewerbung Olympische Winterspiele 2022“ ein. OB Ude soll alle mögliche Maßnahmen für München 2022 ergreifen, sich mit dem bayerischen Staatsminister für Unterricht und Kultus und dem Bundesminister des Inneren in Verbindung setzen und den DOSB-Präsidenten Thomas Bach auffordern, sich hinter München 2022 zu stellen „und dies auch öffentlich zu dokumentieren… Durch die Bewerbung der Olympischen Winterspiele 2018 hat München mit einem Beitrag von 32 Millionen Euro in vorbildlicher Art die Olympische Fahne für Deutschland hochgehalten“ (CSU-Antrag 27.4.2012: Bewerbung Olympische Winterspiele München 2022).
„Demnach soll Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) alle Hebel in Bewegung setzen, die für einen zweiten Verstoß nötig sind“ (Hutter, Dominik, CSU will die Winterspiele, in SZ 28.4.2012). Das Konzept München 2018 sei nach wie vor aktuell und könne noch einmal eingereicht werden.
Die Mischung aus Selbstüberschätzung und Hybris der olympischen Lokalmatadoren ist bemerkenswert.
Die ÖDP erklärte umgehend, gegen eine neuerliche Bewerbung aktiv zu werden und die Bevölkerung in ihrem Widerstand dagegen zu unterstützen (PM ÖDP 29.4.2012: Auch 2022 oder 2026: Kein Olympia in München und Oberbayern).
Katja Riedel schrieb in der SZ: „Es gilt als ausgeschlossen, dass das IOC erst für Bachs Projekt München und dann für ihn selbst votiert hätte. Sollte Bach 2013 scheitern, stiegen hingegen wieder die sportpolitischen Chancen für eine zweite deutsche Bewerbung. Wird er IOC-Chef, müssen andere Länder zum Zuge kommen. Bis dahin muss Bach München weiter gut finden, aber nicht zu gut“ (Riedel, Katja, Offene Bewerbung, in SZ 24.4.2012).
Schließlich bestimmt immer noch der DOSB respektive Bach, wo es lang geht.
WADA knickt in Erfurt ein
Am 27.4.2012 meldete die Wada überraschend: „UV-Blutbehandlung erst ab 2011 verboten“ – bislang war die offizielle Lesart: je nach Quelle seit 2003 oder spätestens 2006 (siehe Chronologie Februar 2012 und März 2012). Wada-Generaldirektor David Howman hatte dies bislang ganz anders gesehen: „Es ist eine verbotene Methode. Sie steht seit Jahren auf der Verbotsliste. Man hat zwar (am 1.1.2011; W.Z.) die Definition präzisiert. Wir haben mehr Klarheit geschaffen. Aber diese Methode war nie erlaubt. Blutdoping war niemals erlaubt“ (Wada rudert in Blut-Affäre zurück, in spiegelonline 27.4.2012). Sein klares Statement könnte Howman seien Posten kosten, ebenso wie den Wada-Justitiar Julien Sieveking, der ebenfalls bestätigt hatte, dass das UV-Blutdoping schon vor 2011 unrechtmäßig war.
Und schon ist die UV-Blutbehandlung am Olympiastützpunkt Erfurt legalisiert, und die meisten deutschen UV-behandelten Sportler dürfen nach London 2012. Auch die Nada zog sogleich Bedenken zurück. Damit sind vermutlich nur noch drei oder fünf von 30 gedopten Sportlern betroffen (Ebenda). Boris Herrmann nannte dies in der SZ einen „Rückschlag im Kampf gegen Doping“ (Kehrtwendung der Wada, in SZ 28.4.2012).
Die Nada behauptete, dass vor der Entscheidung „alle Gremien der Wada“ befragt wurden. Das ist äußerst fraglich. Der Münchner Endokrinologe Martin Bidlingmaier, der in dem für Verbotslisten zuständigen Komitee sitzt, äußerte: „Das scheint mir ein etwas interessengeleiteter Analphabetismus zu sein.“ Das Mitglied des Wada-Wissenschaftskomitees Jürgen Steinacker sagte in der ARD: „Seit 2005 ist die Behandlung von But- oder Blutbestandteilen (…) grundsätzlich verboten“ (Ebenda). Der Dopingexperte Fritz Sörgel bemerkte zu dem Vorgang: „Das ist eine sehr suspekte Geschichte. da muss man schon fragen, ob aus Deutschland Druck ausgeübt wurde.“ Noch eine Ungereimtheit: „Der internationale Sportgerichtshof Cas urteilt seit 2003 nach dem Prinzip, wonach jede Manipulation mit Eigenblut ein Dopingvergehen darstellt. Das erläuterte der Cas-Richter Georg Engelbrecht im März vor dem Sportausschuss“ (Ebenda).
DOSB-Präsident Thomas Bach hatte von Anfang an die Linie vorgegeben, dass das UV-Doping erst ab 2011 verboten sei. Dies wurde nun zur offiziellen Wada-Linie. Bach jubelte denn auch: „Diese Stellungnahme schafft Klarheit… Wir hoffen, dass die Verfahren zügig zum Abschluss gebracht werden…“ (spiegelonline 27.4.2012).
Es wird mit Sicherheit im Hintergrund kräftig Druck auf die Wada vom DOSB und dem für Sport zuständigen Bundesministerium des Innern, von deutschen Sportfunktionären und sportaffinen Politikern ausgeübt worden sein. Schließlich will man die hoch subventionierten Sportler bei London 2012 starten und wenn möglich siegen sehen. Wieder ist eine Schranke gefallen.
Es muss sich bei der nachträglichen Legalisierung des UV-Blutdopings eindeutig um den Einfluss deutscher Sportlobbyisten und Sportpolitiker handeln, da derzeit weltweit kein ähnlich gelagerter Fall wie Erfurt bekannt ist. Die Wada hat sich damit keinen Dienst erwiesen und ihre Glaubwürdigkeit eingebüßt. Gleichzeitig kann man über den weitreichenden Arm von DOSB und ähnlichen deutschen Institutionen nur staunen.
Vergleiche zum Erfurter UV-Blutdoping: hier
Teures Fußball-Endspiel
Am 19. Mai 2012 findet das Finale der Champions League in Münchner Allianz-Arena statt. Das wird für die Stadt München, die es unbedingt haben wollte, recht teuer:
– Das Fanfest vor dem Männer-Finale vom 16. bis 19.Mai kostet 200.000 Euro.
– Das Olympiastadion ist für die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft DTM schon zubetoniert. Für das Frauenfinale muss dort extra ein Rasen verlegt werden, der mit 440.000 Euro zu Buche schlägt. (Davon übernimmt die Uefa gnädigerweise die Hälfte.)
– 1,4 Millionen Euro wurden an die UEFA überwiesen.
– Wie üblich werden keine Kosten für die Sicherheit aufgeführt.
– Das Stadion wird in den Uefa-Farben Türkis und Grün leuchten, wozu alle Neonröhren mit der entsprechenden Folie überklebt werden müssen. Der „Allianz-Arena“-Schriftzug wird verhüllt, da der Versicherungskonzern kein Sponsor der Champions League ist (Krass, Sebastian, Die Arena bekommt eine neue Farbe, in SZ 30.4.2012; Weiß mit Grün und Türkis, in SZ 2.5.2012).
Auch die grünen Stadträte im Münchner Rathaus waren für das teuere Fußball-Spektakel (Fuchs, Florian, Lode, Silke, Ein Fußballfest mit Fußangeln, in SZ 21.4.2012).
Olympiapark-Chef bestürzt
Olympiapark-Chef Ralph Huber hat kein Glück.
Erst will die Olympiapark GmbH den Basketballern des FC Bayern und den Eishockeyspielern des EHC München für 80 bis 100 Millionen Euro eine Halle mit 7.500 Zuschauern bauen.
Dann wollen die Bayern eine Halle für 10.000 Zuschauer.
Dann stoppt der Stadtrat die Hallenpläne.
Dann redet Huber am 17.4.2012 mit den EHC-Gesellschaftern über die neue Situation.
Dann sagt am 19.4.2012 die Pressesprecherin des EHC München, Anna-Lena Mühlhäuser (Ex-Pressechefin von München 2018): „Für uns ist wichtig, dass die Halle wirtschaftlich finanzierbar ist“ (Wörmann, Caroline, Kristlbauer, Matthias, FC Bayern stoppt Olympiapark-Pläne, in Münchner Merkur 19.4.2012).
Dann wird am selben Tag bekannt, dass der EHC aus Geldnot seine Lizenz für die Deutsche Eishockey-Liga an Schwenningen verkaufen will (Kerber, Matthias, Huber: „Zukunft kann man nicht absehen“, in abendzeitung-muenchen.de 19.4.2012) Dazu sind von dem in Involvenz befindlichen Unternehmen Müller-Brot (früher Trikotsponsor und Premium-Geldgeber) keine Mittel mehr zu erwarten (Kerber, Matthias, EHC München kämpft ums Überleben, in abendzeitung-muenchen.de 19.4.2012). Nun soll die Olympiapark GmbH die Mietkonditionen verbessern (Kerber, Matthias, EHC München: „Den Tränen nahe“, in abendzeitung-muenchen.de 3.5.2012).
<span style="font-style: normal; mso-bidi-font-style:
italic;“ lang=“FR“>Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Meldung von Anfang Mai 2012: „In den letzten Wochen hatte der EHC München versucht, städtische Unternehmen für eine Werbekooperation zur Erhaltung des Spitzeneishockeys in München zu gewinnen… Bis auf den EHC München werden derzeit alle anderen 13 DEL-Vereine von städtischen Unternehmen gefördert„ (EHC München endgültig vor dem Aus, in sueddeutsche.de 7.5.2012; Hervorhebung W.Z.). 800.000 bis eine Million Euro hätte die Kooperation mit einem städtischen Unternehmen wie Stadtwerke oder Stadtsparkasse bringen sollen, aber die SPD legte ihr berechtigtes Veto ein: „Das können wir gegenüber den anderen Klubs in München nicht rechtfertigen“ (Kerber, M., EHC-Wut auf Politiker, in abendzeitung-muenchen.de 8.5.2012; Schnitzler, Johannes, Der EHC wird verkauft, in SZ 9.5.2012).
Ist doch immer wieder interessant, welche Sportinstitutionen sich aus öffentlichen Töpfen bedienen. Im Fall EHC fand sich allerdings keine politische Mehrheit im Münchner Stadtrat.
<span style="font-style: normal; mso-bidi-font-style:
italic;“ lang=“FR“>Huber hatte wenige Tage später noch die glänzende Idee, eine neue Halle für 7500 Zuschauer zu bauen – für kleinere Veranstaltungen der Olympiahalle. Und die Olympiahalle (die gerade und künftig für zweistellige Millionenbeträge saniert werden muss) für größere Veranstaltungen dem EHC und den Basketballern des FC Bayern zur Verfügung zu stellen (Bock, Willi, Die neuen Pläne mit dem FC Bayern, in SZ 24.4.2012).
Vielleicht sollte Huber nachprüfen lassen, ob die Basketballer des FC Bayern ihre Lizenz wirklich behalten wollen: Denn sonst ist am Ende für private Sportvereine vielleicht gar keine neue Halle für 80 bis 100 Millionen Euro auf Kosten der Stadt München nötig.
Und dann hat Huber da noch ein Problem: „Wir dürfen uns nicht die Chancen für eine spätere Olympia-Bewerbung verbauen“ (Ebenda). In das gleiche olympische Horn stieß Claus Gröbner, der Kaufmännische Leiter beim EHC (und Ex-Mitglied Bewerbungsgesellschaft München 2018): Ein Aus für den EHC „würde die Bewerbung für die Olymischen Winterspiele 2022 deutlich schwächen“ (Schnitzler, Johannes, Schlusssirene für den Standort München, in SZ 8.5.2012).
Schließlich ist vor allem Huber einer der Vorkämpfer für München 2022 oder 2026. Allein die neuerliche Bewerbung kostet ja mindestens 33 Millionen Euro.
Im Mai 2012 wurde dann bekannt, dass der Red-Bull- Milliardär Dietrich Mateschitz wie schon bei den Sportarten Formel 1, Motocross, Kunstflug, Surfer, Snowboarder nun beim EHC München als neuer Sponsor einsteigt. Ob die Stadt München auf ihre Kosten dem EHC Red Bull eine neue Halle baut, bleibt offen (Schnitzler, Johannes, Deal mit der Brause, in sueddeutsche.de 21.5.2012).
London 2012/14: Luftabwehrraketen auf Wohnblock
Der Bow Quater Wohnkomplex liegt im Osten Londons. Dessen Bewohner erfuhren aus einem Flugblatt, dass das britische Militär auf dem Dach des Appartmentblocks Luftabwehrraketen zum Schutz gegen Terroranschläge installieren möchte. „Es wäre das erste Mal seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, dass Raketen auf den Dächern Londons installiert werden“ (Militär will Luftabwehrraketen auf Wohnhaus installieren, in spiegelonline 29.4.2012). Die Boden-Luft-Raketen des Typs High Velocity Missile System (HVM-System) sollen aber nur bei „extremer Bedrohung“ eingesetzt werden.
Der britische Verteidigungsminister Philip Hammond hatte bereits im November 2011 angekündigt, Raketen in London zu stationieren. Nicht wirklich beruhigend führte Hammond aus, dass Großbritannien damit dem Beispiel der letzten Olympischen Spiele in Peking 2008 folge (Ebenda). Die Kosten für die Sicherheit London 2012 werden in dem spiegelonline-Bericht inzwischen mit mehr als 1,6 Milliarden Pfund (mehr als 1,9 Milliarden Euro) angegeben.
Nach Tests auf dem Dach des Wohnhauses sollen zehn Soldaten für zwei Monate dort stationiert werden.
Die Olympische Bewegung stellt sich gern als Friedensbewegung dar…
Aktuelle Sportsplitter von IOC, Fifa etc. in März 2012
– Die Fifa veranstaltete am 30.3.2012 eine Pressekonferenz zur neuen Transparenz. Eine Arbeitsgruppe unter dem früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger schlug in einem Schriftstück 250 Änderungen der Fifa-Statuten vor. Der Basler Strafrechtsprofessor und Fifa-Transparenz-Beauftragte Mark Pieth legte 21 Seiten vor. Beide fordern, dass u. a. die Gehälter der Fifa-Manager und Manda