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Wolfgang Zängl, 2.2.2014
Sotschi 2014/I/ 2007 – 6/2013: hier
Sotschi 2014/II/ 7-12/2013: hier
Sotschi 2014/III 01/2014: hier
Sotschi 2014/IV 02/2014: hier
Dauer der Olympischen Winterspiele 2014: 7. bis 23.2. 2014 (17 Tage) plus Paralympics 7. bis 16.3.2014 (10 Tage)
Dauer der Olympischen Winterspiele 2014: 7. bis 23. Februar 2014 (17 Tage) plus Paralympics 7. bis 16. März 2014 (10 Tage)
Juli 2013:
Immer mehr Disziplinen. Waren es in Vancouver noch 86 Disziplinen, sind es in Sotschi 2014 schon 98, also 12 mehr (Wikipedia, Sochi 2014 Presents Competition Schedule, in gamesbids.com 22.7.2013). In Pyeongchang 2018 werden es wieder mehr sein, und noch mehr wird es 2022 geben. In der Konzeptstudie für die Bewerbung „München 2022“ waren 100 genannt, sicher zu wenig.
August 2013:
Umsiedelungen. Zweitausend Familien wurden offiziell umgesiedelt werden und entschädigt. Nicht entschädigt wurde die Eigentümer, deren Häuser bei Bauarbeiten zerstört wurden, oder wo Erdrutsche nachhaltige Schäden hinterlassen haben (Sotschi: Bewohner beklagen Olympia-Vorbereitung, in news.ch 15.8.2013).
Homosexualität. Zum Duma-Gesetz gegen „Homo-Propaganda“ äußerte Christian Breuer, Vertreter der Athleten im DOSB: „Sportler fahren zu Olympia, um Sport, nicht Politik zu machen“ (Lau, Jörg, Ist ja nur Sport, nicht Politik, in Die Zeit 14.8.2013).
Teures „Österreich-Haus“. Die „Tirol Werbung“ wollte 25.000 Euro von der Stadt Innsbruck für das “Österreich-Haus” in Sotschi 2014. Dafür wollte sich die Tirol Werbung beim ÖOC für die Vergabe der Medaillenfeier der erfolgreichen Sotschi-Rückkehrer in Innsbruck stark machen (Jubiläum 50 Jahre Olympische Winterspiele Innsbruck 1964). Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer fiel auf das Angebot nicht herein: “Zusätzlich wäre in Sotschi ein eigener Innsbruck-Abend samt Programm zu gestalten und finanzieren gewesen” (Mitterwachauer, Manfred, Mair: “Kein Landesgeld nach Sotschi”, in tt.com 27.8.2013). Der Tourismus Verband Innsbruck wollte die 25.000 Euro trotzdem dafür aufbringen: Man müsse „mit dem ÖOC guten Kontakt halten“ (Ebenda). Die Vertragsunterzeichnung zwischen Tirol Werbung und dem ÖOC wurde dann am 27.8.2013 überraschend abgesagt: Der Sotschi-Auftritt mit dem “Austrian Tirol House” sollte nämlich insgesamt zwei Millionen Euro kosten. Die Tirol Werbung soll als “Premium Partner des ÖOC” 500.000 Euro beitragen – 100.000 Euro von der Tirol Werbung selbst, der “Rest” wäre gekommen von “TVB-Fördergelder, Partnerregionen (Bsp. Seefeld, Zillertal, Ischgl) Institutionen (Wirtschaftskammer) oder Firmen”. Der nächste Haken: Die 500.000 Euro seien, so der Geschäftsführer der Tirol Werbung, Josef Margreiter, die “Sockelfinanzierung”: “Darauf aufbauend seien diverse Aktionen für in etwa weitere 500.000 Euro zu bestreiten” (Ebenda). ÖOC-Generalsekretär Peter Mennel äußerte sein Unverständnis über die Absage von Innsbruck: “Olympia ist eine irre Werbeplattform” (Ebenda). Stimmt – irre!
Dazu eine Meldung vom 2.12.2013: „Rund 2,3 Millionen wird das Austria Tirol House kosten – dieser Betrag kommt freilich ausnahmslos aus privaten finanziellen Mitteln. Die Einzelteile des Austria Tirol Houses samt Innenausstattung (300 Tonnen insgesamt) mussten mit 15 Sattelschleppern nach Sotschi auf dem Landweg (2.992 km) gebracht werden“ („Mission Olympia – die wirtschaftliche Dimension“, in olympia.at 2.12.2013).
September 2013:
Putins Tourismus-Programm. Wladimir Putin verteidigte die Ausgaben für Sotschi 2014 von bislang über 50 Milliarden Dollar (37,5 Milliarden Euro): “Wir haben das getan, damit der Süden Russlands attraktiver und komfortabler wird (…) Unsere Bürger sollen nicht irgendwohin in den Urlaub fahren, in die Türkei, nach Europa, nach Italien, sondern ihr Geld hier ausgeben” (Olympia-Finanzen: Putin verteidigt Rekordausgaben für Sotschi, in sueddeutsche.de 4.92013; Ausgaben verteidigt, in SZ 5.9.2013). Sotschi 2014 ist also ein Tourismus-Projekt – allerdings ein ziemlich teures: Mit den 50 Milliarden Dollar hätte man alle 143 Millionen Russen für längere Zeit in Urlaub schicken können.
Putins Sicherheit. Zur Sicherheit für Sotschi 2014 versicherte Putin, dass alles sicher sei und die Behörden die Sicherheit gewährleisten werden: “Ich gehe davon aus, dass es unseren Geheimdiensten und Rechtsschutzbehörden gelingen wird, dies zu tun” (Putin: Russische Geheimdienste werden für Sicherheit der Olympiade in Sotschi sorgen, in Ria.ru 4.9.3013).
Unterschlagung. Viktor Matveyev, der Chef der Ingenieurfirma Tekhnoprom, die mit der Entwicklung der generellen Planung der olympischen Konstruktionen betraut war, musste ins Gefängnis, wie die Behörden am 3.9.2013 bekanntgaben: Er soll umgerechnet 1,79 Millionen Dollar gestohlen haben (Sochi contractor arrested for $1,79 m fraud, in sbs.com.au 3.9.2013).
Human Rights Watch. Hugh Williamson, Direktor bei Human Rights Watch, hätte da in Zusammenhang mit der Wahl des neuen IOC-Präsidenten Bach und Sotschi 2014 ein paar Vorschläge: “Der Sieger sollte schon in seiner Antrittsrede eine Reform des IOC vorschlagen, die die „Wahrung der Menschenwürde“ – ein Kernelement der Olympischen Charta – wieder in den Mittelpunkt der olympischen Bewegung stellen würde. Allzu oft scheint dies bei der Auswahl der Orte nur eine untergeordnete Rolle zu spielen, während technische Prüfungen von Skisprungschanzen und Stadien und andere für einen reibungslosen Ablauf der Spiele notwendige Elemente im Vordergrund stehen. Doch spätestens mit Beginn der nächsten IOK-Präsidentschaft sollte auch die Achtung der Menschenwürde und Menschenrechte in den Katalog der Erfolgskriterien aufgenommen werden. Die Erfahrungen des IOK bei den Vorbereitungen für die Olympischen Winterspiele, die im Februar 2014 im südrussischen Sotschi eröffnet werden, zeigen, warum eine Neuausrichtung dringend notwendig ist und auch im Interesse der Organisation liegt“ (Williamson, Hugh, Sotschi darf sich nicht wiederholen, in tagesspiegel.de 5.9.2013; Hervorhebung WZ.).
Menschenrechte. Williamson äußerte weiter: „Wie schon vor den Olympischen Spielen 2008 in Peking wurden auch die Vorbereitungen für Sotschi von zahlreichen Berichten über Menschenrechtsverletzungen überschattet, die in direktem Zusammenhang mit den Spielen stehen. Tausende Menschen verloren ihr Zuhause, weil ihre Häuser den olympischen Bauprojekten weichen mussten. Vielen der Arbeitsmigranten, die den Bau der Sportstätten vorantreiben, wurde eine faire Bezahlung verweigert. Ortsansässige Aktivisten und Journalisten, die kritisch über die Olympiavorbereitungen berichtet hatten, wurden zum Schweigen gedrängt” (Ebenda; Hervorhebung WZ).
Arctic Sunrise. Russische Spezialeinheiten kaperten das Greenpeace-Schiff Arctic Sunrise: Greenpeace hatte gegen die Ölbohrungen von Gazprom in der Arktis protestiert (Hans, Julian, Kirchner, Thomas, Welke Tulpe zum Fest, in SZ 18.10.2013).
Vergleiche auch bei Greenpeace: hier
Isolationshaft. Pussy-Riot-Sängerin Nadeschda Tolokonnikowa wurde in Isolationshaft verlegt, nachdem sie einen Hungerstreik angekündigt hat. Sie verbüßt eine zweijährige Haftstrafe und soll Anfang März 2014 entlassen werden (Pussy-Riot-Sängerin in Isolationshaft verlegt, in spiegelonline 24.9.2013).
Killy zufrieden. Jean-Claude Killy, IOC-Mitglied, Chef der Koordinierungskommission des IOC und oberster Coca-Cola-Abfüller Frankreichs, war Ende September zufrieden mit den Wettkampfstätten: „Die Fortschritte, die Sotschi in den vergangenen sechs Jahrten gemacht worden sind, seien sehr bemerkenswert, so die französische Skilegende“ (IOC-Kommission zufrieden mit Sotschi, in news.ch 26.9.2013).
Putins Oligarchen. Putin „hat sich mithilfe seiner politischen Spitzenleuten und milliardenschweren Oligarchen ein weltweites Netz aufgebaut – deshalb wird er von vielen als einer der einflussreichsten Spieler im Weltsport gesehen“ (Pavlovics, Günther, Die Macht im Sport ist Putins Ziel, in kurier.at 30.9.2013). Von den derzeit geschätzten Kosten von 50 Milliarden US-Dollar sollen viele Milliarden in dunklen Kanälen verschwunden sein: „Der ehemalige Vize-Regierungschef und liberale Langzeitoppositionelle Boris Nemzow stammt aus Sotschi. Er legte im Juni dieses Jahres einen Bericht vor: Korrupte Praktiken hätten die Kosten für die Winterspiele vervierfacht. Von den geschätzten 50 Milliarden Dollar Gesamtkosten seien 25 bis 30 Milliarden in dunkle Kanäle geflossen. (…) . Nicht erst seit Nemzows Bericht ist bekannt, dass auch in Sotschi jene besonders gern und oft zum Zug kamen, die mit Putin entweder in der berüchtigten Datschen-Kooperative bei St. Petersburg wohnten oder im Judo-Klub trainierten. So baut Putins Datschennachbar Jakunin als Chef der Russischen Eisenbahnen die Auto- und Bahntrasse vom Badeort Sotschi hinauf zu den 70 Kilometer entfernten Liftanlagen. Die Kosten haben sich auf 8,8 Milliarden Dollar verdreifacht. Rund acht Milliarden Dollar war auch das Auftragsvolumen für die Brüder Rotenberg. Arkadi ist Judo-Sparringpartner von Putin. Der hatte Oleg Deripaska (hält Anteile an der Strabag) bei einem Straßenprojekt ausgestochen, indem er nicht billiger, sondern teurer war“ (Ebenda).
Vergleiche auch; im Kritischen Olympischen Lexikon: Oligarchen-Sport
Oktober 2013:
Schwaches olympisches Feuer. 65.000 Kilometer lang soll der russische Fackelzug werden, bis die Fackel am 7.2.2014 in Sotschi eintreffen wird. Gleich fünfmal ging die Flamme schon am Anfang aus (Aumüller, Johannes, Schwaches Feuer, in SZ 9.10.2013). “Eine PR-Aktion des amerikanischen Feuerzeugherstellers Zippo sorgt in Russland für Ärger. Nachdem Fackelträger Schawarsch Karapetjan das Feuer in Moskau ausgegangen war, hatte es ein Sicherheitsbeamter per Feuerzeug wieder entzündet. Der Schnappschuss ging um die Welt, der Hersteller prahlte via Facebook und Twitter: ‘Zippo rettet Olympia’” (Häme nach Panne, in SZ 10.10.2013). Russische Offizielle sind sauer, da nur Sponsoren mit Olympia werben dürfen.
Arctis-Sunrise-Protest. Weltweit protestierten Greenpeace-Mitarbeiter in 50 Ländern und 135 Städten gegen die Verhaftung der Arctic-Sunrise-Aktivisten (Greenpeace wehrt sich, in SZ 7.10.2013).
Total-Überwachung. Russland plant die Komplettüberwachung der Olympischen Spiele. „Russland plant demzufolge, die gesamte Kommunikation zu überwachen. Alles werde mitgeschnitten, abgehört, nach bestimmten Schlagwörtern gefiltert, lokalisiert und mit Daten über den jeweiligen Nutzer versehen für lange Zeit gespeichert. Das gilt für Anrufe per Telefon und Smartphone genauso wie für den gesamten Internetverkehr, die Kommunikation in Chats, E-Mails und sozialen Netzwerken. Es soll möglich sein, einzelne Worte gezielt zu suchen und zu verfolgen. Die Überwachung betrifft demnach auch Anbieter wie Googles E-Mail-Dienst“ (Russland will Olympische Spiele komplett überwachen, in sueddeutsche.de 7.10.2013). Inhalte von Internet und Mobilfunk werden per Deep Packet Inspection geöffnet. Das Überwachungssystem Sorm wurde zu KGB-Zeiten entwickelt und aktualisiert. Die russische Überwachung geht weit über Peking 2008 hinaus. Allerdings hat die USA schon 2002 bei den Olympischen Winterspielen in Salt Lake City sechs Monate lang vor und nach der Veranstaltung alle Emails und Textnachrichten überwacht (Ebenda; vgl. auch Russland bereitet Groß-Überwachung bei Olympia vor, in spiegelonline 7.10.2013). „Allerdings liegt der Verdacht nahe, dass die geplante Verschärfung der Kontrolle über das Internet auch damit zu tun hat, dass sich die Protestbewegung gegen die gefälschten Wahlen Ende 2011 und Anfang 2012 zu einem großen Teil über das Internet organisiert hat. So hat der FSB in den zurückliegenden Monaten auch versucht, direkt Kontrolle über die wichtigsten sozialen Netze Russlands zu erlangen. Auch in Sotschi richtet sich die Aufmerksamkeit der Sicherheitskräfte offenbar nicht nur auf islamistische Terroristen, sondern auch auf friedliche Kritiker der Spiele, etwa Umweltaktivisten, die von einem stärker werdenden Druck durch die Staatsmacht berichten“ (Veser, Reinhard, Der Preis der Sicherheit, in faz.net 23.10.2013). „Im März 2010 verfügte Weißrusslands Diktator Alexander Lukaschenko die Einführung von Sorm. Ende 2010 zog die Ukraine nach“ (Hans, Julian, Väterchen Russland hört mit, in SZ 9.10.2013).
US-Regierung warnt Amerikaner. Das US-Außenministerium warnt alle Amerikaner, die Sotschi 2014 besuchen, vor der Überwachung: „Am besten sollten sie elektronische Geräte, die nicht unbedingt gebraucht werden, zu Hause lassen. Wo das nicht möglich sei, sollten alle persönlichen Daten und sensiblen Informationen entfernt werden… ‚Ändern Sie alle Passwörter vor und nach der Reise’, heißt es in dem Schreiben“ (Hans, Julian, Moskaus Agenten überwachen Olympia, in SZ 8.10.2013).
Die NSA kümmert sich dann um Ihre elektronischen Geräte, wenn Sie wieder in den USA sind!
Keine Toilettenüberwachung. Auf einer Pressekonferenz hat der russische Geheimdienst FSB versichert, „die Sicherheitsmaßnahmen in Sotschi würden nicht so maßlos sein wie in London, wo Überwachungskameras sogar in den Toiletten installiert worden seien“ ((Hans, Julian, Moskaus Agenten überwachen Olympia, in SZ 8.10.2013).
Da kann man nur froh sein, wenn man weder nach London 1012 musste noch nach Sotschi 2014 muss!
Aufrüstung. Zur Sicherheitsaufrüstung kommen zudem 40.000 Polizisten, Drohnen in der Luft und 5000 Überwachungskameras zum Einsatz. ZehnKilometer vom Flughafen Sotschi beginnt Abchasien, eine ans Schwarze Meer grenzende Region im Süden des Kaukasus. „Gut 300 Kilometer Luftlinie nach Osten liegt die Unruheregion des Nordkaukasus. Die Republik Dagestan befindet sich faktisch im Bürgerkrieg. Der tschetschenische Terrorist Doku Umarow, der 2010 und 2011 Selbstmordanschläge in Moskau organisiert hatte, hat zu Attacken auf die Olympischen Spiele aufgerufen“ (Hans, Julian, Väterchen Russland hört mit, in SZ 9.10.2013). Dagestan ist seit 1991 eine russische Republik im Nordkaukasus im südlichen Teil Russlands und wurde seit Mitte der 1990er Jahre zunehmend in den Tschetschenienkrieg hineingezogen (Wikipedia).
Vesper zufrieden. DOSB-Generaldirektor Michael Vesper gab am 7.10.2013 dem Südwestrundfunk SWR 2 ein Interview (Thies, Marion, Olympia-Funktionär Vesper: “Russland hält sich an olympische Charta”). Jörg Winterfeldt kommentierte dieses Interview am selben Tag in der Berliner Zeitung: “Michael Vesper war früher mal ein Grüner. Jetzt findet er es völlig in Ordnung, dass in Sotschi für die Olympischen Winterspiele nach Herzenslust gebaut und gerodet wird. (…) Da es etwas wie ein russisches Menschenrecht auf Nobelskigebiete gebe, müsse in Sotschi nach Herzenslust gerodet und gebaut werden dürfen, erklärte Vesper dem Südwestrundfunk, als wolle er nicht länger Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes bleiben, sondern lieber für noch mehr Geld als die kolportierte Viertelmillioneuro-Gage vom DOSB künftig in Putins Diktatur wieder sein angestammtes NRW-Ressort übernehmen.(…) Er wisse auch, dass das Demonstrationsrecht nicht nur in Russland häufig mit Füßen getreten werde. Es ist eben in vielen Ländern schlimm. Hauptsache, es gibt genug Beton und der Rubel rollt. Und es wird eine schöne Dienstreise im Februar für den verwelkten Grünen” (Winterfeldt, Jörg, Menschenrecht auf Skigebiet, in berliner-zeitung.de 7.10.2013).
Diplomat überfallen. In Moskau überfielen Unbekannte den stellvertretenden Botschafter der Niederlande in seiner Wohnung. Sie schlugen den homosexuellen Diplomaten nieder und fesselten ihn. Auf einen Spiegel schmierten sie die Buchstaben „LGBT“. „Es steht für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle“ (Hans, Julian, Kirchner, Thomas, Welke Tulpen zum Fest, in SZ 18.10.2013).
Arktis-Protest. Der Schweizer Fußballmeister FC Basel muss 30.000 Euro Strafe wegen der Greenpeace-Protestaktion am 1.10.2012 an die Uefa zahlen. Das Spiel war für fünf Minuten unterbrochen worden: Vier Greenpeace-Aktivisten hatten mit einem riesigen gelben Transparent gegen die Öl-Bohrungen in der Arktis und Uefa-Sponsor Gazprom protestiert (Strafe wegen Greenpeace, in SZ 18.10.2013)
Wolgograd I. Am 21.10.2013 sprengte sich eine Islamistin in einem Bus in Wolgograd in die Luft: Sieben Menschen starben, es gab 30 Verletzte (Bombe war mit Metallsplittern gefüllt, in n-tv.de 22.10.2013). – „Nach dem Terroranschlag auf einen Linienbus in Wolgograd am Montag wurde in Russland auch über eine andere Stadt viel gesprochen: Sotschi, wo im Februar die olympischen Winterspiele stattfinden werden. Der nordkaukasische Terroristenführer Doku Umarow hatte im Juli in einem Video mit Anschlägen auf die Spiele gedroht, die ‚mit allen uns von Allah erlaubten Mitteln’ verhindert werden sollten“ (Veser, Reinhard, Der Preis der Sicherheit, in faz.net 23.10.2013).
Putin „liberal“. Putin weihte am 29.10.2013 mit IOC-Präsident Bach den neuen Hauptbahnhof in Sotschis Stadtteil Adler ein: Bis zu 15.000 Fahrgäste pro Stunde können hier befördert werden (Smirnova, Julia, Hungermann, Jens, Streit über Putins Prunksucht, in welt.de 30.10.2013). Putin sagte dort: „Wir werden alles tun, um sicherzustellen, dass sich Athleten, Fans und Gäste bei den Olympischen Spielen wohl fühlen, unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft, der Rasse oder der sexuellen Ausrichtung“ (Putin geht auf Schwule zu, in SZ 29.10.2013). „Fakt ist aber: Wer während der Spiele öffentlich gegen das ‚Schwulenpropaganda-Gesetz’ protestiert, macht sich strafbar“ (Smirnova, Hungermann). Von IOC-Präsident Bach ist hier nichts zu erwarten. „Längst hat er klargemacht, das IOC sei ja ‚kein übergeordnetes Parlament’, das aus Anlass der Spiele ‚Gesetze über ein Land verhängen’ könne. Dass das IOC auch mit diesen Winterspielen viel Geld verdienen wird, steht auf einem anderen Blatt“ (Ebenda).
Kein Englisch. 80 Prozent der Taxifahrer sprechen nicht einmal Basis-Englisch (Nienhuysen, Frank, Sprachlos in Sotschi, in SZ 30.10.2013).
Kein Lohn. „Nicht nur in Russland werden die Spiele wegen massiver Umweltschäden und wegen Korruption kritisiert. Viel Geld mag im Spiel sein – dennoch werden Bauarbeiter systematisch nicht entlohnt. Vor knapp zwei Wochen nähte sich ein Arbeiter aus Jekaterinburg aus Protest den Mund zu, weil er und seine Brigade mehrere Monate lang kein Geld bekommen hatten. (…) Viele ausländische Arbeiter werden ohne Verträge und Aufenthaltsgenehmigungen beschäftigt, seit September gab es Hunderte Festnahmen.“ (Smirnova, Julia, Hungermann, Jens, Streit über Putins Prunksucht, in welt.de 30.10.2013).
Bach: Grüne Spiele“. „IOC-Chef Thomas Bach hat Kritik einer massiven Umweltzerstörung für die Olympischen Winterspiele 2014 zurückgewiesen und Sotschi zum Schlussspurt bei den Vorbereitungen aufgefordert. ‚Die letzten 100 Tage werden die härteste Zeit vor der Eröffnung am 7. Februar’, sagte der deutsche Sportfunktionär bei einem Besuch in der Schwarzmeerstadt rund 1400 Kilometer südlich von Moskau. In Sotschi werde viel getan für ‚grüne’ Spiele. So würden für einen gefällten Baum mehrere neue Bäume gepflanzt, betonte Bach“ (Bach rechnet mit „grünen Spielen“, in wz.newsline 31.10.2013).
Die alte Leier: Man fällt Baumriesen – das kann ökologisch kein kleiner Baum ersetzen. Und den Rest der Zerstörung verschweigt Bach.
November 2013:
Subventionen gefordert. Die Moskauer Zeitung Wedomosti berichtete am 1.11.2013, dass Sotschi-Investoren Steuerermäßigungen forderten, “da die Sportanlagen defizitär seien. Die Regierung habe aber signalisiert, dass die Unternehmer ‘außer Orden’ nichts erwarten dürften. Mit Kosten von derzeit rund 37,5 Milliarden Euro gelten die Wettkämpfe als die bisher teuersten Winterspiele der Geschichte. Sollten Betreiber von Hotels und Sportareals tatsächlich Konkurs anmelden, müsste der Staatshaushalt die Schulden decken” (Olympia 2014 in Sotschi immer teurer, in abendzeitung-muenchen.de 1.11.2013).
Hackl-Kritik an Sotschi. Rodel-Olympiasieger Georg Hackl: „Damit, dass sich Putin die Spiele kaufen konnte, hat sich das IOC keinen Gefallen getan“ (Hackls Ärger, in SZ 2.11.2013). „Statt freundlichen Volunteers stehen dort Soldaten mit Gummiknüppeln an jeder Ecke, bestimmen die Wege der Athleten, verhindern Fotos an Sportanlagen, als ob es Spionage wäre. (…) Man sieht Arbeiter, die in einem Bus mit vergitterten Fensterstäben hergefahren werden. Daneben stehen zwei Bewacher mit Schnellfeuergewehren. Oder der Bus bleibt an der Ampel stehen und zwanzig Arbeiter rennen raus und füllen ihre Trinkflaschen im Bach auf, wo nur eine braune Brühe runterläuft, weil oben gebaggert wurde“ (Ebenda).
Deutsche Industrie beliefert Sotschi. Die Volkswagen AG ist einer der wichtigsten Sponsoren der Spiele. Deutsche Unternehmen machen Milliardenumsätze. Rainer Lindner, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft: „Die deutschen Unternehmen sind vor allem in den Bereichen Tunnelbau, Planung, Sicherheitslösungen, Hotelausstattung, aber auch bei der Konzeption von Sportanlagen aktiv. Auch die mediale und technische Ausstattung kommt oft aus deutscher Hand“ (Sumlenny, Sergej, Deutsche Firmen sind Wirtschaftsmeister in Sotschi, in Russland heute 6.11.2013). In der Arbeitsgruppe „Sotschi 2014“ haben sich über 50 Unternehmen zusammengeschlossen – z. B. Fa. Herrrenknecht (Tunnelbohrer), Drees & Sommer (Projektmanager), Kannegiesser (Waschstraßen für Textilien), Röder Zeltsysteme und Service AG, ebm-papst (Ventilatoren und Lüfter). Rainer Lindner: „Russland kann die Olympischen Winterspiele jetzt dazu nutzen, sich der Welt von seiner besten Seite und als herzlicher Gastgeber zu präsentieren“ (Ebenda). Es fehlt bei dieser Aufzählung überraschenderweise der Siemens-Konzern, der jeweils Milliardengeschäfte mit Olympischen Sommer- und Winterspielen macht. Vergleiche im Kritischen Olympischen Lexikon: Siemens olympisch
Immobiliencrash droht. „Nach den Olympischen Winterspielen 2014 droht der russischen Gastgeberstadt Sotschi ein Immobiliencrash. Es bestehe die Gefahr, dass 12 000 Wohnungen für Freiwillige, Mitarbeiter und Organisatoren der Wettbewerbe gleichzeitig zum Verkauf angeboten würden, berichtete die Moskauer Tageszeitung ‚Nesawissimaja Gaseta’ am Mittwoch. (…). Nach der Vergabe der Winterspiele waren die Immobilienpreise in dem Kurort am Schwarzen Meer in astronomische Höhen geschossen“ (dpa, Sotschi fürchtet Immobiliencrash nach Olympia, in Europe online magazine 13.11.2013).
Norwegisches TV-Team bedroht. Fernsehreporter Oystein Bogen und sein Team wurden massiv von Sicherheitsbehörden bedroht. „Wir waren vom 31. Oktober an drei Tage in der russischen Republik Adygeja unterwegs, die an Sotschi grenzt. Dort leben Angehörige des Volks der Tscherkessen, das in einem Krieg im 19. Jahrhundert von den Russen fast ausgelöscht worden ist. Es gab Proteste, dass die Olympischen Spiele ausgerichtet werden, und wir wollten mit den Menschen darüber sprechen. In den drei Tagen ist uns die Polizei auf Schritt und Tritt gefolgt, sechs Mal wurde unser Auto gestoppt, jedes Mal wurden wir mindestens eine Stunde lang befragt“ („Aggressives Verhör“, in SZ 13.11.2013).
White Elephants. Was wird aus Sotschis Olympiabauten? Olympiastadion „Fischt“ wird Sportzentrum der Fußball-Nationalmannschaft für die WM 2018. Eisschloss „Bolschoj“ wird multifunktionelles Sportzentrum. Wintersport-Schloss „Eisberg“ wird zur Radrennbahn. „Adler-Arena“ wird Messe-Zentrum. Olympisches Dorf an der Küste: wird in Appartements umgebaut und verkauft; Durchschnittspreis pro Quadratmeter 3.400 Euro. Media Center wird Einkaufs- und Unterhaltungszentrum mit Hotel (Lejbin, Vitalji, Was wird aus den Olympiabauten, in Russland heute 14.11.2013).
Das sind alles Pläne, die nur zu selten funktionieren: siehe die „White Elephants“ in den ehemaligen Olympiaorten. In jedem Fall sind es meist keine Sportstätten mehr.
Kritik wird lauter. „Für die Olympischen Winterspiele in Sotschi mussten sämtliche Sportstätten neu gebaut werden. Dazu Hotels, Unterkünfte für die Athleten, Pressezentren, sogar eigene Kraftwerke für die Stromversorgung. Eine Herkulesaufgabe war auch der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Die Stadt Sotschi umfasst mehrere Orte auf einer Länge von fast 150 Kilometern“ (Laak, Stephan, Putins Prestigeobjekt am Pranger, in deutschlandfunk.de 17.11.2013). Viele Bürger „sehen vor allem die unmittelbaren Folgen: explodierende Immobilienpreise, Umweltschäden, Baustellen, die schon seit Jahren Lärm und Dreck verursachen“ (Ebenda). Umweltaktivist Walerij Sutschkow: „Bereits im Jahr 2006, noch vor der Olympia-Entscheidung, als bekannt wurde, dass die Sportstätten direkt im Nationalpark gebaut werden sollen, kam die Frage auf, wie der Schutzstatus dieser Flächen bestehen bleiben kann. Unsere Umweltschützer kämpften sehr hart dafür und gewannen sogar einen Prozess vor Gericht in erster Instanz in Maikop. Trotzdem wurde der Status Nationalpark entzogen. Die Flächen standen nicht mehr unter Schutz. Sie werden nun genutzt, um dort künftig Sportwettbewerbe zu veranstalten, was absolut unzulässig ist! Die Olympischen Spiele waren also die Ursache, dass große Flächen in der Sotschi-Region, Hunderte von Hektar, ihren Status, wonach sie unter besonderem Schutz standen, verloren haben. Das ist natürlich eine reale Folge der Spiele“ (Ebenda). Dazu wurden Tadschiken und Usbeken wegen der niedrigeren Löhne den ortsansässigen Arbeitskräften vorgezogen. Oft bekommen die ausländischen Arbeiter keine Verträge; es werden ihnen ihre Papiere abgenommen, Lohnzahlungen werden verweigert. „In dem Moment, wo die olympischen Objekte fertiggestellt seien, würden die Migranten einfach ausgewiesen“ (Ebenda). „Weite Waldflächen in einem Naturschutzgebiet wurden gerodet, der Strand wurde zubetoniert und in der Stadt türmen sich Schutt und Müll. Viele der Arbeiter haben monatelang keinen Lohn erhalten und zwischenzeitlich eine Menschenrechtsorganisation eingeschaltet. Die Stimmung in der Bevölkerung ist alles andere als olympisch“ (Atai, Golineh, Prunk und Wirklichkeit, in wdr.de 25.11.2013).
IOC nicht zuständig. Die Initiative Pride House vertritt die Interessen homosexueller Sportler und fragte beim IOC wegen der russischen Gesetze gegen „Homosexuellen-Propaganda“ nach. „Doch die Dach-Organisation der Olympischen Bewegung, welche in ihrer Charta den „Kampf gegen jede Form der Diskriminierung“ als ein Ziel definiert, fühlt sich nicht verantwortlich. Das IOC argumentiert, das Gesetz sei erst nach der Vergabe der Olympischen Spiele erlassen worden“ (Sachse, Jonathan, IOC fühlt sich für Homophobie nicht zuständig, in dw.de 20.11.2013).
FIS-Präsident Gian Franco Kasper zu Sotschi 2014: „Auch das Gebaren der Russen betreffend Sotschi half wenig. Die schmissen die Milliarden geradezu hinaus, begingen Umweltsünden“. – Und zur Abwahl der Bewerbungen Graubünden 2022 und München 2022: „Ich sehe den Hauptgrund im Gigantismus der Spiele. Die olympische Bewegung frisst sich selber, wenn sie so weitermacht, immer noch größer wird“ (Kasper kritisiert Sotschi und trauert 2022 nach, in suedostschweiz 29.11.2013).
Zu warm, zu teuer, zu groß. Ende November 2013 hatte es in Sotschi plus 18 Grad Celsius. „Die Häuser in Rosa Chutor haben angeschrägte Dächer, der Putz ist in Pastelltönen gehalten. Der Oligarch Wladimir Potanin gilt als viertreichster Mann des Landes. Nun hat er sich für rund 50 Millionen Euro ein eigenes Skiresort geleistet, eine perfekte Welt ohne Macken, eine Mischung aus Sölden und Disneyland. Dafür musste viel Natur weichen, Bäume wurden gefällt, Flüsse begradigt, ganze Hänge abgetragen“ (Eberts, Carsten, Dicke Luft, in SZ 30.11.2013). Die Autobahn zwischen dem Meer und den Sportstätten in den Bergen wurde komplett neu durch die Natur gebaut. Kremlkritiker Boris Nemzow nennt sie die „teuerste Straße Russlands“ – ein Kilometer kostete 200 Millionen Euro (Ebenda). Und wie nach den Spielen die 40.000 Hotelzimmer in Sotschi ausgelastet werden können, ist völlig unklar.
Dezember 2013:
Sklavenarbeit. Semjon von der russischen Hilfsorganisation Memorial in Sotschi schätzt die Zahl der Gastarbeiter auf den olympischen Baustellen auf 50.000. Er äußerte zur Lage der ausgebeuteten ausländischen Arbeitskräfte: “Es war klar, dass hier Sklavenarbeit geleistet werden müsste. Die Olympischen Spiele werden auf dem Rücken der Migranten gebaut” (Kruse, Jörn, Auf dem Rücken der Migranten, in taz 1.12.2013).
Auch Österreichs Industrie profitiert. Ein „Business-Abend“ mit dem Titel „Mission Olympia – die wirtschaftliche Dimension“ fand am 2.12.2013 statt. Vertreten waren u. a. die Tirol Werbung, The Kornspitz Company, Doppelmayr-Seilbahnen, ATOS (TOP-Sponsor IOC), ORF-Sportchef Hans Peter Trost und ÖOC-Präsident Karl Stoss. „Das Vorarlberger Unternehmen Doppelmayr errichtete in der Bergregion insgesamt 35 Seilbahn- und Liftanlagen, allen voran die längste und schnellste Dreiseilbahn der Welt“ („Mission Olympia – die wirtschaftliche Dimension“, in olympia.at 2.12.2013). ÖOC-Präsident Stoss: „Sport ohne Wirtschaft ist heutzutage nicht mehr möglich, das wäre eine Illusion“ (Ebenda).
„Nachhaltigkeit“. Dietmar Fellner, Wirtschaftsdelegierter der Wirtschaftskammer Österreich (WKO), Außenhandelsstelle Moskau: „Was die Küstenregion betrifft, die als Sommerkurort in Russland längst einen guten Namen hat, braucht man sich in Sachen Nachhaltigkeit hingegen nicht viele Sorgen zu machen. Die bevorstehende Fußball–WM 2018, der jährliche Formel-1-Grand-Prix, da sind eine Reihe von Mega-Events längst fixiert“ (“Mission Olympia – die wirtschaftliche Dimension”,in olympia.at 2.12.2013).
Niemand schreit hier. Der Bürgermeister von Sotschi erklärte im Interview: „Wir haben hier mehr als 2000 Umsiedler. Und man muss schon sagen, dass so etwas wie in China oder Vancouver bei uns nicht vorkommt. Bei uns werden keine Leute gegen die Olympiade schreien. Diese Aufgabe hat uns Wladimir Putin gestellt“ (Wurster, Stefanie, Sotschi und die Folgen – Der Dokumentarfilm „Homes for Games“, in 3sat 4.12.2013).
Finanzierung durch den Staat. „Die meisten Gelder für Olympia stammen aus dem russischen Staatshaushalt. (…) Anfang 2013 wurden die notwendigen Ausgaben auf über 50 Milliarden berechnet. Allein der Staatshaushalt ist als „Quelle der letzten Zuflucht“ in der Lage, derart große Summen aufzubringen. Zu den übrigen Geldgebern gehören staatseigene und vom Staat kontrollierte Unternehmen wie Gazprom und die Russische Eisenbahn, die beide Monopolisten ihrer Branche sind. Auf Anweisung des Kreml übernehmen sie einen Teil der Kosten. Putin hat auch wichtige Oligarchen wie Oleg Deripaska und Wladimir Potanin aufgefordert, das Ihre beizutragen. Hier stellt allerdings die Wneschekonombank Kredite zur Verfügung, die bis zu 90 Prozent der Investitionen abdecken. Die Oligarchen haben jedoch beklagt, dass die Olympischen Spiele sie zu Investitionen in Projekte nötigten, die sich in der Zukunft als kaum gewinnbringend herausstellen könnten. (…) Olympiainvestoren wie Gazprom, ‚Inter RAO’, ‚Renowa’, ‚Interros’, ‚Sberbank’ und ‚Basowyj element’ hätten darum gebeten, dass ihre Kredite umstrukturiert werden, berichtete die Zeitung ‚Wedomosti’. Die Unternehmen behaupteten, dass sie allesamt mit ihren Projekten Geld verlören und nicht in der Lage seien, die Kredite unter den jetzigen Bedingungen zurückzuzahlen“ (Orttung, Robert, Olimpstroj – Wie Olympia in Sotschi auf der grünen Wiese gebaut wird, in bpb.de 6.12.2013).
Putins „Olimpstroj“. „Russlands Bauindustrie ist als einer der korruptesten Wirtschaftsbereiche bekannt und die russische Führung hatte zweifellos keinerlei Wunsch, die Arbeitsweisen der Branche für Außenseiter transparent zu machen. Schlüsselakteur zur rechtzeitigen Fertigstellung der olympischen Sportstätten und der Infrastruktur ist „Olimpstroj“, eine Organisation, deren formale Bezeichnung ‚Staatliche Korporation für den Bau der olympischen Stätten und die Entwicklung der Stadt Sotschi als Gebirgskurort’ lautet. Putin hatte ‚Olimpstroj’ am 30. September 2007 durch ein föderales Gesetz ins Leben gerufen, um den Entwurf und den Bau der Sportstätten sowie der Infrastruktur für Verkehr, Energie, Tourismus und Sicherheit zu beaufsichtigen, deren Betrieb zu organisieren, Ausschreibungen vorzunehmen und den Bau der Olympiastätten sowie die Durchführung verwandter Maßnahmen zu beaufsichtigen. In den Dokumenten, die Russland als Teil der Bewerbung beim IOC vorgelegt hatte, war ‚Olimpstroj’ nie erwähnt worden; erst nach dem Zuschlag an Russland war es in Erscheinung getreten. Olimpstroj ist eine der nur sieben ‚staatlichen Korporationen’ in Russland. (…) ‚Staatliche Korporationen’ unterscheiden sich von privaten Unternehmen und staatlichen Agenturen. Formal sind sie als nichtkommerzielle Organisationen definiert. Sie sind nicht verpflichtet, detaillierte Jahresberichte vorzulegen, obwohl sie Zugang zu staatlichen Mitteln haben. Ihr besonderer Status macht es möglich, Gelder bei minimaler Aufsicht oder Einmischung zu kontrollieren. (…) Eine Studie von Alexander Sokolow zu den Ausgaben von Olimpstroj hat gezeigt, dass die Aufwendungen für den Bau eines Stadions, einer Straße oder einer Brücke in Russland sehr viel kostspieliger sind als vergleichbare Projekte in anderen Ländern. Seine Untersuchung von sieben zentralen Olympiastätten brachte hervor, dass die russischen Projekte 57,4 % mehr kosten als andere Projekte und legte nahe, dass die Differenzsumme von den Insidern abgezweigt wurden, die die wichtigsten Baufirmen kontrollieren. Während die genaue Verteilung dieser Renten unklar ist, sind wenigstens einige Tatsachen bekannt. Firmen wie ‚Mostotrest’ und ‚Strojgasmontash’ von Arkadij Rotenberg, einem Freund von Putin aus Kindheitstagen, haben Verträge über 7 Milliarden zu Olympiaprojekten erhalten, wie ein Bloomberg-Bericht mitteilt, der sich auf Firmen- und Regierungsberichte beruft. Zu diesen Projekten gehörten der Bau von Straßen und des Medienzentrums“ (Orttung, Robert, Olimpstroj – Wie Olympia in Sotschi auf der grünen Wiese gebaut wird, in bpb.de 6.12.2013).
Der Nordkaukasus. Der Anteil der russischen Bevölkerung ist „durch Auswanderung gesunken – von 32 % im Jahr 1989 auf rund 20 % heute. Im Ostteil des Nordkaukasus, in Dagestan, Tchetschenien und Inguschetien, finden sich nur noch winzige Restbestände russischer Bevölkerung. Unter den ethnischen Russen wächst die Angst vor einer Ausbreitung des „Wahhabismus“. Mit diesem Schlagwort werden radikal-islamistische (salafistische) und militante (jihadistische) Tendenzen im überwiegend muslimischen Nordkaukasus bezeichnet. (…) An prominentester Stelle erklang eine Drohung gegen die Winterolympiade aus dem Mund Doku Umarows. Der Führer des „Kaukasus-Emirats“ hob ein Moratorium für Terroranschläge gegen zivile Ziele in Russland wieder auf, das er im Februar 2012 verkündet hatte, und appellierte an die „Mudschahedin“, die olympischen Spiele „mit allen uns von Allah erlaubten Mitteln zu verhindern“. Die Olympiade veranstalte „satanische Tänze auf den Gebeinen unserer Vorfahren, die gefallen sind und begraben wurden in unserem Land entlang der Küste des Schwarzen Meeres“ – eine Anspielung auf die Niederwerfung des tscherkessischen Widerstandes durch die Armee des Zaren 1864“ (Halbach, Uwe, Analyse: Sotschi und sein kaukasisches Umfeld, in bpb.de 6.12.2013).
Sicherheitsmaßnahmen im Nordkaukasus. „Am 1. September 2013 unterzeichnete Präsident Putin ein Sonderdekret über entsprechende Sicherheitsmaßnahmen. Es sieht für den Zeitraum vom 7. Januar bis zum 21. März 2014 für die Stadt Sotschi und ihre Umgebung eine Sicherheitszone vor, in der unter anderem Demonstrationen verboten werden. Der Demonstrationsbann richtet sich nicht nur gegen regimekritische Kräfte, sondern insbesondere gegen Aktivisten einer tscherkessischen Bewegung, die darauf aufmerksam machen wollen, dass die Olympiade auf dem ursprünglichen Siedlungsgebiet ihrer vor 150 Jahren vertriebenen Volksgruppe stattfindet. Etwa 40.000 Mann werden von den Sicherheitskräften allein in Sotschi (400.000 Einwohner) eingesetzt. Der Luftraum über und das Seegebiet vor der Stadt sollen mit Drohnen und Radar überwacht werden. In der Region Krasnodar, zu der Sotschi gehört, marschieren neben regulären Sicherheitskräften der Polizei, des FSB und des Föderalen Migrationsdienstes neu gegründete Kosakeneinheiten auf, um das olympische Areal vor „verdächtigen Elementen“ zu schützen“ (Ebenda).
Thomas Hahn in der SZ: “Die Spiele in Sotschi zeigen mal wieder, dass die Sportgesellschaft nicht alle Tassen im Schrank hat bzw. das Internationale Olympische Komitee für jede Natursünde zu haben ist, sofern die Kasse stimmt” (Die Mitte von Nirgends, in SZ 6.12.2013).
Sotschi 2014 ohne Gauck. Bundespräsident Joachim Gauck erklärte am 8.12.2013, er werde im Februar 2014 nicht nach Sotschi zu den Olympischen Winterspielen fahren. “Er will die deutschen Olympia-Teilnehmer am 24. Februar bei ihrer Rückkehr in München empfangen” (Gauck boykottiert Olympische Spiele in Sotschi, in spiegelonline 8.12.2013). Die EU-Justizkommissarin Viviane Reding und der französische Präsident Francois Hollande fahren auch nicht… Und 65 Prozent der Deutschen finden laut einer Forsa-Umfrage Gaucks Entscheidung richtig. Zu den Absagen für Sotschi mehr hier
Sport-Journalisten in Sotschi. In der Münchner tz äußerten sich die Sportexperten von ARD und ZDF zu den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi 2014: 240 Stunden ist die Sendezeit!
Rudi Cerne: “Aber ich freu mich auf die Spiele, weil ich weiß, was es für Sportlerinnen und Sportler bedeutet, an Olympischen Spielen teilzunehmen. Da gibt’s nix drüber.”
Kati Wilhelm (Expertin): “Es ist wichtig, sich eine Meinung zur politischen Lage zu bilden, aber in erster Linie bin ich dort, um den Sport zu bewerten.”
Markus Wasmeier (Experte): “Was die politische Situation angeht: Auch in Peking wurden viele Menschen enteignet. Das ist nicht schön, aber so ist es., Während der Spiele wird man davon aber nichts merken.”
Michael Antwerpes: “Aber die Erfahrung zeigt: Sobald die Spiele laufen und die ersten Medaillen vergeben sind, rückt der Sport in den Fokus.”
Dieter Thoma (Experte): “Als Sportler muss jeder für sich entscheiden, wie nah er das an sich heranlässt. Als Athlet ist der Olympiasieg das höchste Ziel, und ich denke, dass sich die meisten darauf konzentrieren werden.”
Peter Schlickenrieder (Experte): “Natürlich sind die Voraussetzungen in Sotschi andere, da dort vorher nicht viel existierte. Aber die Menschen sind sehr gastfreundlich, und die Qualität der Sportstätten wird top sein.”
Marco Büchel: “Wenn wir dort ankommen, werde ich mir sicher meine Gedanken zur Situation machen, sie aber für mich behalten. Mein Job dort ist, den Sport zu bewerten, das steht für mich im Vordergrund.”
(Alle Zitate: Kistner, A., Müller, M., Mit gemischten Gefühlen zu Putins Spielen, in tz 11.12.2013).
Das ist ein Vorgeschmack auf die 240 Stunden Übertragung in den öffentlich-rechtlichen Sportsendern. Die Kritik erfolgt im Vorfeld, und mit zunehmender Nähe zur Eröffnungsfeier hebt der Jubel an.
Olympische Begnadigungen. Wladimir Putin brachte am 19.12.2013 ein Amnestiegesetz in die russische Duma ein und ließ 25.000 Inhaftierte am 19.12.2013 begnadigen. Darunter: die zwei Mitglieder der Frauenband “Pussy Riot”, die Arktic-30 vom Greenpeace-Schiff und Ex-Oligarch Michail Chodorkowski. Die Welt rätselte über Putins Motive. Zugeständnisse an den Westen? An Sotschi 2014? “So wolle Putin kurz vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi das eigene, angeschlagene Image aufpolieren” (Thaler, Claudia, Putins Tag der Gnade, in spiegelonline 19.12.2013). – “Die neue Amnestie werten Beobachter als Zugeständnisse des Kreml an den Westen vor den Olympischen Winterspielen, die am 7. Februar in Sotschi eröffnet werden” (Russland verkündet Amnestie für Pussy Riot, in spiegelonline 19.12.2013). – “Im Vorfeld der Olympischen Spiele in Sotschi im Februar hat der Präsident einige Barrieren beiseite geräumt, die die politische Elite des Westens davon abhalten könnte, zu den Spielen zu reisen” (Donath, Klaus-Helge, Gnade wird olympische Disziplin, in taz 19.12.2013).
Der Zar hat es gegeben, der Zar kann es wieder nehmen: nach den Spielen…
Aus einem Kommentar von Frank Nienhuysen in der SZ: “Die Ursache für das vorweihnachtliche Gnadenspektakel dürfte am Fuße des prächtigen Kaukasus-Gebirges liegen, genauer: in Sotschi, wo in wenigen Wochen die Olympischen Winterspiele ausgerichtet werden. Russland hat in den vergangenen Monaten zunehmend gespürt, dass es bei seinen stolzen Spielen nicht nur gewinnen, sondern noch sehr viel mehr auch verlieren kann. Die ganze Kraft, Dynamik, Modernität und Weltgeltung dieses Landes sollten sich in diesen zwei Olympia-Wochen verdichten, das war Moskaus Plan. Stattdessen zeigt sich eine Wucht von ganz anderer Seite, und sie droht Russland zu erdrücken. Debatten über fehlende Demokratie und Rechtstaatlichkeit, über einen autoritären Staat und mangelnde Medienfreiheit, all das hat sich frisch entzündet an einem Anti-Schwulen-Gesetz, das der westlichen Welt all die Unzulänglichkeiten mit einem Mal plastisch gemacht hat. (…)Das Amnestiegesetz, die Begnadigung von Chodorkowskij und freie Pussy-Riot-Frauen bieten Russlands Führung eine elegante Gelegenheit, die negative Dynamik zu stoppen” (Nienhuysen, Frank, Taktische Gnade, in SZ 20.12.2013).
– Naturzerstörung. Der ursprünglich wilde Fluss Mzymta wurde für Sotschi 2014 begradigt; damit schießt er bei starken Niederschlagen ungebremst in das Tal, wo es nicht ausreichend Abflußmöglichkeiten gibt. Die Abwasserbelastung steigt durch die erwarteten 120.000 Besucher: „Das meiste Abwasser aus den Häusern in Sotschi fließt nicht etwa in die Kanalisation, sondern ins Schwarze Meer. Daran haben auch die Sotschi-Milliarden nichts geändert“ (Tschirky, Luzia, Olympia-Gigantismus provoziert viele Verlierer, in vdi-nachrichten.com 20.12.2013). Über hundert illegale Mülldeponien soll es laut Umweltschützer geben. „Das Komitee Sotschi 2014 spricht dagegen von ‚Zero Waste'“ (Ebenda).
Auch Merkel fährt nicht. Angela Merkel wird nicht nach Sotschi fahren. Dafür fährt der jetzt wieder Bundessport-Innenminister Thomas de Maizière (Focus: Merkel reist nicht zu Olympia nach Sotschi, in zeit.de 22.12.2013).
Vergleiche unter “Aktuelles”: Sotschi ohne Gauck und die anderen
Die Welt muss Putin-Russland dankbar sein. Das formuliert in etwa der Putin-Freund Marius Vizer, Chef von SportAccord, der Vereinigung von 109 Sportverbänden: “Ich denke, dass Athleten, Politiker, Medien sich nicht nur solidarisch zeigen müssen mit Russlands respektablen Anstrengungen, sondern bei diesem Ereignis auch unterstützen sollten und alle zusammen eine Geste der Solidarität, der Einheit und der Wertschätzung feiern sollten, um ein Beispiel für alle Menschen zu geben” (Hummel, Thomas, Beitzer, Hannah, Putins willkommene Symbolpolitik, in sueddeutsche.de 23.12.2013). Dazu schreiben die SZ-Autoren: “In anderen Worten: Kritik an den Olympia-Gastgebern wegen Umweltzerstörung, dem miserablen Umgang mit den Wanderarbeitern oder Gesetzen, die Homosexuelle diskriminieren, verbietet sich” (Ebenda).
Protestzonen ohne Protest. Putin soll selbst dafür gesorgt haben, dass in Sotschi Protestzonen ausgewiesen werden, wo protestiert werden könnte. Theoretisch. “Wo diese Zonen liegen sollen, und wer darin seine freie Meinung äußern soll, ist unklar. In Peking traute sich jedenfalls niemand, das Regime dort offen zu kritisieren” (Hummel, Thomas, Beitzer, Hannah, Putins willkommene Symbolpolitik, in sueddeutsche.de 23.12.2013).
Russische Staats-Milliarden für Sotschi 2014. „2007 war das Jahr vor der Krise: Hohe Öl- und Gaspreise spülten viel Geld in den russischen Staatshaushalt“ (Veser, Reinhard, Putins Billionenspiel, in faz.net 25.12.2013). Putin nannte die Summe von zwölf Milliarden Dollar als Kosten. Im September 2013 bezifferte er die Kosten nur noch auf sieben Milliarden Dollar. Dagegen nannte die seriöse russische Wirtschaftszeitung Wedomosti im Februar 2013 die Summe von 50 Milliarden Dollar: Sie bezog sich auf Dokumente der staatlichen Kommission zur Vorbereitung der Spiele (Ebenda). Das IOC goutiert die finanzielle Entwicklung. Jean-Claude Killy, das für Sotschi 2014 zuständige IOC-Mitglied: „Das Budget it angemessen, auch im Vergleich mit Vancouver“ (Ebenda). Allein die kombinierte Bahn- und Straßenverbindung zwischen den Wettkampfstätten am Schwarzen Meer und den alpinen Austragungsorten hat die staatlichen russischen Eisenbahnen 7,4 Milliarden Dollar gekostet. Korruption und Vetternwirtschaft trugen zur Kostensteigerung bei. So stieg der Preis der Skisprungschanze „Russki Gorki“ von 1,2 auf acht Milliarden Rubel (240 Millionen Dollar). „Gebaut wurde die Schanze von einer Firma des damaligen stellvertretenden Präsidenten des russischen Nationalen Olympischen Komitees, Achmed Bilalow, der sich nach der Rüge Putins umgehend zur medizinischen Behandlung ins Ausland begeben hat und seither nicht nach Russland zurückgekehrt ist. In diesem Fall war auch offiziell von Korruptionsverdacht die Rede“ (Ebenda).
Sotschis White Elephants. „Sotschi wird den eigentlichen Preis für Olympia womöglich erst nach den Spielen im kommenden Februar zahlen: Unterhaltskosten für eine überdimensionierte Infrastruktur, ungenutzte Sportstätten, überschuldete Investoren, Insolvenzen. (…) Kaum etwas von dem, was für die gut zwei Wochen Olympia im Februar nächsten Jahres gebaut wird, hat je Chancen, wirtschaftlich selbsttragend, geschweige denn profitabel zu werden – das gilt für das Skigebiet Rosa Chutor und noch viel mehr für