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Olympische Winterspiele: Kein Glück für die Veranstaltungsorte!

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24.9.2010

Axel Doering, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Garmisch-Partenkirchen und Sprecher des AK Alpen des Bund Naturschutz in Bayern

Die Erfolgsmeldungen der letzten Tage verwundern. Es hat sich nichts Entscheidendes geändert, außer dass die Mitteilungen jetzt von der PR-Abteilung der Staatsregierung kommen. Bisher wurden statt neuer Ideen nur neue (und alte) Absichten aufgezeigt. Es ist nichts wirklich geregelt. Wenn die beteiligten Stadt- und Gemeinderäte auf dieser Basis dem Bewerbungsbuch (Bid-Book) zustimmen, begeben sie sich auf unverantwortliche Weise in die Hände des IOC und liefern sich unweigerlich entstehenden Sachzwängen aus.

In der chaotischen Bewerbung „München 2018“ wird es zunehmend schwieriger, auf konkrete Planungen der Bewerbungsgesellschaft einzugehen, da sich die Planungen inzwischen fast im Vierzehn-Tage-Rhythmus ändern. Jede Änderung wird als Erfolg oder „Durchbruch“ verkauft, obwohl sie meist das Resultat eines Misserfolgs ist.

Die Bewerbungsgesellschaft steht zunehmend mit leeren Händen da, was das ursprüngliche vollmundige Versprechen einer „nachhaltigen und grünen“ Bewerbung angeht. Die Auseinandersetzungen mit den Grundbesitzern, deren Flächen überplant wurden, ohne dass mit ihnen geredet wurde, überdecken nur die Grundproblematik der Bewerbung. Der Umgang mit Beteiligten vor Ort gibt einen Vorgeschmack, was nach einem Zuschlag der Spiele passieren wird.

Auch ihre Finanzen hat die Bewerbungsgesellschaft nicht im Griff. Von zunächst geplanten 30 Millionen Euro, ausschließlich aus Sponsorenmitteln sind die Anforderungen auf 33 Millionen gestiegen. Davon wurden bisher ca. 22 Millionen eingeworben, allerdings stammen mehr als 11 Millionen aus Firmen und Einrichtungen, die ganz oder teilweise der öffentlichen Hand gehören, wie der Münchener Flughafengesellschaft, der Münchner Messegesellschaft, den Münchner Stadtwerken oder zuletzt die Lottogesellschaft sowie Darlehen der LH München, des Landes Bayern und der Gemeinde Garmisch-Partenkirchen. Dieses trickreiche Zahlenjonglieren ist auch ein Markenzeichen der olympischen Bewerbungen der letzten Jahre.

Es gibt nur einen Trend: hin zu öffentlichen Flächen, also zu Gemeinde- und Staatsgrund als auch zu öffentlichen Finanzmitteln. Damit zeigt sich, dass die Bewerbung „München 2018“ ein Projekt nach dem Willen führender Politiker ist. Mit diesem Rückzug auf öffentliche Ressourcen demonstriert die Politik, dass sie an den Bürgern und an der Wirtschaft vorbei agiert.

Die Baumaßnahmen

Die Langlauf- und Biathlonwettbewerbe sollen im Alpenvorland, auf sonnigen, von der Eiszeit gestalteten Flächen des Gestüts Schwaiganger stattfinden. Dort sind sie heftigen Fön- und Warmlufteinbrüchen ausgesetzt. Für Stadien müssen ca. neun Hektar Fläche eingeebnet werden. Alle Anlagen müssen  künstlich beschneit werden.

Das gilt auch für die Ski-Abfahrten in Garmisch-Partenkirchen, die samt  Zufahrten und Zielräumen massiv umgebaut werden müssen. Die Lebenserfahrung sagt, dass sogar die Weltmeisterschafts-Abfahrt  „Kandahar“ umgestaltet werden wird, da sie zum Zeitpunkt der Spiele bereits zehn Jahre alt ist.

Das Snow-Village und das Media Village werden seit Beginn der Planungen herum geschoben wie heiße Kartoffeln, da die Landschafts-Eingriffe dafür zu groß sind. Ein Ende ist noch nicht abzusehen. Einmal ist das Media-Village auf den Riessäckern geplant, dann im amerikanischen Hotel und am Stieranger, dann auf dem Golfplatz, jetzt in der Bundeswehrkaserne in Murnau. Ähnliches gilt für das Snow-Village, mit neuer Kongress-Halle, mit oder ohne Eisstadion.  Es ist eine unendliche Geschichte voller Peinlichkeiten.

Sind wir bei Plan B, Plan C oder schon viel weiter. ? Mit großer Wahrscheinlichkeit sind wir bereits bei „Plan X: Das wird wohl NiX“

Wenn alle geplanten Verkehrsbauten kommen, werden in weniger als sechs Jahren im Loisachtal ca. sechshundert Millionen Euro für Bundesfernstraßen verbaut.  Weitere  Straßen werden gebraucht, um den Verkehr zwischen den Sportstätten zu sichern. Wo die ca. 14.000 PKW-Parkplätze und ca. 800 Bus-Parkplätze hinkommen sollen, ist von den Organisatoren noch nicht zu erfahren. Die sehr artenreichen Wiesen vertragen die Belastung der Bauten und Parkplätze nicht – auch nicht „temporär“.

Risiken für die Orte

Orte, die die Spiele ausrichten verlieren jede Selbstbestimmung. Es gilt nur noch, was das IOC fordert. Da sind z.B.  „Kremlspuren“, also exklusive, für andere Benutzer gesperrte Fahrspuren (380 km) oder Garantien, dass die „olympische Familie“ keine Steuern zahlt, noch die kleinsten Probleme. Das IOC bürdet seinen „Partnern“ alle! Lasten und Risiken auf, übernimmt aber selbst keinerlei Haftung. Bei der vergeblichen Bewerbung von Salzburg wurde dieser sogenannte „Host-City-Vertrag“ von Landesjuristen als „sittenwidriger Knebelungsvertrag“ bezeichnet. Dem IOC geht es weitestgehend um seinen eigenen Gewinn, deshalb wurde auch den Paralympics 1983 der „Missbrauch“ der olympischen Ringe verboten, da dies die Vermarktungsmöglichkeiten der Ringe ausschließlich für die IOC-Olympischen-Spiele verbesserte.

Untersuchungen vergangener Winterspiele und anderer Großveranstaltungen zeigen auf, dass die erhofften wirtschaftlichen Impulse und die Stärkung des Tourismus, wenn überhaupt, nur kurzfristig sind, die Kosten sich jedoch meist vervielfachen. Sowohl Turin als auch Vancouver haben mit einem Defizit geendet, das den Steuerzahler trifft.

Der Tourismus in Garmisch-Partenkirchen ist eine wichtige Einnahmequelle. Er ist allerdings weit entfernt von den gebetsmühlenartig beschworenen „ wir leben zu 80 Prozent vom Tourismus“. Garmisch-Partenkirchen hat ca. 46 Übernachtungen pro Einwohner. Nach Bätzing entspricht das einer  mittleren Tourismusfrequenz. Es gibt im Gesundheitsbereich mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse als im Tourismus. Außerdem kommen mehr als 60 Prozent der Gäste im Sommer und wünschen sich eine intakte Landschaft. Diese Stärken sollten gepflegtwerden. Denn das ist erfolgversprechender als Riesenveranstaltungen die in kein langfristiges Tourismuskonzept  passen und die „sanfteren“ Tourismusformen aufs Spiel setzen.

Die Hauptprobleme der Bewerbung liegen im Oberland und vor allem in Garmisch-Partenkirchen, aber auch die Münchner werden nicht ohne Belastungen davon kommen. Dort sind für das olympische Dorf an die 1500 Bäume bedroht, intakte Gebäude müssen abgerissen und woanders wieder aufgebaut werden  und die finanziell klamme Stadt kann sich die Olympischen Winterspiele eigentlich nicht leisten. Es gibt keinerlei Angaben darüber, wo das Geld herkommen soll.

Unterschriftensammlung

Vielen Bürgern in Garmisch-Partenkirchen, aber auch im Landkreis und dem Bundesgebiet wird immer klarer, welches Spiel mit den Spielen hier mit den Ausrichterorten getrieben wird und welche dunkle Seite die strahlende Olympiaplakette hat. Deshalb unterschreiben sie auf unseren Listen und lehnen damit Olympia ab: Nolympia. Jede Unterschrift ist eine kleine rote Karte für das olympische Komitee. Je mehr Unterschriften wir sammeln, desto deutlicher wird diese Ablehnung. Allein aus Garmisch-Partenkirchen haben wir ohne gezielte Aktionen bereits mehr als 2500 Unterschriften. Das sind deutlich mehr, als man für ein Bürgerbegehren bräuchte. Ob ein Bürgerbegehren kommt, hängt auch von den Bewerbern und den rechtlichen Möglichkeiten ab. Insgesamt haben wir weit über 5000 Unterschriften gesammelt.

Wenn Sie die Gelegenheit haben, sammeln Sie weitere Unterschriften und unterschreiben Sie auch selbst. Hier macht es auch die Anzahl! (Einfach auf der Website rechts oben anklicken: „Jetzt unterschreiben!“ oder Listen ausdrucken)

Bewerbung einstellen!

Den Bewerbern laufen die Umweltverbände davon. Derzeit beteiligen sich noch der LBV und der DAV. Der  DAV ist in einer merkwürdigen Zwitterposition als anerkannter Umweltverband und Mitglied des Deutschen Olympischen Sportbundes und geht immer mehr den Weg eines  reinen Sportvereins. Das wird auch manifest durch den plötzlichen Rückzug seines Präsidenten Prof. Mimo Röhle.

Es kann nicht Zweck eines anerkannten Umweltverbandes sein, durch Mitarbeit den Bewerbern die Steine aus dem Weg zu räumen und höhere Chancen für die Bewerbung zu erwirken!

Der Klimawandel  läuft unerbittlich. Olympische Winterspiele im Klimawandel auf 700 m Meereshöhe sind heute ein Anachronismus. Jetzt wurde im Gemeinderat von Garmisch-Partenkirchen bereits beschlossen, das Wasser in den Beschneiungsteichen zu kühlen. Deutlicher kann die Absurdität dieser  Spiele nicht aufgezeigt werden.

Die Olympischen Winterspiele sind für ein Gebirgstal inzwischen zu groß und zu teuer. Nach andauernden Umplanungen bleiben  weder ein „grünes“ noch ein olympisches Erbe, sondern nur noch immense Belastungen. Auch temporäre Stadien-, Hallen und Parkplatzbauten in Millionenhöhe, gebaut für den Abriss nach den Spielen, können per se nicht nachhaltig sein, sondern belasten Finanzen, Klima und Umwelt.

Die heutige Farce zeigt sich schon daran, dass bestehende hochwertige und teure Anlagen wie die Loipen in Oberstdorf und die Biathlonanlagen in Ruhpolding nicht mit einbezogen werden dürfen.

Die Randbedingungen Olympischer Winterspiele haben sich also in den letzten Jahrzehnten verändert: Ihr Programm wurde laufend ausgeweitet; der Klimawandel erfordert einen immer höheren technischen und energetischen Aufwand; die ökologischen und ökonomischen Bedingungen einer solchen globalen Sport-Großveranstaltung sind zu einer untragbaren Belastung für die Austragungsorte und für die Natur geworden. Es gibt nur eine Chance, Olympische Winterspiele im 21. Jahrhundert verträglich zu gestalten: Das IOC muss das kommerzielle Konzept der Spiele ändern, es muss die Spiele wieder auf ein tragbares Maß verkleinern, und es muss dem Schutz der Natur in den Gebirgstälern Vorrang nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der Realität einräumen.